1. Heißt es in der Beschreibung eines auf der Internetplattform eBay zum Kauf angebotenen gebrauchten Wohnmobils, das Fahrzeug sei 2002 erstzugelassen worden („EZ: 2002“), so führt diese Angabe zu einer Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) mit entsprechendem Inhalt.
  2. Ein gebrauchtes Wohnmobil, dessen Erstzulassung entgegen einer Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) nicht 2002, sondern schon im April 2001 erfolgt ist, leidet an einem erheblichen Mangel, der den Käufer ungeachtet eines vereinbarten Gewährleistungsausschlusses zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt.

OLG Celle, Urteil vom 14.12.2017 – 6 U 73/17

Sachverhalt: Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrags.

Der Beklagte bot auf einer Versteigerungsplattform im Internet ein gebrauchtes Wohnmobil „aus erster Hand“ zum Kauf gegen Höchstgebot an. In der Beschreibung des Fahrzeugs hieß es unter anderem „EZ: 2002“ und „HU/TÜV in 08/2016 neu“. Außerdem war angegeben, dass für das Wohnmobil eine grüne Umweltplakette erteilt worden und das Fahrzeug mit einem zusätzlichen Gastank ausgestattet sei. Weiter hieß es auf der Artikelseite:

„Bitte schaut euch das Wohnmobil vor der Gebotsabgabe an und fahrt es Probe. Verkaufe es privat, gebe keine Garantie & keine Gewährleistungen auf Beschreibung und Fahrzeug!!!! Fahrzeug ist nach erfolgreicher Auktion innerhalb von 5 Tagen gegen Barzahlung abzuholen …“

Bei Ablauf der Auktion war der Kläger mit einem Gebot von 25.000 € Höchstbietender.

Gegen Zahlung dieses Betrages übergab der Kläger dem Beklagten am 20.08.2016 ein am 25.04.2001 erstzugelassenes Wohnmobil, das eine gelbe Umweltplakette aufwies und das der Beklagte zuvor auch vermietet hatte. Dieses Fahrzeug verfügt nicht über einen zusätzlichen Gastank, und der Beklagte konnte keine gültige Bescheinigung über die Prüfung der Gasanlage vorweisen.

Mit Schreiben vom 26.08.2016 erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises und den Ersatz von Verbringungskosten in Höhe von 438 €, Zug um Zug gegen Rückgewähr des Fahrzeugs. Der Beklagte suchte den Kläger daraufhin am 31.08.2016 auf und bot an, einen Rußpartikelfilter in das Wohnmobil einbauen zu lassen. Mit Anwaltsschreiben vom 30.09.2016 lehnte der Beklagte eine Rückabwicklung des Kaufvertrags mit der Begründung ab, dass er – der Beklagte – nach wie vor zur Nacherfüllung bereit sei, der Kläger eine Nacherfüllung jedoch am 31.08.2016 abgelehnt habe. Mit Anwaltsschreiben vom 01.11.2016 erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten erneut den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Mit der Klage hat der Kläger den Beklagten auf Zahlung von 25.438 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, sowie auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.386,83 € in Anspruch genommen und die Feststellung des Annahmeverzugs des Beklagten verlangt. Er hat behauptet, er sei – entgegen dem Vortrag des Beklagten – bei der Abholung des Wohnmobils nicht darauf hingewiesen worden, dass das Fahrzeug bereits am 25.04.2001 erstzugelassen worden sei, nur über eine gelbe Umweltplakette und nicht über einen zusätzlichen Gastank verfüge.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Dass das Wohnmobil bereits am 25.04.2001 erstzugelassen wurde, rechtfertige keinen Rücktritt, weil der darin liegende Mangel nur geringfügig sei. Im Übrigen habe der Kläger dem Beklagten keine Frist zur – möglichen und dem Kläger zumutbaren – Nacherfüllung gesetzt, obwohl eine Fristsetzung erforderlich gewesen sei.

Die Berufung des Klägers hatte im Wesentlichen Erfolg.

Aus den Gründen: B. Die Berufung ist bis auf den Teil der Rückführungskosten begründet.

I. Der Kläger kann vom Beklagten Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises in Höhe von 25.000 € Zug um Zug gegen Rückübereignung des gelieferten Fahrzeugs verlangen.

1. Zwischen den Parteien ist ein Kaufvertrag über das gelieferte Fahrzeug zustande gekommen, weil das Gebot des Klägers von 25.000 € das höchste Gebot geblieben ist.

