1. Der vor­über­ge­hen­de Ent­zug der Ge­brauchs­mög­lich­keit ei­nes Mo­tor­rads, das dem Ge­schä­dig­ten als ein­zi­ges Kraft­fahr­zeug zur Ver­fü­gung steht und nicht rei­nen Frei­zeitz­we­cken dient, stellt ei­nen Ver­mö­gens­scha­den dar und kann ei­nen An­spruch auf Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung be­grün­den.
  2. Der Um­stand, dass der Ge­schä­dig­te das Mo­tor­rad nur bei güns­ti­gen Wit­te­rungs­be­din­gun­gen nutzt, spielt erst im Rah­men der kon­kre­ten Scha­dens­be­trach­tung bei der Fra­ge ei­ne Rol­le, ob der Ge­schä­dig­te – auch im Hin­blick auf die Wet­ter­la­ge – zur Nut­zung wil­lens und in der La­ge war.

BGH, Ur­teil vom 23.01.2018 – VI ZR 57/17

Sach­ver­halt: Der Klä­ger ist Ei­gen­tü­mer und Hal­ter ei­nes Mo­tor­rads, ei­ner Hon­da CBF 1000, das nicht ganz­jäh­rig, son­dern nur in der Zeit von März bis En­de Ok­to­ber zu­ge­las­sen ist.

Am 05.09.2014 stieß der Be­klag­te das Mo­tor­rad aus Un­acht­sam­keit um, so­dass es er­heb­lich be­schä­digt wur­de; für den Scha­den muss der Be­klag­te dem Grun­de nach voll ein­ste­hen. Nach­dem der vom Haft­pflicht­ver­si­che­rer des Be­klag­ten be­auf­trag­te Sach­ver­stän­di­ge das Mo­tor­rad am 30.09.2014 be­sich­tigt hat­te und sein Gut­ach­ten dem Klä­ger am 11.10.2014 zu­ge­gan­gen war, ließ der Klä­ger das Mo­tor­rad am 13.12.2014 so weit in­stand set­zen, dass die Fahr­be­reit­schaft wie­der her­ge­stellt war. Der Haft­pflicht­ver­si­che­rer des Be­klag­ten zahl­te die Not(teil)re­pa­ra­tur­kos­ten in Hö­he von rund 93 € und auf die gel­tend ge­mach­te Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung ei­nen Be­trag von 25 €.

Mit der Kla­ge hat der Klä­ger den Be­klag­ten auf Zah­lung ei­ner Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung für die Zeit vom 05.09.2014 bis zum 14.10.2014 (= 40 Ta­ge) in Hö­he von 45 € pro Tag, ins­ge­samt al­so – un­ter Be­rück­sich­ti­gung der vor­ge­richt­li­chen Zah­lung von 25 € – auf 1.775 € in An­spruch ge­nom­men. Au­ßer­dem hat er den Er­satz der Kos­ten für ei­nen Kos­ten­vor­an­schlag (45 €) so­wie den Er­satz vor­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­kos­ten ver­langt.

