Weist die Kauf­sa­che ei­nen be­heb­ba­ren Man­gel auf, ist der Käu­fer grund­sätz­lich selbst dann be­rech­tigt, ge­mäß § 320 I BGB die Zah­lung des Kauf­prei­ses ins­ge­samt zu ver­wei­gern, wenn es sich um ei­nen ge­ring­fü­gi­gen Man­gel han­delt (Be­stä­ti­gung von Se­nat, Urt. v. 14.02.2020 – V ZR 11/18, BGHZ 225, 1 Rn. 53).

BGH, Ur­teil vom 19.11.2021 – V ZR 104/20

Sach­ver­halt: Der Klä­ger ver­kauf­te im Jahr 2011 mit no­ta­ri­el­lem Ver­trag ein Grund­stück, bei dem es sich um ei­nen Ski­hang mit ei­nem da­ne­ben be­find­li­chen Ho­tel­ge­bäu­de han­delt, an ei­ne zwi­schen dem Be­klag­ten und G be­ste­hen­de Ge­sell­schaft bür­ger­li­chen Rechts (GbR) Von dem Kauf­preis in Hö­he von 160.000 € zahl­te die GbR 40.000 € in bar und den Rest­be­trag ver­ein­ba­rungs­ge­mäß auf ein An­der­kon­to des Ur­kunds­no­tars. Die­ser Be­trag war nach § 4 des Kauf­ver­trags un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen an den Klä­ger aus­zu­zah­len, dar­un­ter die Si­cher­stel­lung der Lö­schung der in Ab­tei­lung II und III des Grund­buchs von dem Käu­fer nicht zu über­neh­men­den Be­las­tun­gen. Nach § 6 des Kauf­ver­trags soll­te der Käu­fer die in Ab­tei­lung II Nr. 3 und 5 ein­ge­tra­ge­nen Geh- und Fahr­rech­te über­neh­men. Der Klä­ger, der das Grund­stück sei­ner­seits im Jah­re 2010 als noch nicht ver­mes­se­ne Teil­flä­che ei­nes grö­ße­ren Grund­stücks ge­kauft hat­te und noch nicht als Ei­gen­tü­mer ein­ge­tra­gen war, trat der GbR die zu sei­nen Guns­ten ein­ge­tra­ge­ne Auf­las­sungs­vor­mer­kung ab. Die Ab­tre­tung wur­de im Ja­nu­ar 2012 in das Grund­buch ein­ge­tra­gen.

Im Ju­ni 2014 wur­den in Ab­tei­lung II un­ter Num­mer 7 und 8 ein Geh- und Fahr­recht so­wie ein Mit­be­nut­zungs­recht an vier Park­plät­zen zu­guns­ten des je­wei­li­gen Ei­gen­tü­mers ei­nes Nach­bar­grund­stücks ein­ge­tra­gen. Die­se Grund­dienst­bar­kei­ten hat­te der Klä­ger zu­vor bei dem Er­werb des Grund­stücks als künf­ti­ger Ei­gen­tü­mer be­stellt. Im Sep­tem­ber 2014 wur­de die GbR als Ei­gen­tü­me­rin in das Grund­buch ein­ge­tra­gen. Die Be­las­tun­gen in Ab­tei­lung II Nr. 3 und 5 wur­den ge­löscht, nicht aber die neu ein­ge­tra­ge­nen Grund­dienst­bar­kei­ten in Ab­tei­lung II Nr. 7 und 8. Mit dem Ab­le­ben des wei­te­ren Ge­sell­schaf­ters der GbR wuchs des­sen An­teil dem Be­klag­ten an, der nun­mehr al­lei­ni­ger Grund­stücks­ei­gen­tü­mer ist.

Der Klä­ger ver­langt von dem Be­klag­ten die Frei­ga­be des auf dem No­ta­rand­er­kon­to hin­ter­leg­ten Rest­kauf­prei­ses von 120.000 €. Das Land­ge­richt hat den Be­klag­ten zur Frei­ga­be von 86.000 € ver­ur­teilt und die wei­ter­ge­hen­de Kla­ge ab­ge­wie­sen. Ge­gen das Ur­teil hat nur der Be­klag­te Be­ru­fung ein­ge­legt. Die­se hat das Kam­mer­ge­richt durch Be­schluss ge­mäß § 522 II ZPO zu­rück­ge­wie­sen. Die­ser Be­schluss wur­de auf die Re­vi­si­on des Be­klag­ten, der da­mit die voll­stän­di­ge Ab­wei­sung der Kla­ge er­rei­chen woll­te, auf­ge­ho­ben und die Sa­che an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­ver­wie­sen.

