1. Der Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Ge­braucht­wa­gens hat ge­gen die Volks­wa­gen AG als Her­stel­le­rin des Fahr­zeugs kei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz we­gen ei­ner sit­ten­wid­ri­gen vor­sätz­li­chen Schä­di­gung (§ 826 BGB) wenn er das Fahr­zeug erst er­wor­ben hat, nach­dem die Volks­wa­gen AG die Öf­fent­lich­keit be­reits dar­über un­ter­rich­tet hat­te, dass in be­stimm­ten Fahr­zeu­gen ei­ne den Schad­stoff­aus­stoß ma­ni­pu­lie­ren­de Soft­ware zum Ein­satz kom­me und wel­che Maß­nah­men sie in Ab­stim­mung mit dem Kraft­fahrt-Bun­des­amt er­grei­fen wer­de, um die­se Soft­ware – ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung – zu ent­fer­nen.
  2. Bei der Be­ur­tei­lung, ob die Volks­wa­gen AG dem Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs in ei­ner ge­gen die gu­ten Sit­ten ver­sto­ßen­den Wei­se vor­sätz­lich ei­nen Scha­den zu­ge­fügt hat, ist in zeit­li­cher Hin­sicht auf den Ab­schluss des Kauf­ver­trags, al­so auf den Zeit­punkt des Scha­den­s­ein­tritts ab­zu­stel­len. Je­den­falls bei Ge­braucht­wa­gen­käu­fen, die ab Herbst 2015 ge­tä­tigt wur­den, be­ruht der Scha­den – Ab­schluss des Kauf­ver­trags – in­des nicht mehr auf ei­nem i. S. von § 826 BGB ver­werf­li­chen Ver­hal­ten der Volks­wa­gen AG. Denn die­se hat­te be­reits zu­vor öf­fent­lich be­kannt ge­ge­ben, dass be­stimm­te – vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­ne – Die­sel­fahr­zeu­ge we­gen „Un­re­gel­mä­ßig­kei­ten“ nach­ge­bes­sert wer­den müss­ten. Da­mit hat es die Fahr­zeug­her­stel­le­rin je­dem ein­zel­nen po­ten­zi­el­len Käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens über­las­sen, selbst zu ent­schei­den, ob er trotz des VW-Ab­gas­skan­dals Ver­trau­en in ih­re Die­sel­fahr­zeu­ge hat oder ob er lie­ber Ab­stand vom Kauf ei­nes sol­chen Fahr­zeugs nimmt.

OLG Cel­le, Be­schluss vom 01.07.2019 – 7 U 33/19

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb mit Kauf­ver­trag vom 17.02.2016 von ei­nem BMW-Ver­trags­händ­ler ei­nen ge­brauch­ten VW Golf Plus 2.0 TDI zum Preis von 18.600 €. Die­ses am 28.03.2013 erst­zu­ge­las­se­ne Fahr­zeug hat­te aus­weis­lich des Kauf­ver­trags ei­nen Vor­be­sit­zer. Es ist mit ei­nem EA189-Die­sel­mo­tor aus­ge­stat­tet und des­halb vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fen.

Der Pkw hat ein vom Kraft­fahrt-Bun­des­amt am 20.06.2016 frei­ge­ge­be­nes Soft­ware­up­date er­hal­ten.

Un­ter Hin­weis auf VW-Ab­gas­skan­dal for­der­te der Klä­ger die be­klag­te Volks­wa­gen AG mit An­walts­schrei­ben vom 03.04.2017 auf, ihm den um ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung ver­min­der­ten Kauf­preis Zug um Zug ge­gen Über­ga­be und Über­eig­nung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs zu er­set­zen. Da die Be­klag­te dem nicht nach­kam, hat der Klä­ger sie kla­ge­wei­se auf Scha­dens­er­satz in An­spruch ge­nom­men. Er hat gel­tend ge­macht, dass er den VW Golf Plus nicht er­wor­ben hät­te, wenn er vom Ein­satz der den Ab­gas­aus­stoß ma­ni­pu­lie­ren­den Soft­ware ge­wusst hät­te; ihm sei es maß­geb­lich dar­auf an­ge­kom­men, ein um­welt­freund­li­ches Fahr­zeug zu er­wer­ben.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge mit Ur­teil vom 06.12.2018 mit der Be­grün­dung ab­ge­wie­sen, dass dem Klä­ger die gel­tend ge­mach­ten Scha­dens­er­satz­an­sprü­che un­ter kei­nem recht­li­chen Ge­sichts­punkt zu­stün­den. Ge­gen die­ses Ur­teil wen­det sich der Klä­ger mit sei­ner – zu­läs­si­gen – Be­ru­fung, mit der er sein erst­in­stanz­li­ches Be­geh­ren wei­ter­ver­folgt. Er macht un­ter an­de­rem gel­tend, dass das in­stal­lier­te Soft­ware­up­date ne­ga­ti­ve Fol­gen für das Fahr­zeug ha­be.

Nach­dem er zu­nächst ei­nen Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung be­stimmt hat­te, hat der 7. Zi­vil­se­nat des OLG Cel­le dar­auf hin­ge­wie­sen, dass er be­ab­sich­ti­ge, die Be­ru­fung durch Be­schluss ge­mäß § 522 II ZPO zu­rück­zu­wei­sen, weil die Rechts­sa­che kei­ne grund­sätz­li­che Be­deu­tung ha­ben und ei­ne Ent­schei­dung des Be­ru­fungs­ge­richts zur Fort­bil­dung des Rechts oder der Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung nicht er­for­der­lich sein dürf­te.

Aus den Grün­den: II. … Zu­dem hat die Be­ru­fung nach vor­läu­fi­ger Be­ur­tei­lung aus fol­gen­den Grün­den of­fen­sicht­lich kei­ne Aus­sicht auf Er­folg; die Durch­füh­rung ei­ner münd­li­chen Ver­hand­lung er­scheint nicht ge­bo­ten:

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen.

