Die bei Über­ga­be ei­nes Kraft­fahr­zeugs an den Käu­fer vor­han­de­ne und im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung des Käu­fers fort­be­ste­hen­de Ein­tra­gung des Fahr­zeugs im Schen­ge­ner In­for­ma­ti­ons­sys­tem (SIS) zum Zwe­cke der Si­cher­stel­lung und Iden­ti­täts­fest­stel­lung ist ein er­heb­li­cher Rechts­man­gel, der den Käu­fer zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag be­rech­tigt (im An­schluss an BGH, Urt. v. 28.04.2017 – VI­II ZR 233/15 Rn. 10 m. w. Nachw.).

OLG Bran­den­burg, Ur­teil vom 21.02.2024 – 7 U 35/23

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin kauf­te von dem Be­klag­ten am 16.01.2020 ei­nen ge­brauch­ten Pkw zum Preis von 35.890 €. Das Fahr­zeug, das über ei­ne Ta­ges­zu­las­sung vom 13.08.2019 ver­füg­te, wies sei­ner­zeit ei­ne Lauf­leis­tung von 54 km auf. Es war in der Tsche­chi­schen Re­pu­blik zu­ge­las­sen und seit dem 30.01.2020 zur in­ter­na­tio­na­len Fahn­dung aus­ge­schrie­ben.

Nach­dem die Klä­ge­rin den ver­ein­bar­ten Kauf­preis ge­zahlt hat­te, hol­te sie das Fahr­zeug am 03.02.2020 bei dem Be­klag­ten ab. Die Zu­las­sung des Pkw auf die Klä­ge­rin er­folg­te mit­tels ge­fälsch­ter ita­lie­ni­scher Fahr­zeug­pa­pie­re.

Am 14.04.2020 wur­de das Fahr­zeug durch die tsche­chi­sche Po­li­zei im Schen­ge­ner In­for­ma­ti­ons­sys­tem (SIS) zur Fahn­dung aus­ge­schrie­ben und am 17.04.2020 zum Zwe­cke der Straf­ver­fol­gung po­li­zei­lich be­schlag­nahmt.

Die Klä­ge­rin for­der­te den Be­klag­ten mit An­walts­schrei­ben vom 29.04.2020 auf, ihr bis zum 11.05.2020 den Kauf­preis zu er­stat­ten oder ein in et­wa ver­gleich­ba­res Er­satz­fahr­zeug zur lie­fern. Bei­des lehn­te der Be­klag­te mit Schrei­ben vom 29.04.2020 mit der Be­grün­dung ab, dass die Klä­ge­rin ei­nen von ihr be­haup­te­ten Rechts­man­gel nicht nach­ge­wie­sen ha­be.

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 25.11.2020 gab die Klä­ge­rin dem Be­klag­ten die Mög­lich­keit, bis zum 09.12.2020 für die Frei­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs zu sor­gen oder es ge­ge­be­nen­falls vom wah­ren Ei­gen­tü­mer zu er­wer­ben. Zu­gleich for­der­te die Klä­ge­rin den Be­klag­ten zur Zah­lung ei­ner Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung für die Zeit vom 17.04. bis zum 20.11.2020 in Hö­he von 11.895 € auf und setz­te ihm da­für eben­falls ei­ne Frist bis zum 09.12.2020. Der Be­klag­te lehn­te ei­ne Zah­lung mit Schrei­ben vom 27.11.2020 un­ter Hin­weis dar­auf ab, dass aus sei­ner Sicht kein Rechts­man­gel be­ste­he.

Mit Ant­walts­schrei­ben vom sel­ben Tag er­klär­te die Klä­ge­rin ge­gen­über dem Be­klag­ten den Rück­tritt von dem mit ihm ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag und for­der­te den Be­klag­ten – er­folg­los – zur Rück­ab­wick­lung die­ses Ver­trags auf.