Aus den Grün­den: [4]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt meint, der Be­klag­te kön­ne sich zwar auf die von ihm er­ho­be­ne Ein­re­de des nicht er­füll­ten Ver­trags aus § 320 I BGB be­ru­fen, weil das Grund­stück mit zwei nicht über­nom­me­nen Grund­dienst­bar­kei­ten be­las­tet sei. Der Be­klag­te kön­ne aber nicht den vol­len auf dem No­ta­rand­er­kon­to hin­ter­leg­ten Kauf­preis­rest zu­rück­hal­ten, son­dern nur ei­nen Teil­be­trag in Hö­he von 34.000 €. Die Aus­übung des Leis­tungs­ver­wei­ge­rungs­rechts ste­he näm­lich un­ter dem Vor­be­halt von Treu und Glau­ben. Der Er­wer­ber kön­ne die Zah­lung des Kauf­prei­ses dann nicht voll­stän­dig ver­wei­gern, wenn dies nach den Ge­samt­um­stän­den, ins­be­son­de­re we­gen ver­hält­nis­mä­ßi­ger Ge­ring­fü­gig­keit der Pflicht­ver­let­zung des Ver­käu­fers, ge­gen Treu und Glau­ben ver­sto­ße. Wel­cher Ein­be­halt ge­recht­fer­tigt sei, hän­ge von den Um­stän­den des Ein­zel­falls ab. Vor­lie­gend er­schei­ne es an­ge­mes­sen, dem Be­klag­ten ei­nen Ein­be­halt in Hö­he des dop­pel­ten Be­trags der sach­ver­stän­dig fest­ge­stell­ten Wert­min­de­rung sei­nes Grund­stücks von 17.000 € zu be­las­sen. Hier­bei sei zu be­rück­sich­ti­gen, dass der Be­klag­te das Grund­stück seit et­wa neun Jah­ren nut­ze. Wel­che Nach­tei­le ihm durch die Rech­te Drit­ter für die Nut­zung sei­nes Grund­stücks ent­stün­den, ha­be er nicht sub­stan­zi­iert vor­ge­tra­gen. Er ha­be le­dig­lich dar­auf ver­wie­sen, dass der Be­trieb ei­nes Ho­tels in ei­ner Win­ter­sport­re­gi­on zwin­gend auf aus­rei­chend Park­plät­ze für Ho­tel­gäs­te an­ge­wie­sen sei. Der Be­klag­te sei auch nicht schutz­los, son­dern kön­ne die Rech­te aus der Vor­mer­kung gel­tend ma­chen und auf die­se Wei­se mög­li­cher­wei­se die Be­sei­ti­gung der Be­las­tun­gen er­rei­chen. Zu­dem kön­ne er ge­gen den Klä­ger Män­gel­rech­te nach den §§ 435 ff. BGB gel­tend ma­chen.

[5]    II. Dies hält recht­li­cher Nach­prü­fung nicht stand.

[6]    1. Im Aus­gangs­punkt nimmt das Be­ru­fungs­ge­richt zu­tref­fend an, dass der Be­klag­te ver­pflich­tet ist, die Frei­ga­be der jetzt noch im Streit be­find­li­chen 86.000 € zu er­klä­ren, wenn die von ihm er­ho­be­ne Ein­re­de des nicht er­füll­ten Ver­tra­ges aus § 320 I BGB in­so­weit nicht be­steht.

[7]    a) Wird ein Grund­stücks­kauf über ein No­ta­rand­er­kon­to ab­ge­wi­ckelt und zahlt der No­tar den hin­ter­leg­ten Kauf­preis bei Vor­lie­gen der ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Aus­zah­lungs­vor­aus­set­zun­gen (Aus­zah­lungs­rei­fe) nicht an den Ver­käu­fer aus, kann die­sem ein An­spruch ge­gen den Käu­fer zu­ste­hen, den auf dem An­der­kon­to hin­ter­leg­ten Rest­kauf­preis „frei­zu­ge­ben“. Dies kommt na­ment­lich dann in Be­tracht, wenn der No­tar die Aus­zah­lung nach § 60 III 1 Be­urkG zu­rück­stellt, weil sich der Käu­fer dar­auf be­ruft, der Kauf­ver­trag sei auf­ge­ho­ben, un­wirk­sam oder rück­ab­zu­wi­ckeln, oder wenn er nach § 61 Nr. 2 Be­urkG von der Aus­zah­lung ab­sieht, weil dem Käu­fer durch die Aus­zah­lung er­kenn­bar ein un­wie­der­bring­li­cher Scha­den droht (vgl. zu die­ser Ver­fah­rens­wei­se Ren­ner, in: Arm­brüs­ter/​Preuß/​Ren­ner, Be­urkG, 8. Aufl., § 60 Rn. 27; Grzi­wotz, in: Grzi­wotz/​Hei­nemann, Be­urkG, 3. Aufl., § 60 Rn. 16; Kas­per, RNotZ 2018, 133, 138 ff.). Denn der No­tar ist nicht da­zu be­ru­fen, den die­sen Kon­stel­la­tio­nen re­gel­mä­ßig zu­grun­de lie­gen­den Streit der Ver­trags­par­tei­en über ma­te­ri­ell-recht­li­che Fra­gen wie et­wa über die Wirk­sam­keit ei­nes Rück­tritts oder ei­ner An­fech­tung oder das Vor­lie­gen von Sach- oder Rechts­män­geln zu ent­schei­den (vgl. Ba­yO­bLG, Beschl. v. 17.12.2004 – 1Z BR 64/04, DNotZ 2005, 616, 617; Ren­ner, in: Arm­brüs­ter/​Preuß/​Ren­ner, a. a. O., § 60 Rn. 27; zum for­ma­len Cha­rak­ter der Prü­fung der Aus­zah­lungs­vor­aus­set­zun­gen durch den No­tar auch Se­nat, Beschl. v. 28.10.2010 – V ZB 70/10, ju­ris Rn. 32 f.). Die Klä­rung, wel­che Ver­trags­par­tei An­spruch auf den hin­ter­leg­ten Kauf­preis hat, kann nur durch die Zi­vil­ge­rich­te er­fol­gen, und zwar der­ge­stalt, dass ei­ne über­ein­stim­men­de An­wei­sung der Par­tei­en als Be­tei­lig­te des Ver­wah­rungs­ge­schäfts ge­gen­über dem No­tar her­bei­ge­führt wird (vgl. § 60 IV 3 Nr. 2 Be­urkG). Die­se ist für den No­tar nach § 60 II Be­urkG be­acht­lich und bin­dend (vgl. Grzi­wotz, in: Grzi­wotz/​Hei­nemann, Be­urkG, 3. Aufl., § 60 Rn. 16).

