1. Ein Ver­trags­händ­ler haf­tet nicht für das arg­lis­ti­ge Ver­hal­ten des Fahr­zeug­her­stel­lers im Zu­sam­men­hang mit dem VW-Ab­gas­skan­dal. Auch fin­det im Ver­hält­nis zwi­schen Ver­trags­händ­ler und Her­stel­ler kei­ne Wis­sens­zu­rech­nung ana­log § 166 BGB statt. Denn der Her­stel­ler ist nicht Ge­hil­fe (§ 278 BGB) des Ver­trags­händ­lers bei der Er­fül­lung von Ver­käu­fer­pflich­ten.
  2. Im Zu­sam­men­hang mit dem VW-Ab­gas­skan­dal hat die Volks­wa­gen AG der AU­DI AG Bei­hil­fe zum Be­trug ge­leis­tet. Sie muss dem Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Au­di Q5 des­halb ge­mäß § 823 II BGB i. V. mit §§ 263 I, 27 I StGB – und auch nach § 826 BGB – Scha­dens­er­satz leis­ten. Der Scha­den des Käu­fers be­steht dar­in, dass er ei­nen Kauf­ver­trag ge­schlos­sen hat, den er oh­ne die Täu­schung über die Schad­stoff­emis­sio­nen des Fahr­zeugs nicht ge­schlos­sen hät­te.
  3. Ei­ne auf Fest­stel­lung der Scha­dens­er­satz­pflicht ge­rich­te­te Kla­ge ist ge­mäß § 256 I ZPO zu­läs­sig, wenn der Käu­fer dar­le­gen kann, dass der Ein­tritt wei­te­rer Schä­den – et­wa steu­er­li­cher Art – wahr­schein­lich ist. In­so­weit kann der – nicht be­strit­te­ne – Vor­trag des Käu­fers be­acht­lich sein, dass beim VG Gel­sen­kir­chen ei­ne Kla­ge an­hän­gig ist, mit der die dor­ti­gen Klä­ger die Still­le­gung al­ler vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge er­rei­chen wol­len. Denn die­se Kla­ge kann da­zu füh­ren, dass der Käu­fer zu ei­nem spä­te­ren Zeit­punkt als Hand­lungs­stö­rer in An­spruch ge­nom­men wird. Zum ge­gen­wär­ti­gen Zeit­punkt ist im Üb­ri­gen nicht mehr aus­ge­schlos­sen, dass das Kraft­fahrt-Bun­des­amt bei der Er­tei­lung von Ge­neh­mi­gun­gen für vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­ne Fahr­zeu­ge ge­gen EU-Recht ver­sto­ßen hat und auch des­halb Nut­zungs­un­ter­sa­gun­gen dro­hen.

LG Kre­feld, Ur­teil vom 19.07.2017 – 7 O 147/16

Sach­ver­halt: Der Klä­ger be­stell­te am 30.04.2012 bei der Be­klag­ten zu 1 ei­nen von der AU­DI AG her­ge­stell­ten Au­di Q5 zum Preis von 53.695,01 €. Die Be­klag­te zu 1 ist ei­ne Ver­trags­händ­le­rin der Be­klag­ten zu 2 – der Volks­wa­gen AG – und der AU­DI AG, die ih­rer­sei­te ei­ne hun­tert­pro­zen­ti­ge Toch­ter­ge­sell­schaft der Be­klag­ten zu 2 ist. Sie ist nicht in die Struk­tur des Volks­wa­gen-Kon­zerns ein­ge­bun­den und han­delt im ei­ge­nen Na­men und für ei­ge­ne Rech­nung. Das be­stell­te Fahr­zeug wur­de dem Klä­ger am 02.01.2013 über­ge­ben.

Der Au­di Q5 ist mit ei­nem von der Be­klag­ten zu 2 her­ge­stell­ten 2,0-Li­ter-Die­sel­mo­tor vom Typ EA189 und ei­ner Soft­ware aus­ge­stat­tet, die er­kennt, ob das Fahr­zeug auf ei­nem Prüf­stand ei­nen Emis­si­ons­test ab­sol­viert oder ob es re­gu­lär im Stra­ßen­ver­kehr be­trie­ben wird. Auf dem Prüf­stand be­wirkt die Soft­ware ei­ne Ver­rin­ge­rung der Schad­stoff­emis­sio­nen mit der Fol­ge, dass der Stick­oxid(NOX)-Aus­stoß in ei­ner Test­si­tua­ti­on ge­rin­ger ist als beim re­gu­lä­ren Be­trieb des Fahr­zeugs und der ein­schlä­gi­ge Eu­ro-5-Emis­si­ons­grenz­wert ein­ge­hal­ten wird.

Die Be­klag­te zu 2 kün­dig­te an, un­ter Auf­sicht des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes im Rah­men ei­ner Rück­ruf­ak­ti­on die Soft­ware aus al­len vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeu­gen zu ent­fer­nen. Zu­dem be­auf­trag­te sie die Kanz­lei Jo­nes Day, die in­ter­ne Auf­klä­rung des VW-Ab­gas­skan­dals zu be­glei­ten.

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 15.01.2016 er­klär­te der Klä­ger ge­gen­über der Be­klag­te zu 1 die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung und hilfs­wei­se für den Fall, dass die An­fech­tung un­wirk­sam ist, den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Für des­sen Rück­ab­wick­lung setz­te er der Be­klag­ten zu 1 ei­ne Frist bis zum 29.01.2016. Mit Schrei­ben vom 27.01.2016 wies die Be­klag­te zu 1 sämt­li­che An­sprü­che des Klä­gers zu­rück.

Der Klä­ger be­haup­tet, sein Fahr­zeug hal­te die Eu­ro-5-Emis­si­ons­grenz­wer­te nicht ein und sei da­her we­der zu­las­sungs­fä­hig, noch ver­fü­ge es über ei­ne gül­ti­ge Be­triebs­er­laub­nis. Die von der Be­klag­ten zu 1 in Aus­sicht ge­nom­me­ne Nach­bes­se­rung wer­de sich ne­ga­tiv auf die Mo­tor­leis­tung, den Kraft­stoff­ver­brauch und die zu er­war­ten­de Ge­samt­lauf­leis­tung aus­wir­ken, al­so zu neu­en Män­geln füh­ren. Er – der Klä­ger – hät­te den Au­di Q5 nicht ge­kauft, wenn er von der Ma­ni­pu­la­ti­on ge­wusst hät­te.

Die Be­klag­te zu 2 – so meint der Klä­ger – ha­be (auch) ihn be­tro­gen und in sit­ten­wid­ri­ger Wei­se ge­schä­digt. Dies er­ge­be sich aus den öf­fent­li­chen Äu­ße­run­gen der Or­ga­ne der Be­klag­ten zu 2 in Pres­se und Rund­funk.

