Wird der Käu­fer bei Ab­schluss ei­nes Grund­stücks­kauf­ver­trags durch ei­nen voll­macht­lo­sen Ver­tre­ter ver­tre­ten, kommt es für sei­ne Kennt­nis vom Man­gel i. S. von § 442 I 1 BGB auf den Zeit­punkt der Ab­ga­be der Ge­neh­mi­gungs­er­klä­rung an; so­lan­ge er die Ge­neh­mi­gungs­er­klä­rung nicht in den Ver­kehr ge­bracht hat, muss er neu ge­won­ne­ne Kennt­nis­se über Män­gel der Kauf­sa­che ge­gen sich gel­ten las­sen.

BGH, Ur­teil vom 06.05.2022 – V ZR 282/20

Sach­ver­halt: Der Klä­ger ist Mak­ler und wur­de von der Dritt­wi­der­be­klag­ten mit dem Ver­kauf ih­res Grund­stücks be­auf­tragt. Im März 2019 bot er das Ob­jekt der be­klag­ten Bau­trä­ge­rin an. In dem über­sand­ten Ex­posé wur­de dar­auf hin­ge­wie­sen, dass das Ob­jekt bis­lang als Bü­ro­ge­bäu­de ge­nutzt wor­den und ei­ne Um­nut­zung in Wohn­raum pro­blem­los mög­lich sei. Da­zu heißt es:

„So könn­ten hier zum Bei­spiel auf ei­ner ver­miet­ba­ren Flä­che von ca. 1.703,57 qm Woh­nun­gen für Stu­den­ten, und auch ein all­ge­mei­nes Wohn­haus ent­ste­hen. Das Ge­bäu­de ist voll un­ter­kel­lert. […] Zum Haus ge­hört eben­falls ein 153 qm gro­ßes Hin­ter­hof­ge­bäu­de […]“.

Am 03.04.2019 wur­de ein Kauf­ver­trag no­ta­ri­ell be­ur­kun­det, wo­bei für die Dritt­wi­der­be­klag­te und die Be­klag­te voll­macht­lo­se Ver­tre­ter auf­tra­ten. Der Ver­trag sieht ei­nen Aus­schluss der Sach­män­gel­haf­tung vor.

Nach­dem die Dritt­wi­der­be­klag­te den Ver­trag ge­neh­migt hat­te, ließ der Ge­schäfts­füh­rer der Be­klag­ten sei­ne Ge­neh­mi­gung am 15.04.2019 no­ta­ri­ell be­glau­bi­gen. Spä­tes­tens am 06.05.2019 er­fuhr die Be­klag­te, dass die ver­miet­ba­re Wohn­flä­che des Haupt­ge­bäu­des nur 1.412,41 qm be­trägt. Fer­ner um­fasst das Hin­ter­hof­ge­bäu­de le­dig­lich ei­ne Flä­che von 55,27 qm. Mit Schrei­ben vom 29.05.2019 über­sand­te die Be­klag­te dem be­ur­kun­den­den No­tar die no­ta­ri­ell be­glau­big­te Ge­neh­mi­gung vom 15.04.2019. Da­bei wies sie dar­auf hin, dass die­se „oh­ne je­des Prä­ju­diz und un­be­scha­det et­wai­ger An­sprü­che ge­gen­über Ver­käu­fer und/​oder Mak­ler u. a. we­gen un­zu­tref­fen­der An­ga­ben zum Kauf­ge­gen­stand“, de­ren Gel­tend­ma­chung sie sich vor­be­hal­te, er­klärt wor­den sei.

