1. Ein Gebrauchtwagen, bei dem eine – hier mittels einer Tuningbox vorgenommene – Leistungssteigerung (Tuning) zu einer Verschlechterung des Abgas- oder Geräuschverhaltens geführt hat und dessen Betriebserlaubnis deshalb gemäß § 19 II 2 Nr. 3 StVZO erloschen ist, leidet an einem Sachmangel i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB. Denn ein gebrauchter Pkw eignet sich grundsätzlich nur dann für die gewöhnliche Verwendung im Sinne dieser Vorschrift, wenn er keine technischen Mängel aufweist, die seine Zulassung zum Straßenverkehr hindern oder ansonsten seine Gebrauchsfähigkeit aufheben oder beeinträchtigen (im Anschluss an BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53 Rn. 18; Urt. v. 10.03.2009 – VIII ZR 34/08, NJW 2009, 1588 Rn. 12).
  2. Eines Gebrauchtwagen, dessen Motor einer Leistungssteigerung (Tuning) unterzogen wurde, kann unabhängig davon auch deshalb i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft sein, weil der begründete Verdacht besteht, dass es stärker verschlissen ist als ein vergleichbares Fahrzeug, das nicht mit einer Leistungssteigerung betrieben wurde (im Anschluss an OLG Hamm, Urt. v. 09.02.2012 – I-28 U 186/10, MDR 2012, 761).
  3. Die Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB) eines – mangelhaften – Fahrzeugs, dessen Motor einer Leistungssteigerung (Tuning) unterzogen und das in der Vergangenheit mit den entsprechenden Veränderungen betrieben wurde, ist dann unmöglich i. S. von § 275 I BGB, wenn der Verkäufer den Verdacht, dass das Fahrzeug infolge des Tunings übermäßig verschlissen ist, nicht ausräumen kann. In einem solchen Fall reicht es nicht aus, die Leistungssteigerung (hier: durch Ausbau der Tuningbox) rückgängig zu machen und gegebenenfalls die Erteilung einer neuen Betriebserlaubnis herbeizuführen.

LG Tübingen, Urteil vom 27.09.2019 – 3 O 195/17

Sachverhalt: Am 21.12.2016 erwarb der Kläger bei dem Beklagten, einem gewerblichen Kraftfahrzeughändler, für 15.000 € einen gebrauchten VW T5 Multivan. Der Kilometerstand dieses am 27.09.2006 erstzugelassenen Fahrzeugs betrug 188.400.

Der Erwerb des Fahrzeugs wurde schriftlich dokumentiert. In dieser Dokumentation (Anlage K 1) heißt es unter „Besondere Vereinbarungen“:

„Probe gefahren. Nachlackierungen vorhanden! Auf frühere Unfälle sowie Blechschäden übernimmt der Verkäufer keine Haftung. Käufer hat Fahrzeug auf alle technischen Funktionen überprüft. Fahrzeug mit Gebrauchsspuren, AGB wurden vorgelegt. Navi derzeit ohne Funktion, keine Navi-DVD, Fahrzeug hat Rostansatz.“

Außerdem heißt es in der Dokumentation: „Garantie: 12 Monate Gebrauchtwagengarantie.“

Unmittelbar nach Weihnachten – nämlich am 27.12.2016 – und erneut am 10.01.2017 kam es zwischen den Parteien zu Telefonaten. Vor dem am 10.01.2017 geführten Gespräch hatte der Kläger mit dem VW T5 Multivan die Kfz-Werkstatt des W aufgesucht, der folgende „Mängel an Ihrem kürzlich erworbenen Fahrzeug“ festgestellt hatte:

„1. Starterbatterie nach Test defekt und zu ersetzen
2. Erhöhte Laufgeräusche lokalisiert an Hydraulikpumpe der Servolenkung
3. Steinschlag in Frontscheibe mit beginnender Rissbildung
4. Reserverad nicht vorhanden
5. Laufwerk in Radio/​Navigation-Kombigerät defekt (Gerät wurde wohl schon unfachgerecht geöffnet)
6. Nach Prüfung der Standheizung wurde eine defekte Zusatzumwälzpumpe diagnostiziert
7. Mikroschalter in Heckklappenbetätigung defekt, deshalb Problem mit Beleuchtung im Gepäckabteil“