Der Klä­ger be­haup­tet, der Vor­stand der Be­klag­ten zu 2 ha­be Kennt­nis von der In­stal­la­ti­on der Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware ge­habt. Die Be­klag­te zu 2 und die AU­DI AG hät­ten ge­mein­sam ent­schie­den, ei­nen „Emis­si­ons­be­trug“ zu be­ge­hen. Al­le zum VW-Kon­zern ge­hö­ren­den Fahr­zeug­her­stel­ler hät­ten – was un­strei­tig ist – ge­mein­sa­me tech­ni­sche For­schungs-, Ent­wick­lungs- und Mo­to­ren­kon­zep­te und De­signs. Da­zu ge­hö­re auch die hier re­le­van­te In­te­gra­ti­on der von der AU­DI AG kon­zi­pier­ten Soft­ware- und Hard­ware­ele­men­te durch die Be­klag­te zu 2 in die bei­den ers­ten Ge­ne­ra­tio­nen ih­res EA189-Die­sel­mo­tors. Im Jahr 2004 – so be­haup­tet der Klä­ger wei­ter – ha­be die Ro­bert Bosch GmbH im Auf­trag der AU­DI AG erst­mals ei­ne Mo­tor­steue­rungs­soft­ware als Ab­schalt­ein­rich­tung für Die­sel­mo­to­ren ent­wi­ckelt. Die­se Soft­ware sei spä­ter in der Ab­tei­lung An­triebs­tech­nik, Mo­to­ren und Über­tra­gung der AU­DI AG un­ter der Lei­tung von I wei­ter­ent­wi­ckelt wor­den. Die Kennt­nis des Vor­stands der Be­klag­ten zu 2 er­ge­be sich dar­aus, dass – un­strei­tig – Mar­tin Win­ter­korn von 2002 bis 2007 Vor­stands­vor­sit­zen­der der AU­DI AG ge­we­sen und im Jahr 2007 Vor­stands­vor­sit­zen­der der Be­klag­ten zu 2 ge­wor­den sei. Mit ihm sei – auch das ist un­strei­tig – I als Lei­ter der Ab­tei­lung An­triebs­tech­nik zur Be­klag­ten zu 2 ge­wech­selt. Auch der lei­ten­de Chef­ent­wick­ler K sei – was eben­falls un­strei­tig ist – von 2002 bis 2007 für die AU­DI AG tä­tig ge­we­sen und sei dann zur Be­klag­ten zu 2 ge­wech­selt, be­vor er 2013 wie­der zur AU­DI AG zu­rück­ge­kehrt sei.

Der Klä­ger be­haup­tet wei­ter, der da­ma­li­ge Vor­stands­vor­sit­zen­de der Be­klag­ten zu 2, Mar­tin Win­ter­korn, ha­be aus Ge­winn­sucht und mit Be­trugs­ab­sicht ge­han­delt. Die Ent­wick­lungs­in­ge­nieu­re der Be­klag­ten zu 2 hät­ten in den Jah­ren 2005 und 2006 fest­ge­stellt, dass ei­ne Er­hö­hung der Ab­gas­rück­füh­rungs­ra­te da­zu füh­re, dass sich Par­ti­kel­fil­ter schnel­ler zu­set­zen und öf­ter frei­ge­brannt wer­den müss­ten. Dies ha­be zur Fol­ge, dass die Par­ti­kel­fil­ter be­reits bei ei­ner Lauf­leis­tung von et­wa 50.000 km ih­ren Dienst ein­stell­ten. Mit die­sen die­sen Test­ergeb­nis­sen im Rü­cken ha­be der Vor­stands­vor­sit­zen­de der AU­DI AG En­de 2006 ent­schie­den, dass es un­mög­lich sei, das Ab­gas­rück­füh­rungs­sys­tem so zu op­ti­mie­ren, dass Lang­zeit­schä­den an Mo­tor und Par­ti­kel­fil­ter ver­hin­dert wer­den. Man ha­be des­halb mit Kennt­nis des Vor­stands be­schlos­sen, ei­ne Soft­ware ein­zu­set­zen, die aus­schließ­lich in ei­ner Test­si­tua­ti­on be­wirkt, dass die ein­schlä­gi­gen Stick­oxid-Emis­si­ons­grenz­wer­te ein­ge­hal­ten wer­den. Da­nach ha­be der Vor­stand der Be­klag­ten zu 2 un­ter Nut­zung der Soft­ware dar­an ge­ar­bei­tet, durch Be­wer­ben ei­ner „Cle­an-Die­sel“-Mo­to­ri­sie­rung und Her­vor­he­ben der be­son­de­ren Um­welt­freund­lich­keit der her­ge­stell­ten Die­sel­fahr­zeu­ge zum Welt­markt­füh­rer auf­zu­stei­gen. Dies er­ge­be sich aus ei­ner Re­de, die der Vor­stands­vor­sit­zen­de der Be­klag­ten zu 2, Mar­tin Win­ter­korn, am 19.04.2007 ge­hal­ten ha­be. Um das ge­nann­te Ziel zu er­rei­chen, hät­ten so­wohl die Fahr­zeug­käu­fer als auch die Zu­las­sungs­be­hör­den durch mas­sen­haft falsch aus­ge­stell­te Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gun­gen ge­täuscht wer­den müs­sen, was ein or­ga­ni­sier­tes Zu­sam­men­wir­ken vor­aus­ge­setzt ha­be. Da­bei hät­ten die Or­ga­ne der Be­klag­ten zu 2 und der AU­DI AG Kennt­nis von den Fol­gen ei­ner er­höh­ten Stick­oxid­be­las­tung ge­habt und – ne­ben ei­ner rechts­wid­ri­gen Um­welt­ver­schmut­zung – in Kauf ge­nom­men, dass atem­wegs­sen­si­ble Men­schen er­kran­ken und frü­her ster­ben.

Sein Scha­den – so macht der Klä­ger gel­tend – be­ste­he un­ter an­de­rem dar­in, dass er ei­nen Kauf­ver­trag ge­schlos­sen ha­be, den er bei Kennt­nis der Sach­la­ge nicht ge­schlos­sen hät­te. Des­halb sei auch die Be­klag­te zu 2 ver­pflich­tet, das Fahr­zeug ge­gen Zah­lung des Kauf­prei­ses zu­rück­zu­neh­men. Ob noch wei­te­re Schä­den ein­trä­ten, sei völ­lig of­fen.

Die ge­gen die Be­klag­te zu 1 ge­rich­te­te, im We­sent­li­chen auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags ge­rich­te­te Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg, weil die Be­klag­te zu 1 die Ein­re­de der Ver­jäh­rung er­ho­ben hat. Da­ge­gen war die ge­gen die Be­klag­te zu 2 ge­rich­te­te Kla­ge, mit der der Klä­ger die Fest­stel­lung be­gehr­te, dass ihm die Be­klag­te zu 2 zum Scha­dens­er­satz ver­pflich­tet sei, er­folg­reich.

Aus den Grün­den: I. Die mit dem An­trag zu 1 er­ho­be­ne Kla­ge ist zu­läs­sig, aber un­be­grün­det.

Der Rück­tritt des Klä­gers ist ge­mäß § 218 I BGB un­wirk­sam. Nach den §§ 438 IV 1, 218 I 1 BGB ist der Rück­tritt als Ge­stal­tungs­recht we­gen nicht oder nicht ver­trags­ge­mäß er­brach­ter Leis­tung un­wirk­sam, wenn der An­spruch auf die Leis­tung oder der Nach­er­fül­lungs­an­spruch ver­jährt ist und der Schuld­ner sich hier­auf be­ruft.

Die­se Vor­aus­set­zun­gen lie­gen vor. Die kauf­recht­li­che Ge­währ­leis­tungs­frist ist ab­ge­lau­fen, und die Be­klag­te zu 1 hat sich hier­auf im Schrei­ben vom 27.01.2016 be­ru­fen.