1. Dem Klä­ger ste­hen ge­gen­über der Be­klag­ten kei­ne An­sprü­che aus § 826 BGB zu.

a) Nach all­ge­mei­ner An­sicht (auch der des Se­nats, s. Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16) ha­ben Käu­fer von Fahr­zeu­gen mit Die­sel­mo­to­ren vom Typ EA189 (Eu­ro 5), die auf­grund der bei ih­nen ver­bau­ten Ab­schalt­vor­rich­tung vom so­ge­nann­ten VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fen sind, ei­ne mit ei­nem Sach­man­gel be­haf­te­te Kauf­sa­che er­wor­ben. Denn die­se Fahr­zeu­ge sind mit ei­ner Mo­tor­steue­rungs­soft­ware aus­ge­stat­tet wor­den, mit de­ren Hil­fe die Stick­oxid(NOX)-Wer­te im Prüf­stand ma­ni­pu­liert wor­den sind, das heißt bes­se­re Wer­te im Un­ter­schied zum nor­ma­len Fahr­be­trieb vor­ge­täuscht wor­den sind, um so die nach der Eu­ro-5-Ab­gas­norm vor­ge­ge­be­nen NOX-Grenz­wer­te ein­zu­hal­ten. Die in die­sen Fahr­zeu­gen ein­ge­setz­te Ab­gas­soft­ware hat die Prüf­si­tua­ti­on er­kannt und im Prüf­stand in den NOX-op­ti­mie­ren­den Mo­dus 1 ge­schal­tet, wäh­rend sie sich im nor­ma­len Fahr­be­trieb im Mo­dus 0 mit ein­ge­schränk­ter Ab­gas­rück­füh­rung be­fun­den hat, wo­durch die NOX-Emis­sio­nen er­heb­lich hö­her aus­ge­fal­len sind. Bei die­ser von der Be­klag­ten ein­ge­setz­ten „Um­schalt­lo­gik“ han­delt es sich um ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung i. S. des Art. 5 II der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007, was zur Fol­ge hat, dass die be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge sach­man­gel­be­haf­tet i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB sind. Denn Fahr­zeu­gen mit ei­nem Die­sel­mo­tor vom Typ EA189, die vom Her­stel­ler mit ei­ner un­zu­läs­si­gen Um­schalt­vor­rich­tung ver­se­hen sind, die güns­ti­ge­re Emis­si­ons­wer­te im Prüf­stand­be­trieb vor­spie­gelt, fehlt die Eig­nung für ih­re ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung, weil der (un­ge­stör­te) Be­trieb der Fahr­zeu­ge im öf­fent­li­chen Stra­ßen­ver­kehr we­gen der Ge­fahr des Ein­schrei­tens der zu­stän­di­gen Be­hör­den nicht ge­währ­leis­tet ist. Auf­grund der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­vor­rich­tung sind die Fahr­zeu­ge „nicht vor­schrifts­mä­ßig“ i. S. des § 5 I FZV mit der Fol­ge, dass ih­nen die Ge­fahr ei­ner Be­triebs­un­ter­sa­gung oder -be­schrän­kung durch die Zu­las­sungs­be­hör­de an­haf­tet. In­so­weit wird auf die Aus­füh­run­gen des BGH in sei­nem Be­schluss vom 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, ju­ris Rn. 5–23 – ver­wie­sen.

b) Nicht ge­klärt ist in der Recht­spre­chung die Fra­ge, ob ein vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­ner Fahr­zeug­käu­fer die Be­klag­te als Her­stel­le­rin des Die­sel­mo­tors vom Typ EA189 (Eu­ro 5) we­gen sit­ten­wid­ri­ger vor­sätz­li­cher Schä­di­gung auf Scha­dens­er­satz in An­spruch neh­men kann.

Nach ei­ner Auf­fas­sung, die vom OLG Braun­schweig (Urt. v. 19.02.2019 – 7 U 134/17, ju­ris), aber auch in der In­stanz­recht­spre­chung des OLG-Be­zirks Cel­le (et­wa LG Bü­cke­burg, Urt. v. 03.05.2018 – 1 O 88/17; Urt. v. 10.01.2019 – 1 O 98/18; LG Ver­den, Urt. v. 20.06.2018 – 8 O 311/18; Urt. v. 25.10.2018 – 5 O 317/17; LG Han­no­ver, Urt. v. 26.09.2018 – 17 O 46/18; Urt. v. 05.11.2018 – 19 O 201/17) ver­tre­ten wird, wird ein Scha­dens­er­satz­an­spruch aus § 826 BGB ver­neint, weil der Scha­den des Käu­fers, der ein sach­man­gel­be­haf­te­tes Fahr­zeug er­wor­ben ha­be, nicht in den Schutz­be­reich der von der Be­klag­ten ver­letz­ten EG-Nor­men fal­le, da die­se kei­nen In­di­vi­du­al­schutz zu­guns­ten der ein­zel­nen Fahr­zeug­käu­fer ge­wäh­ren wür­den. Dar­über hin­aus sei das Ver­hal­ten der Be­klag­ten auch nicht sit­ten­wid­rig, denn sie sei man­gels Be­ste­hens ei­ner Of­fen­ba­rungs­pflicht nicht ver­pflich­tet ge­we­sen, po­ten­zi­el­le Käu­fer der Fahr­zeu­ge auf die Um­schalt­vor­rich­tung hin­zu­wei­sen, weil es hier­bei nicht um ei­nen wert­be­stim­men­den Fak­tor ge­he (OLG Braun­schweig, Urt. v. 19.02.2019 – 7 U 134/17, ju­ris Rn. 188; eben­so et­wa LG Han­no­ver, Urt. v. 05.11.2018 – 19 O 201/17; LG Ver­den, Urt. v. 20.06.2018 – 8 O 311/17; Urt. v. 25.10.2018 – 5 O 317/17; LG Han­no­ver, Urt. v. 26.09.2018 – 17 O 46/18).