[8]    b) Der An­spruch des Ver­käu­fers ge­gen den Käu­fer auf die – zu­meist als „Frei­ga­be“ be­zeich­ne­te – An­wei­sung, der sich bei der Hin­ter­le­gung i. S. der §§ 372 ff. BGB aus § 812 I 1 Fall 2 BGB er­gibt (vgl. Se­nat, Urt. v. 19.07.2019 – V ZR 255/17, WM 2019, 2214 Rn. 8), folgt bei ei­nem Grund­stücks­kauf­ver­trag aus der Ver­ein­ba­rung über die Ab­wick­lung über ein No­ta­rand­er­kon­to in Ver­bin­dung mit § 433 II BGB. Ein sol­cher Frei­ga­be­an­spruch des Klä­gers ge­gen den Be­klag­ten kommt hier im Aus­gangs­punkt in Be­tracht, da da­von aus­zu­ge­hen ist, dass der No­tar die Aus­zah­lung des Kauf­prei­ses im Hin­blick auf den Streit der Par­tei­en über die zwi­schen­zeit­lich er­folg­te Ein­tra­gung neu­er, von dem Be­klag­ten nicht zu über­neh­men­der Be­las­tun­gen ver­wei­gert hat. Al­ler­dings ist der Käu­fer zur un­ein­ge­schränk­ten Frei­ga­be nicht ver­pflich­tet, wenn die Vor­aus­set­zun­gen der Ein­re­de des nicht er­füll­ten Ver­trags aus § 320 BGB vor­lie­gen. Denn in die­sem Fall wä­re er selbst bei ver­ein­bar­ter Di­rekt­zah­lung des Kauf­prei­ses oh­ne Zwi­schen­schal­tung des No­ta­rand­er­kon­tos nur Zug um Zug ge­gen Er­brin­gung der ge­schul­de­ten Leis­tung zur Zah­lung ver­pflich­tet.

[9]   2. Zu­tref­fend geht das Be­ru­fungs­ge­richt da­von aus, dass die Vor­aus­set­zun­gen der Ein­re­de aus § 320 BGB vor­lie­gen, weil in dem Grund­buch zwei Be­las­tun­gen ein­ge­tra­gen sind, die der Be­klag­te nach dem Kauf­ver­trag nicht zu über­neh­men hat. Dies folgt ent­ge­gen der An­sicht des Be­ru­fungs­ge­richts al­ler­dings nicht erst aus ei­ner er­gän­zen­den Ver­trags­aus­le­gung, son­dern un­mit­tel­bar aus § 320 BGB i. V. mit § 433 I 2, § 435 BGB und den §§ 4 und 6 des Kauf­ver­trags. Denn die in dem Grund­buch ein­ge­tra­ge­nen Rech­te stel­len ei­nen Rechts­man­gel dar.

[10]   a) Nach § 320 I 1 BGB kann der­je­ni­ge, der aus ei­nem ge­gen­sei­ti­gen Ver­trag ver­pflich­tet ist, die ihm ob­lie­gen­de Leis­tung bis zur Be­wir­kung der Ge­gen­leis­tung ver­wei­gern, so­fern er nicht zur Vor­leis­tung ver­pflich­tet ist. Die aus der Pflicht zur Kauf­preis­zah­lung fol­gen­de Frei­ga­be­ver­pflich­tung des Käu­fers bei Ab­wick­lung über das No­ta­rand­er­kon­to (§ 433 II BGB) und die Pflicht des Ver­käu­fers, dem Käu­fer – mit Aus­nah­me über­nom­me­ner Be­las­tun­gen – las­ten­frei­es Ei­gen­tum zu ver­schaf­fen (§ 433 I 2 BGB), ste­hen im Ge­gen­sei­tig­keits­ver­hält­nis. Der Be­klag­te ist je­den­falls in­so­weit nicht vor­leis­tungs­pflich­tig, als es um sei­ne Ver­pflich­tung geht, den No­tar zur Aus­zah­lung des Rest­kauf­prei­ses an den Be­klag­ten an­zu­wei­sen, so­bald die Aus­zah­lungs­vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gen. Denn durch die Ab­wick­lung über das No­ta­rand­er­kon­to und die in § 4 des Kauf­ver­trags ge­re­gel­te Vor­aus­set­zung der Si­cher­stel­lung der Lö­schung nicht über­nom­me­ner Be­las­tun­gen soll ge­ra­de ver­mie­den wer­den, dass der Be­klag­te den vol­len Kauf­preis an den Klä­ger zu leis­ten hat, oh­ne Ge­währ da­für, dass er – so­weit Be­las­tun­gen nicht über­nom­men wur­den – las­ten­frei­es Ei­gen­tum an dem Grund­stück er­hält.

[11]   b) Der Klä­ger hat die von ihm nach § 433 I 2 BGB ge­schul­de­te Ge­gen­leis­tung, dem Be­klag­ten das Ei­gen­tum frei von Rechts­män­geln zu ver­schaf­fen, nicht er­füllt.

[12]   aa) Nach § 435 Satz 1 BGB ist die Sa­che frei von Rechts­män­geln, wenn Drit­te in Be­zug auf die Sa­che kei­ne oder nur die im Kauf­ver­trag über­nom­me­nen Rech­te ge­gen den Käu­fer gel­tend ma­chen kön­nen. Die nach Ab­schluss des Kauf­ver­trags ein­ge­tra­ge­nen Grund­dienst­bar­kei­ten sind Rech­te Drit­ter, die die­se ge­gen den Be­klag­ten gel­tend ma­chen kön­nen. Der Be­klag­te hat die­se Grund­dienst­bar­kei­ten in dem Kauf­ver­trag nicht über­nom­men.