Das Amts­ge­richt hat dem Klä­ger 45 € (Kos­ten des Kos­ten­vor­an­schlags) nebst Zin­sen zu­ge­spro­chen und im die Kla­ge im Üb­ri­gen ab­ge­wie­sen. Auf die Be­ru­fung des Klä­gers hat das Land­ge­richt das Ur­teil des Amts­ge­richts le­dig­lich hin­sicht­lich der Zin­sen ab­ge­än­dert und die Be­ru­fung im Üb­ri­gen zu­rück­ge­wie­sen. Die Re­vi­si­on des Klä­gers, der da­mit sein Kla­ge­ziel (1.775 € Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung nebst Er­satz vor­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­kos­ten) wei­ter­ver­folg­te, hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: [3]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat sei­ne Ent­schei­dung dar­auf ge­stützt, dass aus­ge­hend von der Recht­spre­chung des BGH zu den Vor­aus­set­zun­gen des An­spruchs auf Er­satz ei­ner Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung und bei der ge­bo­te­nen An­le­gung ei­nes stren­gen Maß­sta­bes sich nicht hin­rei­chend fest­stel­len las­se, dass der Klä­ger das Mo­tor­rad in dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Zeit­raum wirk­lich ge­braucht hät­te und auf des­sen stän­di­ge Ver­füg­bar­keit für sei­ne ei­gen­wirt­schaft­li­che Le­bens­hal­tung an­ge­wie­sen ge­we­sen wä­re und des­halb der Ent­zug der Nut­zungs­mög­lich­keit für ihn in ei­ner sol­chen Art und Wei­se „fühl­bar“ ge­wor­den wä­re, dass ihm Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung zu­zu­spre­chen wä­re. Der Klä­ger sei auf den all­täg­li­chen Ge­brauch des Mo­tor­rads nicht an­ge­wie­sen ge­we­sen, weil er im Rah­men sei­ner täg­li­chen Le­bens­ge­stal­tung in der Re­gel mit ei­ner Jah­res­kar­te die öf­fent­li­chen Ver­kehrs­mit­tel und nur aus­nahms­wei­se un­ter be­stimm­ten Be­din­gun­gen das Mo­tor­rad nut­ze, näm­lich nur in der Zeit von März bis En­de Ok­to­ber und nur bei gu­tem Wet­ter, um da­mit zur Ar­beit oder zu wei­ter ent­fernt woh­nen­den Be­kann­ten zu fah­ren oder um Ein­käu­fe zu tä­ti­gen. Bei schlech­tem Wet­ter in die­sem Zeit­raum nut­ze der Klä­ger eben­falls öf­fent­li­che Ver­kehrs­mit­tel. Die Be­nutz­bar­keit des Mo­tor­rads sei für ihn nicht vor­her­seh­bar und plan­bar, so­dass er re­gel­mä­ßig von der Nut­zung öf­fent­li­cher Ver­kehrs­mit­tel aus­ge­hen müs­se. Er nut­ze da­her das Mo­tor­rad nicht wie ei­nen Pkw. Dass er nicht auf den all­täg­li­chen Ge­brauch des Mo­tor­rads an­ge­wie­sen sei, zei­ge sich auch dar­an, dass er sich bis zum 13.12.2014 nicht bzw. nicht mit Nach­druck um die Not(teil)re­pa­ra­tur be­müht ha­be, ob­wohl ihm spä­tes­tens seit dem Zu­gang des Gut­ach­tens am 11.10.2014 be­kannt ge­we­sen sei, dass für die Wie­der­her­stel­lung der Fahr­be­reit­schaft le­dig­lich der Er­satz des Hand­brems­he­bels er­for­der­lich ge­we­sen sei. Die Be­schä­di­gung des Mo­tor­rads ha­be sich nicht si­gni­fi­kant auf die ma­te­ria­le Grund­la­ge der Le­bens­hal­tung des Klä­gers aus­ge­wirkt. Dies gel­te auch un­ter Be­rück­sich­ti­gung des Um­stands, dass mit der Nut­zung der öf­fent­li­chen Ver­kehrs­mit­tel re­gel­mä­ßig er­heb­lich län­ge­re Fahr­zei­ten ver­bun­den sein mö­gen. Die­ser Um­stand stel­le kei­nen mess­ba­ren wirt­schaft­li­chen Ver­mö­gens­nach­teil dar, der vor­lie­gend den gel­tend ge­mach­ten An­spruch be­grün­den könn­te.

[4]    II. Das an­ge­foch­te­ne Ur­teil hält der re­vi­si­ons­recht­li­chen Nach­prü­fung nicht stand. Die Ge­brauchs­mög­lich­keit des Mo­tor­rads, das dem Klä­ger als ein­zi­ges Kraft­fahr­zeug zur Ver­fü­gung steht, ist als geld­wer­ter Vor­teil an­zu­se­hen, so­dass der vor­über­ge­hen­de Ent­zug ei­nen Ver­mö­gens­scha­den dar­stellt. Der Um­stand, dass der Klä­ger sein Mo­tor­rad nur bei güns­ti­gen Wit­te­rungs­be­din­gun­gen nutzt, spielt erst im Rah­men der kon­kre­ten Scha­dens­be­trach­tung bei der Fra­ge ei­ne Rol­le, ob der Klä­ger im streit­ge­gen­ständ­li­chen Zeit­raum – auch im Hin­blick auf die Wet­ter­la­ge – zur Nut­zung wil­lens und in der La­ge war. Die hier­zu er­for­der­li­chen Fest­stel­lun­gen sind noch nicht ge­trof­fen.