Nach der ge­gen­läu­fi­gen Auf­fas­sung, die un­ter an­de­rem vom OLG Karls­ru­he (Beschl. v. 05.03.2019 – 13 U 142/18, ju­ris) und vom OLG Köln (Beschl. v. 03.01.2019 – 18 U 70/18; Beschl. v. 01.03.2019 – 16 U 146/18), aber auch in der In­stanz­recht­spre­chung im hie­si­gen Be­zirk (et­wa LG Hil­des­heim, Urt. v. 18.12.2018 – 3 O 66/18; Urt. v. 18.12.2018 – 3 O 97/18; Urt. v. 12.12.2018 – 2 O 360/17; LG Lü­ne­burg, Urt. v. 28.09.2018 – 9 O 52/18; Urt. v. 30.10.2018 – 9 O 94/18; LG Sta­de, Urt. v. 09.01.2019 – 5 O 95/18; Urt. v. 20.02.2019 – 5 O 137/18) ver­tre­ten wird, kommt ein Scha­dens­er­satz­an­spruch aus § 826 BGB ge­gen­über der Be­klag­ten in Be­tracht. Dies wird da­mit be­grün­det, dass die Be­klag­te durch das In­ver­kehr­brin­gen der Die­sel­mo­to­ren vom Typ EA189 un­ter be­wuss­ter Ver­wen­dung der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­vor­rich­tung den Käu­fern der be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge in ei­ner ge­gen die gu­ten Sit­ten ver­sto­ßen­den Wei­se vor­sätz­lich ei­nen Scha­den zu­ge­fügt ha­be. Denn mit der Her­stel­lung und dem In­ver­kehr­brin­gen der in Re­de ste­hen­den Mo­to­ren sei kon­klu­dent die Er­klä­rung des Her­stel­lers ver­bun­den, dass der Ein­satz der Fahr­zeu­ge mit den ver­bau­ten Die­sel­mo­to­ren im Stra­ßen­ver­kehr ent­spre­chend ih­rem Ver­wen­dungs­zweck un­ein­ge­schränkt zu­läs­sig sei, was we­gen der vor­han­de­nen ge­set­zes­wid­ri­gen Ab­schalt­ein­rich­tung nicht der Fall sei. Die­se da­mit ein­her­ge­hen­de Täu­schung der Käu­fer der­ar­ti­ger Fahr­zeu­ge sei un­ter den ge­ge­be­nen Um­stän­den (Pro­fit­stre­ben un­ter be­wuss­ter Täu­schung von Be­hör­den, Kun­den und Händ­lern) als sit­ten­wid­rig ein­zu­stu­fen, wo­bei der bei den Käu­fern ent­stan­de­ne Scha­den, der in dem Ab­schluss des Kauf­ver­trags über das man­gel­be­haf­te­te Fahr­zeug zu se­hen sei, auch un­ter den Schutz­zweck der Norm fal­le. Denn die Käu­fer sei­en über ei­nen die Kauf­ent­schei­dung we­sent­lich be­ein­flus­sen­den Um­stand, näm­lich über die un­ein­ge­schränk­te, nicht be­droh­te Ver­wen­dung des Fahr­zeugs im Stra­ßen­ver­kehr, in sit­ten­wid­ri­ger Wei­se ge­täuscht wor­den, wo­durch un­mit­tel­bar in ih­ren Rechts­krei­sen ein­ge­grif­fen wor­den sei (vgl. im Ein­zel­nen OLG Karls­ru­he, Beschl. v. 05.03.2019 – 13 U 142/18, ju­ris Rn. 5–41).

c) Aber auch bei Zu­grun­de­le­gung der zu­letzt ge­nann­ten Auf­fas­sung, der der Se­nat nach vor­läu­fi­ger Prü­fung grund­sätz­lich zu­neigt, lässt sich vor­lie­gend ein sit­ten­wid­ri­ges schä­di­gen­des Ver­hal­ten der Be­klag­ten in dem hier maß­geb­li­chen Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Kauf­ver­trags am 17.02.2016 nicht (mehr) aus­ma­chen.

Nach § 826 BGB ist der­je­ni­ge, der in ei­ner ge­gen die gu­ten Sit­ten ver­sto­ßen­den Wei­se ei­nem an­de­ren vor­sätz­lich Scha­den zu­fügt, dem an­de­ren zum Er­satz des Scha­dens ver­pflich­tet. Die­se Vor­aus­set­zun­gen las­sen sich hier nicht fest­stel­len.

Da in dem von dem Klä­ger im Fe­bru­ar 2016 er­wor­be­nen Ge­braucht­wa­gen, dem Pkw VW Golf Plus 2.0 TDI, von der Be­klag­ten als Her­stel­le­rin ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung in­stal­liert wor­den ist und das Fahr­zeug bei Über­ga­be des­halb mit ei­nem Sach­man­gel be­haf­tet ge­we­sen ist, ist bei dem Klä­ger zwar vor­der­grün­dig ein Scha­den ein­ge­tre­ten, der auf das Ver­hal­ten der Be­klag­ten als Her­stel­le­rin des man­gel­be­haf­te­ten Fahr­zeugs zu­rück­geht. Ein mit dem Kauf des Fahr­zeugs ein­ge­tre­te­ner Scha­den des Klä­gers ist sei­tens der Be­klag­ten aber nicht in ei­ner ge­gen die gu­ten Sit­ten ver­sto­ßen­den Wei­se her­bei­ge­führt wor­den.