Nachdem sich die Parteien diesbezüglich nicht einigen konnten, forderte der – jetzt anwaltlich vertretene – Kläger den Beklagten mit Schreiben vom 26.01.2017 gestützt auf die in Rede stehenden Mängel zur Nachbesserung auf. Außerdem verlangte er den Ersatz von Aufwendungen. Der Beklagte wünschte, dass ihm der VW T5 Multivan an seinem Betriebssitz in T. zur Verfügung gestellt werde. Zu einer Nachbesserung kam es allerdings letztlich nicht, weshalb der Kläger schließlich folgende Ersatzteile für das Fahrzeug selbst anschaffte:

Später will der Kläger einen Kühlwasserverlust bemerkt haben. Diesbezüglich holte er am 24.05.2017 einen Kostenvoranschlag einer VW-Vertragswerkstatt ein; danach belaufen sich die für eine Instandsetzung des Fahrzeugs erforderlichen Kosten auf 9.066,99 €. Hinsichtlich dieser Kosten wollte der Kläger eine Gebrauchtwagengarantie in Anspruch nehmen. Nach einer weiteren Untersuchung des VW T5 Mulitvan am 30.05.2017 lehnte der Garantiegeber Leistung indes mit der Begründung ab, am Fahrzeug des Klägers sei eine „Leistungssteigerung festgestellt“ worden. Daraufhin erklärte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 13.06.2017 den Rücktritt vom Kaufvertrag und focht seine auf den Abschluss dieses Vertrags gerichtete Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung an. Der Beklagte wurde aufgefordert, dem Kläger bis zum 30.06.2017 den Kaufpreis zu erstatten und ihm Aufwendungen zu ersetzen; „nach Zahlungseingang“ werde der Kläger das Fahrzeug „natürlich“ an den Beklagten herausgeben.

Da die erwünschte Reaktion des Beklagten ausblieb, erhob der Kläger die vorliegende Klage. Damit wollte er erreichen, dass der Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises (15.000 € nebst Zinsen), Zug um Zug gegen Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs, verurteilt und der Annahmeverzug des Beklagten festgestellt wird. Darüber hinaus hat der Kläger mit der Klage die vorstehend genannten Aufwendungen sowie an die Autohaus H-GmbH entrichtete 805,78 € – insgesamt 3.171,28 € – nebst Zinsen ersetzt verlangt, und er hat den Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten (1.100,51 € nebst Zinsen) begehrt.

Der Kläger hat behauptet, der ihm gelieferte VW T5 Multivan habe von Anfang an erhebliche Mängel aufgewiesen, die dem Beklagten – einem gewerblichen Kraftfahrzeughändler – nicht verborgen geblieben sein könnten. Insbesondere sei die Leistung des streitgegenständlichen Motors mithilfe einer Tuningbox gesteigert worden; das Fahrzeug sei aber auch hinsichtlich der Starterbatterie, der Hydraulikpumpe der Servolenkung, der Frontscheibe, des Reserverads, des Radio-Navigations-Geräts mit CD-Laufwerk, der Standheizung und der Heckklappenbetätigung mangelhaft (gewesen). Er, der Kläger, habe den Beklagten deshalb telefonisch zur Nachbesserung aufgefordert, was seine – des Klägers – Mutter M, die das Telefonat mitgehört habe, bestätigen könne. Nach der Rechtsprechung des EuGH – so hat der Kläger geltend gemacht, habe er verlangen können, dass das Fahrzeug an seinem Wohnort nachgebessert werde; er sei nicht verpflichtet gewesen, den VW T5 Multivan zu dem Beklagten zu verbringen. Ohnehin trage die festgestellte Leistungssteigerung in jedem Fall den „sofortigen“ Rücktritt vom Kaufvertrag, weil hierdurch die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs erloschen sei. Abgesehen davon habe die Leistungssteigerung zu einem deutlich erhöhten Verschleiß des Fahrzeugs geführt, sodass es gar nicht (mehr) möglich sei, das Fahrzeug im Wege der Nachbesserung in den Zustand zu versetzen, den es ohne die Leistungssteigerung hätte.

Der Beklagte hat die gerügten Mängel in Abrede gestellt und geltend gemacht, dass der Kläger mit dem VW T5 Multivan eine erhebliche Strecke gefahren sei. Während das Fahrzeug bei der Übergabe am 21.12.2016 eine Laufleistung von 188.400 km gehabt habe, habe es am 04.05.2017 eine Laufleistung von 195.989 km aufgewiesen. Es sei schon nicht plausibel, dass der Kläger mit einem mangelhaften Fahrzeug so viele Kilometer gefahren sei. Jedenfalls aber hätte der Kläger ihm, dem Beklagten, eine Nachbesserung an seinem Betriebssitz in T. ermöglichen müssen, sodass es schon an einem tauglichen Nachbesserungsverlangen fehle. Der erklärte Rücktritt sei deshalb unwirksam.