[5]    1. Er­satz für den Aus­fall der Nut­zungs­mög­lich­keit ei­nes Wirt­schafts­guts kommt nur für ei­nen der ver­mö­gens­meh­ren­den, er­werbs­wirt­schaft­li­chen Ver­wen­dung ver­gleich­ba­ren ei­gen­wirt­schaft­li­chen, ver­mö­gens­mä­ßig er­fass­ba­ren Ein­satz der be­tref­fen­den Sa­che in Be­tracht. Der Er­satz für den Ver­lust der Mög­lich­keit zum Ge­brauch ei­ner Sa­che muss grund­sätz­lich Fäl­len vor­be­hal­ten blei­ben, in de­nen die Funk­ti­ons­stö­rung sich ty­pi­scher­wei­se als sol­che auf die ma­te­ria­le Grund­la­ge der Le­bens­hal­tung si­gni­fi­kant aus­wirkt. An­dern­falls be­stün­de die Ge­fahr, un­ter Ver­let­zung des § 253 BGB die Er­satz­pflicht auf Nicht­ver­mö­gens­schä­den aus­zu­deh­nen. Auch wür­de dies mit den Er­for­der­nis­sen von Rechts­si­cher­heit und Be­re­chen­bar­keit des Scha­dens in Kon­flikt ge­ra­ten (Se­nat, Urt. v. 10.06.2008 – VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198 Rn. 7; BGH, Urt. v. 24.01.2013 – III ZR 98/12, BGHZ 196, 101 Rn. 9). Des­halb be­schränkt sich der Nut­zungs­aus­fall­er­satz auf Sa­chen, de­ren stän­di­ge Ver­füg­bar­keit für die ei­gen­wirt­schaft­li­che Le­bens­hal­tung ty­pi­scher­wei­se von zen­tra­ler Be­deu­tung ist (Se­nat, Urt. v. 10.06.2008 – VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198 Rn. 7; BGH, Urt. v. 24.01.2013 – III ZR 98/12, BGHZ 196, 101 Rn. 9; BGH (Gro­ßer Se­nat), Beschl. v. 09.07.1986 – GSZ 1/86, BGHZ 98, 212 [222 f.]). Da­bei müs­sen die Nut­zungs­ein­bu­ßen an ob­jek­ti­ven Maß­stä­ben ge­mes­sen wer­den kön­nen. Der Tatrich­ter soll den Scha­dens­er­satz nicht an un­kon­trol­lier­ba­ren sub­jek­ti­ven Wert­schät­zun­gen fest­ma­chen müs­sen, die ihm der Ge­schä­dig­te an­gibt, son­dern an Wer­ten, die der Ver­kehr dem In­ter­es­se an der kon­kre­ten Nut­zung bei­misst (Se­nat, Urt. v. 10.06.2008 – VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198 Rn. 7; BGH, Urt. v. 24.01.2013 – III ZR 98/12, BGHZ 196, 101 Rn. 9; BGH (Gro­ßer Se­nat), Beschl. v. 09.07.1986 – GSZ 1/86, BGHZ 98, 212 [222]). Hier­zu kann auf die Ver­kehrs­an­schau­ung ab­ge­ho­ben wer­den, wenn die­se auch nicht dar­über ent­schei­den kann, wo die Gren­ze des § 253 BGB ver­läuft (Se­nat, Urt. v. 10.06.2008 – VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198 Rn. 7 m. w. Nachw.).