Mit Be­schluss vom 10.06.2021 ord­ne­te das LG Ber­lin die Her­aus­ga­be des be­schlag­nahm­ten Fahr­zeugs an die Klä­ge­rin an. Mit Schrei­ben vom 22.06.2021 teil­te der Po­li­zei­prä­si­dent in Ber­lin dem Po­li­zei­kom­mis­sa­ri­at M. mit, dass der Pkw frei­ge­ge­ben sei. Die Klä­ge­rin er­klär­te am 23.06.2021 ge­gen­über dem Po­li­zei­kom­mis­sa­ri­at M., dass das Fahr­zeug an den Be­klag­ten her­aus­zu­ge­ben sei, und for­der­te die­sen (ver­geb­lich) auf, den Wa­gen bis zum 05.07.2021 zu­rück­zu­neh­men.

Mit Schrei­ben vom 26.01.2022 teil­te das Po­li­zei­prä­si­di­um des Lan­des Bran­den­burg der Klä­ge­rin mit, dass die Staats­an­walt­schaft Pots­dam das Fahr­zeug frei­ge­ge­ben ha­be.

Der Pkw be­fand sich wäh­rend der Be­schlag­nah­me bei ei­nem Ver­trags­un­ter­neh­men in O. Die­ses for­der­te die Klä­ge­rin auf, den Pkw – der an­dern­falls ver­schrot­tet oder ver­wer­tet wer­de – bis zum 11.02.2022 ab­zu­ho­len. Die Klä­ge­rin hol­te das Fahr­zeug am 07.02.2022 ab, nach­dem sie den ihr für die Ver­wah­rung in Rech­nung ge­stell­ten Be­trag in Hö­he von 5.908,35 € be­zahlt hat­te.

Die Klä­ge­rin ist der An­sicht, das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug ha­be ei­nen Rechts­man­gel auf­ge­wie­sen, da es bei der Über­ga­be an sie zur Fahn­dung aus­ge­schrie­ben ge­we­sen und an­schlie­ßend be­schlag­nahmt wor­den sei. Mit ih­rer Kla­ge hat sie den Be­klag­ten zu­nächst auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags über den Pkw in An­spruch ge­nom­men und den Er­satz vor­ge­richt­lich an­ge­fal­le­ner Rechts­an­walts­kos­ten, ei­nes Nut­zungs­aus­fall­scha­dens so­wie von ihr ge­tä­tig­ter Aus­la­gen be­gehrt. Spä­ter hat die Klä­ge­rin die Kla­ge da­hin er­wei­tert, dass sie zu­sätz­lich die Ver­ur­tei­lung des Be­klag­ten zur Rück­nah­me des Fahr­zeugs von der Staats­an­walt­schaft Ber­lin (Kla­ge­an­trag zu 2) so­wie die Fest­stel­lung be­gehrt hat, dass der Be­klag­te Stell­platz­kos­ten tra­gen müs­se (Kla­ge­an­trag zu 3). So­dann hat die Klä­ge­rin den Kla­ge­an­trag zu 2 da­hin ge­än­dert, dass der Be­klag­te den Pkw von ihr – der Klä­ge­rin – zu­rück­zu­neh­men ha­be, und schließ­lich hat sie die Kla­ge hin­sicht­lich der für die Ver­wah­rung in Rech­nung ge­stell­ten Kos­ten er­wei­tert.

Der Be­klag­te ist der Kla­ge ent­ge­gen­ge­tre­ten und hat die An­sicht ver­tre­ten, er ha­be das Fahr­zeug gut­gläu­big er­wor­ben, so­dass kein Rechts­man­gel vor­ge­le­gen ha­be.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge mit Ver­säum­nis­ur­teil vom 19.10.2021 ab­ge­wie­sen. Nach Ein­spruch der Klä­ge­rin hat es den Be­klag­ten am 21.12.2022 ver­ur­teilt, an die Klä­ge­rin 55.815,55 € nebst Zin­sen , Zug um Zug ge­gen Her­aus­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs, zu zah­len. In­so­weit hat das Land­ge­richt das Ver­säum­nis­ur­teil vom 19.10.2021 auf­ge­ho­ben; im Üb­ri­gen wur­de das Ver­säum­nis­ur­teil auf­recht­er­hal­ten. Zur Be­grün­dung hat das Land­ge­richt im We­sent­li­chen aus­ge­führt, dass es sich bei der Ein­tra­gung des Pkw in die in­ter­na­tio­na­len Fahn­dungs­lis­te um ei­nen er­heb­li­chen Rechts­man­gel i. S. des § 435 BGB han­de­le.