Ein Ver­hal­ten ist ob­jek­tiv sit­ten­wid­rig, wenn es nach In­halt oder Ge­samt­cha­rak­ter, der durch zu­sam­men­fas­sen­de Wür­di­gung von In­halt, Be­weg­grund und Zweck zu er­mit­teln ist, ge­gen das An­stands­ge­fühl al­ler bil­lig und ge­recht Den­ken­den ver­stößt, das heißt mit den grund­le­gen­den Wer­tun­gen der Rechts- und Sit­ten­ord­nung nicht ver­ein­bar ist (Pa­landt/Sprau, BGB, 78. Aufl., § 826 Rn. 4 m. w. Nachw.). Dass das Ver­hal­ten ge­gen ver­trag­li­che Pflich­ten oder ge­gen das Ge­setz ver­stößt, ist hier­für nicht aus­rei­chend; hin­zu­tre­ten muss ei­ne be­son­de­re Ver­werf­lich­keit des Ver­hal­tens, die sich aus dem mit der Hand­lung ver­folg­ten Zweck, dem zur Durch­set­zung ver­wen­de­ten Mit­tel, der da­bei ge­zeig­ten Ge­sin­nung oder den ent­stan­de­nen Fol­gen er­ge­ben kann (Pa­landt/Sprau, a. a. O., § 826 Rn. 4 m. w. Nachw.).

Maß­geb­li­cher Zeit­punkt für die Be­ur­tei­lung des Ver­hal­tens des An­spruchs­geg­ners als sit­ten­wid­rig ist der Zeit­punkt der Scha­dens­her­bei­füh­rung, das heißt hier der Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Kauf­ver­trags (vgl. BGH, Urt. v. 04.06.2013 – VI ZR 288/12, NJW-RR 2013, 1448 Rn. 13; fer­ner Förs­ter, in: Bam­ber­ger/Roth/Hau/Po­seck, BGB, 4. Aufl., § 826 Rn. 23). Be­zo­gen auf den maß­geb­li­chen Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Kauf­ver­tra­ges am 17.02.2016 stellt sich das Ver­hal­ten der Be­klag­ten nicht (mehr) als sit­ten­wid­rig dar.

Als die Be­klag­te im Jahr 2013 das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug, den VW Golf Plus 2.0 TDI, mit dem man­gel­be­haf­te­ten Mo­tor zum Zwe­cke des Ver­kaufs über ei­nen Ver­trags­händ­ler in den Ver­kehr brach­te, hat sie zum ei­nen zwar (bei Zu­grun­de­le­gung der obi­gen zweit­ge­nann­ten Auf­fas­sung) in sit­ten­wid­ri­ger Wei­se den Neu­wa­gen­käu­fer ge­schä­digt, an den das sach­man­gel­be­haf­te­te Neu­fahr­zeug aus­ge­lie­fert wur­de. In­dem die Be­klag­te mit­tels Auf­recht­er­hal­tung ih­rer mit der In­ver­kehr­ga­be des Fahr­zeugs ab­ge­ge­be­nen kon­klu­den­ten Er­klä­rung, dass das Fahr­zeug un­ein­ge­schränkt im Stra­ßen­ver­kehr ein­ge­setzt wer­den kön­ne, durch fort­wäh­ren­des Ver­schwei­gen der ge­set­zes­wid­ri­gen Soft­ware­pro­gram­mie­rung in den Die­sel­mo­to­ren des Typs EA189 an ih­rem da­nach als sit­ten­wid­rig ein­zu­stu­fen­den Ver­hal­ten fest­ge­hal­ten hat, wur­de an­schlie­ßend auch nach­tei­lig auf die Ver­mö­gens­la­ge ah­nungs­lo­ser Zweit- und Dritter­wer­ber des sach­man­gel­be­haf­te­ten Fahr­zeugs ein­ge­wirkt. Im Herbst 2015 ist die Be­klag­te al­ler­dings in die Öf­fent­lich­keit ge­tre­ten und hat be­kannt ge­ge­ben, dass die von ihr her­ge­stell­ten Die­sel­mo­to­ren des Typs EA189 we­gen Un­re­gel­mä­ßig­kei­ten nach­ge­bes­sert wer­den müs­sen.

Wie all­ge­mein be­kannt ist, hat­te der da­ma­li­ge Vor­stands­vor­sit­zen­de der Be­klag­ten Dr. Win­ter­korn auf ei­ner Pres­se­kon­fe­renz am 22.09.2015 mit­ge­teilt, dass es bei den in ih­ren Fahr­zeu­gen ver­bau­ten Die­sel­mo­to­ren des Typs EA189 zu Un­re­gel­mä­ßig­kei­ten ge­kom­men sei. Zu­gleich hat­te die Be­klag­te am 22.09.2015 ei­ne Ad-hoc-Mit­tei­lung her­aus­ge­ge­ben, mit der sie die Öf­fent­lich­keit dar­über in­for­mier­te, dass sie „die Auf­klä­rung von Un­re­gel­mä­ßig­kei­ten ei­ner ver­wen­de­ten Soft­ware bei Die­sel­mo­to­ren mit Hoch­druck“ vor­an­treibt. In die­ser Mit­tei­lung heißt es un­ter an­de­rem wei­ter:

„Auf­fäl­lig sind Fahr­zeu­ge mit Mo­to­ren vom Typ EA189 mit ei­nem Ge­samt­vo­lu­men von welt­weit rund elf Mil­lio­nen Fahr­zeu­gen. Aus­schließ­lich bei die­sem Mo­tor­typ wur­de ei­ne auf­fäl­li­ge Ab­wei­chung zwi­schen Prüf­stands­wer­ten und rea­lem Fahr­be­trieb fest­ge­stellt. Volks­wa­gen ar­bei­tet mit Hoch­druck dar­an, die­se Ab­wei­chun­gen mit tech­ni­schen Maß­nah­men zu be­sei­ti­gen. Das Un­ter­neh­men steht da­zu der­zeit in Kon­takt mit den zu­stän­di­gen Be­hör­den und dem Deut­schen Kraft­fahrt-Bun­des­amt.“ (An­la­ge B 11).