Mit der Kla­ge ver­langt der Klä­ger von der Be­klag­ten die Zah­lung ei­ner Mak­ler­pro­vi­si­on in Hö­he von 95.200 €. Die Be­klag­te ver­langt im We­ge der Wi­der­kla­ge von dem Klä­ger und der Dritt­wi­der­be­klag­ten die Zah­lung von Scha­dens­er­satz in Hö­he von 341.824,75 €, weil die Wohn­flä­che ge­rin­ger sei als im Ex­posé an­ge­ge­ben. We­gen der Flä­chen­ab­wei­chung beim Ne­ben­ge­bäu­de stellt sie die Hö­he des Scha­dens in das Er­mes­sen des Ge­richts, ver­langt aber in­so­weit min­des­tens ei­nen Be­trag von 60.000 €. Zu­dem for­dert sie ei­nen Be­trag von 13.677,47 €, da so­wohl die Grund­er­werbs­steu­er als auch die No­tar­kos­ten zu hoch aus­ge­fal­len sei­en. Schließ­lich will sie die Fest­stel­lung er­rei­chen, dass die Wi­der­be­klag­ten auch den Er­satz wei­te­rer Schä­den we­gen der Min­der­flä­chen schul­den.

Das Land­ge­richt hat der Kla­ge – so­weit von In­ter­es­se – statt­ge­ge­ben und die (Dritt-)Wi­der­kla­ge ab­ge­wie­sen. Die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat das Ober­lan­des­ge­richt durch Be­schluss zu­rück­ge­wie­sen. Die da­ge­gen ge­rich­te­te Re­vi­si­on der Be­klag­ten, die ne­ben ih­rem An­trag auf Kla­ge­ab­wei­sung ih­re Wi­der­kla­ge­an­trä­ge wei­ter­ver­folg­te, hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: [4]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt meint, die feh­ler­haf­ten Flä­chen­an­ga­ben in dem Ex­posé sei­en nicht kau­sal für den Ab­schluss des Kauf­ver­trags ge­we­sen. Die Be­klag­te ha­be die­sen in Kennt­nis der maß­geb­li­chen Flä­chen­grö­ßen ge­neh­migt. Nach den ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen kom­me es auf den Ein­gang der no­ta­ri­ell be­glau­big­ten Ge­neh­mi­gungs­er­klä­run­gen bei dem No­tar an. Ein be­reits am 15.04.2019 er­folg­ter Zu­gang der no­ta­ri­ell be­glau­big­ten Ge­neh­mi­gung über ei­nen Mes­sen­ger­dienst, auf den sich die Be­klag­te be­ru­fe, sei nicht aus­rei­chend. Ha­be so­mit die Be­klag­te in Kennt­nis der wah­ren Um­stän­de selbst die Wirk­sam­keit des Kauf­ver­trags her­bei­ge­führt, kön­ne sie sich nicht auf ei­nen durch den Ver­trags­schluss ent­stan­de­nen Scha­den be­ru­fen, und zwar we­der im Rah­men ei­nes Scha­dens­er­satz­an­spruchs noch im Rah­men ei­ner Ver­wir­kung des Mak­ler­lohns.

[5]    II. Die­se Aus­füh­run­gen hal­ten ei­ner re­vi­si­ons­recht­li­chen Nach­prü­fung im Er­geb­nis stand.

[6]    1. Das gilt zu­nächst im Hin­blick auf die Ab­wei­sung der Dritt­wi­der­kla­ge. Der Be­klag­ten steht ge­gen die Dritt­wi­der­be­klag­te kein An­spruch auf Scha­dens­er­satz ge­mäß § 437 Nr. 3, §§ 280 I und III, 281 I BGB nebst Rechts­hän­gig­keits­zin­sen ge­mäß § 291 BGB zu.

[7]    a) Das Be­ru­fungs­ge­richt lässt of­fen, ob die vor­han­de­ne Wohn­flä­che we­gen der An­ga­ben in dem Ex­posé ei­nen Sach­man­gel dar­stellt. Im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren ist als der Be­klag­ten güns­tig zu un­ter­stel­len, dass ein Sach­man­gel im Sin­ne des – hier noch an­wend­ba­ren (Art. 229 § 58 EGBGB) – § 434 I BGB in der bis zum 31.12.2021 gel­ten­den Fas­sung im Zu­sam­men­hang mit der Wohn­flä­che vor­liegt und die Be­klag­te bei der Be­ur­kun­dung des no­ta­ri­el­len Kauf­ver­tra­ges kei­ne Kennt­nis von den ge­rin­ge­ren Wohn­flä­chen hat­te.