Mit sei­ner da­ge­gen ge­rich­te­ten Be­ru­fung hat der Be­klag­te gel­tend ge­macht, das Land­ge­richt ha­be feh­ler­haft ei­nen Rechts­man­gel an­ge­nom­men, und be­strit­ten, dass das Fahr­zeug am 31.01.2020 zur Fahn­dung aus­ge­schrie­ben ge­we­sen sei. Die Klä­ge­rin hat sich der Be­ru­fung an­ge­schlos­sen und be­an­tragt, den Be­klag­ten in teil­wei­ser Ab­än­de­rung des land­ge­richt­li­chen Ur­teils zu ver­ur­tei­len, an die sie 36.260,40 € nebst Zin­sen zu zah­len. Sie hat das erst­in­stanz­li­che Ur­teil ver­tei­digt und gel­tend ge­macht, dass ein Rechts­man­gel un­ab­hän­gig da­von vor­lie­ge, ob ein Fahr­zeug im Schen­ge­ner In­for­ma­ti­ons­sys­tem (SIS) oder in­ter­na­tio­nal zur Fahn­dung aus­ge­schrie­ben sei. Al­ler­dings – so hat die Klä­ge­rin ge­meint – ha­be das Land­ge­richt die Kla­ge zu Un­recht hin­sicht­lich der ver­lang­ten Un­kos­ten­pau­scha­le (40 €) und der er­setzt ver­lang­ten Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten (1.285,68 €) ab­ge­wie­sen. Der An­satz der Un­kos­ten­pau­scha­le müs­se be­grün­det wer­den, und bei den vor­ge­richt­lich an­ge­fal­le­nen Rechts­an­walts­kos­ten sei zu Recht ei­ne 1,5-fa­che Ge­schäfts­ge­bühr an­ge­setzt wor­den. Die An­ge­le­gen­heit ha­be an­ge­sichts der Not­wen­dig­keit um­fang­rei­cher Li­te­ra­tur­re­cher­chen ei­ne weit über­durch­schnitt­li­che an­walt­li­che Tä­tig­keit er­for­dert und ha­be für sie – die Klä­ge­rin – auch ei­ne exis­tenz­be­dro­hen­de Be­deu­tung.

Nur die Be­ru­fung des Be­klag­ten hat­te – teil­wei­se – Er­folg.

Aus den Grün­den: B. Die zu­läs­si­ge Be­ru­fung des Be­klag­ten ist nur teil­wei­se be­grün­det; die zu­läs­si­ge An­schluss­be­ru­fung der Klä­ge­rin ist nicht be­grün­det.

I. Die Be­ru­fung des Be­klag­ten ist im te­n­o­rier­ten Um­fang be­grün­det.

Die Klä­ge­rin hat ei­nen An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags aus §§ 435, 437 Nr. 2, §§ 440, 323 I, 346 I BGB.

1. Das Fahr­zeug war durch die auf ei­nen Ein­trag der tsche­chi­schen Be­hör­den zu­rück­ge­hen­de Aus­schrei­bung zur in­ter­na­tio­na­len Fahn­dung bei Ge­fahr­über­gang mit ei­nem Rechts­man­gel be­haf­tet, der sich in der Be­schlag­nah­me des Fahr­zeugs zu Zwe­cken der Straf­ver­fol­gung per­pe­tu­ier­te und da­mit auch noch zum Zeit­punkt des Rück­tritts am 27.11.2020 vor­lag.