[6]    Bei der Prü­fung, ob nach der Ver­kehrs­auf­fas­sung der vor­über­ge­hen­de Ver­lust der Nut­zungs­mög­lich­keit ei­nes Ge­gen­stan­des als wirt­schaft­li­cher Scha­den ge­wer­tet wer­den kann, ist ein stren­ger Maß­stab an­zu­le­gen. Das ver­langt die in § 253 BGB ge­trof­fe­ne ge­setz­ge­be­ri­sche Ent­schei­dung, wo­nach im­ma­te­ri­el­ler Scha­den nur aus­nahms­wei­se, näm­lich in den ge­setz­lich ge­re­gel­ten Fäl­len, zu er­set­zen ist (Se­nat, Urt. v. 10.06.2008 – VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198 Rn. 9; BGH, Urt. v. 24.01.2013 – III ZR 98/12, BGHZ 196, 101 Rn. 10). Die­ser re­strik­ti­ve Maß­stab hat da­zu ge­führt, dass der BGH mehr­fach für den Nut­zungs­aus­fall von Ge­gen­stän­den ei­ne Ent­schä­di­gungs­pflicht ver­neint hat (vgl. Se­nat, Urt. v. 10.06.2008 – VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198 Rn. 10 ff.: Wohn­mo­bil; Urt. v. 15.11.1983 – VI ZR 269/81, BGHZ 89, 60: Mo­tor­sport­boot; BGH, Urt. v. 15.12.1982 – VI­II ZR 315/80, BGHZ 86, 128: Wohn­wa­gen; Urt. v. 28.02.1980 – VII ZR 183/79, BGHZ 76, 179: pri­va­tes Schwimm­bad; Urt. v. 12.02.1975 – VI­II ZR 131/73, BGHZ 63, 393: Pelz­man­tel). In den ge­nann­ten Fäl­len ist die Zu­er­ken­nung ei­nes Ent­schä­di­gungs­an­spruchs für den Nut­zungs­ver­lust letzt­lich dar­an ge­schei­tert, dass sich der zeit­wei­se Ver­lust un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Ver­kehrs­auf­fas­sung nicht als wirt­schaft­li­cher Scha­den dar­ge­stellt hat, son­dern als in­di­vi­du­el­le Ge­nuss­schmä­le­rung und da­mit als nicht ver­mö­gens­recht­li­cher Scha­den.

[7]    Dem­ge­gen­über hat der BGH in stän­di­ger Recht­spre­chung ei­nen An­spruch auf Ent­schä­di­gung für den Fort­fall der Nut­zungs­mög­lich­keit von Kraft­fahr­zeu­gen grund­sätz­lich be­jaht (z. B. Se­nat, Urt. v. 15.04.1966 – VI ZR 271/64, BGHZ 45, 212 [215]; Urt. v. 18.05.1971 – VI ZR 52/70, BGHZ 56, 214 [215]; Urt. v. 23.11.2004 – VI ZR 357/03, BGHZ 161, 151 [154]; Urt. v. 10.06.2008 – VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198 Rn. 6, 8 m. w. Nachw.; BGH, Urt. v. 30.09.1963 – III ZR 137/62, BGHZ 40, 345 [348 ff.]). Nach der Ver­kehrs­auf­fas­sung und all­ge­mei­ner Rechts­auf­fas­sung stellt die Ge­brauchs­mög­lich­keit ei­nes Kraft­fahr­zeugs grund­sätz­lich ein ver­mö­gens­wer­tes Gut dar und ist als geld­wer­ter Vor­teil an­zu­se­hen, so­dass sich bei vor­über­ge­hen­der Ent­zie­hung ein Ver­mö­gens­scha­den er­ge­ben kann. Dies er­gibt sich vor al­lem dar­aus, dass die Ver­füg­bar­keit ei­nes Kraft­fahr­zeugs in­ner­halb und au­ßer­halb des Er­werbs­le­bens ge­eig­net ist, Zeit und Kraft zu spa­ren und da­mit – in Un­ab­hän­gig­keit von öf­fent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln (BGH, Urt. v. 30.09.1963 – III ZR 137/62, BGHZ 40, 345 [349]) – das Fort­kom­men im all­ge­meins­ten Sin­ne zu för­dern (Se­nat, Urt. v. 10.06.2008 – VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198 Rn. 6 m. w. Nachw.; Urt. v. 18.05.1971 – VI ZR 52/70, BGHZ 56, 214 [215 f.]). Dass der Ge­brauch ei­nes Kraft­fahr­zeugs für den Be­nut­zer da­ne­ben ei­nen Ge­winn an Be­quem­lich­keit be­deu­ten kann, steht bei der ge­bo­te­nen ge­ne­ra­li­sie­ren­den Be­trach­tungs­wei­se nicht im Vor­der­grund, weil An­schaf­fung und Un­ter­hal­tung ei­nes Kraft­fahr­zeugs in ers­ter Li­nie um des wirt­schaft­li­chen Vor­teils wil­len er­fol­gen, der in der Zeit­er­spar­nis liegt (Se­nat, Urt. v. 10.06.2008 – VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198 Rn. 8 m. w. Nachw.). Dient ein Kraft­fahr­zeug aber rei­nen Frei­zeitz­we­cken, so be­trifft die­ser Ge­sichts­punkt nicht die all­täg­li­che Nutz­bar­keit zur ei­gen­wirt­schaft­li­chen Le­bens­füh­rung und ent­zieht sich des­halb ei­ner ver­mö­gens­recht­li­chen Be­wer­tung (Se­nat, Urt. v. 10.06.2008 – VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198 Rn. 10: Wohn­mo­bil).