[8]    b) Dass das Be­ru­fungs­ge­richt – wenn auch oh­ne nä­he­re Er­ör­te­rung – die Ge­neh­mi­gungs­er­klä­rung da­hin ge­hend aus­legt, dass der von der Be­klag­ten ge­äu­ßer­te Vor­be­halt dem Wirk­sam­wer­den des Kauf­ver­trags nicht ent­ge­gen­steht, ist nicht zu be­an­stan­den. Denn die Be­klag­te woll­te den Ver­trag un­zwei­fel­haft ge­neh­mi­gen und sich da­bei le­dig­lich be­stimm­te ge­setz­li­che Rech­te vor­be­hal­ten. Dar­in liegt kei­ne Be­din­gung, die der Wirk­sam­keit der grund­sätz­lich be­din­gungs­feind­li­chen (vgl. da­zu Stau­din­ger/​Klumpp, BGB, Neu­be­r­ab. 2019, § 184 Rn. 15) Ge­neh­mi­gungs­er­klä­rung ent­ge­gen­ste­hen könn­te. Ob der Vor­be­halt ge­eig­net ist, ge­setz­li­che Rech­te aus­zu­schlie­ßen, ist ei­ne an­de­re Fra­ge und von dem Wirk­sam­wer­den des Kauf­ver­trags zu tren­nen.

[9]    c) Im Er­geb­nis zu Recht nimmt das Be­ru­fungs­ge­richt an, dass die An­sprü­che der Be­klag­ten je­den­falls dar­an schei­tern, dass sie vor der Über­sen­dung der no­ta­ri­ell be­glau­big­ten Ge­neh­mi­gungs­er­klä­rung an den be­ur­kun­den­den No­tar von den Flä­chen­ab­wei­chun­gen Kennt­nis er­langt hat. Dies ist al­ler­dings kei­ne Fra­ge der Kau­sa­li­tät, son­dern er­gibt sich aus der – von dem Be­ru­fungs­ge­richt nicht her­an­ge­zo­ge­nen – Vor­schrift des § 442 I 1 BGB.

[10]   aa) Nach § 442 I 1 BGB sind die Rech­te des Käu­fers we­gen ei­nes Man­gels, den er bei Ver­trags­schluss kennt, aus­ge­schlos­sen. Zu­stan­de ge­kom­men ist der Kauf­ver­trag hier nach § 177 I BGB und den er­gän­zend ge­trof­fe­nen ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen erst mit dem Zu­gang der no­ta­ri­ell be­glau­big­ten Ge­neh­mi­gungs­er­klä­rung der Be­klag­ten bei dem No­tar. Zu die­sem Zeit­punkt wa­ren der Be­klag­ten die Flä­chen­ab­wei­chun­gen be­reits be­kannt. Die zu­vor er­folg­te Über­sen­dung ei­ner Ab­lich­tung über ei­nen Mes­sen­ger­dienst reich­te nicht aus. Die Be­ur­tei­lung des Be­ru­fungs­ge­richts, man­gels Ein­hal­tung der ver­trag­lich ver­ein­bar­ten öf­fent­lich be­glau­big­ten Form der Ge­neh­mi­gungs­er­klä­rung stel­le die­se kei­ne wirk­sa­me Ge­neh­mi­gung des schwe­bend un­wirk­sa­men Kauf­ver­trags dar, lässt Rechts­feh­ler nicht er­ken­nen. Ent­ge­gen der von dem Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten der Be­klag­ten in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat ver­tre­te­nen Rechts­an­sicht kann von ei­nem Ver­zicht auf die Ein­hal­tung der ver­ein­bar­ten Form­vor­schrift nicht aus­ge­gan­gen wer­den. Ob ein kon­klu­den­ter Form­ver­zicht in die­ser Fall­kon­stel­la­ti­on über­haupt in Be­tracht kom­men könn­te, kann da­hin­ste­hen; er schei­tert näm­lich schon dar­an, dass die Kor­re­spon­denz über den Mes­sen­ger­dienst nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts nicht zwi­schen den Ver­trags­par­tei­en, son­dern zwi­schen der Be­klag­ten und dem Klä­ger statt­ge­fun­den hat.

