Bei ei­nem Ver­brauchs­gü­ter­kauf (§ 474 I 1 BGB) hat der Ver­käu­fer ge­gen den Käu­fer im Fal­le ei­ner Er­satz­lie­fe­rung kei­nen An­spruch auf Wert­er­satz für die Nut­zung der man­gel­haf­ten Sa­che.

BGH, Ver­säum­nis­ur­teil vom 11.02.2009 – VI­II ZR 176/06

Sach­ver­halt: Mit Kauf­ver­trag vom 09.09.2003 kauf­te der Klä­ger von der be­klag­ten Au­di-Ver­trags­händ­le­rin ei­nen Pkw zum Preis von 25.345 €. Nach Über­nah­me des Fahr­zeugs am 11.09.2003 zeig­ten sich ver­schie­de­ne Män­gel, zu de­ren Be­sei­ti­gung der Wa­gen mehr­fach in der Werk­statt der Be­klag­ten war. Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 17.06.2004 lehn­te der Klä­ger ei­ne wei­te­re Man­gel­be­sei­ti­gung durch die Be­klag­te ab. Zu­gleich be­gehr­te er von die­ser die Lie­fe­rung ei­nes neu­en Fahr­zeugs. Die­se For­de­rung wies die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 24.06.2004 zu­rück.

In dem vor­lie­gen­den Rechts­streit hat der Klä­ger die Be­klag­te auf Lie­fe­rung ei­nes neu­en Fahr­zeugs des ge­kauf­ten Mo­dells mit ent­spre­chen­der Aus­stat­tung Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des ge­lie­fer­ten Fahr­zeugs in An­spruch ge­nom­men. Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Auf die Be­ru­fung des Klä­gers hat das Ober­lan­des­ge­richt der Kla­ge mit der Ein­schrän­kung statt­ge­ge­ben, dass die Lie­fe­rung des neu­en Fahr­zeugs nicht nur Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des ge­lie­fer­ten Fahr­zeugs, son­dern auch Zug um Zug ge­gen Zah­lung ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung von 2.407,78 € zu er­fol­gen hat. Hier­ge­gen wen­det sich der Klä­ger mit der vom Be­ru­fungs­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on. Das Rechts­mit­tel hat­te Er­folg

Aus den Grün­den: [4]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat, so­weit im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren noch von In­ter­es­se, aus­ge­führt:

[5]    Der Klä­ger ha­be An­spruch auf Lie­fe­rung ei­nes Er­satz­fahr­zeugs ge­mäß § 439 BGB, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des man­gel­haf­ten Fahr­zeugs und Zug um Zug ge­gen Zah­lung ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 2.407,78 €. Der Be­klag­ten sei ge­mäß §§ 439 IV, 346 I BGB für die Zeit der Nut­zung des man­gel­haf­ten Fahr­zeugs bis zur letz­ten münd­li­chen Ver­hand­lung ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung zu ge­wäh­ren. Hier­für spre­che zwar nicht der Wort­laut des § 439 IV BGB, wohl aber der ein­deu­ti­ge Wil­le des Ge­setz­ge­bers, der sich aus dem Ent­wurf ei­nes Ge­set­zes zur Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rung er­ge­be und der bei der Aus­le­gung ei­nes der­art neu­en Ge­set­zes wie § 439 BGB von be­son­de­rer Be­deu­tung sei.

[6]    II. Die­se Be­ur­tei­lung hält ei­ner recht­li­chen Nach­prü­fung nicht stand. Auf der Grund­la­ge der bis­her ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen hat das Be­ru­fungs­ge­richt zu Un­recht an­ge­nom­men, dass die Be­klag­te ge­gen den Klä­ger ei­nen An­spruch aus §§ 439 IV, 346 I, II 1 Nr. 1, § 100 BGB auf Wert­er­satz für die Nut­zung des man­gel­haf­ten Fahr­zeugs hat, der vom Klä­ger ge­mäß § 348 BGB Zug um Zug ge­gen die ihm nach § 439 I BGB zu­er­kann­te Lie­fe­rung ei­nes neu­en man­gel­frei­en Fahr­zeugs zu er­fül­len ist.