Ent­spre­chend der in die­ser Mit­tei­lung ent­hal­te­nen An­kün­di­gung, die Öf­fent­lich­keit über den wei­te­ren Fort­gang der Er­mitt­lun­gen fort­lau­fend zu in­for­mie­ren (s. An­la­ge B 11), hat­te die Be­klag­te, wie dem Se­nat aus zahl­rei­chen an­hän­gi­gen Ver­fah­ren be­kannt ist, in den Fol­ge­mo­na­ten Pres­se­mit­tei­lun­gen her­aus­ge­ge­ben. So hat­te die Be­klag­te, nach­dem ihr durch Be­scheid des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes vom 14.10.2015 auf­ge­ge­ben wor­den war tä­tig zu wer­den, in ih­rer Pres­se­mit­tei­lung vom 15.10.2015 mit­ge­teilt, dass von ihr die schnel­le Ent­schei­dung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes be­grüßt wer­de, den in der ver­gan­ge­nen Wo­che vor­ge­leg­ten Zeit- und Maß­nah­me­plan durch ei­nen Rück­ruf um­zu­set­zen, und dass mit Hoch­druck die im Maß­nah­me­plan fest­ge­leg­ten tech­ni­schen Lö­sun­gen mit dem Ziel er­ar­bei­tet wür­den, ab Ja­nu­ar 2016 mit der Nach­bes­se­rung der Fahr­zeu­ge zu be­gin­nen. In ih­rer Pres­se­mit­tei­lung vom 25.11.2015 hat­te die Be­klag­te so­dann mit­ge­teilt, dass die Auf­ar­bei­tung und Lö­sung der Die­sel-The­ma­tik vor­an­schrei­te und dass nach der Um­set­zung der tech­ni­schen Maß­nah­men die Fahr­zeu­ge die je­weils gül­ti­gen Ab­gas­nor­men er­fül­len wür­den; fer­ner, dass es das Ziel sei, ab Ja­nu­ar 2016 die ers­ten Fahr­zeu­ge im Rah­men ei­nes Rück­rufs auf den er­for­der­li­chen tech­ni­schen Stand zu brin­gen. In ih­rer wei­te­ren Pres­se­mit­tei­lung vom 16.12.2015 hat­te die Be­klag­te dar­über in­for­miert, dass sie dem Kraft­fahrt-Bun­des­amt die kon­kre­ten tech­ni­schen Maß­nah­men für die be­trof­fe­nen EA189-Mo­to­ren vor­ge­stellt ha­be und dass das Kraft­fahrt-Bun­des­amt nach in­ten­si­ven Prü­fun­gen al­le Maß­nah­men voll­um­fäng­lich be­stä­tigt ha­be; zu­gleich wur­de mit­ge­teilt, dass die be­trof­fe­nen Fahr­zeug­hal­ter an­ge­schrie­ben und über die wei­te­ren Schrit­te in­for­miert wür­den.

In­dem die Be­klag­te so­nach ihr vor­an­ge­gan­ge­nes ge­setz­wid­ri­ges Tun nach Auf­de­cken des Ab­gas­skan­dals um die Die­sel­mo­to­ren vom Typ EA189 nicht ver­tuscht, son­dern sich mit der Auf­ar­bei­tung der Pro­ble­ma­tik be­fasst hat, wor­über sie die Öf­fent­lich­keit in­for­miert hat, kann ihr je­den­falls in Be­zug auf po­ten­zi­el­le Ge­braucht­wa­gen­käu­fer ab Herbst 2015 kein ver­werf­li­ches Ver­hal­ten an­ge­las­tet wer­den. Die Be­klag­te hat­te im Herbst 2015 letzt­lich den Feh­ler bei der Ab­gas­rück­füh­rung ih­rer Die­sel­mo­to­ren EA189 ein­ge­räumt und sei­ne Be­sei­ti­gung in Ab­stim­mung mit dem Kraft­fahrt-Bun­des­amt an­ge­kün­digt. Mit die­ser Vor­ge­hens­wei­se hat die Be­klag­te den schä­di­gen­den Zu­stand, die Ver­tu­schung der Ab­gas­ma­ni­pu­la­ti­on in der Öf­fent­lich­keit, nicht mehr auf­recht­er­hal­ten. Die Grün­de, die ihr Ver­hal­ten bis Herbst 2015 als sit­ten­wid­rig er­schei­nen lie­ßen (Täu­schung po­ten­zi­el­ler Kun­den durch Vor­spie­ge­lung ei­ner nicht ge­fähr­de­ten Nutz­bar­keit ih­rer Fahr­zeu­ge im Stra­ßen­ver­kehr un­ter Aus­nut­zung des Ver­trau­ens der Käu­fer in das Kraft­fahrt-Bun­des­amt mit dem Ziel der Kos­ten­sen­kung und Ge­winn­ma­xi­mie­rung) sind da­mit weg­ge­fal­len.

Nach­dem die Be­klag­te die Öf­fent­lich­keit über die vor­ge­nom­me­ne Ma­ni­pu­la­ti­on an den Die­sel­mo­to­ren EA189 in­for­miert hat­te, setz­te auch ei­ne um­fang­rei­che Me­di­en­be­richt­er­stat­tung über die so­ge­nann­te VW-Ab­gas­af­fä­re ein. In den Print­me­di­en, in Funk und im Fern­se­hen wird seit Herbst 2015 aus­führ­lich und lau­fend über Vor­gän­ge be­tref­fend den so­ge­nann­ten VW-Ab­gas­skan­dal be­rich­tet, über den all­ge­mein auch in der brei­ten Öf­fent­lich­keit dis­ku­tiert wird. Im Rah­men die­ser Dis­kus­si­on ist zwar auch in­fra­ge ge­stellt wor­den, ob die von der Be­klag­ten er­ar­bei­te­te Nach­bes­se­rungs­maß­nah­me da­hin ge­hend, mit­tels des Auf­spie­lens ei­nes Soft­ware­up­dates die in­stal­lier­te un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­vor­rich­tung zu be­sei­ti­gen, über­haupt ei­ne ge­eig­ne­te Män­gel­be­sei­ti­gungs­maß­nah­me ist. In die­sem Zu­sam­men­hang wird vor­ge­bracht, dass nicht aus­ge­schlos­sen wer­den kön­ne, dass das Up­date der Mo­tor­steue­rungs­soft­ware für das Fahr­zeug nicht fol­gen­los sein wer­de, wo­bei ei­ne Er­hö­hung der Emis­si­ons­wer­te und des Kraft­stoff­ver­brauchs, ei­ne Ein­schrän­kung der Mo­tor­leis­tung und das Auf­tre­ten von vor­zei­ti­gen Ver­schleiß­er­schei­nun­gen an­ge­spro­chen wer­den. Zu­dem wird den be­trof­fe­nen Fahr­zeu­gen all­ge­mein nach­ge­sagt, dass sie mit ei­nem nicht be­heb­ba­ren Ma­kel be­haf­tet sei­en, was sich nach­tei­lig auf ih­ren Wert aus­wir­ke.