2. Das gelieferte Fahrzeug ist mangelhaft, weil ihm die vereinbarte Beschaffenheit fehlt (§ 434 I 1 BGB).

Der Vertragsschluss der Parteien ist so auszulegen, dass die Angabe des Beklagten „EZ: 2002“ zur Beschreibung der „technischen Daten“ des Fahrzeugs bedeutete, dass die Erstzulassung des Fahrzeugs im Jahre 2002 erfolgt ist und diese Eigenschaft des Fahrzeugs zwischen den Parteien vereinbart wird. Denn das Angebot des Beklagten ist so zu verstehen, dass die Erstzulassung des Fahrzeugs für dessen Wert und damit für das Gebot des Klägers von wesentlicher Bedeutung ist. Eine solche Beschreibung des Kaufgegenstands bei einer eBay-Auktion reicht für die Annahme einer vereinbarten Beschaffenheit aus (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Aufl. [2017], § 434 Rn. 15). Das gelieferte Fahrzeug weist diese Beschaffenheit aber nicht auf, sondern die Erstzulassung ist bereits am 25.04.2001 erfolgt, also über acht Monate vor dem 01.01.2002.

Darüber hinaus ist unstreitig, dass das Fahrzeug keine gültige Gasprüfung, keinen zusätzlichen Gastank und keine grüne Umweltplakette, sondern eine gelbe Umweltplakette aufwies.

3. Das Begehren des Klägers ist nicht aus dem Grund ausgeschlossen, dass der Beklagte sein eBay-Angebot mit dem Zusatz versehen hatte, „verkaufe privat, gebe keine Garantie & keine Gewährleistung auf Beschreibung und Fahrzeug“. Er hat dem Kläger arglistig verschwiegen (§ 444 Fall 1 BGB), dass die Beschaffenheit des Fahrzeugs im oben genannten Umfang von der Beschreibung im eBay-Angebot abweicht. Dem Beklagten waren die Abweichungen bekannt und er wusste, dass diese Angaben für die Entscheidung eines Bieters von wesentlicher Bedeutung waren, welchen Betrag er bietet. Der Beklagte hat keine Tatsachen konkret dargelegt, dass ihm erst nach Vertragsschluss bekannt geworden ist, dass sein Angebot unzutreffende Angaben enthält.

4. Wegen dieser Sachmängel hat der Kläger gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 26.08.2016 wirksam den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt.

a) Eine Frist zur Nacherfüllung war entbehrlich, weil die Behebung des Mangels, dass das Fahrzeug eine Erstzulassung im Jahre 2002 aufweist, unmöglich war und ist. Hinsichtlich des gelieferten Fahrzeugs kann das Erstzulassungsdatum sich nicht mehr ändern, und die Lieferung eines Ersatzfahrzeugs mit den gleichen Eigenschaften wie das angebotene Fahrzeug einschließlich einer Erstzulassung 2002 ist ausgeschlossen, weil die Leistungspflicht des Beklagten sich ausschließlich auf das durch das Lichtbild angebotene Fahrzeug bezog und die Fahrzeugbeschreibung genau dieses Fahrzeug betraf (vgl. zum Stückkauf m. w. Nachw.: BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 und Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 439 Rn. 15; BT-Drs. 14/6040, 232 unter Verweis auf Erwägungsgrund 16 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie). Angesichts der langjährigen Nutzung des Fahrzeugs ist ausgeschlossen, dass die Parteien eine Verpflichtung des Beklagten vereinbaren wollten, anderweitig ein gleichwertiges Fahrzeug zu beschaffen, soweit die Angaben des Beklagten im Angebot zur Identifizierung des Fahrzeugs fehlerhaft sind. Der Sachverhalt ist nicht mit demjenigen vergleichbar, dass ein „junger“ Gebrauchtwagen bestellt wird, der praktisch keine Gebrauchsspuren aufweist und ähnlich einem Neuwagen gehandelt wird.

b) Der Rücktritt war nicht aus dem Grund nach § 323 V 2 BGB ausgeschlossen, dass die Pflichtverletzung des Beklagten unerheblich ist.

Die Erheblichkeitsprüfung erfordert eine umfassende Interessenabwägung. Zu berücksichtigen sind vor allem der für die Mängelbeseitigung erforderliche Aufwand, beim nicht behebbaren Mangel die von ihm ausgehende Beeinträchtigung, aber auch die Schwere des Verschuldens des Verkäufers, sodass bei Arglist eine unerhebliche Pflichtverletzung in der Regel zu verneinen ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erheblichkeit ist die Rücktrittserklärung. Die Erheblichkeit wird in der Regel indiziert durch den Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung. Die Erheblichkeit eines Mangels ist in der Regel zu bejahen, wenn die Kosten der Beseitigung mindestens fünf Prozent der vereinbarten Gegenleistung ausmachen oder wenn sie absolut gesehen erheblich sind. Erhebliche Pflichtverletzungen sind zum Beispiel die Angabe eines falschen Modelljahres und die Angabe einer deutlich zu geringen Fahrleistung (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl. [2017], § 323 Rn. 32 m. w. Nachw.).