Der Beklagte hat behauptet, von einer Leistungssteigerung nichts gewusst zu haben. Er habe den VW T5 Multivan nur drei oder vier Tage in Besitz gehabt. Nach dem Erwerb des Fahrzeugs sei er damit rund 200 km zu seinem Betriebssitz gefahren und habe dort eine Sichtprüfung vorgenommen. Eine Leistungssteigerung habe er nicht bemerkt. Sie stelle allerdings – so hat der Beklagte gemeint – auch keinen Mangel dar. Denn die Parteien hätten weder ausdrücklich noch konkludent vereinbart, dass das Fahrzeug keinem Chiptuning unterzogen worden sei. Zur Motorleistung enthalte der Kaufvertrag gerade keine Angaben.

Die Parteien haben in der zweiten mündlichen Verhandlung am 22.06.2018 einen Vergleich geschlossen, den der Kläger anschließend widerrufen hat. Im Herbst 2018 gewährte der Beklagte dem Kläger einen Transportkostenvorschluss in Höhe von 350 €. Gleichwohl verbrachte der Kläger sein Fahrzeug nicht zu dem Beklagten. Das Gericht hat daraufhin die Mutter des Klägers vernommen und ein Sachverständigengutachten bezüglich der Leistungssteigerung eingeholt. Anschließend hat es der Klage ganz überwiegend stattgegeben.

Aus den Gründen: A. … I. Der Kläger konnte von dem Verbrauchsgüterkauf über das gebrauchte Fahrzeug wegen Mängeln nach den § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 434 I, 323, 326 V BGB, § 346 I BGB zurücktreten. Durch die Rücktrittserklärung hat sich das Vertragsverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt.

1. Die Parteien haben am 21.12.2016 einen Kaufvertrag (§ 433 BGB) über das streitbefangene Fahrzeug geschlossen. Der Kläger hat den Kaufpreis von 15.000 € gezahlt. Der Beklagte hat ihm das Fahrzeug übergeben.

Der Kläger handelte als Verbraucher gemäß § 13 BGB, der beklagte Fahrzeughändler gemäß § 14 I BGB als Unternehmer. Es liegt ein Verbrauchsgüterkauf i. S. des § 474 I 1 BGB vor.

2. Das Fahrzeug war bei Gefahrübergang mangelhaft. Dies ist für das Gericht jedenfalls im Hinblick auf das leistungssteigernde Element (Tuningbox) und den Verdacht vorschneller Abnutzung erwiesen.

a) Ein Sachmangel liegt nach § 434 I 1 BGB vor, wenn die Sache nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Konkret vereinbart sind nach Anlage K 1 neben den Hauptleistungspflichten insbesondere der Tag der Erstzulassung und die Laufleistung, weiter Nachlackierungen und Gebrauchsspuren. Auch ist vereinbart, dass die DVD für das Navigationssystem fehlt und dieses derzeit ohne Funktion ist. Diese vereinbarten Merkmale wies das Fahrzeug unstreitig auf.

Ein Sachmangel liegt nach § 434 I 2 BGB aber auch vor, wenn sich das Fahrzeug nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte oder für die gewöhnliche Verwendung eignet oder die Beschaffenheit negativ von dem abweicht, was der Käufer üblicherweise erwarten kann. Das ist hier der Fall.

Nach der Beweisaufnahme steht fest, dass für das Fahrzeug die Betriebserlaubnis erloschen war. Ist an einem Fahrzeug aber die Betriebserlaubnis erloschen, eignet sich das Fahrzeug jedenfalls nicht mehr für die gewöhnliche Verwendung. Die Parteien haben auch ohne ausdrückliche Vereinbarung dem Vertrag zugrunde gelegt, dass der Kläger das Fahrzeug im Straßenverkehr nutzen kann. Für die gewöhnliche Verwendung eignet sich ein gebrauchter Personenkraftwagen grundsätzlich dann, wenn er keine technischen Mängel aufweist, die die Zulassung zum Straßenverkehr hindern oder die Gebrauchsfähigkeit aufheben oder beeinträchtigen (BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53 Rn. 18; Urt. v. 10.03.2009 – VIII ZR 34/08, NJW 2009, 1588 Rn. 121Siehe auch BGH, Beschl. v. 08.01.2019 – VIII ZR 225/17, juris Rn. 5 m. w. Nachw.). Dazu ist die Betriebserlaubnis erforderlich (vgl. § 19 V 1 StVZO).