Ge­mäß § 438 I Nr. 3 BGB ver­jährt der An­spruch auf Nach­er­fül­lung beim Kauf be­weg­li­cher Sa­chen in­ner­halb von zwei Jah­ren. Die Frist be­gann ge­mäß § 438 II BGB i. V. mit § 187 I BGB am Tag nach der Über­ga­be des Fahr­zeugs am 03.01.2013 zu lau­fen und en­de­te ge­mäß § 188 II BGB mit Ab­lauf des 02.01.2015. Da­mit war der Nach­er­fül­lungs­an­spruch zum Zeit­punkt der Kla­ge­er­he­bung am 28.10.2016 er­kenn­bar ver­jährt.

Der Nach­er­fül­lungs­an­spruch ver­jähr­te vor­lie­gend nicht in­ner­halb der Re­gel­ver­jäh­rung von drei Jah­ren ge­mäß § 438 III BGB. Dies hät­te vor­aus­ge­setzt, dass die Be­klag­te zu 1 den Man­gel arg­lis­tig ge­gen­über dem Klä­ger ver­schwie­gen oder die­sen so­gar ak­tiv ge­täuscht hat. Die­se Vor­aus­set­zun­gen lie­gen nicht vor.

An­halts­punk­te da­für, dass die Be­klag­te zu 1 zum Zeit­punkt der Über­ga­be des Fahr­zeugs von den Ab­gas­ma­ni­pu­la­tio­nen der Be­klag­ten zu 2 Kennt­nis hat­te, sind we­der vor­ge­tra­gen noch er­sicht­lich. Die Be­klag­te zu 1 muss sich ein arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen der Be­klag­ten zu 2 auch nicht zu­rech­nen las­sen (vgl. OLG Cel­le, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16; LG Kre­feld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16; LG Fran­ken­thal, Urt. v. 12.05.2016 – 8 O 208/15; Steen­buck, MDR 2016, 185 [190]). Bei der Be­klag­ten zu 1 han­delt es sich um ei­ne recht­lich selbst­stän­di­ge Ver­trags­händ­le­rin, die Pro­duk­te aus dem Kon­zern der Be­klag­ten zu 2 ver­treibt, was aber nichts dar­an än­dert, dass die Be­klag­te zu 1 ei­ne recht­lich selbst­stän­di­ge Ver­käu­fe­rin die­ser Pro­duk­te, die sie nicht selbst her­stellt, ist. Der Klä­ger muss sich dar­auf ver­wei­sen las­sen, dass ein Ver­trags­händ­ler kein Han­dels­ver­tre­ter, son­dern ein sons­ti­ger Ab­satz­mitt­ler ist, für den der Ge­schäfts­herr schon nicht nach § 31 BGB haf­tet (vgl. MünchKomm-BGB/Ar­nold, 7. Aufl. [2015], § 31 Rn. 22). Noch we­ni­ger haf­tet um­ge­kehrt der Ver­trags­händ­ler für ein et­wai­ges Ver­schul­den des Her­stel­lers, des­sen Pro­duk­te er ver­treibt. Auch fin­det im Ver­hält­nis zwi­schen Ver­trags­händ­ler und Her­stel­ler kei­ne Wis­sens­zu­rech­nung in ent­spre­chen­der An­wen­dung von § 166 BGB statt (vgl. LG Bie­le­feld, Urt. v. 03.02.2010 – 3 O 222/09). Viel­mehr gilt nach der stän­di­gen Recht­spre­chung des BGH, dass der Vor­lie­fe­rant des Ver­käu­fers nicht des­sen Ge­hil­fe bei der Er­fül­lung der Ver­käu­fer­pflich­ten ge­gen­über dem Käu­fer ist; eben­so we­nig ist auch der Her­stel­ler der Kauf­sa­che Er­fül­lungs­ge­hil­fe des Händ­lers, der die Sa­che an sei­ne Kun­den ver­kauft (BGH, Urt. v. 02.04.2014 – VI­II ZR 46/13, BGHZ 200, 337 Rn. 31 m. w. Nachw.). Des­halb haf­tet der Ver­käu­fer auch nicht da­für, dass sein Lie­fe­rant ein mit Män­geln be­haf­te­tes Pro­dukt in den Ver­kehr bringt und dies arg­lis­tig ver­schweigt.

Aus die­sen Grün­den feh­len eben­falls die Vor­aus­set­zun­gen des § 123 II BGB, so­dass auch kein An­spruch des Klä­gers aus § 812 I 1 Fall 1 BGB i. V. mit § 123 I BGB ge­gen die Be­klag­te zu 1 be­steht (vgl. LG Braun­schweig, Urt. v. 27.09.2016 – 7 O 585/16).

An­sprü­che auf Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs so­wie auf Er­satz der vor­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten lie­gen man­gels Haupt­an­spruch nicht vor.

II. Die mit dem An­trag zu 2 er­ho­be­ne Kla­ge ist zu­läs­sig und be­grün­det.

Die Kla­ge ist als Fest­stel­lungs­kla­ge ge­mäß § 256 I ZPO zu­läs­sig.

Be­steht der Scha­den im Rah­men ei­nes An­spruchs aus §§ 823 II, 826 BGB in der Her­bei­füh­rung ei­nes Ver­tra­ges, den der Ge­schä­dig­te oh­ne die schä­di­gen­de Hand­lung nicht ge­schlos­sen hät­te, so kann die­ser den Er­satz des ne­ga­ti­ven In­ter­es­ses ver­lan­gen. Er ist je­doch nicht ge­zwun­gen, dies stets im We­ge der Rück­ab­wick­lung durch­zu­set­zen. Es steht ihm frei, den Ver­trag be­ste­hen zu las­sen und den Er­satz der durch die un­er­laub­te Hand­lung ent­stan­de­nen Nach­tei­le zu ver­lan­gen (Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 75. Aufl., Vorb. v. § 249 Rn. 17). Der Vor­rang der Leis­tungs­kla­ge be­steht bei die­ser Sach­la­ge nicht, weil der Klä­ger dar­le­gen kann, dass wei­te­re Schä­den durch Steu­er­nach­tei­le durch die Ver­wen­dung des Fahr­zeugs dro­hen. Fer­ner ist der An­spruch aus dem Kauf­ver­trag ver­jährt, so­dass der Klä­ger wei­ter ein In­ter­es­se an der Rück­ab­wick­lung des Fahr­zeug­kaufs hat. Auch hat die Klä­ger­sei­te un­wi­der­spro­chen vor­ge­tra­gen, dass ge­gen das Kraft­fahrt-Bun­des­amt ei­ne Kla­ge vor dem VG Gel­sen­kir­chen rechts­hän­gig ist, mit dem die Klä­ger die Ab­sicht ver­fol­gen, die Be­triebs­still­le­gung sämt­li­cher vom Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge zu er­rei­chen. Hier­aus kann sich ei­ne In­an­spruch­nah­me als Hand­lungs­stö­rer er­ge­ben, aus der dem Klä­ger wei­te­re ma­te­ri­el­le Schä­den dro­hen. Nach der Rechts­auf­fas­sung der Kam­mer ist es zu die­sem Zeit­punkt auch nicht mehr aus­ge­schlos­sen, dass das Kraft­fahrt-Bun­des­amt bei den Ge­neh­mi­gun­gen ge­gen EU-Recht ver­sto­ßen hat und da­her auch in­so­weit Nut­zungs­un­ter­sa­gun­gen dro­hen.

Die Kla­ge ist be­grün­det.