[13]   bb) Un­er­heb­lich ist, dass die Grund­dienst­bar­kei­ten erst im Ju­ni 2014 und so­mit nach dem ge­mäß § 5 des Kauf­ver­trags im Ok­to­ber 2011 er­folg­ten Über­gang der Ge­fahr auf den Be­klag­ten in das Grund­buch ein­ge­tra­gen wur­den. Maß­ge­ben­der Zeit­punkt für die Frei­heit der Kauf­sa­che von Rechts­män­geln ist (je­den­falls bei Grund­stü­cken) nicht der Ge­fahr­über­gang, son­dern der Zeit­punkt, in dem sich der Ei­gen­tums­er­werb voll­zieht, da sich erst dann ent­schei­det, ob der Käu­fer die In­an­spruch­nah­me durch ei­nen Drit­ten be­fürch­ten muss (all­ge­mei­ne Mei­nung, vgl. et­wa Pa­landt/​Wei­den­kaff, BGB, 80. Aufl., § 435 Rn. 7; Er­man/​Gru­ne­wald, BGB, 16. Aufl., § 435 Rn. 1, 16; Münch­Komm-BGB/​Wes­ter­mann, 8. Aufl., § 435 Rn. 6; Stau­din­ger/​Ma­tu­sche-Beck­mann, BGB, Neu­be­arb. 2013, § 435 Rn. 5; Jau­er­nig/​Ber­ger, BGB, 18. Aufl., § 435 Rn. 4; Be­ckOK-BGB/​Faust, BGB, Stand: 01.05.2021, § 435 Rn. 5). Des­we­gen muss der Ver­käu­fer, so­fern nichts an­de­res ver­ein­bart ist, ei­nen Rechts­man­gel der ver­kauf­ten Sa­che auch erst im Zeit­punkt des Ei­gen­tums­über­gangs be­sei­ti­gen (vgl. Se­nat, Urt. v. 23.05.2003 – V ZR 190/02, NJW-RR 2003, 1318, 1319 un­ter III 1). An­ders als bei Sach­män­geln (vgl. § 446 BGB) kommt es al­so bei dem in ei­nem ding­li­chen Recht Drit­ter be­ste­hen­den Rechts­man­gel des Grund­stücks – vor­be­halt­lich an­der­wei­ti­ger Ab­re­den – nicht dar­auf an, ob das Recht vor oder nach Ge­fahr­über­gang ent­stan­den ist.

[14]   cc) Der Klä­ger kann auch nicht ein­wen­den, der Be­klag­te kön­ne auf­grund der ihm ab­ge­tre­te­nen Auf­las­sungs­vor­mer­kung selbst für die Lö­schung der zwi­schen­zeit­lich ein­ge­tra­ge­nen Grund­dienst­bar­kei­ten sor­gen.

[15]   (1) Der Ver­käu­fer ei­nes Grund­stücks, der die las­ten­freie Über­tra­gung des Ei­gen­tums schul­det, kann den Käu­fer nicht dar­auf ver­wei­sen, ein­ge­tra­ge­ne Be­las­tun­gen sei­en vor­mer­kungs­wid­rig und re­la­tiv un­wirk­sam (§ 883 II 1 BGB) und er kön­ne des­halb de­ren Lö­schung selbst durch­set­zen (§ 888 I BGB). Denn der un­selbst­stän­di­ge Hilfs­an­spruch des § 888 BGB än­dert nichts an dem ge­si­cher­ten An­spruch des Käu­fers auf las­ten­freie Ei­gen­tums­über­tra­gung, zu des­sen Er­fül­lung der Ver­käu­fer nach wie vor ver­pflich­tet bleibt (vgl. Se­nat, Urt. v. 08.11.1985 – V ZR 153/84, NJW-RR 1986, 310). Die Mög­lich­keit des Käu­fers ei­nes Grund­stücks, sei­nen An­spruch auf las­ten­freie Über­tra­gung im Fal­le ei­ner vor­mer­kungs­wid­ri­gen Be­las­tung mit­hil­fe der Zu­stim­mungs­ver­pflich­tung des be­güns­tig­ten Drit­ten nach § 888 I BGB durch­zu­set­zen, nimmt ihm da­her nicht das Recht, dem Zah­lungs­an­spruch die Ein­re­de des nicht er­füll­ten Ver­trags aus § 320 BGB ent­ge­gen­zu­hal­ten (vgl. Se­nat, Urt. v. 05.12.2003 – V ZR 341/02, MDR 2004, 471).

[16]   (2) Vor­lie­gend kommt hin­zu, dass er­heb­li­che Zwei­fel be­ste­hen, ob der Be­klag­te die Lö­schung der zwi­schen­zeit­lich ein­ge­tra­ge­nen Grund­dienst­bar­kei­ten mit­hil­fe der Auf­las­sungs­vor­mer­kung er­rei­chen könn­te. Die Auf­las­sungs­vor­mer­kung ist streng ak­zes­s­o­risch und si­chert da­mit nur ei­nen be­stimm­ten Auf­las­sungs­an­spruch (vgl. Se­nat, Beschl. v. 13.02.2014 – V ZB 88/13, BGHZ 200, 179 Rn. 14; Urt. v. 22.02.2019 – V ZR 244/17, BGHZ 221, 229 Rn. 12). Ge­si­chert ist hier nicht der Ei­gen­tums­ver­schaf­fungs­an­spruch des Be­klag­ten ge­gen den Klä­ger, son­dern der­je­ni­ge des Klä­gers aus sei­nem Kauf­ve­trag von 2010. Denn dem Be­klag­ten wur­de kei­ne ei­ge­ne Auf­las­sungs­vor­mer­kung be­wil­ligt, son­dern nur die zu­guns­ten des Klä­gers ein­ge­tra­ge­ne Auf­las­sungs­vor­mer­kung „ab­ge­tre­ten“. Dem liegt – weil ei­ne Vor­mer­kung nicht iso­liert ab­tret­bar ist, son­dern ent­spre­chend § 401 BGB mit der Ab­tre­tung des ge­si­cher­ten An­spruchs über­geht (vgl. Se­nat, Urt. v. 17.06.1994 – V ZR 204/92, NJW 1994, 2947 f.) – die Ab­tre­tung des Ei­gen­tums­ver­schaf­fungs­an­spruchs des Klä­gers an den Be­klag­ten zu­grun­de. Be­zo­gen auf die­sen An­spruch dürf­te die Ein­tra­gung der Grund­dienst­bar­kei­ten aber nicht vor­mer­kungs­wid­rig sein, denn der Klä­ger hat­te sie im Kauf­ver­trag von 2010 selbst be­stellt.

[17]   3. Rechts­feh­ler­haft ist aber die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, die Ein­re­de aus § 320 BGB ste­he dem Be­klag­ten nur ge­gen­über ei­nem Kauf­preis­an­teil in Hö­he von 34.000 € zu, so­dass er ver­pflich­tet sei, den dar­über hin­aus­ge­hen­den Rest­kauf­preis von 86.000 € frei­zu­ge­ben.