[11]   bb) Auf das end­gül­ti­ge Wirk­sam­wer­den des zu­nächst schwe­bend un­wirk­sa­men Ver­trags kommt es in­des­sen bei der Ge­neh­mi­gung ei­nes durch voll­macht­lo­se Ver­tre­ter ab­ge­schlos­se­nen Ver­trags nicht an. In die­ser Fall­kon­stel­la­ti­on kann die Vor­schrift im We­ge der te­leo­lo­gi­schen Re­duk­ti­on ein­schrän­kend aus­zu­le­gen sein. Maß­geb­lich ist bei ei­nem so zu­stan­de ge­kom­me­nen Ver­trag die Kennt­nis des Käu­fers vom Man­gel bei Ab­ga­be der Ge­neh­mi­gungs­er­klä­rung.

[12]   (1) Zu ei­nem ge­streck­ten Ver­trags­schluss, bei dem das An­ge­bot zum Ab­schluss ei­nes Kauf­ver­trags und des­sen An­nah­me zeit­lich ver­setzt be­ur­kun­det wer­den, hat der Se­nat näm­lich ent­schie­den, dass § 442 I 1 BGB in­so­weit ein­schrän­kend aus­zu­le­gen ist, als nur die Kennt­nis des Käu­fers von ei­nem Sach­man­gel im Zeit­punkt der Be­ur­kun­dung des An­ge­bots scha­det, wäh­rend es auf den Zeit­punkt der (zum Ver­trags­schluss füh­ren­den) An­nah­me des Ver­käu­fers nicht an­kommt (vgl. Se­nat, Urt. v. 15.06.2012 – V ZR 198/11, BGHZ 193, 326 Rn. 18). Der Vor­schrift des § 442 I 1 BGB liegt der Ge­dan­ke zu­grun­de, dass der Käu­fer nicht in sei­nen be­rech­tig­ten Er­war­tun­gen ent­täuscht wird, wenn er den Kauf trotz des Man­gels ge­wollt hat (Se­nat, Urt. v. 15.06.2012 – V ZR 198/11, BGHZ 193, 326 Rn. 22; Urt. v. 27.05.2011 – V ZR 122/10, NJW 2011, 2953 Rn. 13). Er ist dann nicht schutz­wür­dig, denn mit der Gel­tend­ma­chung von Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­chen stellt er sich in Wi­der­spruch zu sei­nem vor­an­ge­gan­ge­nen Ver­hal­ten, näm­lich dem Ver­trags­ab­schluss in Kennt­nis des Man­gels (Se­nat, Urt. v. 15.06.2012 – V ZR 198/11, BGHZ 193, 326 Rn. 22). Des­halb greift § 442 I 1 BGB beim ge­streck­ten Ver­trags­schluss nach Sinn und Zweck der Norm nicht ein, so­fern die Män­gel dem Käu­fer zwar vor end­gül­ti­gem Ver­trags­schluss, aber erst nach Be­ur­kun­dung des An­ge­bots be­kannt wer­den, wenn die Er­klä­rung dem Ver­käu­fer be­reits zu­ge­gan­gen ist oder der Käu­fer die Er­klä­rung je­den­falls ab­ge­ge­ben hat (vgl. zu Letz­te­rem Se­nat, Urt. v. 15.06.2012 – V ZR 198/11, BGHZ 193, 326 Rn. 26).