Der An­spruch des Klä­gers ge­gen die Be­klag­te zu 2 er­gibt sich aus § 823 II BGB i. V. mit §§ 263 I, 27 I StGB. Ge­mäß § 823 II BGB ist der­je­ni­ge, der ge­gen ein Ge­setz, das den Schutz ei­nes an­de­ren be­zweckt, ver­stößt, zum Er­satz des aus sei­ner Hand­lung re­sul­tie­ren­den Scha­dens ver­pflich­tet. Die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Schutz­ge­setz­ver­let­zung lie­gen durch die Bei­hil­fe der Be­klag­ten zu 2 zur Be­ge­hung ei­nes Be­tru­ges durch die AU­DI AG ge­mäß §§ 263 I, 27 I StGB vor. § 263 I StGB ist Schutz­ge­setz i. S. des § 823 II BGB (Pa­landt/Sprau, BGB, 74. Aufl., § 823 Rn. 70 mit Ver­weis auf die st. BGH-Rspr.).

1. Die Be­klag­te zu 2 hat bei den von ihr her­ge­stell­ten Mo­to­ren durch den Ein­bau ei­ner Er­ken­nungs­soft­ware be­wirkt, dass der Test­lauf auf ei­nem Ab­gas­prüf­stand er­kannt und so­dann der Mo­tor in ei­nen Mo­dus ge­re­gelt wird, bei dem die ge­setz­li­chen Grenz­wer­te der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 über die Typ­ge­neh­mi­gung von leich­ten Per­so­nen­kraft­wa­gen und Nutz­fahr­zeu­gen (Eu­ro 5 und Eu­ro 6) für Ab­ga­se ein­ge­hal­ten wer­den, wäh­rend in je­der an­de­ren Si­tua­ti­on ein Viel­fa­ches des ge­setz­lich zu­läs­si­gen Ab­gas­grenz­wer­tes aus­ge­sto­ßen wird. Die­ser Me­cha­nis­mus zur ak­ti­ven Un­ter­drü­ckung der tat­säch­li­chen Schad­stoff­emis­sio­nen im für die Be­triebs­ge­neh­mi­gung des Fahr­zeugs re­le­van­ten Prüf­mo­dus ist als so­ge­nann­te „Ab­schalt­ein­rich­tung“ rechts­wid­rig ge­mäß Art. 5 II 1 der EU-Ver­ord­nung.

Nach der Norm ist die Ver­wen­dung von Ab­schalt­ein­rich­tun­gen, die die Wir­kung von Emis­si­ons­kon­troll­sys­te­men ver­rin­gern, un­zu­läs­sig. Der Be­griff der Ab­schalt­ein­rich­tung wird von Art. 3 Nr. 10 der EU-Ver­ord­nung le­gal­de­fi­niert als

„ein Kon­struk­ti­ons­teil, das die Tem­pe­ra­tur, die Fahr­zeug­ge­schwin­dig­keit, die Mo­to­ren­dreh­zahl (UpM), den ein­ge­leg­ten Ge­trie­be­gang, den Un­ter­druck im Ein­lass­krüm­mer oder sons­ti­ge Pa­ra­me­ter er­mit­telt, um die Funk­ti­on ei­nes be­lie­bi­gen Teils des Emis­si­ons­kon­troll­sys­tems zu ak­ti­vie­ren, zu ver­än­dern, zu ver­zö­gern oder zu de­ak­ti­vie­ren, wo­durch die Wirk­sam­keit des Emis­si­ons­kon­troll­sys­tems un­ter Be­din­gun­gen, die bei nor­ma­lem Fahr­zeug­be­trieb ver­nünf­ti­ger­wei­se zu er­war­ten sind, ver­rin­gert wird“.

Die Re­ge­lung wird ge­tra­gen von dem im Uni­ons­recht für die Aus­le­gung maß­geb­li­chen Sinn und Zweck (vgl. Gai­ta­ni­des, in: von der Gro­eben/Schwar­ze/Hat­je, Eu­ro­päi­sches Uni­ons­recht, 7. Aufl. [2015], Art. 19 EUV Rn. 44; Gär­ditz, in: Ren­ge­ling/Mid­de­ke/Gel­ler­mann, Hand­buch des Rechts­schut­zes in der Eu­ro­päi­schen Uni­on, 3. Aufl. [2014], § 34 Rn. 58), ei­ne bes­se­re Luft­qua­li­tät durch ei­ne tat­säch­li­che Re­duk­ti­on der Ab­gas­emis­sio­nen von Kraft­fahr­zeu­gen zu er­rei­chen (vgl. Er­wä­gungs­grün­de 6 ff. der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 vom 20.06.2007). Sie ba­siert auf der Sor­ge der Mit­glied­staa­ten der Eu­ro­päi­schen Uni­on über die Luft­ver­schmut­zung und den hier­von aus­ge­hen­den Ge­fah­ren für die Um­welt und die Ge­sund­heit der Bür­ger (Er­wä­gungs­grund 7 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007) und ist ein Er­geb­nis des im März 2001 durch die Kom­mis­si­on in­iti­ier­ten Pro­gramms „Sau­be­re Luft für Eu­ro­pa“, des­sen Grund­zü­ge in der Mit­tei­lung der Kom­mis­si­on vom 04.05.2005 be­schrie­ben sind (Er­wä­gungs­grund 4 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007). Zur Ver­bes­se­rung der Luft­qua­li­tät und zur Ein­hal­tung der Luft­ver­schmut­zungs­grenz­wer­te hat es die Kom­mis­si­on ins­be­son­de­re für er­for­der­lich er­ach­tet, ei­ne er­heb­li­che Min­de­rung der Stick­oxid­emis­sio­nen bei Die­sel­fahr­zeu­gen zu er­rei­chen (Er­wä­gungs­grund 6 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007). Die im Rah­men des Pro­gramms be­schlos­se­nen Maß­nah­men schlos­sen die Op­ti­on, es bei den al­ten Richt­wer­ten zu be­las­sen oder die Selbst­re­gu­lie­rung der Kraft­fahr­zeug­her­stel­ler zu stär­ken, aus. Dass der eu­ro­päi­sche Ge­setz­ge­ber im Rah­men der Fest­set­zung der Emis­si­ons­grenz­wer­te nach Eu­ro 5 und Eu­ro 6 da­von aus­ging, dass die­se Grenz­wer­te im nor­ma­len Fahr­be­trieb und ge­ra­de nicht nur auf dem Prüf­stand ein­ge­hal­ten wer­den, er­gibt sich aus­drück­lich aus den Er­wä­gungs­grün­den der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007, in de­nen es heißt, dass

„wei­te­re An­stren­gun­gen un­ter­nom­men wer­den, um … si­cher­zu­stel­len, dass sich die Grenz­wer­te auf das tat­säch­li­che Ver­hal­ten der Fahr­zeu­ge bei ih­rer Ver­wen­dung be­zie­hen“ (Er­wä­gungs­grund 12)

und Über­prü­fun­gen er­for­der­lich sein kön­nen (!),

„um zu ge­währ­leis­ten, dass die bei der Typ­ge­neh­mi­gungs­prü­fung ge­mes­se­nen Emis­sio­nen de­nen im prak­ti­schen Fahr­be­trieb ent­spre­chen“ (Er­wä­gungs­grund 15).