[18]   a) Die Vor­schrift des § 320 BGB ver­folgt den dop­pel­ten Zweck, dem Gläu­bi­ger, der am Ver­trag fest­hal­ten will, so­wohl den An­spruch auf die Ge­gen­leis­tung zu si­chern als auch Druck auf den Schuld­ner aus­zu­üben, um ihn zu ver­trags­ge­mä­ßer Leis­tung an­zu­hal­ten (vgl. Se­nat, Urt. v. 06.12.1991 – V ZR 229/90, BGHZ 116, 244, 249; BGH, Urt. v. 26.03.2015 – VII ZR 92/14, BGHZ 204, 346 Rn. 58; Urt. v. 26.10.2016 – VI­II ZR 211/15, NJW 2017, 1100 Rn. 23). In wel­chem Um­fang die Ge­gen­leis­tung noch aus­steht, ist hier­für un­er­heb­lich, so­dass der Schuld­ner sei­ne Leis­tung grund­sätz­lich voll zu­rück­hal­ten kann, auch wenn die Ge­gen­leis­tung be­reits teil­wei­se er­bracht wor­den ist (vgl. BGH, Urt. v. 13.07.1970 – VII ZR 176/68, BGHZ 54, 244, 249 m. w. Nachw.). Nur aus­nahms­wei­se kann der Käu­fer – wie in § 320 II BGB für den Fall der Teil­leis­tung aus­drück­lich her­vor­ge­ho­ben wird – die Zah­lung des Kauf­prei­ses nicht oder nicht voll­stän­dig ver­wei­gern, wenn dies nach den Ge­samt­um­stän­den, ins­be­son­de­re we­gen ver­hält­nis­mä­ßi­ger Ge­ring­fü­gig­keit der Pflicht­ver­let­zung des Ver­käu­fers, ge­gen Treu und Glau­ben ver­stößt (vgl. BGH, Urt. v. 26.10.2016 – VI­II ZR 211/15, NJW 2017, 1100 Rn. 21 m. w. Nachw.; zur Mie­te: BGH, Urt. v. 17.06.2015 – VI­II ZR 19/14, BGHZ 206, 1 Rn. 50 ff.). Dies gilt auch im Hin­blick auf die Pflicht des Ver­käu­fers, dem Käu­fer die Sa­che frei von Sach- und Rechts­män­geln zu ver­schaf­fen (§ 433 I 2 BGB). Weist die Kauf­sa­che ei­nen be­heb­ba­ren Man­gel auf, ist der Käu­fer da­her grund­sätz­lich selbst dann be­rech­tigt, ge­mäß § 320 I BGB die Zah­lung des Kauf­prei­ses ins­ge­samt zu ver­wei­gern, wenn es sich um ei­nen ge­ring­fü­gi­gen Man­gel han­delt (vgl. Se­nat, Urt. v. 14.02.2020 – V ZR 11/18, BGHZ 225, 1 Rn. 53; BGH, Urt. v. 26.10.2016 – VI­II ZR 211/15, NJW 2017, 1100 Leit­satz und Rn. 23 f.).

[19]   b) Mit die­sen Maß­stä­ben steht die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts nicht in Ein­klang, der Be­klag­te kön­ne die Frei­ga­be des Rest­kauf­prei­ses nur in Hö­he der dop­pel­ten, durch die Grund­dienst­bar­kei­ten ver­ur­sach­ten Wert­min­de­rung des Grund­stücks ver­wei­gern. Die Be­ur­tei­lung, ob der Käu­fer die Zah­lung des Kauf­prei­ses nach Treu und Glau­ben aus­nahms­wei­se nicht oder nicht voll­stän­dig ver­wei­gern kann, er­for­dert ei­ne um­fas­sen­de In­ter­es­sen­ab­wä­gung auf der Grund­la­ge der Um­stän­de des Ein­zel­falls (vgl. BGH, Urt. v. 26.10.2016 – VI­II ZR 211/15, NJW 2017, 1100 Rn. 24). Der­ar­ti­ge Ab­wä­gun­gen sind zwar ei­ne Fra­ge der tatrich­ter­li­chen Wür­di­gung und re­vi­si­ons­recht­lich nur dar­auf über­prüf­bar, ob der Tatrich­ter we­sent­li­che Um­stän­de über­se­hen oder nicht voll­stän­dig ge­wür­digt, Denk­ge­set­ze oder Er­fah­rungs­sät­ze ver­letzt oder von der Re­vi­si­on ge­rüg­te Ver­fah­rens­feh­ler be­gan­gen hat (vgl. BGH, Urt. v. 17.06.2015 – VI­II ZR 19/14, BGHZ 206, 1 Rn. 59). In die­sem Rah­men ist die von dem Be­ru­fungs­ge­richt vor­ge­nom­me­ne Ab­wä­gung aber zu be­an­stan­den.

[20]   aa) Die von dem Be­ru­fungs­ge­richt ge­ge­be­ne Be­grün­dung lässt zum ei­nen er­ken­nen, dass es das in § 320 BGB an­ge­leg­te Re­gel-Aus­nah­me-Ver­hält­nis nicht an­ge­mes­sen be­rück­sich­tigt hat. Das Be­ru­fungs­ge­richt geht er­sicht­lich nicht da­von aus, dass der Käu­fer selbst bei ge­ring­fü­gi­gen be­heb­ba­ren Män­geln der Kauf­sa­che ge­mäß § 320 I BGB die Zah­lung des Kauf­prei­ses grund­sätz­lich ins­ge­samt ver­wei­gern kann. Viel­mehr meint es of­fen­bar, der Käu­fer müs­se be­son­de­re Um­stän­de dar­le­gen und ge­ge­be­nen­falls be­wei­sen, die den Man­gel und die da­mit ver­bun­de­nen Nach­tei­le als be­son­ders schwer­wie­gend er­schei­nen las­sen, so­dass es aus­nahms­wei­se ge­recht­fer­tigt er­schei­ne, den ge­sam­ten Kauf­preis bis zur Be­sei­ti­gung des Man­gels zu­rück­zu­hal­ten. Da­mit weicht das Be­ru­fungs­ge­richt von den oben dar­ge­leg­ten Maß­stä­ben aus der Recht­spre­chung des BGH ab und ist die vor­ge­nom­me­ne Wür­di­gung schon aus die­sem Grun­de rechts­feh­ler­haft.