Ob die­se ge­gen das Up­date vor­ge­brach­ten Ein­wän­de be­rech­tigt sind, kann hier al­ler­dings da­hin­ste­hen. Denn die­se Ge­sichts­punk­te kön­nen nicht da­zu füh­ren, das Ver­hal­ten der Be­klag­ten ab Herbst 2015 wei­ter­hin als ver­werf­lich i. S. des § 826 BGB ein­zu­stu­fen. Die Be­klag­te hat die Ab­gas­the­ma­tik öf­fent­lich ge­macht und da­bei der (zu­vor ge­täusch­ten) All­ge­mein­heit be­kannt ge­ge­ben, dass die Die­sel­fahr­zeu­ge, weil sie nicht un­ein­ge­schränkt in Ord­nung sind, nach­ge­bes­sert wer­den müs­sen; zu­gleich hat sie die All­ge­mein­heit dar­über in­for­miert, wel­che Maß­nah­men sie in Ab­stim­mung mit dem Kraft­fahrt-Bun­des­amt zur Be­he­bung des Man­gels vor­neh­men wird. Da­mit hat die Be­klag­te es je­dem ein­zel­nen po­ten­zi­el­len Ge­braucht­wa­gen­käu­fer über­las­sen, selbst dar­über zu ent­schei­den, ob er un­ge­ach­tet des „Die­sel­ga­tes“ Ver­trau­en in ih­re Die­sel­fahr­zeu­ge hat oder ob er we­gen mög­li­cher­wei­se of­fen­ge­blie­be­ner Fra­gen Ab­stand von dem Kauf ih­rer Fahr­zeu­ge nimmt.

Da­mit er­weist sich der Ein­wand des Klä­gers in sei­ner Be­ru­fungs­be­grün­dung, wo­nach ihm ne­ga­ti­ve Fol­ge­wir­kun­gen des Man­gels so­wie die ver­meint­li­che Un­ge­eig­net­heit des Soft­ware­up­dates bei Ver­trags­ab­schluss nicht be­kannt ge­we­sen sei­en, als un­be­acht­lich, nach­dem sich die Be­klag­te öf­fent­lich zu dem Ab­gas­skan­dal er­klärt hat­te und die ne­ga­ti­ve Be­richt­er­stat­tung hier­über un­mit­tel­bar nach Auf­de­cken des Die­selskan­dals im Herbst 2015 ein­setz­te. Dass es der Klä­ger un­ter­las­sen hat­te, sich an­läss­lich des Kaufs des Die­sel­fahr­zeugs mit der The­ma­tik zu be­fas­sen, geht je­den­falls nicht auf ein sit­ten­wid­ri­ges Ver­hal­ten der Be­klag­ten zu­rück. Die Be­klag­te hat kund­ge­tan, auf wel­che Wei­se der Man­gel in Form der ma­ni­pu­lier­ten Soft­ware in Ab­stim­mung mit dem Kraft­fahrt-Bun­des­amt be­sei­tigt wer­den soll, was den für die je­wei­li­gen Fahr­zeug­ty­pen er­gan­ge­nen Frei­ga­be­be­stä­ti­gun­gen des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes ent­spricht. So hat das Kraft­fahrt-Bun­des­amt in sei­nen Frei­ga­be­be­stä­ti­gun­gen je­weils fest­ge­hal­ten, dass die Über­prü­fun­gen er­ge­ben ha­ben, dass kei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung fest­ge­stellt wur­de, dass die of­fen­ge­leg­ten vor­han­de­nen Ab­schalt­ein­rich­tun­gen als zu­läs­sig ein­ge­stuft wur­den, dass die Grenz­wer­te ein­ge­hal­ten wer­den, dass die vom Her­stel­ler an­ge­ge­be­nen Kraft­stoff­ver­brauchs­wer­te und CO2-Emis­sio­nen be­stä­tigt wer­den und dass die bis­he­ri­ge Mo­tor­leis­tung un­ver­än­dert bleibt. Da­mit geht so­gleich der wei­te­re Ein­wand des Klä­gers fehl, wo­nach sich sein Fahr­zeug auch nach dem Soft­ware­up­date nicht in ei­nem zu­las­sungs­fä­hi­gen Zu­stand be­fin­de, nach­dem das Kraft­fahrt-Bun­des­amt die Maß­nah­me aus­drück­lich frei­ge­ge­ben hat.

Nach al­le­dem lässt sich zu­las­ten der Be­klag­ten ei­ne sit­ten­wid­ri­ge vor­sätz­li­che Schä­di­gung der Käu­fer, die, wie der Klä­ger, ab 2016 ei­nen Ge­braucht­wa­gen mit dem in Re­de ste­hen­den Die­sel­mo­tor vom Typ EA189 (Eu­ro 5) er­wor­ben ha­ben, nicht (mehr) fest­stel­len.

2. Dem Klä­ger kom­men ge­gen­über der Be­klag­ten auch kei­ne Scha­dens­er­satz­an­sprü­che aus § 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB zu.