Die­se Er­wä­gung wä­re über­flüs­sig, gin­ge der Ge­setz­ge­ber da­von aus, dass sein Emis­si­ons-Re­gel­werk le­dig­lich im Prüf­stand­mo­dus im Rah­men der Typ­ge­neh­mi­gung ein­ge­hal­ten wer­den muss. Aus­nah­men von dem strik­ten Hand­lungs­ver­bot in Ge­stalt des Ver­bots der Ver­wen­dung von Ab­schalt­ein­rich­tun­gen kön­nen sich dem­nach al­lein aus der Norm selbst er­ge­ben.

Ein Aus­nah­me­tat­be­stand i. S. des Art. 5 II der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007, der die Rechts­wid­rig­keit ent­fal­len lie­ße, ist vor­lie­gend nicht ein­schlä­gig. Zwar ent­fällt die Rechts­wid­rig­keit der Ver­wen­dung von Ab­schalt­ein­rich­tun­gen i. S. des Art. 5 II 2 lit. a der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007, wenn die Ein­rich­tung not­wen­dig ist, um den Mo­tor vor Be­schä­di­gun­gen oder Un­fall zu schüt­zen und um den si­che­ren Be­trieb des Fahr­zeugs zu ge­währ­leis­ten; die­se Vor­aus­set­zun­gen lie­gen aber nicht vor.

Die Aus­nah­men bzw. Pri­vi­le­gie­run­gen sind ent­spre­chend dem Sinn und Zweck der sie ent­hal­ten­den Re­gel­wer­ke grund­sätz­lich eng aus­zu­le­gen (s. auch Gut­ach­ten der Wis­sen­schaft­li­chen Diens­te des Bun­des­ta­ges „Ab­schalt­ein­rich­tun­gen in Per­so­nen­kraft­wa­gen – Zur Reich­wei­te des Ver­bots nach der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007“ vom 16.03.2016, S. 14, 18). Der Klä­ger trägt durch die Be­zug­nah­me auf öf­fent­lich zu­gäng­li­che Gut­ach­ten qua­li­fi­ziert vor, dass die Stick­oxidre­duk­ti­on durch Ab­gas­rück­füh­rungs­sys­te­me im Rah­men des nor­ma­len Mo­to­ren­be­triebs phy­si­ka­li­schen Gren­zen un­ter­liegt, weil die Stick­oxi­de (nach­fol­gend: NOX), die im Zy­lin­der ge­bil­det wer­den, ex­po­nen­ti­ell mit den Ver­bren­nungs­tem­pe­ra­tu­ren zu­näh­men. Der Zeit­punkt des Be­ginns der Ver­bren­nung und die Ver­bren­nungs­dau­er sei­en aber weit­ge­hend be­stim­mend für den Leis­tungs­grad des Mo­tors. Um die NOX-Emis­sio­nen zu mi­ni­mie­ren, müss­ten die Spit­zen­tem­pe­ra­tu­ren so nied­rig wie mög­lich ge­hal­ten wer­den, was der Er­rei­chung ma­xi­ma­ler Leis­tung ent­spre­chend im Weg ste­he. Zur Re­du­zie­rung von Spit­zen­tem­pe­ra­tu­ren stün­den ver­schie­de­ne Mög­lich­kei­ten zur Ver­fü­gung, die je­doch nichts an der ge­schil­der­ten phy­si­ka­li­schen Be­din­gung än­der­ten, dass die Re­du­zie­rung der Tem­pe­ra­tur auf Kos­ten der Leis­tungs­fä­hig­keit des Mo­tors ge­he. So­weit in den Ver­bren­nungs­vor­gang mit dem Ziel der Re­du­zie­rung der Spit­zen­tem­pe­ra­tu­ren ein­ge­grif­fen wer­de, er­hö­he sich durch die not­wen­dig ver­län­ger­te Ver­bren­nungs­dau­er die Par­ti­k­el­e­mis­si­on und um­ge­kehrt. Die­ses Phä­no­men wer­de als “Ruß-NOX-Tra­de-Off“ be­zeich­net. Im Fal­le der Ver­rin­ge­rung der NOX-Wer­te und ei­ner da­mit ein­her­ge­hen­den Er­hö­hung der Par­ti­k­el­e­mis­si­on kom­me es zu er­höh­ten Be­las­tun­gen der Par­ti­kel­fil­ter, die sich schnel­ler zu­setz­ten. Die­se müss­ten in der Fol­ge wäh­rend des Be­triebs der Ab­schalt­ein­rich­tung, al­so im „Prüf­mo­dus“ des Mo­tors, häu­fi­ger sau­ber­ge­brannt wer­den als im nor­ma­len Fahr­zeug­mo­dus. Die­ser Vor­gang fin­de so­wohl in ak­ti­ver als auch in pas­si­ver Re­ge­ne­ra­ti­on statt. Im Fal­le der ak­ti­ven Re­ge­ne­ra­ti­on wer­de durch das Ein­sprit­zen von zu­sätz­li­chem Die­sel­kraft­stoff in die Ab­gas­an­la­ge die Tem­pe­ra­tur des Ab­ga­ses beim Ein­tre­ten in den Die­sel­par­ti­kel­fil­ter er­höht. Hier­durch könn­ten die Par­ti­kel in dem Par­ti­kel­fil­ter mit dem zu­sätz­li­chen Sau­er­stoff im Ab­gas oxi­die­ren und so den Fil­ter rei­ni­gen. Hier­für sei­en Tem­pe­ra­tu­ren von 500–600 °C er­for­der­lich. Hier­durch stei­ge die Wahr­schein­lich­keit ei­ner Be­schä­di­gung des Par­ti­kel­fil­ters, was zu ei­nem Mo­tor­scha­den füh­re, weil es durch die ho­he Tem­pe­ra­tur auch zu un­kon­trol­lier­ten Re­ge­ne­ra­tio­nen und Tem­pe­ra­tur­gra­di­en­ten kom­men kön­ne, die durch lo­ka­le „Hot­spots“ in­ner­halb des Par­ti­kel­fil­ters ver­ur­sacht wür­den.

Die­se Dar­le­gun­gen sind zwar von der Be­klag­te zu 2 be­strit­ten, aber sie ist ih­nen nicht hin­rei­chend qua­li­fi­ziert ent­ge­gen­ge­tre­ten (§ 138 III ZPO). So­weit hier­nach und auf der Grund­la­ge der dar­ge­leg­ten ge­richts­be­kann­ten Tat­sa­chen da­von aus­zu­ge­hen ist, dass ein Mo­tor, der al­lein durch Ab­gas­rück­füh­rung die Grenz­wer­te der Eu­ro-5- und Eu­ro-6-Norm ein­zu­hal­ten ver­mag, in dem der Typ­ge­neh­mi­gung ent­spre­chen­den Nor­mal­be­trieb ei­nem er­höh­ten Ver­schleiß un­ter­liegt und ei­ner ho­hen Scha­den­s­an­fäl­lig­keit aus­ge­setzt ist, steht dies der An­nah­me des Aus­nah­me­tat­be­stands ent­ge­gen, weil der Mo­tor nur da­durch zu schüt­zen wä­re, dass die Ab­gas­rück­füh­rung dau­er­haft ab­ge­schal­tet wird. Dies steht in ei­nem un­ver­ein­ba­ren Wi­der­spruch zum Sinn und Zweck der ge­sam­ten ge­setz­li­chen Re­ge­lung, die dar­auf ab­zielt, dass die im Rah­men des Ge­neh­mi­gungs­ver­fah­rens ge­mes­se­nen Wer­te de­nen im prak­ti­schen Fahr­be­trieb ent­spre­chen (Er­wä­gungs­grund 15 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007). Die auf den Schutz des Mo­tors ab­zie­len­de Pri­vi­le­gie­rung kann an­ge­sichts des­sen kei­ne taug­li­che Rechts­grund­la­ge da­für sein, ei­ne Ab­schalt­ein­rich­tung re­gel­mä­ßig auch bei sol­chen Be­triebs­be­din­gun­gen, die bei nor­ma­lem, be­stim­mungs­ge­mä­ßem Ge­brauch ei­nes Per­so­nen­kraft­wa­gens ty­pi­scher­wei­se ein­tre­ten, le­gal an­zu­wen­den (s. auch Gut­ach­ten der Wis­sen­schaft­li­chen Diens­te des Bun­des­ta­ges „Ab­schalt­ein­rich­tun­gen in Per­so­nen­kraft­wa­gen – Zur Reich­wei­te des Ver­bots nach der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007“ vom 16.03.2016, S. 18).