[13]   (2) Wird der Käu­fer – wie hier – bei Ab­schluss ei­nes Grund­stücks­kauf­ver­trags durch ei­nen voll­macht­lo­sen Ver­tre­ter ver­tre­ten, kommt es für sei­ne Kennt­nis vom Man­gel i. S. von § 442 I 1 BGB auf den Zeit­punkt der Ab­ga­be der Ge­neh­mi­gungs­er­klä­rung an. Denn er ist nach Sinn und Zweck des § 442 I 1 BGB in glei­cher Wei­se schutz­wür­dig wie im Fal­le ei­nes ge­streck­ten Ver­trags­schlus­ses, wenn ihm die Män­gel erst nach Ab­ga­be der Ge­neh­mi­gungs­er­klä­rung be­kannt wer­den.

[14]   Da­ge­gen kann ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on aus der in § 184 I BGB nor­mier­ten Rück­wir­kung der Ge­neh­mi­gung nicht ge­fol­gert wer­den, dass es auf die Be­ur­kun­dung des Kauf­ver­trags an­kommt. Denn vor der Ge­neh­mi­gung gibt es kei­ne auf den Ver­trags­schluss ge­rich­te­te Wil­lens­er­klä­rung des Käu­fers. Die­ser hat viel­mehr den Ver­trags­schluss noch in der Hand, so­lan­ge er nicht ge­neh­migt hat. Dass des­halb die Ab­ga­be der Ge­neh­mi­gungs­er­klä­rung des Käu­fers maß­geb­lich ist, ent­spricht – so­weit er­sicht­lich – ganz ein­hel­li­ger An­sicht (mit ein­ge­hen­der Be­grün­dung OLG Bre­men, Urt. v. 20.05.1999 – 5 U 31/98, BeckRS 1999, 16869 Rn. 68; BeckOGK/​Stö­ber, Stand: 01.06.2021, § 442 BGB Rn. 25; Be­ckOK-BGB/​Faust, Stand: 01.11.2021, § 442 Rn. 9; Münch­Komm-BGB/​Wes­ter­mann, 8. Aufl., § 442 Rn. 6; E. Wag­ner, in: Prüt­ting/​We­gen/​Wein­reich, BGB, 16. Aufl., § 442 Rn. 7; Köh­ler, JZ 1989, 761, 765 Fn. 38).

[15]   cc) (1) Ab­ge­ge­ben i. S. von § 130 I 1 BGB ist ei­ne emp­fangs­be­dürf­ti­ge Wil­lens­er­klä­rung, wenn sie mit Wil­len des Er­klä­ren­den in den Rechts­ver­kehr ge­bracht wor­den ist (vgl. BGH, Urt. v. 18.12.2002 – IV ZR 39/04, NJW-RR 2003, 384). So­lan­ge der Käu­fer die Ge­neh­mi­gungs­er­klä­rung nicht in den Ver­kehr ge­bracht hat, muss er neu ge­won­ne­ne Kennt­nis­se über Män­gel der Kauf­sa­che ge­gen sich gel­ten las­sen. Denn an­sons­ten ver­hiel­te er sich wi­der­sprüch­lich. Er lie­ße den Ver­trag in Kennt­nis des Man­gels zu­stan­de kom­men, ob­wohl er das hät­te ver­hin­dern kön­nen. Nach der Wer­tung des § 442 I 1 BGB kann der Käu­fer nicht se­hen­den Au­ges ei­nen man­gel­haf­ten Ge­gen­stand kau­fen, um an­schlie­ßend An­sprü­che aus Sach­män­gel­haf­tung gel­tend zu ma­chen (vgl. Se­nat, Urt. v. 15.06.2012 – V ZR 198/11, BGHZ 193, 326 Rn. 22). Das ent­spricht dem Ver­hal­ten, das nach § 442 I 1 BGB zum Aus­schluss von Män­gel­rech­ten füh­ren soll. Ei­ne ein­schrän­ken­de Aus­le­gung der Vor­schrift im vor­be­schrie­be­nen Sinn ist dann nicht ge­recht­fer­tigt. Es bleibt beim Wort­laut der Re­ge­lung in § 442 I 1 BGB, wo­nach es auf die Kennt­nis des Käu­fers bei Zu­stan­de­kom­men des Ver­trags an­kommt (vgl. Se­nat, Urt. v. 15.06.2012 – V ZR 198/11, BGHZ 193, 326 Rn. 26).

