1. Ein als „Euro 5“-Fahrzeug beworbener, vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen ist i. S. von § 434 I 1 BGB mangelhaft, weil das Fahrzeug die Euro-5-Emissionsgrenzwerte softwaregesteuert nur während eines Emissionstests auf einem Prüfstand, aber nicht beim regulären Betrieb im Straßenverkehr einhält.
  2. Darüber hinaus weist ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen keine i. S. von § 434 I 2 BGB übliche und deshalb vom Käufer zu erwartende Beschaffenheit auf. Denn zur üblichen und vom Käufer mangels abweichender Vereinbarungen zu erwartenden Beschaffenheit eines Neuwagens gehört jedenfalls, dass das Fahrzeug über eine allgemeine Betriebserlaubnis verfügt und diese nicht gefährdet ist. Schon das Risiko, dass das Fahrzeug die allgemeine Betriebserlaubnis verliert oder die Erlaubnis nur unter bestimmten Bedingungen (z. B. Installation eines Softwareupdates) aufrechterhalten werden kann, stellt einen Mangel i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB dar.
  3. Muss der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen – mangelhaften – Neuwagens in dem Zeitpunkt, in dem er den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt, befürchten, dass der Mangel durch die Installation eines Softwareupdates nicht beseitigt werden kann oder dass sich das Update negativ auf den Kraftstoffverbrauch, die Schadstoffemissionen und die Haltbarkeit von einzelnen Bauteilen des Fahrzeugs auswirken wird, so muss er dem Verkäufer gemäß § 440 Satz 1 Fall 3 BGB keine Frist zur Nachbesserung setzen.
  4. Der Mangel, an dem ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen leidet, ist schon deshalb nicht geringfügig (§ 323 V 2 BGB), weil der Käufer faktisch nicht auf eine Nachbesserung verzichten kann. Der Käufer ist vielmehr verpflichtet, ein – vom Kraftfahrt-Bundesamt geprüftes und freigegebenes – Softwareupdate installieren zu lassen, um die Zulassung des Fahrzeugs nicht zu gefährden.

LG Stuttgart, Urteil vom 09.11.2018 – 28 O 393/17

Sachverhalt: Die Klägerin begehrt von der Beklagten im Zusammenhang mit dem VW-Abgasskandal die Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrags.

Sie erwarb von der Beklagten auf der Grundlage einer Bestellung vom 12.092.2014 einen neuen Audi Q3 2.0 TDI quattro (103 kW) zum Preis von 38.600 €. Der Pkw wurde der Klägerin, der es insbesondere darauf ankam, ein umweltfreundliches Fahrzeug zu erwerben, im Dezember 2014 übergeben.

Bei der Übergabe war der Pkw mit einem EA189-Dieselmotor (Euro 5) und einer Software zur Motorsteuerung ausgestattet. Diese erkannte, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand einen standardisierten Test absolvierte, indem es den „Neuen Europäischen Fahrzyklus“ (NEFZ) durchfuhr. In diesem Fall wurde ein für Testsituationen vorgesehener Betriebsmodus („Modus 1“) aktiviert, in dem die Stickoxid(NOX)-Emissionen erheblich geringer waren als beim regulären Betrieb des Fahrzeugs im Straßenverkehr im „Modus 0“.

Das Kraftfahrt-Bundesamt kam als für die Erteilung der Typgenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeugmodell zuständige Behörde zu dem Ergebnis, dass vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge mit einem EA189-Dieselmotor mit einer unzulässigen Abschaltvorrichtung i. S. des Art. 5 II der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausgerüstet seien. Mit Bescheid vom 15.10.2015 ordnete es gemäß § 25 I EG-FGV an, dass der Fahrzeughersteller zur Vermeidung des Widerrufs oder der Rücknahme der Typgenehmigung verpflichtet sei, diese unzulässige Abschalteinrichtung aus den betroffenen Fahrzeugen zu entfernen, geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung deren Vorschriftmäßigkeit zu ergreifen und dies durch geeignete Nachweise zu belegen. Am 01.01.2016 gab das Kraftfahrt-Bundesamt eine vom Fahrzeughersteller entwickelte Software frei, mit der EA189-Dieselmotoren so gesteuert werden können, dass der NOX-Ausstoß auch beim regulären Betrieb des jeweiligen Fahrzeugs im Straßenverkehr reduziert wird. Das Softwareupdate kann in einer Vertragswerkstatt in weniger als einer Stunde installiert werden; die damit verbundenen Kosten betragen weniger als 100 €.