Ei­ne bei Ge­fahr­über­gang vor­han­de­ne und im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung fort­be­ste­hen­de Ein­tra­gung des Fahr­zeugs in dem Schen­ge­ner In­for­ma­ti­ons­sys­tem (SIS) zum Zwe­cke der Si­cher­stel­lung und Iden­ti­täts­fest­stel­lung stellt un­ab­hän­gig von den Ei­gen­tums­ver­hält­nis­sen ei­nen er­heb­li­chen Rechts­man­gel dar, der den Käu­fer zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag be­rech­tigt (vgl. BGH, Urt. v. 28.04.2017 – VI­II ZR 233/15 Rn. 9 f.). Be­reits die Ein­tra­gung ei­nes Kraft­fahr­zeugs in die­sem Fahn­dungs­sys­tem ist mit der kon­kre­ten, im ge­sam­ten Schen­gen-Raum be­ste­hen­den Ge­fahr ver­bun­den, dass bei der Zu­las­sung des Fahr­zeugs, ei­ner Hal­te­rän­de­rung oder ei­ner po­li­zei­li­chen Kon­trol­le die Ein­tra­gung fest­ge­stellt und das Fahr­zeug dar­auf­hin be­hörd­li­cher­seits si­cher­ge­stellt oder be­schlag­nahmt wird und führt da­mit zu ei­ner in­di­vi­du­el­len Be­las­tung, die ge­eig­net ist, den Käu­fer in der un­ge­stör­ten Aus­übung sei­ner ihm nach § 903 BGB ge­büh­ren­den Rechts­po­si­ti­on zu be­ein­träch­ti­gen (vgl. BGH, Urt. v. 28.04.2017 – VI­II ZR 233/15 Rn. 10). Dar­über hin­aus ist die Ver­käuf­lich­keit des Fahr­zeugs stark be­ein­träch­tigt, da bei ei­nem Wei­ter­ver­kauf die Ein­tra­gung red­li­cher­wei­se of­fen­bart wer­den müss­te.

Das­sel­be muss für ei­ne in­ter­na­tio­na­le Fahn­dungs­aus­schrei­bung sei­tens tsche­chi­scher Be­hör­den gel­ten. Für die Fra­ge, ob ein Rechts­man­gel vor­liegt, ist es grund­sätz­lich un­er­heb­lich, ob die Be­schlag­nah­me/[&hs­pace;]Si­cher­stel­lung und die Fahn­dungs­aus­schrei­bung durch in­län­di­sche oder aus­län­di­sche Be­hör­den er­folgt, so­fern die Rechts­vor­gän­ge – wie hier – funk­ti­ons­äqui­va­lent sind (vgl. OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 20.02.2015 – 22 U 159/14, BeckRS 2015, 17117 Rn. 34 m. w. Nachw.).

Aus der An­la­ge K 5 er­gibt sich, dass der zu­stän­di­ge Po­li­zei­be­am­te im Sep­tem­ber 2020 an­läss­lich ei­nes Da­ten­ab­gleichs fest­stell­te, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug seit dem 30.01.2020 zwecks Si­cher­stel­lung we­gen Un­ter­schla­gung zur Fahn­dung aus­ge­schrie­ben ist. Da es dar­um geht, dass dies­be­züg­lich ei­ne ei­ge­ne Wahr­neh­mung der Ur­kunds­per­son do­ku­men­tiert wird, be­grün­det die mit ei­ner ei­gen­hän­di­gen Un­ter­schrift ver­se­he­ne Stel­lung­nah­me des Kri­mi­nal­kom­mis­sars K vom 21.09.2023, in der die­ser über sei­ne Wahr­neh­mun­gen in­ner­halb der Po­li­zei­be­hör­de be­rich­tet und be­stä­tigt, dass es bei ei­ner von ihm vor­ge­nom­me­nen Re­cher­che ei­ne Fahn­dungs­aus­schrei­bung ge­ge­ben hat, die seit dem 30.01.2020 be­stand, ge­mäß § 418 I ZPO vol­len Be­weis der dar­in be­zeug­ten Tat­sa­che, dass das Fahr­zeug bei Ge­fahr­über­gang zum Zwe­cke der Si­cher­stel­lung zur Fahn­dung aus­ge­schrie­ben war.