Hier ergibt sich die Erheblichkeit der Pflichtverletzung daraus, dass die Erstzulassung eines gebrauchten Wohnmobils für die Bemessung des Kaufpreises von entscheidender Bedeutung ist und eine Abweichung in der Erstzulassung von mehr als acht Monaten bei einem Fahrzeug, das im August 2016 für 25.000 € gekauft wird und dessen Erstzulassung mit 2002 angegeben war, als erheblich anzusehen ist, weil das Fahrzeug nicht nur seit 2002 genutzt werden konnte, sondern zusätzlich in der gesamten Sommersaison 2001. Die Bedeutung dieses Umstands ist für den Kaufpreis mit deutlich mehr als fünf Prozent einzuschätzen. Vom Verkäufer kann in diesem Preissegment erwartet werden, bei Übernahme des Erstzulassungsdatums aus den Fahrzeugpapieren in sein eBay-Angebot sorgfältig vorzugehen. Es ist angemessen, dass der Käufer das Fahrzeug bei einer solchen Falschangabe, zumal bei Fehlen weiterer Beschaffenheitsvereinbarungen (s. oben), zurückweist.

c) Der Vortrag des Beklagten, dem Kläger sei bei Abholung der zutreffende Zeitpunkt der Zulassung mitgeteilt worden und er habe gleichwohl am Kauf festgehalten (Schriftsatz vom 10.05.2017), ist unerheblich, weil anders als im Werkvertragsrecht eine vorbehaltlose Abnahme trotz Mangelkenntnis keinen Rechtsnachteil für den Käufer herbeiführt (Palandt/Sprau, BGB, 76. Aufl. [2017], § 640 Rn. 13) und ein Verzicht des Klägers auf seine Rechte wegen falscher Angaben nicht vorgetragen ist. Eine Mangelkenntnis des Klägers schon bei Vertragsschluss (§ 442 I 1 BGB) wird nicht behauptet.

Die mit Schriftsatz vom 20.11.2017 vorgetragene und vom Kläger mit nachgelassenem Schriftsatz vom 27.11.2017 bestrittene Behauptung des Beklagten, dem Kläger bei Abholung des Fahrzeugs mitgeteilt zu haben, in diesem Augenblick ohne Weiteres vom Kaufvertrag zurücktreten zu können, worauf der Kläger auf der Durchführung des Kaufvertrags bestanden habe, durfte vom Senat nicht zugelassen werden (§ 531 II Nr. 3 ZPO), weil es auf Nachlässigkeit des Beklagten beruht, eine solche Vereinbarung der Parteien nicht in erster Instanz vorgetragen zu haben.

5. Der wirksam erklärte Rücktritt hat zur Folge, dass die empfangenen Leistungen zurückzugewähren sind (§ 346 I BGB), also der Beklagte an den Kläger den in voller Höhe gezahlten Kaufpreis von 25.000 € zurückzuzahlen hat, Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs.

II. Der Kläger kann vom Beklagten Erstattung wegen der vergeblichen Aufwendungen für die Abholung des Fahrzeugs in Höhe von (2 × 365 km × 0,30 €/km =) 219 € verlangen (§ 437 Nr. 3 BGB). Entfernung und Kilometerpauschale sind unbestritten.

Die darüber hinaus geltend gemachten Kosten für die Rückführung des Fahrzeugs sind zurzeit nicht zu erstatten, weil eine solche noch nicht erfolgt ist.

III. Der Beklagte befindet sich mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug. Der Kläger hat ihm mit Schreiben vom 26.08.2016 die Rückgabe des Fahrzeugs wörtlich angeboten (§ 295 BGB), der Beklagte die Rücknahme des Fahrzeugs aber abgelehnt.

IV. Durch den fruchtlosen Ablauf der mit Schreiben vom 26.08.2016 gesetzten Zahlungsfrist zum 01.10.2016 ist der Beklagte mit der berechtigten Hauptforderung ab dem 02.10.2016 in Verzug geraten und schuldet Verzugszinsen nach dem geltend gemachten Zinssatz (§ 288 I BGB).

V. Der Beklagte hat die nicht bestrittenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu erstatten. Nach Verzugseintritt durch Verweigerung einer Rückabwicklung seitens des Beklagten am 31.08.2016 hat der Kläger seinen Prozessbevollmächtigten am 01.11.2016 zunächst mit der außergerichtlichen Wahrnehmung beauftragt, die zum Gegenstandswert der berechtigten Hauptforderung erforderlich und angemessen war. …

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