Nachdem die Klägerin durch die Presse von diesem Sachverhalt – dem VW-Abgasskandal – erfahren hatte, ließ sie mit anwaltlichem Schreiben vom 10.11.2017 – der Beklagten übermittelt am 13.11.2017 – ihren Rücktritt vom Kaufvertrag erklären. Sie begehrte die Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückgewähr des erworbenen Fahrzeugs. Für diese Rückabwicklung des Kaufvertrags setzte die Klägerin der Beklagten eine Frist bis zum 27.11.2017. Die Beklagte lehnte eine Rückabwicklung des Kaufvertrags mit Schreiben vom 17.11.2017 ab, erklärte aber:

„Wir verzichten ausdrücklich bis zum 31.12.2017 auf die Erhebung der Verjährungseinrede im Hinblick auf etwaige Ansprüche, die im Zusammenhang mit der in Fahrzeugen mit Motortyp EA189 eingebauten Software bestehen. Der Verjährungsverzicht für derartige Ansprüche gilt auch, soweit diese bereits verjährt sind.“

Die Klägerin macht geltend, dass ihr Fahrzeug wegen der darin zum Einsatz kommenden „Schummelsoftware“ mangelhaft sei. Die Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 würden nicht eingehalten; die Einstufung des Fahrzeugs in die Schadstoffklasse „Euro 5“ könne angesichts der tatsächlichen NOX-Emissionen nicht aufrechterhalten werden. Der Pkw entspreche damit nicht den Herstellerangaben, und es drohe die Entziehung der Zulassung.

Eine Beseitigung des Mangels – so behauptet die Klägerin – sei nicht möglich, auch nicht durch die Installation eines Softwareupdates. Vielmehr führe die Installation des Updates zu einem Anstieg des Kraftstoffverbrauchs und zu einem erhöhten Verschleiß einzelner Bauteile. Letzteres zöge einen erhöhten Wartungs- und Reparaturaufwand nach sich, ohne dass letztlich die einschlägigen Emissionsgrenzwerte eingehalten würden.

Abgesehen davon sei es ihr – der Klägerin – nicht zuzumuten, ein von der Volkswagen AG entwickeltes Softwareupdate installieren zu lassen, obwohl die Volkswagen AG auch die „Schummelsoftware“ entwickelt und eingesetzt und so jahrelang getäuscht habe. Jedenfalls verbleibe trotz der Installation des Softwareupdates ein merkantiler Minderwert; schon deshalb scheide eine Mangelbeseitigung durch Installation des Softwareupdates aus.

Die Beklagte hat unter anderem die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Klage hatte im Wesentlichen Erfolg.

Aus den Gründen: A. Zwischen den Parteien ist unstreitig ein Kaufvertrag über ein vom sogenannten VW- bzw. Diesel-Skandal betroffenes Fahrzeug geschlossen worden. Die Manipulation der Motorsteuerungssoftware stellt einen Mangel dar (1). Die Klägerin konnte daher wirksam den Rücktritt von dem Kaufvertrag mit der Beklagten erklären, sodass sie die Rückabwicklung des Kaufvertrags zu fordern berechtigt war (2). Die Beklagte befindet sich daher zudem im Annahmeverzug, woraus sich allerdings kein Anspruch der Klägerin auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten ergibt (3). Die Gewährleistungsansprüche sind außerdem nicht verjährt (4).

1. Vorliegen eines Sachmangels

Ein Sachmangel bei Gefahrübergang lag vor. Es liegt ein Sachmangel i. S. des § 434 I 1 BGB vor, und selbst wenn man einen solchen verneinen wollte, ist das Fahrzeug jedenfalls mangelhaft i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB.

Nach § 434 I 1 BGB liegt ein Mangel des Kaufgegenstandes vor, wenn er nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Dies ist hier der Fall, da das Fahrzeug bei Übergabe nicht die angegebene Abgasnorm erfüllt hat. Nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB liegt überdies ein Sachmangel vor, wenn sich der Kaufgegenstand nicht für die gewöhnt iche Verwendung eignet und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache verlangen kann. Zwar eignet sich das Fahrzeug trotz der unzulässigen Motorsteuerung für die gewöhnliche Verwendung. Das Fahrzeug ist grundsätzlich fahrtauglich und auch fahrbereit. Die vom Kläger dargestellte Möglichkeit der Entziehung einer Zulassung hat auf die Verwendungseignung dagegen keinen Einfluss. Allerdings entspricht das streitgegenständliche Fahrzeug nicht der üblichen Beschaffenheit, da die installierte Software für die Motorsteuerung negativ von der üblichen Motorsteuerung vergleichbarer Fahrzeuge abweicht. Ein Durchschnittskäufer darf davon ausgehen, dass die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte nicht nur deshalb eingehalten werden, weil eine Software installiert ist, die dafür sorgt, dass der Prüfstandslauf erkannt und in diesem Zustand ohne sachlich nachvollziehbaren Grund ein auf geringere Stickoxidemissionen optimierter Abgasrückführungsmodus aktiviert wird.

Auf einen Sachmangel i. S. von § 434 I 3 BGB wegen Fehlens öffentlich geäußerter Eigenschaften kommt es danach nicht an.

a) Abweichen von der vertraglichen Beschaffenheit (§ 434 I 1 BGB)

Der Istzustand des verkauften Fahrzeugs wich bei Gefahrenübergang von der vertraglich vereinbarten Sollbeschaffenheit i. S. von § 434 I 1 BGB ab, da bereits bei Übergabe des Fahrzeugs die angegebene Schadstoffklasse „Euro 5“ nicht eingehalten wurde.