[8]    Um si­cher­zu­stel­len, dass der Geld­er­satz für Ver­lus­te im ei­gen­wirt­schaft­li­chen Ein­satz der Sa­che un­ge­ach­tet der not­wen­di­gen Ty­pi­sie­rung und Pau­scha­lie­rung ei­ner kon­kre­ten, auf das je­weils be­trof­fe­ne Ver­mö­gen be­zo­ge­nen Scha­dens­be­trach­tung ver­haf­tet bleibt, und um dem scha­dens­recht­li­chen Grund­satz des Be­rei­che­rungs­ver­bots ge­recht zu wer­den, ist die Zu­er­ken­nung der Ent­schä­di­gung wei­ter da­von ab­hän­gig, dass der Ei­gen­tü­mer sein Fahr­zeug in der frag­li­chen Zeit be­nut­zen woll­te und hier­zu in der La­ge war. Dar­über hin­aus muss die Ent­beh­rung der Nut­zung auch des­halb „fühl­bar“ ge­wor­den sein, weil der Ge­schä­dig­te das Fahr­zeug man­gels ei­nes wei­te­ren ge­eig­ne­ten Kraft­fahr­zeugs für sei­ne all­täg­li­che Le­bens­füh­rung wirk­lich ge­braucht hät­te (Se­nat, Urt. v. 10.06.2008 – VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198 Rn. 7; BGH (Gro­ßer Se­nat), Beschl. v. 09.07.1986 – GSZ 1/86, BGHZ 98, 212 [220]; vgl. auch Se­nat, Urt. v. 04.12.2007 – VI ZR 241/06, NJW 2008, 913 Rn. 10 für ge­werb­lich ge­nutz­tes Kfz).