[21]   bb) Zu­dem hat das Be­ru­fungs­ge­richt bei sei­ner Wür­di­gung, ob das Zu­rück­hal­ten des voll­stän­di­gen (Rest-)Kauf­prei­ses aus­nahms­wei­se ge­gen Treu und Glau­ben ver­stößt, die Pflicht­ver­let­zung des Klä­gers ei­ner­seits und das Durch­set­zungs­in­ter­es­se des Be­klag­ten an­de­rer­seits nicht dem auf­ge­zeig­ten Maß­stab ent­spre­chend be­wer­tet.

[22]   (1) Das Be­ru­fungs­ge­richt zeigt kei­ne Tat­sa­chen auf, die die An­nah­me recht­fer­ti­gen könn­ten, die Pflicht­ver­let­zung des Klä­gers, die dar­in liegt, dass die­ser nach Ab­schluss des Kauf­ver­trags zwei Grund­dienst­bar­kei­ten hat ein­tra­gen las­sen, die das dem Be­klag­ten zu ver­schaf­fen­de Grund­stücks­ei­gen­tum be­ein­träch­ti­gen, sei als ge­ring­fü­gig an­zu­se­hen. Die Um­stän­de des Fal­les spre­chen viel­mehr ge­gen ei­ne sol­che An­nah­me.

[23]   (a) Nach der Recht­spre­chung des BGH in­di­ziert ein Ver­stoß ge­gen ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung in der Re­gel die Er­heb­lich­keit ei­ner Pflicht­ver­let­zung (BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VI­II ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 46). Eben­so ist ei­ne un­er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung beim Kauf­ver­trag in der Re­gel zu ver­nei­nen, wenn der Ver­käu­fer den Käu­fer über das Vor­han­den­sein ei­nes Man­gels arg­lis­tig ge­täuscht hat (Se­nat, Urt. v. 04.03.2006 – V ZR 173/05, BGHZ 167, 19 Leit­satz und Rn. 11 ff.; BGH, BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VI­II ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 46; je­weils zu § 323 V 2 BGB).

[24]   (b) Hier liegt zwar we­der ein Ver­stoß ge­gen ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung noch ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung des Klä­gers vor. Bei der Be­ur­tei­lung des Ge­wichts des klä­ge­ri­schen Pflicht­ver­sto­ßes kann aber nicht un­be­rück­sich­tigt blei­ben, dass der Klä­ger selbst ein Jahr zu­vor bei dem An­kauf des Grund­stücks die Ein­tra­gung wei­te­rer Grund­dienst­bar­kei­ten be­wil­ligt hat­te. Selbst wenn dem Klä­ger die­ser Um­stand bei dem Ab­schluss des Kauf­ver­trags mit dem Be­klag­ten nicht mehr er­in­ner­lich ge­we­sen sein soll­te, ist der Ver­stoß ge­gen die ihn aus dem Kauf­ver­trag tref­fen­de Pflicht, dem Be­klag­ten rechts­man­gel­frei­es Ei­gen­tum an dem Grund­stück zu ver­schaf­fen (§ 433 I 2 BGB), je­den­falls ob­jek­tiv kei­nes­falls als ge­ring­fü­gig, son­dern im Ge­gen­teil als schwer­wie­gend an­zu­se­hen.

[25]   (2) Eben­falls nicht halt­bar ist die Be­grün­dung, mit der das Be­ru­fungs­ge­richt den Ein­wand des Be­klag­ten, die fest­ge­stell­te Wert­min­de­rung des Grund­stücks von 17.000 € durch das Park­platz­mit­be­nut­zungs­ge­richt sei nicht als „ver­hält­nis­mä­ßig ge­ring­fü­gig“ an­zu­se­hen, zu­rück­ge­wie­sen hat. Zwar trifft es zu, dass es im Rah­men der nach § 320 BGB an­zu­stel­len­den Ge­samt­wür­di­gung kei­ne fest­ge­füg­ten Maß­stä­be im Sin­ne von Pro­zent­sät­zen da­für gibt, was als ge­ring­fü­gig an­zu­se­hen ist. Al­ler­dings be­trägt die Wert­min­de­rung be­zo­gen auf den sach­ver­stän­dig er­mit­tel­ten fik­ti­ven Wert des rechts­man­gel­frei­en Grund­stücks von 188.000 € rund 9 %. Da­mit liegt sie deut­lich über dem, was in an­de­ren Be­rei­chen bei ver­gleich­ba­ren Fra­ge­stel­lun­gen noch als ge­ring­fü­gig an­ge­se­hen wird. So ist et­wa zu § 323 V 2 BGB an­er­kannt, dass bei be­heb­ba­ren Män­geln in der Re­gel von ei­ner Ge­ring­fü­gig­keit und da­mit von ei­ner Un­er­heb­lich­keit aus­zu­ge­hen ist, wenn die Kos­ten der Man­gel­be­sei­ti­gung im Ver­hält­nis zum Kauf­preis ge­ring­fü­gig sind, was je­den­falls re­gel­mä­ßig nicht der Fall ist, wenn der Man­gel­be­sei­ti­gungs­auf­wand ei­nen Be­trag von 5 % des Kauf­prei­ses über­steigt (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VI­II ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 47). Der Se­nat hat im Zu­sam­men­hang mit dem aus Treu und Glau­ben ab­zu­lei­ten­den Über­maß­ver­bot ei­nen Rück­stand von knapp 4 % des Kauf­prei­ses als nicht mehr ge­ring­fü­gig an­ge­se­hen (vgl. Se­nat, Urt. v. 08.07.1983 – V ZR 53/82, BGHZ 88, 92, 95). Es be­dürf­te da­her je­den­falls ei­ner ge­son­der­ten Be­grün­dung, wes­halb ei­ne Wert­min­de­rung von et­wa 9 % vor­lie­gend noch als ge­ring­fü­gig an­zu­se­hen sein soll.