Die Schadstoffklasse stellt ein Beschaffenheitsmerkmal des Fahrzeugs dar. Als Beschaffenheit einer Sache i. S. des § 434 I BGB sind alle Faktoren anzusehen, die der Sache selbst anhaften, sowie alle Beziehungen der Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben (vgl. BGH, Urt. v. 15.06.2016 – VIII ZR 134/15, NJW 2016, 2874 Rn. 10; Urt. v. 19.04.2013 – V ZR 113/12, NJW 2013, 1948 Rn. 15). Aus Sicht eines Kaufinteressenten werden Vorfeldangaben hinsichtlich einer Fahrzeugbeschreibung Grundlage einer Beschaffenheitsvereinbarung, weil sie die Sollbeschaffenheit des Fahrzeugs festlegen. Dabei kann sich eine solche Vereinbarung auch aus den Umständen des Vertragsschlusses wie etwa dem Kontext der dabei geführten Gespräche oder den bei dieser Gelegenheit abgegebenen Beschreibungen ergeben (BGH, Urt. v. 17.03.2010 – VIII ZR 253/08, WM 2010, 990 Rn. 13). Insbesondere kann die für eine Beschaffenheitsvereinbarung erforderliche Willensübereinstimmung auch konkludent in der Weise erzielt werden, dass der Käufer dem Verkäufer bestimmte Anforderungen an den Kaufgegenstand zur Kenntnis bringt und dieser zustimmt (BGH, Urt. v. 20.05.2009 – VIII ZR 191/07, BGHZ 181, 170 Rn. 9 unter Hinweis auf BT-Drs. 14/6040, S. 213). Ebenso ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass in Fällen, in denen der Verkäufer bei Vertragsschluss die Eigenschaften der verkauften Sache in einer bestimmten Weise beschreibt und der Käufer vor diesem Hintergrund seine Kaufentscheidung trifft, die Erklärungen des Verkäufers ohne Weiteres zum Inhalt des Vertrages und damit zum Inhalt einer Beschaffenheitsvereinbarung werden (BT-Drs. 14/6040, S. 212; BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 96/12, BeckRS 2013, 1763).

Ein Emissionsverhalten des Motors entsprechend der Schadstoffklasse „Euro 5“ (bzw. allgemein der gesetzlichen Abgasvorschriften) stellt somit eine solche vereinbarte Beschaffenheit dar. Die Klägerin durfte bei ihrer Kaufentscheidung davon ausgehen, dass das von ihr erworbene Fahrzeug die für es geltenden Abgasvorschriften einhält. Zwischen den Parteien wurde mit dem Kauf eines solchen der Schadstoffklasse „[Euro 5] / [Euro 6]“ zugeordneten Kfz vorliegend vereinbart, dass der NOX-Ausstoß innerhalb der Grenzwerte der Euro-5-Abgasnorm liegt und das Fahrzeug dieser Kategorie entspricht. Tatsächlich wurde die Einhaltung der Euro-5-Norm nur wegen des Einsatzes manipulierender Software und damit nicht vorschriftsgemäß gewahrt. Wäre die Software nicht eingesetzt worden, wären im Prüfverlauf die gesetzlich vorgeschriebenen NOX-Emissionswerte überschritten worden, sodass das streitgegenständliche Fahrzeug die genannten Vorgaben tatsächlich nicht erfüllt und damit die vereinbarte Beschaffenheit nicht aufweist.

b) Abweichen von der üblichen Beschaffenheit (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB)

Ein Sachmangel ergibt sich gemäß § 434 I 2 Nr. 2 BGB weiterhin daraus, dass sich der Kaufgegenstand zwar für die gewöhnliche Verwendung eignet, dabei aber eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art nicht üblich ist, die der Käufer nach der Art der Sache aber verlangen kann.

Angesichts der installierten Software, wonach der Prüfstandlauf erkannt und über eine entsprechende Programmierung der Motorsteuerung nur in diesem in einen anderen Modus gewechselt wird, in dem insbesondere der Stickstoffausstoß reduziert und in der Folge der Motor nur bei der Prüfstandfahrt in einen Modus mit höherer Abgasrückführung und dadurch bedingt geringeren NOX-Werten gebracht wird, wohingegen der Motor beim Fahren im normalen Straßenverkehr eine geringere Abgasrückführung zulässt und damit höhere NOX-Werte erreicht, weist das streitgegenständliche Fahrzeug keine Beschaffenheit auf, die bei Sachen gleicher Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten darf.