Zweitens ist das Fahrzeug mangelhaft, weil der Verdacht besteht, dass das Fahrzeug stärker abgenutzt wurde als ein gleichartiges Fahrzeug, in das keine leistungssteigernden Elemente eingebaut wurden.

Schon der begründete Verdacht eines erhöhten Verschleißes durch eine besondere Art der Vornutzung reicht aus, um einen Sachmangel zu begründen. Dies gilt zunächst für Fahrzeuge, die eine längere Zeit als Taxi oder Fahrschulwagen verwendet wurden (BGH, Urt. v. 12.05.1976 – VIII ZR 33/74, MDR 1976, 1012 = juris Rn. 11, 17 f.). Das OLG Hamm hat entschieden, dass dies auch für Fahrzeuge gilt, bei denen leistungssteigernde Elemente eingebaut wurden (OLG Hamm, Urt. v. 09.02.2012 – I-28 U 186/10, MDR 2012, 761; s. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.10.2009 – I-22 U 166/08, juris Rn. 34 ff.; LG Koblenz, Urt. v. 28.06.2012 – 1 O 447/10, ZfSch 2012, 568). Anders sieht das eine Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 03.12.2004 – I-14 U 33/04, ZfSch 2005, 130 = juris Rn. 19 ff. –, wonach nicht zu erkennen sei, dass die Veränderung der Motorleistung die Eignung des Fahrzeugs zur bestimmungsgemäßen Nutzung beeinträchtige. Der Sachverhalt, über den das OLG Düsseldorf zu entscheiden hatte, war allerdings dadurch gekennzeichnet, dass die Leistungssteigerung im Fahrzeugbrief eingetragen war. In diesem Fall kann der Käufer eines gebrauchten Fahrzeugs den Fahrzeugdokumenten entnehmen, dass die Leistung des Motors gesteigert ist, und für sich selbst Rückschlüsse auf einen möglicherweise vorschnellen Verschleiß ziehen. Der Käufer weiß, dass das Fahrzeug von „üblichen“ Fahrzeugen ohne Leistungssteigerung abweicht. Vorliegend blieb dem Kläger dies jedoch verborgen. Während im Fall des OLG Düsseldorf der Vergleichsmaßstab andere getunte Fahrzeuge sind, ist das vom Kläger erworbene Fahrzeug mit Fahrzeugen ohne Leistungssteigerung zu vergleichen. In diesem Vergleich besteht für das vom Kläger erworbene Fahrzeug der Verdacht einer vorschnellen Abnutzung.

b) Die die Subsumtion tragenden Feststellungen stehen für das Gericht nach dem Gutachten des Sachverständigen S fest.

Der Sachverständige S ist dem Gericht aus mehreren Verfahren als technischer Sachverständiger für Fahrzeugschäden bekannt, und das Gericht hält ihn für kompetent. Auch sein vorliegendes Gutachten und seine Erläuterungen hierzu weisen den Sachverständigen als unparteiischen Kenner der technischen Gegebenheiten aus. An seinen Feststellungen kam weder vom Kläger noch vom Beklagten substanzielle Kritik auf.

Nachdem das nicht zugelassene Fahrzeug auf etwas rätselhafte Weise zum Sachverständigen verbracht worden war, stellte dieser bei der Untersuchung des Fahrzeugs am 02.04.2019 fest, dass im Bereich des Batteriekastens ein Zusatzsteuergerät vom Typ „Speed-Buster“ verbaut ist, welches das Kennfeld des Original-Motorsteuergeräts und entsprechend die Einspritzzeiten, Einspritzdrücke und Zündzeiten verändert, was zu einer Leistungssteigerung führt. Der Sachverständige hat den Zustand mittels Bildern festgehalten (vgl. Bilder 8–11 des Sachverständigengutachtens). In der mündlichen Verhandlung führte der Sachverständige aus, dass aus technischer Sicht von einer Verschlechterung des Geräusch- und Abgasverhaltens auszugehen sei, wenn leistungssteigernde Bauteile nicht am Fahrzeug getestet worden seien. Der Sachverständige habe im Vorfeld der mündlichen Verhandlung nochmals mit dem Hersteller Kontakt aufgenommen. Dort habe er erfahren, dass das Gerät zwischen 2010 und 2013 hergestellt worden sei. Die Steigerung der Leistung belaufe sich auf 10 bis 15 %. Konkret sei sie vom jeweiligen Fahrzeugtyp abhängig. Ein Teilegutachten gebe es nicht. In diesem Fall müsse ein Abgasgutachten für das konkrete Fahrzeug erstellt werden. Ein solches Gutachten sei aber sehr aufwendig und koste mehrere Zehntausend Euro. Es würden die Auswirkungen auf die Euro-Schadstoffnorm, den Kraftstoffverbrauch oder den CO2-Ausstoß geprüft. Ein solches Gutachten sei nicht vorhanden. Ohne dieses Gutachten sei von einer Verschlechterung des Abgas- oder Geräuschverhaltens auszugehen.