Ein ein­fa­ches Be­strei­ten der Be­klag­ten än­dert hier­an nichts. Zum Be­weis des Ge­gen­teils ist sub­stan­zi­iert vor­zu­tra­gen und un­ter Be­weis zu stel­len, dass die Ur­kun­de un­rich­tig ist. Die­sen An­for­de­run­gen ge­nügt der Vor­trag der Be­klag­ten nicht.

Auch zum Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung lag ein Rechts­man­gel des Fahr­zeugs vor, denn die­ses war am 27.11.2020 noch be­schlag­nahmt und wur­de un­strei­tig erst im Ju­ni 2021 frei­ge­ge­ben. Es ist in der Recht­spre­chung an­er­kannt, dass auch öf­fent­lich-recht­li­che Be­fug­nis­se zur Ein­zie­hung ei­ner Sa­che (wie ei­ne staat­li­che Si­cher­stel­lung oder Be­schlag­nah­me) sich als Rechts­man­gel dar­stel­len, wenn sie tat­säch­lich und zu Recht aus­ge­übt wer­den und sie für den Käu­fer den end­gül­ti­gen Ver­lust der Sa­che zur Fol­ge ha­ben kön­nen, ins­be­son­de­re im Rah­men ei­ner Be­schlag­nah­me in ei­nem straf­recht­li­chen Er­mitt­lungs­ver­fah­ren ge­mäß §§ 111b, 111c StPO (vgl. BGH, Urt. v. 18.02.2004 – VI­II ZR 78/03; OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 20.02.2015 – 22 U 159/14, BeckRS 2015, 17117 Rn. 32 m. w. Nachw.).

Er­folgt ei­ne Si­cher­stel­lung be­zie­hungs­wei­se Be­schlag­nah­me auf­grund ei­nes fort­be­ste­hen­den SIS-Ein­trags we­gen des Ver­dachts von auf das Ei­gen­tum an dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug be­zo­ge­nen De­lik­ten, dient die Si­cher­stel­lung be­zie­hungs­wei­se Be­schlag­nah­me des Fahr­zeugs zu­min­dest auch da­zu, den Ge­gen­stand als sol­chen für den Ver­letz­ten be­zie­hungs­wei­se den tat­säch­li­chen Ei­gen­tü­mer im Rah­men der so­ge­nann­ten Zu­rück­ge­win­nungs­hil­fe ge­mäß § 111b V StPO i. V. mit § 73 I 2 StPO zu si­chern (vgl. OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 20.02.2015 – 22 U 159/14, BeckRS 2015, 17117 Rn. 38 m. w. Nachw.).

So lag es hier. Das seit dem 30.01.2020 zur in­ter­na­tio­na­len Fahn­dung aus­ge­schrie­be­ne Fahr­zeug war seit April 2020 im Schen­ge­ner In­for­ma­ti­ons­sys­tem (SIS) aus­ge­schrie­ben und hier­auf be­schlag­nahmt wor­den. Es war da­her vom Ge­fahr­über­gang bis zur Rück­tritts­er­klä­rung mit ei­nem Rechts­man­gel be­haf­tet.

Auf ein Ver­schul­den des Be­klag­ten, ins­be­son­de­re ei­ner Kennt­nis von der Fahn­dungs­aus­schrei­bung, kommt es für das von der Klä­ge­rin aus­ge­üb­te Rück­tritts­recht nicht an.