Ein Neufahrzeug entspricht nicht schon dann der üblichen und berechtigterweise von einem Käufer zu erwartenden Beschaffenheit, wenn es technisch sicher und fahrbereit ist und über alle Genehmigungen verfügt. Vielmehr stellt die Installation einer Manipulationssoftware, welche die korrekte Messung der Stickoxidwerte verhindert und im Prüfbetrieb weitaus niedrigere Ausstoßmengen künstlich herbeiführt, als sie im realen Fahrbetrieb tatsächlich erreicht werden können, eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar.

Der Durchschnittskäufer eines Neufahrzeugs darf davon ausgehen, dass die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte nicht nur deshalb eingehalten und entsprechend attestiert werden, weil eine Software installiert worden ist, die dafür sorgt, dass der Prüfstandlauf erkannt und über entsprechende Programmierung der Motorsteuerung in gesetzlich unzulässiger Weise insbesondere der Stickoxidausstoß reduziert wird. Insoweit resultiert die Mangelhaftigkeit nicht etwa daraus, dass die unter Laborbedingungen (Prüfstandlauf – NEFZ) gemessenen Werte im alltäglichen Straßenverkehr nicht eingehalten werden; Abweichungen der Abgaswerte zum realen Fahrbetrieb sind aufgrund des standardisierten Fahrzyklus auf dem Prüfstand logische Konsequenz. Die Tatsache, dass die angegebenen Werte unter Laborbedingungen entstehen, muss auch der Käufer in seine Überlegungen einstellen. Auch muss das Fahrzeug die Prüfstandsituation erkennen können und in einen anderen, für den Prüfstand modifizierten Modus umschalten, damit die Fahrzeugassistenzsysteme nicht falsch reagieren (etwa deshalb, weil sich hier die Hinterräder nicht mitdrehen). Der Prüfstandmodus dient jedoch nicht dazu, das Emissionskontrollsystem anders zu steuern oder zu beeinflussen. Die Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs basiert daher vielmehr darauf. dass der Motor die Vorgaben im Prüfstandlauf allein aufgrund der manipulierten Software einhalten kann.

Auf jeden Fall gehört zur üblichen Beschaffenheit, die der Käufer auch mangels anderer Vereinbarungen eiwarten darf, dass das erworbene Fahrzeug die allgemeine Betriebserlaubnis erhalten hat und diese auch nicht gefährdet ist. Bereits das Risiko, diese allgemeine Betriebserlaubnis zu verlieren oder sie nur unter bestimmten Bedingungen, wie dem Aufspielen eines Softwareupdates, aufrechterhalten zu können, führt zu einer Abweichung von der üblichen Beschaffenheit und von den berechtigten Erwartungen eines Fahrzeugkäufers.

Damit muss auch die Frage, ob sich der Faktor der Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugs und seiner Nutzbarkeit in der Stadt durch Erhalt einer entsprechenden Plakette kausal auf die Kaufentscheidung der Klägerin ausgewirkt hat, nicht entschieden werden.

2. Rücktritt vom Kaufvertrag

Der Klägerin steht gemäß § 346 I BGB der geltend gemachte Rückgewähranspruch zu, denn sie ist wirksam gemäß § 437 Nr. 2 Fall 1, § 323 I und II BGB von dem mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag zurückgetreten.

a) Vorliegen eines Sachmangels

Wegen des zu bejahenden Vorliegens eines Sachmangels i. S. des § 434 I BGB bei Gefahrübergang wird auf die obigen Ausführungen unter 1 Bezug genommen.

b) Bestehen eines Rücktrittsrechts

Das Rücktrittsrecht der Klägerin ergibt sich aus § 437 Nr. 2 Fall 1 BGB i. V. mit § 323 BGB. Das Rücktrittsrecht wurde wirksam ausgeübt (aa). Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung war im vorliegenden Fall entbehrlich (bb). Der Rücktritt ist auch nicht etwa deswegen ausgeschlossen, weil es sich vorliegend nur um eine unerhebliche Pflichtverletzung handeln würde (cc).

aa) Wirksame Ausübung des Rücktrittsrechts

Der Rücktritt vom Kaufvertrag wurde von der Klägerin wirksam erklärt.

Der Rücktritt wird gemäß § 349 BGB durch Erklärung gegenüber dem anderen Vertragsteil ausgeübt. Als Gestaltungsrecht wird der Rücktritt durch eine einseitige empfangsbedürftige Wlllenserklärung ausgeübt. Mit vorgerichtlichem Schreiben vom 10.11.2017 des Prozessbevollmächtigten der Klägerin wurde der Rücktritt erklärt. Diese Erklärung ist der Beklagten … am 13.11.2017 zugegangen.

bb) Kein Fristsetzungserfordernis

Die Wirksamkeit des Rücktritts scheitert nicht an einer fehlenden Fristsetzung zur Nacherfüllung i. S. von § 323 I BGB. Zwar ist eine solche Fristsetzung tatsächlich unterblieben, denn im Anwaltsschreiben vom 10.11.2017 wurde lediglich eine Frist gesetzt, innerhalb derer die Beklagte ihrerseits die Rückabwicklung des Kaufvertrags vornehmen sollte. Eine Fristsetzung ist im vorliegenden Fall jedoch entbehrlich.