Das Gericht folgt dieser Einschätzung des Sachverständigen. Für das Gericht klingt es plausibel, dass eine Steigerung der Motorleistung auch zu einer Änderung des Geräusch- und insbesondere des Abgasverhaltens führt. Grundsätzlich geht das Gericht davon aus, dass der Schadstoff- und Abgasausstoß umso größer ist, je höher die Leistung des Fahrzeugs ist. Deshalb folgt das Gericht der Einschätzung des Sachverständigen. Auch in der Rechtsprechung wird davon ausgegangen, dass sich durch die Leistungssteigerung eines Fahrzeugs das Geräusch- und Abgasverhalten negativ verändert (OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.12.2004 – I-14 U 33/04, ZfSch 2005, 130 = juris Rn. 21: „in der Regel“; OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.03.2006 – 1 U 181/05, NJW 2007, 443).

Folglich ist die ursprünglich nach § 19 I 1 StVZO für diesen Fahrzeugtyp erteilte Betriebserlaubnis für das streitgegenständliche Fahrzeug nach § 19 II 2 Nr. 3 StVZO erloschen, weil am Fahrzeug Änderungen vorgenommen wurden, durch die das Abgas- oder Geräuschverhalten verschlechtert wird. Die erloschene Betriebserlaubnis lebt nicht dadurch wieder auf, dass das leistungssteigernde Element aus dem Motor entfernt wird (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.03.2006 – 1 U 181/05, NJW 2007, 443). In diesem Fall muss für das Fahrzeug vielmehr eine neue Betriebserlaubnis beantragt werden.

Nach der Begutachtung besteht ein hinreichender Verdacht, dass das Fahrzeug höhere Abnutzungserscheinungen aufweist als ein vergleichbares Fahrzeug ohne Leistungssteigerung. Der Sachverständige konnte allerdings nicht positiv feststellen, dass an dem Fahrzeug Abnutzungserscheinungen vorhanden sind, die auf den Einbau leistungssteigernder Elemente zurückzuführen sind. Er konnte dies aber genauso wenig ausschließen. Der Sachverständige hat beispielsweise Verschleißerscheinungen an der oben liegenden Nockenwelle, den Tassenstößeln und den Rollenkipphebeln festgestellt (vgl. Gutachten, S. 7). Er gab aber an, dass gerade bei dem vorliegenden Motortyp diese durchaus bekannt seien und unabhängig davon aufträten, ob eine Leistungssteigerung am Fahrzeug erfolgt sei oder nicht (Gutachten, S. 8). Nachdem der Sachverständige keineswegs ausschließen kann, dass der Einbau des leistungssteigernden Elements zu einer erhöhten Abnutzung und damit insgesamt zu einer verkürzten Lebensdauer des Fahrzeugs führt, schließt das Gericht daraus, dass das Fahrzeug mit einem entsprechenden Risiko behaftet ist.

c) Die Leistungssteigerung zeigte sich für den Kläger das erste Mal am 30.05.2017 und damit innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang. Deshalb wird nach § 476 BGB a.F. (= § 477 BGB n.F.) vermutet, dass dieser Sachmangel (Leistungssteigerung) schon bei Gefahrübergang vorhanden war. Der Beklagte hat diese Vermutung nicht entkräften können. Der Kläger hat die Zulassungsbescheinigung Teil II vorgelegt, aus der sich die Vorhalterin ergibt. Der Kläger hat dem Beklagten daher die Möglichkeit gegeben, sich bei der Voreigentümerin, die das Fahrzeug am Tag der Erstzulassung erworben hatte, zu informieren. Damit wäre dem Beklagten der Nachweis möglich gewesen, durch Zeugenbeweis zu behaupten, dass keine leistungssteigernden Elemente in das Fahrzeug eingebaut wurden. Diesen Beweis hat der Beklagte indessen nicht angeboten.