[26]   (3) An­ders als das Be­ru­fungs­ge­richt meint, kann auch nicht in die Ab­wä­gung ein­ge­stellt wer­den, dass der Be­klag­te auf­grund der an ihn „ab­ge­tre­te­nen“ Auf­las­sungs­vor­mer­kung selbst ver­su­chen könn­te, die Lö­schung der Grund­dienst­bar­kei­ten zu er­rei­chen (s. oben Rn. 14 ff.).

[27]   (4) Eben­so we­nig lässt sich ein Ver­stoß ge­gen Treu und Glau­ben dar­aus ab­lei­ten, dass der Be­klag­te das Grund­stück seit et­wa neun Jah­ren nutzt. Der Um­stand, dass der Klä­ger seit neun Jah­ren nicht ver­mocht hat, die Grund­dienst­bar­kei­ten zur Lö­schung zu brin­gen, be­legt viel­mehr, dass der Be­klag­te in be­son­de­rem Ma­ße auf die Ein­re­de aus § 320 BGB an­ge­wie­sen ist, um Druck auf den Klä­ger aus­zu­üben und ihn zu ver­trags­ge­mä­ßer Leis­tung an­zu­hal­ten. Die von dem Be­ru­fungs­ge­richt ge­wähl­te Lö­sung bräch­te den Be­klag­ten im Er­geb­nis in die La­ge, ent­we­der sei­ner­seits den Klä­ger ge­richt­lich auf Er­fül­lung des Kauf­ver­trags ver­kla­gen oder aber die Grund­dienst­bar­kei­ten dau­er­haft hin­neh­men zu müs­sen und hier­für le­dig­lich ei­ne von ihm nicht ge­woll­te Min­de­rung des Kauf­prei­ses zu er­hal­ten, was die Re­ge­lung in § 320 BGB ge­ra­de zu ver­mei­den sucht.

[28]   (5) Schließ­lich ist die Ab­wä­gung des Be­ru­fungs­ge­richts auch des­halb rechts­feh­ler­haft, weil es hier­bei we­sent­li­che Um­stän­de nicht ge­wür­digt hat.

[29]   (a) Dies gilt zum ei­nen, so­weit das Be­ru­fungs­ge­richt meint, der Be­klag­te ha­be nicht sub­stan­zi­iert vor­ge­tra­gen, dass und wel­che Nach­tei­le er auf­grund der Rech­te Drit­ter bei der Nut­zung des Grund­stücks ha­be hin­neh­men müs­sen.

[30]   (aa) Die die­ser Be­grün­dung zu­grun­de lie­gen­de An­sicht, der Be­klag­te tra­ge die Dar­le­gungs- und Be­weis­last da­für, dass die Grund­dienst­bar­kei­ten sein Grund­stücks­ei­gen­tum nicht nur ge­ring­fü­gig be­ein­träch­ti­gen, ist rechts­feh­ler­haft. Da ein Rechts­man­gel be­steht, ist der Be­klag­te – wie dar­ge­legt – im Aus­gangs­punkt nach § 320 BGB be­rech­tigt, den vol­len Rest­kauf­preis zu­rück­zu­hal­ten. Die Dar­le­gungs- und Be­weis­last da­für, dass sich der Man­gel – hier die Be­las­tung des Ei­gen­tums mit Rech­ten Drit­ter – als ver­hält­nis­mä­ßig ge­ring­fü­gig dar­stellt, trifft die Par­tei, die gel­tend macht, der an­de­re sei an der Er­he­bung der Ein­re­de aus­nahms­wei­se nach Treu und Glau­ben ge­hin­dert (vgl. BGH, Urt. v. 04.07.1996 – VII ZR 125/95, NJW-RR 1997, 18, 19), hier al­so den Klä­ger.

[31]   (bb) Un­ab­hän­gig da­von über­spannt das Be­ru­fungs­ge­richt, wie die Re­vi­si­on zu Recht gel­tend macht, mit sei­ner Be­grün­dung un­ter Ver­stoß ge­gen § 286 ZPO die Sub­stan­zi­ie­rungs­an­for­de­run­gen. Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des BGH ist ein Vor­trag schlüs­sig und aus­rei­chend sub­stan­zi­iert, wenn die vor­ge­tra­ge­nen Tat­sa­chen in Ver­bin­dung mit ei­nem Rechts­satz ge­eig­net sind, das gel­tend ge­mach­te Recht zu be­grün­den (s. et­wa Se­nat, Urt. v. 09.02.2018 – V ZR 274/16, NJW 2018, 1954 Rn. 11 m. w. Nachw.). Der Be­klag­te hat in sei­ner Stel­lung­nah­me zu dem Hin­weis des Be­ru­fungs­ge­richts auf das be­ab­sich­tig­te Vor­ge­hen nach § 522 II ZPO dar­ge­legt, dass auf sei­nem Grund­stück le­dig­lich fünf­zehn Stell­plät­ze vor­han­den, hier­von je­doch vier mit Rech­ten Drit­ter be­las­tet sei­en. Wei­te­re Stell­flä­chen auf öf­fent­li­chem Stra­ßen­raum stün­den auf­grund der to­po­gra­fi­schen La­ge des Grund­stücks nicht zur Ver­fü­gung und der nächs­te – ge­büh­ren­pflich­ti­ge – Park­platz be­fin­de sich in ei­ner Ent­fer­nung von 400 m. Ein Ho­tel mit 44 Bet­ten im Win­ter­sport­ge­biet und der Adres­se „…“ – wie von ihm be­trie­ben – sei auf je­den ein­zel­nen Stell­platz an­ge­wie­sen, zu­mal die stets un­zu­rei­chen­de Park­si­tua­ti­on ei­nes Win­ter­sport­ho­tels als ge­richts­be­kannt un­ter­stellt wer­den kön­ne. Zum Be­leg die­ses Vor­trags hat er auf die Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen in dem ge­richt­li­chen Wert­gut­ach­ten Be­zug ge­nom­men. Die­se An­ga­ben rei­chen aus, um ei­nen nicht nur ge­ring­fü­gi­gen Nach­teil dar­zu­le­gen. Das Be­ru­fungs­ge­richt durf­te den Vor­trag da­her nicht als un­sub­stan­zi­iert zu­rück­wei­sen.