Die Entbehrlichkeit der Fristsetzung ergibt sich zwar nicht schon aus § 323 II Nr. 3 BGB, denn hierfür wäre erforderlich, dass im Rahmen einer Interessenabwägung das Interesse der Klägerin an einer sofortigen Rücktrittsausübung das Interesse der Beklagten an der Vornahme der Nachbesserung durch Aufspielen eines Softwareupdates überwiegt. Dies kann nicht festgestellt werden. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die Klägerin das voll funktionsfähige Fahrzeug weiterhin uneingeschränkt im Straßenverkehr nutzen kann, da eine Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit nicht besteht (s. oben unter 1). Sowohl vor als auch nach dem Update der Software ist zumindest der Betrieb des Fahrzeugs nicht beeinträchtigt. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass eine Nachbesserung im konkreten Fall ohne eine Abstimmung mit dem Kraftfahrt-Bundesamt technisch nicht durchführbar war. Die Herstellerin und damit auch die Beklagte haben aufgrund der Vielzahl der betroffenen Fahrzeuge ein erhebliches Interesse an der Nachbesserung der Fahrzeuge. Das Interesse der Klägerin an einem sofortigen Rücktritt kann damit in der Abwägung mit dem Interesse der Beklagten als nicht so hoch eingestuft werden, dass es dieses überwiegt.

Die Fristsetzung ist aber gemäß § 440 Satz 1 Fall 3 BGB wegen Unzumutbarkeit der Nachbesserung entbehrlich.

Für die Beurteilung, ob die Nachbesserung für den Käufer unzumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Zuverlässigkeit des Verkäufers, eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses der Parteien, die Art der Sache und der Zweck, für den der Verbraucher sie benötigt, die Art des Mangels und die Begleitumstände der Nachbesserung. Eine Interessenabwägung findet nicht statt, da die Unzumutbarkeit allein aus der Perspektive des Käufers, also der Klägerin, zu beurteilen ist (BGH, Urt. v. 15.04.2015 – VIII ZR 80/14, NJW 2015, 1669 Rn. 22).

Ob eine zeitliche Unzumutbarkeit der Nachbesserung vorliegend deshalb ausgeschlossen ist, weil der Rücktritt erst erklärt wurde, nachdem das Softwareupdate für das streitgegenständliche Fahrzeug verfügbar und vom Kraftfahrt-Bundesamt genehmigt war, kann dahingestellt bleiben. Denn die Nachbesserung ist der Klägerin schon deshalb nicht zumutbar, weil sie die begründete Befürchtung hegen darf, dass das beabsichtigte Softwareupdate entweder nicht vollständig erfolgreich sein oder zu Folgemängeln führen wird.

Der berechtigte Mangelverdacht reicht aus, um dem Kläger die Nachbesserung unzumutbar zu machen (BGH, Urt. v. 09.03.2011 – VIII ZR 266/09, NJW 2011, 1664; LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, NJW-RR 2016, 1397, 1398). Es genügt nämlich grundsätzlich nicht, einen Mangel abzustellen, wenn dafür ein anderer Mangel entsteht. Dass dies geschehen wird, muss die Klägerin nicht beweisen oder auch nur als sicher eintretend behaupten. Ihre Interessen sind vielmehr schon hinreichend beeinträchtigt, wenn sie aus Sicht eines verständigen Kunden konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für die Möglichkeit anderer Mängel hat. Das ist für sogenannte Montagsautos anerkannt und beruht dort auf der Überlegung, dass ein Auto, das schon einige Mängel zeigte, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit (aber nicht mit Sicherheit), weitere Mängel aufweisen wird (BGH, Urt. v. 23.01.2013 – VIII ZR 140/12, NJW 2013, 1523).

Zum Zeitpunkt des Rücktritts war für die Klägerin nicht auszuschließen, dass das Update negative Auswirkungen auf den Verbrauch, andere Abgaswerte oder die Haltbarkeit von Fahrzeugbauteilen haben würde. Diese Befürchtung beruht auf der naheliegenden Überlegung, warum der Hersteller nicht schon bei der Entwicklung der Motoren zur Erstellung einer dem Update entsprechenden Software in der Lage gewesen sein soll. Aus dem mit der Täuschung auf dem Prüfstand eingegangenen unternehmerischen Risiko von Schadensersatzklagen und Imageverlust konnte jedenfalls vom Rücktrittszeitpunkt aus nur der Schluss gezogen werden, dass es für die Reduzierung der Abgasrückführung im Fahrbetrieb aus Sicht des Herstellers wichtige, wenn nicht sogar zwingende technische Gründe gab (LG Hagen, Urt. v. 18.10.2016 – 3 O 66/16, BeckRS 2016, 18174). Diese Befürchtung beruht auf dem allgemein und auch dem Gericht bekannten Zielkonflikt zwischen günstigen Stickoxidwerten und günstigen Kohlendioxidwerten. Diese Befürchtung hat die Beklagte nicht widerlegt.