3. Wegen der Leistungssteigerung und des Verdachts der Abnutzungserscheinungen kommt auch eine Nachbesserung des Fahrzeugs nicht in Betracht.

a) Grundsätzlich hat der Käufer dem Verkäufer einer mit einem Sachmangel behafteten Ware die Möglichkeit zu gewähren nachzubessern, bevor er vom Vertrag zurücktreten kann (§ 437 Nr. 2 Fall 1, § 323 I BGB).

b) Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass der Beklagte das Fahrzeug am Wohnort des Klägers abholen muss. Dies lässt sich dem Urteil des EuGH vom 16.06.2011 (C-65/09 und C-87/09, ECLI:EU:C:2011:396 = Slg. 2011, I‑5257 – Gebr. Weber und Putz) nicht entnehmen. Der BGH hat sich mit diesem Urteil ausführlich auseinandergesetzt und entschieden, dass das Urteil keine Auswirkung auf den Leistungsort für die Nacherfüllung gemäß § 269 I, II BGB hat (BGH, Urt. v. 19.07.2017 – VIII ZR 278/16, NJW 2017, 2758 Rn. 23 f.). Dieser liegt beim Verkäufer. Möglichen Durchsetzungsschwierigkeiten ist durch einen Anspruch des Käufers auf einen Transportkostenvorschuss gegen den Verkäufer gemäß § 475 VI BGB2Diese – erst am 01.01.2018 in Kraft getretene – Vorschrift ist hier nicht anwendbar, weil der streitgegenständliche Kaufvertrag bereits im Dezember 2016 geschlossen wurde (Art. 229 § 39 EGBGB). Das Landgericht hätte deshalb auf § 439 II BGB und dessen Auslegung durch den BGH (Urt. v. 19.07.2017 – VIII ZR 278/16, NJW 2017, 2758 Rn. 29) abstellen müsen. hinreichend Rechnung getragen.

Der Beklagte hat in der Folgezeit auch einen Transportkostenvorschuss geleistet. Damit kann der Kläger nicht behaupten, er sei seinen Pflichten bei der Nacherfüllung3Dem Verkäufer ordnungsgemäß Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben, ist eine Obliegenheit, keine Pflicht des Käufers, s. nur BGH, Urt. v. 10.03.2010 – VI­II ZR 310/08, juris Rn. 12. nachgekommen. Zur Nachbesserung hätte er das Fahrzeug nach T. verbringen müssen.

c) Die Nacherfüllung ist jedoch nach § 326 V BGB entbehrlich,4Nach § 326 V BGB ist nicht „die Nacherfüllung“ entbehrlich. Vielmehr bestimmt die Vorschrift, dass der Gläubiger dem Schuldner – abweichend von dem in § 323 I BGB statuierten Grundsatz – keine Frist zur Nacherfüllung setzen muss, wenn der Schuldner nach § 275 I–III BGB nicht zu leisten braucht. Das ist etwa dann der Fall, wenn – wie hier – eine Nacherfüllung insgesamt unmöglich (§ 275 I BGB) ist (s. dazu BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Leitsatz 2 und Rn. 39 m. w. Nachw.) weil der Mangel nicht behoben werden kann.

Der Beklagte kann zwar das leistungssteigernde Element ausbauen und eine neue Betriebserlaubnis für das Fahrzeug einholen (so OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.12.2004 – I-14 U 33/04, ZfSch 2005, 130 = juris Rn. 25). Dadurch wäre allerdings der Verdacht, dass das Fahrzeug einen übermäßigen Verschleiß aufweist, nicht ausgeräumt. Insoweit kommt es darauf an, ob der Verkäufer in der Lage ist, die Verdachtsmomente auszuräumen (Reinking/ Eggert, Der Autokauf, 11. Aufl. [2011], Rn 3468).

Der Sachverständige hat plausibel dargestellt, dass es nicht möglich ist, das Fahrzeug in einen Zustand zu versetzen, der einen Fahrzeug entsprechen würde, in das keine leistungssteigernden Elemente eingebaut worden seien. Der Verkäufer hat auch nicht angegeben, ob und wie er den Verdacht voreiligen Verschleißes ausräumen kann. Immerhin hat der Sachverständige Abnutzungserscheinungen an mehreren Bauteilen festgestellt. Der Beklagte weiß dagegen nicht, wann die Motorleistung gesteigert wurde und wie viele Kilometer mit dem Fahrzeug mit gesteigerter Leistung zurückgelegt wurden.

