1. Hat der Käu­fer (hier: ei­nes Ge­braucht­wa­gens) die Kauf­sa­che nach Nach­bes­se­rungs­ar­bei­ten des Ver­käu­fers wie­der ent­ge­gen­ge­nom­men, so trägt er die Dar­le­gungs- und Be­weis­last da­für, dass bei der Über­ga­be der Kauf­sa­che (§ 434 I 1 BGB i. V. mit § 446 Satz 1 BGB) ein Man­gel vor­lag und die­ser Man­gel trotz Nach­bes­se­rungs­ver­su­chen des Ver­käu­fers nach wie vor vor­han­den ist.
  2. Der Käu­fer ge­nügt sei­ner Be­weis­last für das Fehl­schla­gen der Nach­bes­se­rung durch den Nach­weis, dass das von ihm ge­rüg­te Man­gel­sym­ptom wei­ter­hin auf­tritt (im An­schluss an BGH, Urt. v. 09.03.2011 – VI­II ZR 266/09, ju­ris Rn. 16). Das gilt auch dann, wenn das Man­gel­sym­ptom auch nach dem drit­ten Nach­bes­se­rungs­ver­such noch auf­tritt und der Ver­käu­fer (erst) jetzt die Ver­mu­tung äu­ßert, es kön­ne auf ei­nem De­fekt be­ru­hen, der bei der Über­ga­be der Kauf­sa­che (§ 434 I 1 BGB i. V. mit § 446 Satz 1 BGB) noch nicht vor­han­den ge­we­sen sei.

OLG Bam­berg, Be­schluss vom 16.05.2018 – 3 U 54/18

Sach­ver­halt: Der Klä­ger kauf­te von der Be­klag­ten mit Ver­trag vom 16.11.2016 ei­nen ge­brauch­ten Pkw zum Preis von 5.300 €, der ihm am sel­ben Tag über­ge­ben wur­de.

Ab Früh­jahr 2017 mo­nier­te der Klä­ger wie­der­holt, dass sich das Ver­deck des Fahr­zeugs nicht öff­nen und schlie­ßen las­se. Auf­grund ent­spre­chen­der Be­an­stan­dun­gen des Klä­gers ver­an­lass­te die Be­klag­te im April, im Mai und im Ju­li 2017 je­weils Un­ter­su­chun­gen des Fahr­zeugs und Re­pa­ra­tu­ren des Öff­nungs- und Schließ­me­cha­nis­mus. Als der Klä­ger im Ju­li 2017 ein wei­te­res – das heißt ein vier­tes – Mal Schwie­rig­kei­ten beim Öff­nen und Schlie­ßen des Ver­decks re­kla­mier­te, ver­an­lass­te die Be­klag­te aber­mals ei­ne Un­ter­su­chung des Fahr­zeugs; ei­ne – noch­ma­li­ge – Re­pa­ra­tur un­ter­blieb.

Der Klä­ger hat erst­in­stanz­lich be­an­tragt, die Be­klag­te zur Zah­lung von 5.300 € nebst Zin­sen Zug um Zug ge­gen Rück­ge­währ des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs zu ver­ur­tei­len. Das Land­ge­richt hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Hier­ge­gen wen­det sich die im We­sent­li­chen auf Rechts­aus­füh­run­gen ge­stütz­te Be­ru­fung der Be­klag­ten. Sie rügt, das Land­ge­richt ha­be ihr Recht auf Ge­wäh­rung recht­li­chen Ge­hörs (Art. 103 I GG) ver­letzt, weil sie – die Be­klag­te – man­gels ei­nes ge­gen­tei­li­gen Hin­wei­ses da­von aus­ge­gan­gen sei, dass das Land­ge­richt ein Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten ein­ho­len wer­de. Fer­ner – so macht die Be­klag­te gel­tend – ha­be sie be­reits erst­in­stanz­lich die Ver­mu­tung ge­äu­ßert, dass bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug ein Steu­er­ge­rät de­fekt sei und die­ser Man­gel bei Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger noch nicht vor­ge­le­gen ha­be. Vor­sorg­lich wen­det die Be­klag­te ein, dass der Klä­ger ihr im Fal­le ei­nes wirk­sa­men Rück­tritts vom Kauf­ver­trag ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung für die mit dem Fahr­zeug zu­rück­ge­leg­ten Ki­lo­me­ter schul­de und der Klä­ger den Fah­rer­sitz schuld­haft zer­stört ha­be.

Das Be­ru­fungs­ge­richt hat dar­auf hin­ge­wie­sen, dass es be­ab­sich­ti­ge, die Be­ru­fung der Be­klag­ten ge­mäß § 522 II ZPO zu­rück­zu­wei­sen.