Hinzu kommt, dass die Klägerin ein Softwareupdate nicht von der Beklagten beziehen kann, sondern nur (über die Beklagte oder eine andere Vertragswerkstatt) von der Herstellerin. Gerade das Vertrauensverhältnis zur Herstellerin kann jedoch ohne Weiteres als zerrüttet anerkannt werden. Denn die Klägerin hat wenig Anlass, der Herstellerin gerade in Bezug auf Motorsoftware zu vertrauen, nachdem diese sowohl die Behörden als auch weite Kundenkreise gerichtsbekannt über Jahre hinweg systematisch irregeführt hat. Dieser Vertrauensverlust schlägt auch auf das Verhältnis der Kaufvertragsparteien durch, denn als Vertragshändler hat die Beklagte aufgrund der Besonderheiten des Vertriebssystems und der Besonderheiten der Nachbesserung für das Verhalten der Herstellerin, die lange Zeit die Mangelhaftigkeit betroffener Fahrzeuge bestritten hat, einzustehen (LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, NJW-RR 2016, 1397, 1399). Hierbei ist auch zu beachten, dass die Motorsteuerung ein besonders sensibler Bereich eines Autos ist. Nicht ohne Grund erlischt die Herstellergarantie, wenn im Wege des sogenannten Chip-Tunings die Software eines nicht autorisierten Drittanbieters aufgespielt wird. So wie der Hersteller beim Chip-Tuning befürchtet, dass es zu Spätschäden am Motor kommt, hat vorliegend die Klägerin Grund zur Sorge, das Softwareupdate könne bislang unbekannte Folgen für ihren Motor haben, die erst nach längerem Betrieb zutage treten.

Ebenso wenig kann ausgeschlossen werden, dass das Fahrzeug auch nach Aktualisierung der Software mit einem Makel behaftet ist, der den Wiederverkaufswert mindert. Dem steht nicht entgegen, dass bisherige Marktuntersuchungen keinen Wertverfall von Fahrzeugen mit EA189-Motor ergeben haben. Es ist allgemein bekannt, dass in ganz Deutschland eine Vielzahl von Klagen, die auf Rückabwicklung gerichtet sind, anhängig ist. Dies indiziert, dass eine Vielzahl von Käufern die Absicht hat, sich – vorzeitig – von ihrem Fahrzeug zu trennen. Dieses zusätzliche Angebot ist derzeit noch nicht auf dem Markt, weil die Käufer zunächst den Ausgang ihrer Prozesse abwarten, lässt aber einen Angebotsüberhang und damit geringere erzielbare Preise erwarten.

cc) Keine nur unerhebliche Pflichtverletzung

Nach den Umständen des vorliegenden Falls ist auch nicht von einer nur unerheblichen Pflichtverletzung i. S. des § 323 V 2 BGB auszugehen, die einen Rücktritt ausschließen würde.

Auch für die Frage nach der Unerheblichkeit ist auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung abzustellen (BGH, Urt. v. 05.11.2008 – VIII ZR 166/07, NJW 2009, 508 Rn. 17). Ein zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung erheblicher Mangel wird nicht dadurch unerheblich, dass es möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt noch gelingen kann, das Fahrzeug in einen vertragsgemäßen Zustand zu versetzen (BGH, Urt. v. 06.02.2013 – VIII ZR 374/11, NJW 2013, 1365 Rn. 18). Wann von einer Unterschreitung der Erheblichkeitsschwelle des § 323 V 2 BGB auszugehen ist, bedarf einer umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen, wobei die Bedeutung des Mangels in der Verkehrsanschauung und alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen sind (s. hierzu näher auch MünchKomm-BGB/Ernst, § 323 Rn. 248 ff.). Insbesondere sind dabei der für die Mangelbeseitigung erforderliche Aufwand, die Qualität des Vertragsgegenstands, die Anzahl der Mängel, die Auswirkung auf die beeinträchtigte Leistung und die für die Kaufentscheidung maßgeblichen Kriterien heranzuziehen.

Eine Unerheblichkeit kann vorliegend noch nicht allein daraus folgen, dass – die Behauptung der Beklagten als richtig unterstellt – die Durchführung des Softwareupdates weniger als 100 € kosten und nur einen geringen Zeitaufwand von einer halben Stunde verursachen würde (was in Relation zum Kaufpreis weniger als 1 % des Kaufpreises ausmacht). Denn der Kostenaufwand einer Mängelbeseitigung entfaltet lediglich dann Bedeutung, wenn die Mängelbeseitigung möglich ist. Nur bei behebbaren Mängeln ist grundsätzlich auf die Kosten der Mängelbeseitigung und nicht auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung abzustellen (BGH, Urt. v. 06.02.2013 – VIII ZR 374/11, NJW 2013, 1365; Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, NJW 2014, 3229 Rn. 17). Von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung ist in diesem Fall regelmäßig dann nicht mehr auszugehen, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand mehr als fünf Prozent des Kaufpreises beträgt (BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, NJW 2014, 3229 Rn. 18 ff., 30). Hierbei handelt es sich jedoch nicht um einen starren Grenzwert. Vielmehr hat der BGH klargestellt, dass die Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze unter Heranziehung der Mängelbeseitigungskosten bei einem Prozentsatz von fünf Prozent des Kaufpreises nur in der Regel gilt (BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, NJW 2014, 3229 Rn. 38). Demnach ist also weiterhin eine flexible und den Umständen des Einzelfalls gerecht werdende Handhabung der Erheblichkeitsschwelle angezeigt. Eine schematische Betrachtung verbietet sich.