[9]    2. Die­se Grund­sät­ze gel­ten auch für die Ge­brauchs­mög­lich­keit ei­nes Mo­tor­rads, das als Kraft­fahr­zeug eben­falls ge­eig­net ist, Zeit und Kraft zu spa­ren und un­ab­hän­gi­ge Mo­bi­li­tät zu ge­währ­leis­ten. Ver­fügt al­ler­dings der Ge­schä­dig­te ne­ben dem Mo­tor­rad über ei­nen Pkw und stützt er die Wert­schät­zung des Mo­tor­rads vor al­lem dar­auf, dass das Mo­tor­rad­fah­ren sein Hob­by sei oder im Ver­gleich zur Fahrt mit ei­nem Pkw ein an­de­res Fahr­ge­fühl ver­mitt­le, be­trifft die­ser Ge­sichts­punkt nicht die all­täg­li­che Nutz­bar­keit zur ei­gen­wirt­schaft­li­chen Le­bens­füh­rung und ent­zieht sich da­her ei­ner ver­mö­gens­recht­li­chen Be­wer­tung (Se­nat, Beschl. v. 11.09.2012 – VI ZR 92/12, Scha­den-Pra­xis 2012, 438; Urt. v. 13.12.2011 – VI ZA 40/11, NZV 2012, 223). Der Ent­zug der Ge­brauchs­mög­lich­keit ei­nes Mo­tor­rads hin­ge­gen, das als ein­zi­ges dem Ge­schä­dig­ten zur Ver­fü­gung ste­hen­des Kraft­fahr­zeug nicht aus­schließ­lich zu Frei­zeitz­we­cken ge­nutzt wird, stellt sich nicht le­dig­lich als in­di­vi­du­el­le Ge­nuss­schmä­le­rung dar und kann eben­so wie der Ent­zug der Ge­brauchs­mög­lich­keit ei­nes Pkw den An­spruch auf Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung be­grün­den (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 01.06.1983 – 11 U 16/83, MDR 1983, 932; ein­schrän­kend: OLG Saar­brü­cken, Urt. v. 30.03.1990 – 3 U 190/88, NZV 1990, 312; OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 10.03.2008 – I-1 U 198/07, NJW 2008, 1964 so­gar für den Fall, dass ein Zweit­fahr­zeug vor­han­den ist; Gre­ger/Zwi­ckel, Haf­tungs­recht des Stra­ßen­ver­kehrs, 5. Aufl., § 25 Rn. 51). Im Rah­men der im ers­ten Schritt an­zu­stel­len­den ty­pi­sie­ren­den Be­trach­tungs­wei­se er­gibt sich an­de­res nicht dar­aus, dass die Nut­zung ei­nes Mo­tor­rads häu­fig – in­so­weit an­ders als in der Re­gel die Nut­zung ei­nes Pkw – von den Wet­ter- und Wit­te­rungs­be­din­gun­gen ab­hän­gig ge­macht wird. Auch der Ge­brauch ei­nes Mo­tor­rads, das nur in der wär­me­ren Jah­res­zeit zu­ge­las­sen ist und auch in die­sem Zeit­raum nur bei ge­eig­ne­tem Wet­ter ge­fah­ren wird, spart Zeit und Kraft und er­mög­licht es sei­nem Nut­zer, sein Ziel un­ab­hän­gig von öf­fent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln zu er­rei­chen. Zwar muss er sich von vorn­her­ein da­mit ar­ran­gie­ren, dass er bei un­ge­eig­ne­tem Wet­ter sein Fahr­zeug nicht nut­zen und da­mit von der mit dem Ge­brauch des Fahr­zeugs ver­bun­de­nen Zeit­er­spar­nis nur un­ter Um­stän­den pro­fi­tie­ren kann, die er we­der be­ein­flus­sen noch si­cher vor­her­se­hen kann. Auch muss er sei­ne Le­bens­füh­rung so ge­stal­ten, dass er je­der­zeit – ge­ge­be­nen­falls auch kurz­fris­tig – auf ein an­de­res Fort­be­we­gungs­mit­tel, zum Bei­spiel öf­fent­li­che Ver­kehrs­mit­tel, aus­wei­chen kann. In der Zeit, in der er das Mo­tor­rad nutzt, pro­fi­tiert er aber von dem Vor­teil un­ab­hän­gi­ger Mo­bi­li­tät und dem Zeit­ge­winn eben­so wie ein Pkw-Fah­rer. Der hier­in lie­gen­de geld­wer­te Vor­teil kann ihm eben­so we­nig wie ei­nem Pkw-Fah­rer mit der Be­grün­dung ab­ge­spro­chen wer­den, dass er er­satz­wei­se die öf­fent­li­chen Ver­kehrs­mit­tel nut­zen könn­te.