2. Von den un­ter II 1 dar­ge­leg­ten Tat­sa­chen und der Rechts­wid­rig­keit der so pro­du­zier­ten Mo­to­ren hat­te der Vor­stand der Be­klag­ten zu 2 zur Über­zeu­gung der Kam­mer Kennt­nis.

Die Pro­gram­mie­rung der Soft­ware setzt den­knot­wen­dig ei­ne ak­ti­ve, im Hin­blick auf die­ses Er­geb­nis ge­woll­te, prä­zi­se Pro­gram­mie­rung der Mo­tor­steue­rungs­soft­ware vor­aus und schließt die An­nah­me ei­ner fahr­läs­si­gen Her­bei­füh­rung die­ses Zu­stands aus (§ 291 ZPO). Ist ei­ne sol­che Ein­stel­lung, wie hier bei den Mo­to­ren der Se­rie EA189, aus­nahms­los bei je­dem Mo­tor die­ser Se­rie auf­find­bar, spricht ei­ne tat­säch­li­che Ver­mu­tung da­für, dass ei­ne Ent­schei­dung da­für, die Mo­to­ren mit die­ser Ein­stel­lung plan­voll und ab­sicht­lich zu pro­du­zie­ren und in den Ver­kehr zu brin­gen, an­ge­sichts der Trag­wei­te und Ri­si­ken für die Ge­samt­ge­schi­cke ei­nes so agie­ren­den Kon­zerns durch die Ge­schäfts­lei­tung selbst ge­trof­fen wur­de und da­mit der Be­klag­ten zu 2 zu­re­chen­bar ist ge­mäß § 31 BGB.

Der Klä­ger hat dar­ge­legt, im Jahr 2004 ha­be die Ro­bert Bosch GmbH im Auf­trag der AU­DI AG erst­mals ei­ne Mo­tor­steue­rungs­soft­ware als Ab­schalt­ein­rich­tung für Die­sel­mo­to­ren ent­wi­ckelt. Die­se Soft­ware sei spä­ter in der Ab­tei­lung An­triebs­tech­nik, Mo­to­ren und Über­tra­gung un­ter der Lei­tung von I bei der AU­DI AG wei­ter­ent­wi­ckelt wor­den. Die Kennt­nis des Vor­stands der Be­klag­ten zu 2 er­ge­be sich dar­aus, dass der Vor­stands­vor­sit­zen­de der AU­DI AG von 2002 bis 2007, Mar­tin Win­ter­korn, im Jahr 2007 zum Vor­stands­vor­sit­zen­den der Be­klag­ten zu 2 wur­de. Mit ihm sei I als Lei­ter der Ab­tei­lung An­triebs­tech­nik zur Be­klag­ten zu 2 ge­wech­selt. Der lei­ten­de Chef­ent­wick­ler, K, sei von 2002 bis 2007 bei der AU­DI AG ge­we­sen und dann zur Be­klag­ten zu 2 ge­wech­selt, be­vor er von 2013 bis 2015 wie­der zur AU­DI AG zu­rück­ge­kehrt sei.

Der da­ma­li­ge Vor­stands­vor­sit­zen­de der Be­klag­ten zu 2, Prof. Dr. Mar­tin Win­ter­korn, ha­be hier­bei aus Ge­winn­sucht und in der Ab­sicht, beim Ver­kauf der Fahr­zeu­ge die Ver­brau­cher zu täu­schen, ge­han­delt. Die Ent­wick­lungs­in­ge­nieu­re der AU­DI AG hät­ten in den Jah­ren 2005 und 2006 im Rah­men der Op­ti­mie­rung der Stick­oxid­wer­te und den je­wei­li­gen Ab­gas­rück­füh­rungs­wer­ten fest­ge­stellt, dass die Er­hö­hung der Ab­gas­rück­füh­rungs­wer­te zu ei­nem schnel­len Zu­set­zen der Par­ti­kel­fil­ter führ­ten. Das wie­der­hol­te Frei­b­ren­nen und die Be­schleu­ni­gung der Vor­gän­ge im Par­ti­kel­fil­ter hät­ten da­zu ge­führt, dass die Par­ti­kel­fil­ter be­reits um die 50.000 km Lauf­leis­tung ih­ren Dienst ein­stell­ten. Mit die­sen Test­ergeb­nis­sen im Rü­cken ha­be der Vor­stands­vor­sit­zen­de der AU­DI AG En­de des Jah­res 2006 ent­schie­den, dass es un­mög­lich sei, das Ab­gas­rück­füh­rungs­sys­tem so zu op­ti­mie­ren, dass Lang­zeit­schä­den an Mo­tor und Par­ti­kel­fil­ter ver­hin­dert wer­den kön­nen. Vor die­sem Hin­ter­grund ha­be man sich in Kennt­nis des Vor­stands da­für ent­schie­den, die Soft­ware ein­zu­set­zen, um aus­schließ­lich für den Prüf­be­trieb ei­ne Mo­tor­ein­stel­lung zu be­sit­zen, die die ge­setz­li­chen Stick­oxid­wer­te ein­hält. Hier­nach ha­be der Vor­stand der Be­klag­ten zu 2 un­ter Nut­zung der Soft­ware dar­an ge­ar­bei­tet, durch die Be­wer­bung ei­ner „Cle­an-Die­sel“-Mo­to­ri­sie­rung un­ter Her­aus­he­bung der be­son­de­ren Um­welt­freund­lich­keit der von ihr her­ge­stell­ten Die­sel­fahr­zeu­ge zum Welt­markt­füh­rer auf­zu­stei­gen. Dies er­ge­be sich aus ei­ner Re­de des Vor­stands­vor­sit­zen­den der Be­klag­ten zu 2, Prof. Dr. Mar­tin Win­ter­korn, vom am 19.04.2007. Für die Er­rei­chung des Ziels ha­be man die Ver­brau­cher eben­so wie die Zu­las­sungs­be­hör­den durch die mas­sen­haf­te Falschaus­stel­lung von Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gun­gen täu­schen müs­sen, was ein or­ga­ni­sier­tes Zu­sam­men­wir­ken des Ge­samt­kon­zerns vor­aus­set­ze. Hier­bei hät­ten die Or­ga­ne der Be­klag­ten zu 2 in Kennt­nis der Fol­gen der Stick­oxid­be­las­tung un­ter In­kauf­nah­me der Er­kran­kung so­wie des Früh­ver­ster­bens von atem­wegs­sen­si­blen Men­schen und der rechts­wid­ri­gen Um­welt­ver­schmut­zung ge­han­delt.