Unabhängig von der Freigabe des Softwareupdates für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp durch das Kraftfahrt-Bundesamt im für die Beurteilung der Frage der Unerheblichkeit maßgeblichen Rücktrittszeitpunkt erachtet das Gericht die Behebung des Sachmangels aus den oben genannten Gründen zumindest als ungewiss. Im Zeitpunkt des Rücktritts war insbesondere nicht auszuschließen, dass der Sachmangel einen merkantilen Minderwert verursacht, weil sich der mit dem Abgasskandal verbundene erhebliche Imageverlust des gesamten VW-Konzerns bei der Preisbildung auf dem Gebrauchtwagenmarkt niederschlägt.

Selbst wenn man diese Ungewissheit aber nicht ausreichen lassen möchte, kann auch bei einem behebbaren Mangel der Mängelbeseitigungsaufwand nicht allein anhand der Durchführung des Softwareupdates beurteilt werden, sondern er besteht auch im Aufwand der Entwicklung desselben. Hierbei ist der für die Entwicklung notwendige Kostenaufwand ebenfalls auf die betroffenen Fahrzeuge aufzuteilen. Die Beklagte hat die Entwicklungskosten für die Mängelbeseitigungsmaßnahme beim konkreten Fahrzeugtyp nicht dargelegt. überdies fehlt es auch an einem feststellbaren Marktpreis für die Entwicklung, Herstellung und Installation des Softwareupdates. Nur wenn sich ein Marktpreis für eine Reparatur feststellen lässt, kann dieser die Unerheblichkeit indizieren. Da hier die Mängelbeseitigungsmaßnahme nur vom Hersteller angeboten wird, verbietet sich eine Anknüpfung an vom Hersteller monopolistisch angegebene Kosten. Wären bereits derartige Angaben des Herstellers maßgeblich, könnte dieser durch seine Preisangaben darüber bestimmen, ob von ihm verursachte Mängel erheblich oder unerheblich sind.

Einer Unerheblichkeit des Mangels steht vorliegend aber jedenfalls auch ungeachtet des Kosten- und Zeitaufwands des Softwareupdates entgegen, dass es für die Klägerin zum Zeitpunkt des Rücktritts – wie oben bereits erörtert – nicht auszuschließen war, dass das Update negative Auswirkungen auf den Verbrauch, andere Abgaswerte oder die Haltbarkeit von Fahrzeugbauteilen haben würde. Diese Befürchtung beruht auf der naheliegenden Überlegung, warum der Hersteller nicht schon bei der Entwicklung der Motoren zur Erstellung einer dem Update entsprechenden Software in der Lage gewesen sein soll. Aus dem mit der Täuschung auf dem Prüfstand eingegangenen unternehmerischen Risiko von Schadensersatzklagen und Imageverlust konnte jedenfalls vom Rücktrittszeitpunkt aus nur der Schluss gezogen werden, dass es für die Reduzierung der Abgasrückführung im Fahrbetrieb aus Sicht des Herstellers wichtige, wenn nicht sogar zwingende technische Gründe gab (LG Hagen, Urt. v. 18.10.2016 – 3 O 66/16, BeckRS 2016, 18174). Entsprechende Befürchtungen beruhen auf dem bekannten Zielkonflikt zwischen günstigen Stickoxidwerten und günstigen Kohlendioxidwerten. Diese hat die Beklagte nicht widerlegt. Hier greifen die Gründe, die der Klägerin eine Nachbesserung unzumutbar machen und die den Mangel erheblich machen, ineinander.