[32]   (b) Schließ­lich hat das Be­ru­fungs­ge­richt zu Un­recht nicht in die Ab­wä­gung ein­ge­stellt, dass der Be­klag­te sich – an­ders als der Klä­ger – ver­trags­treu ver­hal­ten und den Kauf­preis voll­stän­dig ge­zahlt be­zie­hungs­wei­se auf dem No­ta­rand­er­kon­to hin­ter­legt hat. Bei ver­ein­bar­ter Di­rekt­zah­lung des Kauf­prei­ses mö­gen Fäl­le denk­bar sein, in de­nen es dem Käu­fer al­lein dar­um geht, ei­nen ihn im Er­geb­nis nicht be­las­ten­den ge­ring­fü­gi­gen Man­gel der Kauf­sa­che zu nut­zen, um mit­hil­fe der Ein­re­de aus § 320 BGB den ge­sam­ten Kauf­preis zu­rück­zu­hal­ten und ge­ge­be­nen­falls an­der­wei­tig zu ver­wen­den. So liegt es hier aber er­sicht­lich nicht, denn der Be­klag­te hat kei­nen Zu­griff auf den von ihm ge­zahl­ten be­zie­hungs­wei­se hin­ter­leg­ten Kauf­preis und er­hält ihn auch nicht da­durch, dass er sich ge­gen­über dem Frei­ga­be­ver­lan­gen des Klä­gers auf die Ein­re­de des nicht er­füll­ten Ver­trags be­ruft.

[33]   III. 1. Der an­ge­foch­te­ne Be­schluss kann da­her kei­nen Be­stand ha­ben; er ist nach §§ 562 I, 563 I ZPO auf­zu­he­ben und die Sa­che zur Ver­hand­lung und neu­en Ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen. Der Se­nat kann nicht in der Sa­che selbst ent­schei­den, weil die­se nicht zur End­ent­schei­dung reif ist (§ 563 III ZPO).

[34]   2. Das Be­ru­fungs­ge­richt wird zu­nächst zu prü­fen ha­ben, ob die ver­ein­bar­ten Vor­aus­set­zun­gen für die Aus­zah­lung des auf dem No­ta­rand­er­kon­to ein­ge­zahl­ten Rest­kauf­prei­ses an den Klä­ger ge­ge­ben sind. Fehlt es dar­an, wä­re der Be­klag­te schon aus die­sem Grund nicht ver­pflich­tet, die Frei­ga­be der 86.000 € zu er­klä­ren; auf die Wir­kun­gen der Ein­re­de aus § 320 BGB kä­me es dann nicht an.

[35]   Das Be­ru­fungs­ge­richt hat nicht aus­drück­lich fest­ge­stellt, dass die in § 4 lit. c ge­re­gel­ten Aus­zah­lungs­vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gen. Der Se­nat kann die­se Fest­stel­lung nicht selbst tref­fen. Al­lein an­hand des Wort­lauts der Re­ge­lung lässt sich nicht ab­schlie­ßend be­ur­tei­len, ob die Aus­zah­lungs­vor­aus­set­zun­gen er­füllt sind, wenn – wie hier – zwar die Lö­schung der in § 6 des Kauf­ver­trags ge­nann­ten, von dem Be­klag­ten nicht zu über­neh­men­den Be­las­tun­gen si­cher­ge­stellt be­zie­hungs­wei­se er­folgt ist, in­zwi­schen aber neue, eben­falls nicht über­nom­me­ne Be­las­tun­gen ein­ge­tra­gen sind, de­ren Lö­schung nicht si­cher­ge­stellt ist. Hier­zu be­darf es ei­ner Aus­le­gung der Re­ge­lung, die das Be­ru­fungs­ge­richt nicht vor­ge­nom­men hat. Es hat zwar aus­ge­führt, dem Wort­laut nach sei­en die Vor­aus­set­zung von § 4 lit. c er­füllt. So­dann hat es aber ei­ne er­gän­zen­de Ver­trags­aus­le­gung (nur) von § 6 vor­ge­nom­men, wo­nach der Be­klag­te erst Recht kei­ne dort nicht ge­nann­ten Be­las­tun­gen des Grund­stücks zu über­neh­men ha­be, die erst nach Ver­trags­schluss oh­ne sei­ne Zu­stim­mung ein­ge­tra­gen wor­den sei­en. Ob da­mit auch die Aus­zah­lungs­vor­aus­set­zun­gen nicht er­füllt sind, hat das Be­ru­fungs­ge­richt hin­ge­gen nicht er­ör­tert.

[36]   3. Soll­te das Be­ru­fungs­ge­richt zu dem Er­geb­nis kom­men, dass die Aus­zah­lungs­vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gen, wird es un­ter Be­ach­tung der oben dar­ge­stell­ten Grund­sät­ze er­neut zu be­ur­tei­len ha­ben, ob der Be­klag­te die Frei­ga­be des rest­li­chen Kauf­prei­ses von 86.000 € aus­nahms­wei­se nicht nach § 320 BGB ver­wei­gern kann, weil dies nach den Ge­samt­um­stän­den ge­gen Treu und Glau­ben ver­stößt. Be­steht die Ein­re­de auch in­so­weit, wä­re die Kla­ge nicht ab­zu­wei­sen, son­dern ei­ne Ver­ur­tei­lung Zug um Zug aus­zu­spre­chen (§ 322 I BGB).

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