Dem ist die Be­klag­te zu 2 nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten. So­weit die Be­klag­te zu 2 le­dig­lich ein­fach be­strei­tet, dass ihr Vor­stand von der Soft­ware­ma­ni­pu­la­ti­on Kennt­nis hat­te, trifft sie an­ge­sichts der of­fen­kun­di­gen An­knüp­fungs­tat­sa­chen die Dar­le­gungs- und Be­weis­last für die­sen Vor­trag. Denn be­reits auf der Grund­la­ge der of­fen­kun­di­gen Tat­sa­chen muss der Vor­stand der Be­klag­ten zu 2 Kennt­nis von den Tat­sa­chen ge­habt ha­ben, über die die AU­DI AG spä­ter beim Aus­fül­len der Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gun­gen täusch­te. An­ge­sichts des lan­ge be­kann­ten Ziel­kon­flikts zwi­schen mög­lichst ge­rin­ger Koh­len­di­oxid­emis­si­on und der Be­gren­zung der Stick­oxid­emis­si­on so­wie den eben­falls be­kann­ten Schwie­rig­kei­ten, den Stick­oxid­aus­stoß oh­ne Ver­wen­dung der Ad­Blue-Tech­no­lo­gie in­ner­halb des von der Eu­ro-5-Norm vor­ge­ge­be­nen Rah­mens zu hal­ten, oh­ne Mo­tor­schä­den, Leis­tungs­min­de­run­gen oder ei­nen er­höh­ten Koh­len­di­oxid­aus­stoß in Kauf zu neh­men, hät­te für den Vor­stand der Be­klag­ten zu 2 ein deut­li­cher An­lass zu ei­ner ge­nau­en Über­prü­fung der Ab­läu­fe in ih­rem ei­ge­nen Un­ter­neh­men bei der Her­stel­lung der Mo­to­ren be­stan­den, als aus Sicht der für die Mo­to­ren­ent­wick­lung zu­stän­di­gen Mit­ar­bei­ter die Auflösung die­ses Ziel­kon­flikts an­geb­lich auf ein­mal ge­lun­gen war.

Der Vor­stand hat das Un­ter­neh­men den ge­setz­li­chen Be­stim­mun­gen ge­mäß zu or­ga­ni­sie­ren und zu füh­ren (sog. „Com­p­li­an­ce“, vgl. Münch­Komm-AktG/Spind­ler, 4. Aufl. [2014], § 91 Rn. 52 f.). Im Hin­blick auf ge­setz­li­che Pflich­ten (vgl. et­wa §§ 76, 77, 91 II AktG) ist da­von aus­zu­ge­hen, dass bei der Be­klag­ten zu 2 or­ga­ni­sa­to­ri­sche Maß­nah­men (u. a. et­wa durch Ein­rich­tung von In­nen­re­vi­si­on und Con­trol­ling, vgl. Koch, in: Hüf­fer/Koch, AktG, 12. Aufl. [2016], § 91 Rn. 10) in der Wei­se ge­trof­fen wur­den, dass Be­richts­pflich­ten ge­gen­über dem Vor­stand für al­le we­sent­li­chen Ent­schei­dun­gen ein­ge­rich­tet sind und de­ren Ein­hal­tung durch Kon­troll­maß­nah­men auch ge­währ­leis­tet ist. Die Ver­wen­dung ei­ner ver­bo­te­nen Ab­schalt­ein­rich­tung i. S. des Art. 5 II der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 beim Bau der Mo­to­ren darf für den Vor­stand ei­nes fach­kun­di­gen Mo­tor­bau­un­ter­neh­mens und Fahr­zeug­her­stel­lers kei­ne fern­lie­gen­de Ge­fahr dar­stel­len. Der eu­ro­päi­sche Ge­setz­ge­ber hat­te die­se Mög­lich­keit ei­gens zum An­lass ge­nom­men, ein ent­spre­chen­des Ver­bot zu sta­tu­ie­ren und so auf die­ses Pro­blem in be­son­de­rer Wei­se hin­ge­wie­sen. We­gen der Warn­wir­kung, die von die­ser Vor­schrift aus­geht, muss­te sich den Or­ga­nen der Be­klag­ten zu 2 die Mög­lich­keit der Ver­wen­dung ei­ner sol­chen Ab­schalt­ein­rich­tung ge­ra­de­zu auf­drän­gen. So­weit die Or­ga­ne der Be­klag­ten zu 2 trotz der schon durch der für die Typ­ge­neh­mi­gung maß­geb­li­chen Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 of­fen­kun­di­gen Mög­lich­keit, dass ei­ne sol­che Ab­schalt­ein­rich­tung ver­wen­det wird, nicht ein­ge­grif­fen und die wei­te­re Pro­duk­ti­on der Mo­to­ren durch ih­re Mit­ar­bei­ter oh­ne je­de wei­te­re Prü­fung ge­dul­det und gleich­sam nicht ver­hin­dert ha­ben, ge­reicht die­ses Ver­hal­ten zum Vor­wurf des vor­sätz­li­chen Un­ter­las­sens i. S. des § 13 I StGB.

Die Be­klag­te zu 2 muss­te wis­sen, dass die AU­DI AG die ihr ge­lie­fer­ten Mo­to­ren in ih­re Fahr­zeu­ge ein­bau­en und auf den Markt brin­gen wür­de. Dass die AU­DI AG dies­be­züg­lich bei der Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung des je­wei­li­gen Fahr­zeugs fal­sche An­ga­ben ma­chen muss, um die Fahr­zeu­ge mit der Soft­ware ver­mark­ten zu kön­nen, war für sie, die selbst Fahr­zeu­ge pro­du­ziert, ab­seh­bar.

3. Durch ih­re Hand­lung hat die Be­klag­te zu 2 dem Her­stel­ler des Fahr­zeugs, der AU­DI AG, Bei­hil­fe zur Be­ge­hung ei­nes Be­tru­ges i. S. des § 263 I StGB ge­leis­tet. Die Ab­ga­be der Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung durch die AU­DI AG stellt ei­ne ak­ti­ve Täu­schung der Käu­fer i. S. des § 263 I StGB dar, denn sie ent­hält die Aus­kunft des Her­stel­lers, dass das kon­kre­te Fahr­zeug den Ge­neh­mi­gungs­vor­aus­set­zun­gen ent­spricht, ob­wohl es tat­säch­lich ei­ne rechts­wid­ri­ge Mo­tor­steue­rung ent­hält, die nicht ge­neh­mi­gungs­fä­hig ist. Mit der Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung ein­her geht die In­for­ma­ti­on, dass die aus der Typ­ge­neh­mi­gung des Fahr­zeugs er­sicht­li­che Ein­hal­tung der NOX-Emis­sio­nen der Eu­ro-5-Grenz­wert­ta­bel­le ge­ra­de nicht auf der Nut­zung ei­ner il­le­gal ver­wen­de­ten Ab­schalt­ein­rich­tung ba­siert, weil das Fahr­zeug an­dern­falls nicht ge­neh­mi­gungs­fä­hig wä­re. Da­mit darf ein ver­stän­di­ger Käu­fer er­war­ten, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug in al­len Be­triebs­zu­stän­den die NOX-Grenz­wer­te der Eu­ro-5-Norm nicht über­schrei­tet.