Aus den Grün­den: II. Nach der ein­stim­mi­gen Auf­fas­sung des Se­nats ist die Be­ru­fung of­fen­sicht­lich un­be­grün­det mit der Fol­ge, dass das Rechts­mit­tel kei­ne hin­rei­chen­de Er­folgs­aus­sicht i. S. des § 522 II 1 Nr. 1 ZPO bie­tet. Zu Recht und auch mit zu­tref­fen­der Be­grün­dung hat das Land­ge­richt die Vor­aus­set­zun­gen für den Rück­tritt be­jaht und der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Der Se­nat nimmt da­her zu­nächst auf die zu­tref­fen­den Fest­stel­lun­gen im Erst­ur­teil Be­zug, die durch das Be­ru­fungs­vor­brin­gen auch nicht ent­kräf­tet wer­den. Zu den Be­ru­fungs­an­grif­fen sind le­dig­lich die fol­gen­den An­mer­kun­gen ver­an­lasst:

1. So­weit die Be­klag­te ei­ne Ver­let­zung recht­li­chen Ge­hörs in Ver­bin­dung mit der rich­ter­li­chen Hin­weis­pflicht rügt, wird der rich­ter­li­che Hin­weis vom 07.11.2017 in der Be­ru­fungs­be­grün­dung nicht voll­stän­dig wie­der­ge­ge­ben. Das Erst­ge­richt wies näm­lich dar­auf hin:

„Zu­dem er­scheint es kei­nes­wegs aus­ge­schlos­sen, dass der Klä­ger auch schon auf­grund des zwei­ma­li­gen Fehl­ge­hens ei­ner Nach­bes­se­rung ‚am Ver­deck‘ – un­ab­hän­gig da­von, wel­ches kon­kre­te Fahr­zeug­teil nach­ge­bes­sert wer­den muss­te –, sich über­haupt noch auf ei­ne drit­te Nach­bes­se­rung oder Ähn­li­ches ver­wei­sen las­sen muss.“

Un­ge­ach­tet des­sen er­folgt selbst in der Be­ru­fungs­be­grün­dung kein er­heb­li­cher neu­er Sach­vor­trag zu der Fra­ge, ob die Nach­bes­se­rung fehl­ge­schla­gen ist.

2. Zu­tref­fend hat das Land­ge­richt ei­nen Sach­man­gel im Hin­blick auf den Öff­nungs- und Schließ­me­cha­nis­mus des Ver­decks zur Zeit der Über­ga­be be­jaht. Die im Erst­ur­teil vor­ge­nom­me­ne Sub­sum­ti­on un­ter Be­rück­sich­ti­gung der funk­tio­nal ab­grenz­ba­ren Bau­teil­grup­pen so­wie der kon­kre­ten Man­gel­fol­gen ist nicht zu be­an­stan­den. Der Se­nat schließt sich den dies­be­züg­li­chen Aus­füh­run­gen im Erst­ur­teil an.

Der Käu­fer hat dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen, dass ein Man­gel bei Über­ga­be der Kauf­sa­che (§ 434 I 1 BGB i. V. mit § 446 Satz 1 BGB) vor­lag und die­ser trotz Nach­bes­se­rungs­ver­su­chen des Ver­käu­fers wei­ter vor­han­den ist. Der Käu­fer ge­nügt sei­ner Dar­le­gungs- und Be­weis­last für das Fehl­schla­gen der Nach­bes­se­rung durch den Nach­weis, dass das Man­gel­sym­ptom wei­ter­hin auf­tritt (BGH, Urt. v. 09.03.2011 – VI­II ZR 266/09, ju­ris Rn. 16).

Un­strei­tig funk­tio­niert der Öff­nungs- und Schließ­me­cha­nis­mus nach wie vor nicht.

3. Hin­zu kommt, dass die Be­klag­te le­dig­lich Mut­ma­ßun­gen über das Vor­lie­gen ei­nes De­fekts am Steu­er­ge­rät ge­äu­ßert hat. Da sie drei Nach­bes­se­rungs­ver­su­che vor­nahm und so­mit um­fas­send Ge­le­gen­heit hat­te, die Ur­sa­che des De­fekts zu eru­ie­ren, ob­lag ihr auch die kon­kre­te Dar­le­gung, wes­halb der Schließ­me­cha­nis­mus nach wie vor nicht funk­tio­niert.

4. Der Vor­trag in der Be­ru­fungs­be­grün­dung zu Wert- und Scha­dens­er­satz ist ver­spä­tet nach § 531 II ZPO. Ob­wohl das Erst­ge­richt be­reits mit Ver­fü­gung vom 07.11.2017 aus­drück­lich auf das (mög­li­che) Pro­blem des Wert­er­sat­zes hin­ge­wie­sen hat, hat die Be­klag­te erst­in­stanz­lich dies­be­züg­lich kei­ne Ein­re­de er­ho­ben. Un­ab­hän­gig da­von fehlt dem Vor­trag (ins­be­son­de­re zum Scha­dens­er­satz) jed­we­de Sub­stanz.

III. 1. Auch die wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen des § 522 II 1 ZPO lie­gen vor. Der Se­nat weicht nicht von der Recht­spre­chung des BGH oder an­de­rer Ober­ge­rich­te ab. Die Sa­che hat kei­ne grund­sätz­li­che Be­deu­tung. Sie ist ge­prägt durch die ihr in­ne­woh­nen­den Be­son­der­hei­ten ei­nes Ein­zel­falls. Al­le Rechts­fra­gen von grund­sätz­li­cher Be­deu­tung sind be­reits höchst­rich­ter­lich ge­klärt.

2. Auch ei­ne münd­li­che Ver­hand­lung ist in der vor­lie­gen­den Sa­che nicht ver­an­lasst (§ 522 II 1 Nr. 4 ZPO). Es ist aus­zu­schlie­ßen, dass in ei­ner münd­li­chen Ver­hand­lung neue, im Be­ru­fungs­ver­fah­ren zu­zu­las­sen­de Er­kennt­nis­se ge­won­nen wer­den kön­nen, die zu ei­ner an­de­ren Be­ur­tei­lung füh­ren. …

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