[10]   Der Um­stand, dass das Mo­tor­rad nur ein­ge­schränkt – bei ge­eig­ne­tem Wet­ter – ge­nutzt wird, spielt erst im zwei­ten Schritt, näm­lich im Rah­men der kon­kre­ten Scha­dens­be­trach­tung bei der Fra­ge ei­ne Rol­le, ob der Ge­schä­dig­te im streit­ge­gen­ständ­li­chen Zeit­raum zur Nut­zung wil­lens und in der La­ge ge­we­sen wä­re und der Ge­brauchs­ent­zug für ihn fühl­bar ge­wor­den ist. Dass dies im Ein­zel­fall – bei ei­nem Mo­tor­rad an­ders als bei ei­nem Pkw mög­li­cher­wei­se un­ter Ein­be­zie­hung der Wet­ter­be­din­gun­gen in dem maß­geb­li­chen Zeit­raum – fest­ge­stellt wer­den muss, läuft ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung den Er­for­der­nis­sen der Rechts­si­cher­heit und der Be­re­chen­bar­keit des Scha­dens nicht zu­wi­der.

[11]   3. Nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts nutzt der Klä­ger in der Zeit von März bis En­de Ok­to­ber bei gu­tem Wet­ter das Mo­tor­rad, um da­mit zur Ar­beit oder zu wei­ter ent­fernt woh­nen­den Be­kann­ten zu fah­ren oder um Ein­käu­fe zu tä­ti­gen. Die üb­ri­ge Zeit nutzt er öf­fent­li­che Ver­kehrs­mit­tel. Da­mit stellt die Ge­brauchs­mög­lich­keit sei­nes Mo­tor­rads nach der Ver­kehrs­auf­fas­sung ei­nen geld­wer­ten Vor­teil dar, so­dass sich bei vor­über­ge­hen­der Ent­zie­hung ein Ver­mö­gens­scha­den er­ge­ben kann. Dies gilt un­ab­hän­gig da­von, ob die Nut­zung des Mo­tor­rads über das Jahr be­trach­tet eher die Re­gel oder die Aus­nah­me ist und ob der Klä­ger, der im Be­sitz ei­ner Jah­res­kar­te ist, in dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Zeit­raum die öf­fent­li­chen Ver­kehrs­mit­tel hät­te nut­zen kön­nen.

[12]   Fest­stel­lun­gen da­zu, ob der Klä­ger, wie von ihm un­ter Ver­weis auf Wet­ter­be­rich­te und -sta­tis­ti­ken be­haup­tet, in dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Zeit­raum sein Mo­tor­rad hät­te nut­zen kön­nen und wol­len, sind bis­lang nicht ge­trof­fen; sie wer­den, so­weit im Rah­men der Scha­dens­schät­zung nach § 287 ZPO er­for­der­lich, nach­zu­ho­len sein. Der Nut­zungs­wil­le lässt sich je­den­falls nicht al­lein mit der vom Be­ru­fungs­ge­richt un­ter ei­nem an­de­ren Ge­sichts­punkt an­ge­führ­ten Be­grün­dung aus­schlie­ßen, dass der Klä­ger sich erst Mit­te De­zem­ber 2014 um die Not(teil)re­pa­ra­tur küm­mer­te. Denn es ist be­reits nicht fest­ge­stellt, dass dem Klä­ger, der nach sei­nem im Be­ru­fungs­ur­teil fest­ge­stell­ten Vor­trag in der zwei­ten Ok­to­ber­hälf­te – al­so bis zum En­de der Zu­las­sungs­pe­ri­ode – im Ur­laub war, schon vor dem Zu­gang des Gut­ach­tens am 11.10.2014 be­kannt war, dass für die Wie­der­her­stel­lung der Fahr­be­reit­schaft des er­heb­lich be­schä­dig­ten Mo­tor­rads le­dig­lich der Er­satz des Hand­brems­he­bels er­for­der­lich war. Zu der er­for­der­li­chen Aus­fall­zeit, für die Er­satz des Nut­zungs­aus­falls ver­langt wer­den kann, zählt grund­sätz­lich auch die Zeit für die Scha­dens­fest­stel­lung (Se­nat, Urt. v. 05.02.2013 – VI ZR 363/11, VersR 2013, 471 Rn. 22).

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