Vor diesem Hintergrund hält das Gericht die Nacherfüllung für unmöglich (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.10.2009 – I-22 U 166/08, juris Rn. 44).5Die Nacherfüllung ist nur unmöglich, wenn nicht nur eine Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB), sondern auch eine Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) ausscheidet (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Leitsatz 2 und Rn. 39 m. w. Nachw.). Eine Ersatzlieferung thematisiert das Landgericht indes erst nachfolgend.

d) Der Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt statt der Beseitigung des Mangels die Lieferung eines mangelfreien, gleichwertigen Fahrzeugs angeboten. Im Übrigen ist eine Nacherfüllung durch Lieferung einer gleichwertigen Ersatzsache in der Regel ausgeschlossen, wenn der Käufer das Fahrzeug nach persönlicher Besichtigung erworben hat (BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Leitsatz 2 und Rn. 23 f.). So liegt der Fall hier. Der Kläger ist sogar Probe gefahren, wie im Kaufvertrag ausgeführt ist.

4. Der Mangel ist auch erheblich (§ 323 V 2 BGB). Dies ergibt sich daraus, dass die Betriebserlaubnis erloschen ist und der Kläger das Fahrzeug nicht wie üblicherweise nutzen kann (vgl. LG Koblenz, Urt. v. 28.06.2012 – 1 O 447/10, ZfSch 2012, 568 = juris Rn. 69).

Die aufgrund des Kaufvertrages erbrachten Leistungen sind folglich zurückzugewähren.

Der Kläger kann daher den Kaufpreis in Höhe von 15.000 € gemäß § 346 I BGB vom Beklagten zurückverlangen. Mögliche Nutzungen muss der Kläger herausgeben, aber nur, wenn sie geltend gemacht werden. Der Beklagte hat aber die Nutzungen nicht konkret beziffert, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre. Die Nutzungsentschädigung berechnet sich nach einer Formel, in die die tatsächliche Laufleistung beim Kläger, die im Vertrag zugrunde gelegte voraussichtliche Gesamtlaufleistung und der Kaufpreis einfließen. Dem Beklagten waren als Vertragspartei die dem Vertrag zugrunde gelegte Gesamtlaufleistung und der Kaufpreis bekannt. Er benötigte noch die Laufleistung des Fahrzeugs. Diese hat er selbst anhand der von den Werkstätten festgestellten Tachostände ermittelt. Der Beklagte hätte also die Nutzungsentschädigung berechnen und dem Zahlungsanspruch als Einrede nach § 348 BGB entgegenhalten oder aufrechnen können.

II. 1. Der Kläger kann nach § 347 II 1 BGB darüber hinaus Verwendungsersatz verlangen.

Verwendungen sind Vermögensaufwendungen, die zumindest auch der Sache zugutekommen, indem sie ihrer Wiederherstellung, Erhaltung oder Verbesserung dienen (BGH, Urt. v. 24.11.1995 – V ZR 88/95, BGHZ 131, 220, 222 f.). Der Einbau einer neuen Batterie, eines neuen CD-Navigationssystems, einer neuen Windschutzscheibe und auch eine Erneuerung der Umwälzpumpe stellen daher Verwendungen auf das Fahrzeug dar.

Nach der Vernehmung der Zeugin M ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger diese Aufwendungen auch erbracht hat. Die Zeugin ist zwar die Mutter des Klägers und hat daher möglicherweise ein familiäres Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Dies macht ihre Aussage jedoch nicht unverwertbar. Im Gegenteil konnte das Gericht nicht erkennen, dass die Zeugin ihre Aussage zugunsten des Klägers gefärbt hätte. Soweit es auf die Reparaturen des Klägers ankommt, hat die Zeugin auch nicht einem Telefonat beigewohnt. Ob die Aussage teilweise wegen eines Verstoßes gegen Art. 10 I GG unverwertbar ist, braucht daher nicht entschieden zu werden.6Siehe zur Frage, ob die Aussage eines Zeugen über den Inhalt eines Telefonats, das er ohne Einwilligung des Gesprächspartners mitgehört hat, verwertet werden darf, z. B. BGH, Urt. v. 17.02.2010 – VIII ZR 70/07, juris Rn. 27 ff.

Die Zeugin hat ausgesagt, dass der Kläger eine neue Batterie verbaut habe. Das ist für das Gericht glaubhaft. Die Zeugin hat weiter bestätigt, dass das Navigationssystem nicht funktioniert habe. Deshalb sind auch die Aufwendungen für ein neues Navigationssystem nachvollziehbar. Damit hat die Zeugin den Vortrag des Klägers bestätigt. Hinsichtlich der Gegenstände, zu denen die Zeugin keine Angaben machen konnte (Windschutzscheibe, Umwälzpumpe), liegt der Sachverhalt parallel. Nachdem das Gericht von den Aufwendungen für Batterie und Navigationssystem überzeugt ist, gibt es keinen Grund, am Vortrag des Klägers zu Windschutzscheibe und Umwälzpumpe zu zweifeln, zumal aussagekräftige Abrechnungen vorliegen.