Es widerspricht aber auch bereits dem Bild eines einfach zu beseitigen Mangel von keinem größeren Gewicht, wenn dieser nur nach strenger Kontrolle und auf Grundlage umfassender Prüfung von einer Behörde zu beheben ist und ohne deren Freigabe nicht korrigiert werden kann (LG Dortmund, Urt. v. 29.09.2016 – 25 O 49/16, NZV 2017, 48). Allein der Umstand, dass die Klägerin auf die Nacherfüllung praktisch gar nicht verzichten könnte, sondern im Rahmen der mit dem Kraftfahrt-Bundesamt ausgearbeiteten Rückrufaktion des Herstellers dazu verpflichtet wäre, das Softwareupdate aufspielen zu lassen, um die Zulassung des Fahrzeugs zukünftig nicht zu gefährden, nimmt dem Mangel den Anschein der Unerheblichkeit (s. auch LG München I, Urt. v. 14.04.2016 – 23 O 23033/15, VuR 2016, 433, 434). Die Klägerin würde ohne einen Rücktritt faktisch zu einer Nachbesserung gezwungen, die ihr nach den obigen Ausführungen an sich unzumutbar ist. Dass ein solches Zulassungsverbot durchaus nicht abwegig und in die Erwägungen für die Klägerin mit einzubeziehen ist, wird an dem gerichtsbekannt erst kürzlich verhängten Zulassungsverbot für den Porsche Cayenne deutlich.

Schließlich steht der Annahme eines bloß unerheblichen Mangels ebenfalls entgegen, dass das Vertrauen in den Hersteller, der vorliegend allein in der Lage wäre, den Mangel zu beseitigen, durch dessen heimliches Vergehen erschüttert ist. Da ein Pkw grundsätzlich ein langlebiges und hochwertiges Wirtschaftsgut ist, das im Laufe seiner Nutzung ständig gepflegt, gewartet und repariert werden muss. bedarf es der ständigen Leistung des Herstellers, weil dieser Wartungsintervalle und -maßnahmen vorgibt und die Ersatzteile produziert. Das erfordert ebenfalls ein gewisses Vertrauen in dessen Zuverlässigkeit, das durch die heimliche Installation der beanstandeten Software gestört ist.

c) Rechtsfolgen des Rücktritts

Gemäß § 346 I BGB sind aufgrund des wirksamen Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Der Beklagte hat den Kaufpreis zu erstatten, Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des näher bezeichneten Pkw. Für die gezogenen Nutzungen hat die Klägerin nach § 346 II 1 Nr. 1 BGB Wertersatz zu leisten. Auf den zurückzuerstattenden Kaufpreis hat sie sich deshalb eine Nutzungsentschädigung anrechnen zu lassen.

Diese ist entsprechend der Darlegung der Klägerin gemäß § 287 ZPO mit 4.525,62 € zu schätzen. Dabei legt das Gericht eine Gesamtlaufleistung des gerichtsbekannt robusten Fahrzeugs von 250.000 km zugrunde. Für die gefahrenen 29.311 km ergibt sich der genannte Betrag aus der Multiplikation des Kaufpreises (38.600 €) mit den gefahrenen Kilometern (29.311) und Teilung des Produkts durch die voraussichtliche Gesamtfahrleistung (250.000 km}. Höhere gezogene Nutzungen ergeben sich aus dem Vortrag der Beklagten nicht.

Der Betrag von 4.525,62 € war daher von dem eingeklagten Kaufpreis von 38.600 € in Abzug zu bringen, sodass die Klägerin von der Beklagten noch einen Betrag in Höhe von 34.074,38 € (Zug um Zug gegen Rückgewähr des streitgegenständlichen Fahrzeugs) beanspruchen kann.

3. Annahmeverzug der Beklagten

Infolge des Rücktritts vom Kaufvertrag der Klägerin vom 10.11.2017 und der Ablehnung der geltend gemachten Rückabwicklungsansprüche durch die Beklagte in deren Schreiben vom 17.11.2017 befand sich die Beklagte im Annahmeverzug. Hieraus ergibt sich allerdings kein Anspruch der Beklagten auf Ersatz der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung, da zum Zeitpunkt des Tätigwerdens des Prozessbevollmächtigten der Klägerin sich die Beklagte noch nicht im Annahmeverzug befand, da der Rücktritt vom Kaufvertrag noch gar nicht erklärt war und auch anderweitige Ansprüche von der Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht geltend gemacht worden waren. Jedenfalls ist ein solches nicht vorgetragen worden.

4. Keine Verjährung der Gewährleistungsrechte

Die Gewährleistungsrechte der Kfägerin sind – selbst wenn man von der zweijährigen Gewährleistungsfrist nach § 438 I Nr. 3 BGB ausgeht (und nicht von einem Fall des § 438 III BGB) – wegen der Einredeverzichtserklärung der Beklagten vom 17.11.2017, die sich auch auf bereits verjährte Ansprüche bezog, noch nicht verjährt. Der Einredeverzicht galt bis 31.12.2017. Die hiesige Klage ging am 29.12.2017 bei Gericht ein und wurde der Beklagten am 19.01.2018 zugestellt. Damit liegt ein Fall des § 167 ZPO vor, da die Zustellung „alsbald“ im Sinne der Vorschrift erfolgte. Angesichts des Jahreswechsels und der damit verbundenen Feiertage erscheint eine Verzögerung von 19 Tagen als gerade noch geringfügig und hinnehmbar. Damit konnte die nach der Einredeverzichtserklärung zum 01.01.2018 wieder aufkommende Verjährung durch Eingang der Klageschrift bei Gericht gehemmt werden. …

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