Wie aus den obi­gen Aus­füh­run­gen folgt, kann, be­zo­gen auf den Zeit­punkt des Er­werbs des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs im Fe­bru­ar 2016, ei­ne (fort­be­ste­hen­de) Täu­schungs­hand­lung der Be­klag­ten in Be­zug auf die ver­baut ge­we­se­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­vor­rich­tung nicht fest­ge­stellt wer­den, nach­dem sie sich ab Herbst 2015 zu der Ab­gas­ma­ni­pu­la­ti­on an ih­ren Die­sel­mo­to­ren vom Typ EA189 öf­fent­lich be­kannt hat.

Dar­auf, dass der Klä­ger, wie von ihm be­haup­tet wird, bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags im Fe­bru­ar 2016 kei­ne Kennt­nis da­von hat­te, dass in dem Die­sel­mo­tor des von ihm er­wor­be­nen Fahr­zeugs ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung ver­baut war, die mit­tels ei­nes Soft­ware­up­dates zu be­sei­ti­gen ist, kommt es des­halb nicht ent­schei­dend an. Denn die von ihm be­haup­te­te Un­kennt­nis geht nicht auf ei­ne bis in das Jahr 2016 fort­dau­ern­de Täu­schungs­hand­lung der Be­klag­ten zu­rück, son­dern be­ruht dar­auf, dass sich der Klä­ger nicht mit dem öf­fent­lich breit dis­ku­tier­ten „Die­selskan­dal“ be­fasst hat­te. Die bis zum Herbst 2015 fort­ge­wirk­te Täu­schungs­hand­lung der Be­klag­ten da­hin ge­hend, dass das Fahr­zeug ord­nungs­ge­mäß die EG-Typ­ge­neh­mi­gung er­hal­ten ha­be und dies­be­züg­lich kei­ne Be­triebs­be­schrän­kung oder -un­ter­sa­gung nach § 5 I FZV dro­he, hat durch die an­schlie­ßen­de Of­fen­le­gung und Auf­ar­bei­tung des Die­selskan­dals durch die Be­klag­te ihr En­de ge­fun­den, so­dass die­se nicht mehr kau­sal für ei­ne Fehl­vor­stel­lung des Klä­gers, dass mit dem von ihm ge­kauf­ten Wa­gen al­les in Ord­nung sei, wer­den konn­te.

So­weit der Klä­ger erst­in­stanz­lich vor­ge­bracht hat, dass es ihm bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags dar­auf an­ge­kom­men sei, ein be­son­ders um­welt­freund­li­ches Fahr­zeug zu er­wer­ben, muss die Be­klag­te dies nicht ge­gen sich gel­ten las­sen, nach­dem sie an dem Ver­trags­ab­schluss nicht be­tei­ligt war und je­den­falls den ob­jek­ti­ven Teil des von ihr ver­ur­sach­ten Ab­gas­skan­dals öf­fent­lich ein­ge­räumt hat­te und, wie ge­richts­be­kannt, auch die ein­zel­nen be­trof­fe­nen Fahr­zeug­hal­ter zu­sätz­lich an­ge­schrie­ben und in­for­miert hat­te.

Ent­ge­gen dem Ein­wand des Klä­gers in sei­ner Be­ru­fungs­be­grün­dung liegt auch in Be­zug auf das Soft­ware­up­date kei­ne Täu­schungs­hand­lung der Be­klag­ten i. S. des § 263 StGB vor. Der Klä­ger kann des­halb nicht da­mit ge­hört wer­den, dass das Up­date zur Män­gel­be­sei­ti­gung un­ge­eig­net sei.

Ei­ne Täu­schungs­hand­lung i. S. des § 263 StGB er­for­dert, weil sie ei­nen sub­jek­ti­ven Ein­schlag hat, ei­ne be­wusst un­wah­re Er­klä­rung (Lü­ge). Wer ei­ne ob­jek­tiv un­rich­ti­ge Er­klä­rung im gu­ten Glau­ben ab­gibt, be­geht schon ob­jek­tiv kei­ne Täu­schungs­hand­lung (vgl. BGH, Urt. v. 05.02.1963 – 1 StR 533/62, BGHSt 18, 235, 237 = ju­ris Rn. 6; Kühl, in: Lack­ner/Kühl, StGB, 29. Aufl., § 263 Rn. 6). Vor­lie­gend lässt sich man­gels ent­spre­chen­der An­halts­punk­te nicht fest­stel­len, dass die Be­klag­te, als sie sich et­wa in ih­rer Pres­se­mit­tei­lung vom 16.12.2015 da­hin ge­hend er­klär­te, dass nach Um­set­zung der mit dem Kraft­fahrt-Bun­des­amt ab­ge­stimm­ten Maß­nah­men mit den Die­sel­fahr­zeu­gen Typ EA189 in Be­zug auf die Ein­hal­tung der Ab­gas­norm, des Ver­brauchs und der Mo­tor­leis­tung al­les in Ord­nung sei, al­so die Ge­fahr ei­ner Still­le­gung nicht dro­he, das Be­wusst­sein hat­te, ei­ne (hier un­ter­stellt) un­rich­ti­ge Er­klä­rung ab­zu­ge­ben. Dem ste­hen der in der Er­klä­rung ent­hal­te­ne Ver­weis auf die Ein­schät­zung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes und die an­schlie­ßend er­gan­ge­nen Frei­ga­be­be­stä­ti­gun­gen des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes ent­ge­gen.