[16]   (2) Die Fall­kon­stel­la­ti­on, bei der ein Käu­fer, der erst nach Ab­ga­be sei­ner auf den Ver­trags­schluss ge­rich­te­ten Wil­lens­er­klä­rung von Män­geln der Kauf­sa­che er­fährt, die Hei­lung ei­nes form­nich­ti­gen Ver­tra­ges för­dert oder je­den­falls nicht ver­hin­dert, ist mit der noch aus­ste­hen­den Ge­neh­mi­gung ei­nes schwe­bend un­wirk­sa­men Ver­tra­ges hin­ge­gen nicht ver­gleich­bar. Denn im ers­te­ren Fall hat der Käu­fer sei­ne Wil­lens­er­klä­rung be­reits vor Kennt­nis­er­lan­gung ab­ge­ge­ben und gibt le­dig­lich zu er­ken­nen, dass er sich nicht auf den Form­m­an­gel be­ru­fen möch­te, so­dass ei­ne zwi­schen Ver­trags­schluss und Wirk­sam­wer­den des Kauf­ver­trags er­lang­te Kennt­nis von Män­geln grund­sätz­lich nicht scha­det (vgl. hier­zu Se­nat, Urt. v. 27.05.2011 – V ZR 122/10, NJW 2011, 2953 Rn. 14).

[17]   (3) Da­nach sind et­wai­ge Rech­te der Be­klag­ten ge­mäß § 442 I 1 BGB aus­ge­schlos­sen. Sie hat zwar am 15.04.2019 die Ge­neh­mi­gungs­er­klä­rung no­ta­ri­ell be­glau­bi­gen las­sen, hat die­se aber erst am 29.05.2019 dem be­ur­kun­den­den No­tar über­sandt. Die nach der Be­glau­bi­gung, aber vor der Über­sen­dung er­lang­te Kennt­nis von der Man­gel­haf­tig­keit des Kauf­ge­gen­stands muss sie ge­gen sich gel­ten las­sen.

[18]   dd) Nichts an­de­res er­gibt sich dar­aus, dass die Be­klag­te – wie der Wort­laut des von ihr er­klär­ten Vor­be­halts zu­min­dest na­he­legt – mög­li­cher­wei­se an­ge­nom­men hat, be­reits an den Kauf­ver­trag ge­bun­den zu sein.

[19]   (1) Zwar hat der Se­nat ent­schie­den, dass der Käu­fer beim ge­streck­ten Ver­trags­schluss die Mög­lich­keit, sich nach § 130 I 2 BGB durch Wi­der­ruf sei­ner Ver­trags­er­klä­rung von der Bin­dung an sein An­ge­bot zu lö­sen, nur nut­zen kann, wenn er die­se recht­li­che Mög­lich­keit und die tat­säch­li­chen Vor­aus­set­zun­gen da­für kennt oder we­nigs­tens Ver­an­las­sung hat, sich nach bei­dem zu er­kun­di­gen, so­dass dem Käu­fer im Fall feh­len­der Kennt­nis auch bei theo­re­ti­scher Wi­der­ruf­lich­keit sei­nes An­ge­bots der Vor­wurf wi­der­sprüch­li­chen Ver­hal­tens nicht ge­macht wer­den kann (vgl. Se­nat, Urt. v. 15.06.2012 – V ZR 198/11, BGHZ 193, 326 Rn. 24). Das be­trifft aber die Zeit­span­ne zwi­schen Ab­ga­be und Zu­gang der Wil­lens­er­klä­rung. Lässt sich der Käu­fer mit der Ab­ga­be sei­ner Wil­lens­er­klä­rung Zeit, geht ei­ne zwi­schen­zeit­lich er­lang­te Kennt­nis über Män­gel zu sei­nen Las­ten.