[7]    &1. Wie der Se­nat nach Er­lass des Be­ru­fungs­ur­teils ent­schie­den hat, ist § 439 &IV BGB un­ter Be­ach­tung des Ur­teils des EuGH vom 17.04.2008 (Rs. C-404/06, NJW 2008, 1433 – Quel­le AG/Bun­des­ver­band der Ver­brau­cher­zen­tra­len und Ver­brau­cher­ver­bän­de) im We­ge der richt­li­ni­en­kon­for­men Rechts­fort­bil­dung in Fäl­len des Ver­brauchs­gü­ter­kaufs (§ 474 I 1 BGB) fol­gen­der­ma­ßen ein­schrän­kend an­zu­wen­den: Die in § 439 IV BGB in Be­zug ge­nom­me­nen Vor­schrif­ten über den Rück­tritt (§§ &346 bis 348 BGB) gel­ten in die­sen Fäl­len nur für die Rück­ge­währ der man­gel­haf­ten Sa­che selbst, füh­ren hin­ge­gen nicht zu ei­nem An­spruch des Ver­käu­fers ge­gen den Käu­fer auf Her­aus­ga­be der ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen oder auf Wert­er­satz für die Nut­zung der man­gel­haf­ten Sa­che (Urt. v. 26.11.2008 – VI­II ZR 200/05, NJW 2009, 427; so jetzt auch § 474 II BGB in der seit dem 16.12.2008 gel­ten­den Fas­sung von Art. 5 des Ge­set­zes zur Durch­füh­rung des Über­ein­kom­mens vom 30.10.2007 über die ge­richt­li­che Zu­stän­dig­keit und die An­er­ken­nung und Voll­stre­ckung von Ent­schei­dun­gen in Zi­vil- und Han­dels­sa­chen und zur Än­de­rung des Bür­ger­li­chen Ge­setz­buchs vom 10.12.2008, BGBl. 2008 I 2399, 2400).

[8]    2. Da­nach schei­det hier ein An­spruch der Be­klag­ten auf Wert­er­satz für die Nut­zung des dem Klä­ger ge­lie­fer­ten man­gel­haf­ten Fahr­zeugs aus, falls es sich bei dem Kauf­ver­trag der Par­tei­en vom 09.09.2003 um ei­nen Ver­brauchs­gü­ter­kauf i. S. von § 474 I 1 BGB han­delt, bei dem der Klä­ger als Ver­brau­cher (§ 13 BGB) von der Be­klag­ten als Un­ter­neh­me­rin (§ 14 BGB) mit dem Per­so­nen­kraft­wa­gen ei­ne be­weg­li­che Sa­che ge­kauft hat. Das ist al­lein hin­sicht­lich der Ver­brau­che­r­ei­gen­schaft des Klä­gers zwei­fel­haft. Da­zu hat das Be­ru­fungs­ge­richt – von sei­nem Stand­punkt aus fol­ge­rich­tig – kei­ne Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen. Da­her ist zu­guns­ten des Klä­gers da­von aus­zu­ge­hen, dass er Ver­brau­cher ist. Die Re­vi­si­on ver­mag zwar kei­nen ein­schlä­gi­gen Vor­trag des – in­so­weit dar­le­gungs- und be­weis­pflich­ti­gen (vgl. Se­nat, Urt. v. 11.07.2007 – VI­II ZR 110/06, WM 2007, 2024 = NJW 2007, 2619) – Klä­gers in den Vor­in­stan­zen auf­zu­zei­gen. Da­zu hat­te die­ser je­doch vor Er­lass des Se­nats­ur­teils vom 26.11.2008 – VI­II ZR 200/05, NJW 2009, 427 – auch kei­ne Ver­an­las­sung.

[9]    III. Nach al­le­dem kann das Be­ru­fungs­ur­teil in­so­weit, als das Be­ru­fungs­ge­richt ei­nen An­spruch der Be­klag­ten auf Wert­er­satz für die Nut­zung des Fahr­zeugs be­jaht hat, der vom Klä­ger Zug um Zug ge­gen die ihm zu­er­kann­te Lie­fe­rung ei­nes neu­en man­gel­frei­en Fahr­zeugs zu er­fül­len ist, kei­nen Be­stand ha­ben. Der Rechts­streit ist in­so­weit nicht zur End­ent­schei­dung reif, da es ge­mäß den vor­ste­hen­den Aus­füh­run­gen noch tat­säch­li­cher Fest­stel­lun­gen da­zu be­darf, ob der Klä­ger in Be­zug auf den Kauf­ver­trag der Par­tei­en Ver­brau­cher ist. Da­her ist das Be­ru­fungs­ur­teil in dem vor­be­zeich­ne­ten Um­fang auf­zu­he­ben, und die Sa­che ist in­so­weit zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen.

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