Der Be­klag­ten kann auch nicht vor­ge­wor­fen wer­den, dass sie man­gels Auf­klä­rung über das Soft­ware­up­date durch Un­ter­las­sen ge­täuscht ha­be. Denn auch bei ei­ner Täu­schung durch Un­ter­las­sen ge­hört ein sub­jek­ti­ver Ein­schlag zum ob­jek­ti­ven Tat­be­stand, das heißt, der Be­trof­fe­ne muss die Nicht­auf­klä­rung als Täu­schung und da­bei zum Zwe­cke der Er­hal­tung des Irr­tums wol­len. Dies lässt sich vor­lie­gend nicht fest­stel­len. In­dem die Be­klag­te ent­spre­chend ih­rer oben ge­nann­ten Pres­se­mit­tei­lung da­von aus­geht, dass das mit dem Kraft­fahrt-Bun­des­amt ab­ge­stimm­te Up­date ge­mäß des­sen Be­stä­ti­gung den Vor­schrif­ten ent­spricht, sind sei­tens der Be­klag­ten kei­ne auf­klä­rungs­be­dürf­ti­gen Tat­sa­chen ge­ge­ben. Hin­zu kommt, dass über die Wirk­sam­keit ei­nes Soft­ware­up­dates früh­zei­tig öf­fent­lich dis­ku­tiert wor­den ist und dass schon des­halb dem Fest­hal­ten der Be­klag­ten am Up­date un­ter Ver­weis auf das Kraft­fahrt-Bun­des­amt nicht der Cha­rak­ter ei­ner Täu­schungs­hand­lung zu­kom­men kann.

Fest­zu­hal­ten ist mit­hin, dass man­gels Vor­lie­gens ei­ner der Be­klag­ten im Fe­bru­ar 2016 vor­werf­ba­ren Täu­schungs­hand­lung be­reits der ob­jek­ti­ve Tat­be­stand des § 263 StGB nicht ge­ge­ben ist, so­dass das auf § 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB ge­stütz­te Scha­dens­er­satz­be­geh­ren des Klä­gers ins Lee­re ge­hen muss.

3. Der Klä­ger kann fer­ner sei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch nicht auf § 823 II BGB i. V. mit Ver­stö­ßen ge­gen § 6 I, 27 I EG-FGV stüt­zen, weil die­se Vor­schrif­ten kei­ne Schutz­ge­set­ze i. S. des § 823 II BGB sind. Der Ein­wand des Klä­gers, wo­nach die Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung für das Fahr­zeug ge­gen gel­ten­des Recht ver­sto­ße, muss des­halb ins Lee­re ge­hen.

Ein Schutz­ge­setz i. S. des § 823 II BGB liegt nur dann vor, wenn die ent­spre­chen­de Norm we­nigs­tens auch die In­ter­es­sen des Ein­zel­nen ge­zielt schüt­zen soll. Des­halb ist es nicht aus­rei­chend, dass der In­di­vi­du­al­schutz durch Be­fol­gung der Norm als ihr Re­flex er­reicht wird; der In­di­vi­du­al­schutz muss ge­ra­de im Auf­ga­ben­be­reich der je­wei­li­gen Norm lie­gen (vgl. Pa­landt/Sprau, a. a. O., § 823 Rn. 58).

Vor die­sem Hin­ter­grund kommt den §§ 6 I, 27 I EG-FGV kei­ne in­di­vi­du­al­schüt­zen­de Wir­kung zu. Die­se Vor­schrif­ten ver­fol­gen die Um­set­zung der eu­ro­pa­recht­li­chen Richt­li­nie 2007/46/EG, de­ren Ziel die Voll­endung des eu­ro­päi­schen Bin­nen­mark­tes ist. Da­ge­gen be­zwe­cken die­se Richt­li­nie und da­mit ein­her­ge­hend §§ 6 I, 27 I EG-FGV nicht die Wah­rung von In­di­vi­dual­in­ter­es­sen wie das Ver­mö­gens­in­ter­es­se von Er­wer­bern von Kraft­fahr­zeu­gen (vgl. im Ein­zel­nen OLG Braun­schweig, Urt. v. 19.02.2019 – 7 U 134/17, ju­ris Rn. 145 ff.). Dem­zu­fol­ge kann da­hin­ste­hen, ob vor­lie­gend über­haupt ein Ver­stoß ge­gen §§ 6 I, 27 I EG-FGV ge­ge­ben ist, nach­dem die für das Fahr­zeug aus­ge­stell­te Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung auf ei­ne EG-Typ­ge­neh­mi­gung zu­rück­geht (s. hier­zu OLG Braun­schweig, Urt. v. 19.02.2019 – 7 U 134/17, ju­ris Rn. 107 ff.).

4. Dem Klä­ger kommt schließ­lich ge­gen­über der Be­klag­ten man­gels Be­ste­hens ei­nes vor­ver­trag­li­chen Schuld­ver­hält­nis­ses kein Scha­dens­er­satz­an­spruch aus §§ 280 I, 311 III, 241 II BGB zu.

Nach all­ge­mei­ner An­sicht kann zwar aus­nahms­wei­se die Haf­tung ei­nes Drit­ten in Be­tracht kom­men, wenn er am Ver­trags­schluss ein un­mit­tel­bar ei­ge­nes wirt­schaft­li­ches In­ter­es­se hat oder wenn er ein be­son­de­res per­sön­li­ches Ver­trau­en in An­spruch ge­nom­men hat und hier­durch den Ver­trags­ab­schluss er­heb­lich be­ein­flusst hat (vgl. Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 78. Aufl., § 311 Rn. 60 m. w. Nachw.). Vor­lie­gend ist aber nicht er­sicht­lich, dass die Be­klag­te, die an dem Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges über das Ge­braucht­fahr­zeug zwi­schen dem Klä­ger und ei­nem BMW-Ver­trags­händ­ler nicht be­tei­ligt war, hier­an ein ei­ge­nes wirt­schaft­li­ches In­ter­es­se hat­te bzw. ein be­son­de­res per­sön­li­ches Ver­trau­en in An­spruch ge­nom­men hat­te. Das Aus­stel­len der Über­ein­stim­mungs­er­klä­rung ist hier­für nicht aus­rei­chend, weil die­ser Be­schei­ni­gung le­dig­lich öf­fent­lich-recht­li­che Wir­kun­gen zu­kommt (s. hier­zu OLG Braun­schweig, Urt. v. 19.02.2019 – 7 U 134/17, ju­ris Rn. 97 ff.).

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