[20]   (2) Nach die­sen Grund­sät­zen ist das Ver­hal­ten der Be­klag­ten als wi­der­sprüch­lich an­zu­se­hen. Aus der Kauf­ver­trags­ur­kun­de geht her­vor, dass der Ver­trag bis zum Ein­gang der Ge­neh­mi­gun­gen in öf­fent­lich be­glau­big­ter Form schwe­bend un­wirk­sam ist. Die Be­klag­te hat­te vor Über­sen­dung ih­rer Ge­neh­mi­gungs­er­klä­rung da­her Ver­an­las­sung, sich nach Mög­lich­kei­ten zu er­kun­di­gen, den Ein­tritt der Wirk­sam­keit des Kauf­ver­trags zu ver­hin­dern. Wenn sie dies un­ter­lässt und sich bei Ab­ga­be der Ge­neh­mi­gungs­er­klä­rung von fal­schen Rechts­vor­stel­lun­gen lei­ten lässt, trägt sie das Ri­si­ko ih­res Rechts­irr­tums. Der mit der Über­sen­dung der Ge­neh­mi­gung er­klär­te Vor­be­halt än­dert hier­an nichts, weil die An­sprü­che, wel­che sich die Be­klag­te vor­be­hal­ten hat, ge­mäß § 442 I 1 BGB aus­ge­schlos­sen sind.

[21]   Er­folg­los bleibt die Re­vi­si­on auch, so­weit sie sich ge­gen die Ab­wei­sung der Wi­der­kla­ge wen­det. Rechts­feh­ler­frei nimmt das Be­ru­fungs­ge­richt an, dass der Be­klag­ten ge­gen den Klä­ger kein An­spruch auf Scha­dens­er­satz ge­mäß § 280 I BGB we­gen Ver­let­zung von Pflich­ten aus dem Mak­ler­ver­trag nebst Rechts­hän­gig­keits­zin­sen ge­mäß § 291 BGB zu­steht, weil nicht er­wie­sen ist, dass die Be­klag­te den Kauf­ver­trag je­den­falls nicht zu den­sel­ben Be­din­gun­gen ab­ge­schlos­sen hät­te, wenn ihr die Flä­chen­ab­wei­chung be­kannt ge­we­sen wä­re. In­so­weit ist für die Be­ur­tei­lung der Kau­sa­li­tät der Pflicht­ver­let­zung für den ein­ge­tre­te­nen Scha­den eben­falls auf den Zeit­punkt der Über­sen­dung der no­ta­ri­ell be­glau­big­ten Ge­neh­mi­gungs­er­klä­rung der Be­klag­ten ab­zu­stel­len, durch wel­che sie die Wirk­sam­keit des Kauf­ver­trags in Kennt­nis der Flä­chen­ab­wei­chung her­bei­ge­führt hat.

[22]   3. Schließ­lich wen­det sich die Re­vi­si­on oh­ne Er­folg ge­gen die Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten zur Zah­lung ei­nes Mak­ler­lohns nebst Zin­sen. Die Be­klag­te kann sich ge­gen­über dem Pro­vi­si­ons­an­spruch des Klä­gers we­der in ent­spre­chen­der An­wen­dung von § 654 BGB auf Ver­wir­kung be­ru­fen noch ein dau­er­haf­tes Leis­tungs­ver­wei­ge­rungs­recht ein­wen­den, weil sie nach Kennt­nis al­ler Um­stän­de die Wirk­sam­keit des Kauf­ver­trags erst her­bei­ge­führt hat.

[23]   III. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 97 I ZPO.

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