2. Zin­sen auf die Kauf­preis­for­de­rung schul­det der Be­klag­te seit er die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags am 27.11.2020 end­gül­tig ab­ge­lehnt hat, ge­mäß § 286 I 1, II Nr. 2, § 288 I BGB. Ei­ne vor­he­ri­ge In­ver­zug­set­zung ist durch das Schrei­ben vom 29.04.2020, das ei­ne Frist­set­zung bis zum 11.05.2020 ent­hielt, nicht er­folgt, da dem Be­klag­ten dar­in ent­we­der die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses oder die Be­schaf­fung ei­nes Er­satz­fahr­zeugs bis zum 11.05.2020 im We­ge ei­ner Ver­stän­di­gung an­ge­bo­ten wur­de.

3. Die Klä­ge­rin hat da­ne­ben An­spruch auf Er­satz der ihr ent­stan­de­nen Lea­sing­kos­ten in Hö­he von 11.895 € und der im Zu­sam­men­hang mit der Be­schlag­nah­me des Fahr­zeugs ent­stan­de­nen Ver­wahr­kos­ten in Hö­he von 5.908,35 € aus § 437 Nr. 3, § 280 I BGB so­wie der im Zu­sam­men­hang mit dem Ver­trags­schluss ent­stan­de­nen Aus­la­gen für die zwei­ma­li­ge An­rei­se nach V. für den Ver­trags­schluss, die Ab­ho­lung des Fahr­zeugs so­wie die Kos­ten der Ab­mel­dung des Fahr­zeugs in Hö­he von ins­ge­samt 377,14 € aus § 284 BGB.

So­weit die Klä­ge­rin im Rah­men ge­tä­tig­ter Auf­wen­dun­gen ei­ne Un­kos­ten­pau­scha­le von 40 € gel­tend macht, ist ei­ne sol­che da­ge­gen nicht be­rech­tigt, da die für die de­liktsrecht­li­che Ab­wick­lung von Ver­kehrs­un­fall­schä­den dem Ge­schä­dig­ten zu­er­kann­te Pau­scha­le (vgl. in­so­weit OLG Cel­le, Urt. v. 09.09.2004 – 14 U 32/04, NJW-RR 2004, 1673, 1674; OLG Hamm, Urt. v. 08.09.2005 – 28 U 60/05 m. w. Nachw.) auf die Ver­fol­gung schuld­recht­li­cher Scha­dens­er­satz­an­sprü­che ge­mäß §§ 280281 BGB nicht über­tra­gen wer­den kann. In die­sen Fäl­len be­darf es viel­mehr ei­ner kon­kre­ten Scha­dens­be­rech­nung hin­sicht­lich der dem Gläu­bi­ger ent­stan­de­nen Auf­wen­dun­gen.

Die vor­ge­richt­li­chen Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten sind eben­falls und ins­ge­samt nicht er­stat­tungs­fä­hig, da die Be­auf­tra­gung der Rechts­an­wäl­te vor Ein­tritt des Ver­zugs er­folg­te und die da­mit in Zu­sam­men­hang ste­hen­den Kos­ten da­mit nicht durch den Ver­zug ver­ur­sacht wor­den sind (das Schrei­ben vom 29.04.2020 be­grün­de­te erst den Ver­zug, vgl. hier­zu auch BGH, Urt. v. 12.05.2016 – IX ZR 208/15 Rn. 20).

Zin­sen sind für die Nut­zungs­aus­fall­kos­ten ge­mäß §§ 286, 288 I BGB seit dem 10.12.2020 ge­schul­det, für die Ver­wahr­kos­ten ge­mäß §§ 291, 288 I 2 BGB seit dem 16.2.2022 und für die im Ver­trau­en auf das Be­ste­hen des Ver­trags ge­mach­ten Aus­la­gen seit dem 15.01.2021 ge­mäß §§ 291, 288 I 2 BGB.

II. Da die Kla­ge we­gen der Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten und der Un­kos­ten­pau­scha­le – wie so­eben dar­ge­tan – zu Recht ab­ge­wie­sen wor­den ist, hat die An­schluss­be­ru­fung kei­nen Er­folg. …

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