Diese Verwendungen sind notwendig i. S. des § 347 II 1 BGB. Notwendig ist eine Verwendung, wenn sie objektiv dem Erhalt der Sache dient und nicht subjektiv die Sache nach der Vorstellung des Erwerbers gestaltet (BGH, Urt. v. 24.11.1995 – V ZR 88/95, BGHZ 131, 220, 223). Dies ist ebenfalls bei den genannten Aufwendungen zu erkennen.

Konkrete Einwendungen gegen die Höhe einzelner Positionen hat der Beklagte nicht erhoben, diese lediglich pauschal bestritten. Das reicht nicht aus, um qualifiziert Einwendungen gegen die einzelnen Positionen vorzubringen.

Die Ersatzteile haben den Wert des Fahrzeugs erhalten oder sogar gesteigert. Deswegen kann der Kläger vom Beklagten auch Ersatz dieser Aufwendungen verlangen. Der Kläger kann daher Ersatz der notwendigen Verwendungen von 248,16 € für die Batterie, 598,74 € für die Windschutzscheibe, 570 € für das Autoradio mit Navi-DVD und 948,60 € für den Einbau der Umwälzpumpe, zusammen 2.365,50 €, verlangen.

2. Der Kläger kann dagegen nicht die Kosten aus der Rechnung vom 30.05.2017 verlangen. Damit sollte der beanstandete Kühlwasserverlust behoben werden. Der Sachverständige S hat aber das Fahrzeug auf Kühlmittelverlust untersucht und dabei festgestellt, dass das Fahrzeug gar kein Kühlwasser verliert (Gutachten, S. 6). Das Gericht kann sich nicht davon überzeugen, dass ein Kühlwasserverlust auftrat und bis zum 30.05.2017 vom Kläger behoben wurde. Denn die von ihm in Auftrag gegebenen Arbeiten wurden eingestellt, wie sich aus der Rechnung vom 30.05.2017 ergibt. Damit waren diese Ausgaben von Anfang an nicht erforderlich. Sie stellen keine ersatzfähige Verwendung dar.

Diese Arbeiten waren auch nicht erforderlich, um die Leistungssteigerung festzustellen. Der Sachverständige hat den Standort des Geräts dokumentiert. Es befindet sich neben der Batterie und ist sogar an diese angeschlossen (Lichtbilder 8–10). Das Gerät hätte einer Fachwerkstatt schon beim Batteriewechsel auffallen müssen.

3. Der Kläger kann nach § 437 Nr. 3 Fall 1, § 280 I BGB Ersatz seiner außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten verlangen. Diese sind adäquat-kausal auf das mangelbehaftete Fahrzeug zurückzuführen. Es war auch erforderlich und zweckmäßig, dass sich der Kläger an eine Rechtsanwältin gewendet hat.

Die Geltendmachung einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr aus einem Streitwert bis 19.000 € (696 €) zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer ergibt sich aus Nrn. 2300, 7002 und 7008 VV-RVG und ist rechtlich nicht zu beanstanden.

4. Sowohl der Verwendungsersatz- als auch der Schadensersatzanspruch sind seit Ablauf der gesetzten Frist gemäß §§ 280 I und II, 286 I 1, 288 I BGB mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen. Die Klägervertreterin setzte eine angemessene Leistungsfrist bis 30.06.2017, sodass am 01.07.2017 Verzug eingetreten ist.

III. Der Kläger kann nicht die Feststellung begehren, dass der Beklagte in Annahmeverzug ist. Der Antrag ist zwar als Feststellungsantrag nach § 256 I ZPO zulässig. Er setzt aber voraus, dass der Kläger dem Beklagten das Fahrzeug so anbietet, wie die Leistung zu bewirken ist (§ 294 BGB). Die Leistung ist Zug um Zug zu bewirken (§ 348 Satz 1 BGB); das bedeutet Gleichzeitigkeit. Der Kläger hat jedoch angeboten, das Fahrzeug nach Rückzahlung des Kaufpreises herauszugeben. Damit hat er die Leistung nicht so angeboten, wie sie zu bewirken ist. Annahmeverzug ist daher nicht festzustellen. …

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