§ 27 I der Ver­ord­nung über die EG-Ge­neh­mi­gung für Kraft­fahr­zeu­ge und ih­re An­hän­ger so­wie für Sys­te­me, Bau­tei­le und selbst­stän­di­ge tech­ni­sche Ein­hei­ten für die­se Fahr­zeu­ge des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Ver­kehr, Bau und Stadt­ent­wick­lung vom 03.02.2011 (EG-FGV) macht die Ver­äu­ße­rung, das An­ge­bot und die In­ver­kehr­ga­be ei­nes neu­en Fahr­zeugs da­von ab­hän­gig, dass es mit ei­ner gül­ti­gen Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung ge­mäß An­hang IX der Richt­li­nie 2007/46/EG ver­se­hen ist. Zur Er­tei­lung der Be­schei­ni­gung ist der Her­stel­ler nach § 6 I EG-FGV ver­pflich­tet. Mit ihr er­klärt der Her­stel­ler ei­nes Fahr­zeugs als In­ha­ber der ent­spre­chen­den Typ­ge­neh­mi­gung, dass es im Zeit­punkt sei­ner Her­stel­lung al­len ein­schlä­gi­gen Rechts­ak­ten ent­spricht (§§ 6 I, 17 I EG-FGV, vgl. Kraft­fahrt-Bun­des­amt [Hrsg.], Merk­blatt zur Er­tei­lung von Mehr­stu­fen-Typ­ge­neh­mi­gun­gen nach der Richt­li­nie 2007/46/EG, S. 9). Die­se Er­klä­rung des Her­stel­lers dient da­zu, ei­ne be­ste­hen­de Ge­neh­mi­gung zu ei­nem be­stimm­ten Fahr­zeug in Be­zie­hung zu set­zen. Die Ein­schal­tung des Her­stel­lers in das Zu­las­sungs­ver­fah­ren be­wirkt, dass der Adres­sat ei­ner Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung oder der ver­gleich­ba­ren Ak­te nach den Vor­schrif­ten der StV­ZO ei­ner un­gleich grö­ße­ren Ge­fahr von Ma­ni­pu­la­tio­nen aus­ge­setzt ist. Denn bei der Er­tei­lung ei­ner Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung be­steht per­so­nel­le Iden­ti­tät zwi­schen der zer­ti­fi­zie­ren­den Stel­le und dem Ur­he­ber der zu zer­ti­fi­zie­ren­den Leis­tung, des­sen Ver­hal­ten ge­ra­de die Quel­le für die Un­rich­tig­keit des Zer­ti­fi­kats sein kann (Har­ke, VuR 2017, 83 [84]).

Das Ver­bot von In­ver­kehr­ga­be, Han­del und Ver­kauf ei­nes Fahr­zeugs oh­ne gül­ti­ge Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung in § 27 I EG-FGV be­ruht nicht nur auf ei­ner ent­spre­chen­den Re­ge­lung in Art. 26 I der zu­grun­de lie­gen­den Richt­li­nie 2007/46/EG; die na­tio­na­le Vor­schrift nimmt in ih­rem Wort­laut auch di­rek­ten Be­zug auf die Richt­li­nie, in­dem sie zur nä­he­ren Be­stim­mung der An­for­de­run­gen an die Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung auf An­hang IX der Richt­li­nie ver­weist. Es kann da­hin­ste­hen, ob sie durch die Be­zug­nah­me in na­tio­na­les Recht in­kor­po­riert wur­de, denn An­hang IX der Richt­li­nie 2007/46/EG wur­de durch die Ver­ord­nung (EG) Nr. 385/2009 zur Er­set­zung des An­hangs IX der Richt­li­nie 2007/46/EG vom 07.05.2009 zu un­mit­tel­bar an­wend­ba­rem na­tio­na­len Recht. Nach Er­wä­gungs­grund 2 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 385/2009 stellt die Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung ei­ne dem Käu­fer des Fahr­zeugs aus­ge­hän­dig­te of­fi­zi­el­le Er­klä­rung dar, dass ein be­stimm­tes Fahr­zeug ge­mäß den An­for­de­run­gen der Ge­mein­schafts­vor­schrif­ten für die Typ­ge­neh­mi­gung ge­baut wor­den ist. Hier­bei ist nach Er­wä­gungs­grund 3 der der Ver­ord­nung (EG) Nr. 385/2009 si­cher­zu­stel­len, dass die An­ga­ben auf der Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung für die be­tei­lig­ten Ver­brau­cher und Wirt­schafts­teil­neh­mer ver­ständ­lich sind. Als obers­tes Ziel for­mu­liert die Ver­ord­nung (EG) Nr. 385/2009:

„Die Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung stellt ei­ne Er­klä­rung des Fahr­zeug­her­stel­lers dar, in der er dem Fahr­zeug­käu­fer ver­si­chert, dass das von ihm er­wor­be­ne Fahr­zeug zum Zeit­punkt sei­ner Her­stel­lung mit den in der Eu­ro­päi­schen Uni­on gel­ten­den Rechts­vor­schrif­ten über­ein­stimm­te. Die Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung soll es au­ßer­dem den zu­stän­di­gen Be­hör­den der Mit­glied­staa­ten er­mög­li­chen, Fahr­zeu­ge zu­zu­las­sen, oh­ne vom An­trag­stel­ler zu­sätz­li­che tech­ni­sche Un­ter­la­gen an­for­dern zu müs­sen.“

Das den Her­stel­ler zur Ab­ga­be ei­ner Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung ver­pflich­ten­de Typ­ge­neh­mi­gungs­ver­fah­ren ist auch durch die Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 über die Typ­ge­neh­mi­gung hin­sicht­lich der Emis­sio­nen von leich­ten Per­so­nen­kraft­wa­gen und Nutz­fahr­zeu­gen (Eu­ro 5 und Eu­ro 6) ge­re­gelt. Die Ver­ord­nung setzt, wie be­reits dar­ge­legt, die maß­geb­li­chen Grenz­wer­te für die Fahr­zeu­ge­mis­sio­nen fest und sta­tu­iert in Art. 5 II ein Ver­bot von Ab­schalt­ein­rich­tun­gen. We­gen der Ver­knüp­fung des Typ­ge­neh­mi­gungs­ver­fah­rens mit den Vor­ga­ben zur Si­che­rung ei­nes be­stimm­ten Um­welt­schutz­ni­veaus kommt der Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung die Funk­ti­on zu, die Ein­hal­tung der ma­te­ri­el­len Vor­ga­ben für die Typ­ge­neh­mi­gung nach au­ßen, ge­gen­über Kun­den und Käu­fern, aus­zu­wei­sen und so si­cher­zu­stel­len, dass die für den Typ vor­ge­schrie­be­nen Grenz­wer­te und Ver­bo­te im Ein­zel­fall ein­ge­hal­ten sind. Die­sem Zweck kor­re­spon­diert das Ver­bot von An­ge­bot, Ver­äu­ße­rung oder In­ver­kehr­ga­be ei­nes Fahr­zeugs oh­ne gül­ti­ge Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung aus § 27 I EG-FGV (vgl. Har­ke, VuR 2017, 83 [85]).

Die AU­DI AG hat zur Über­zeu­gung der Kam­mer in Kennt­nis der Tat­sa­che, dass die ge­setz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen der Typ­zu­las­sung der Fahr­zeu­ge der­je­ni­gen Bau­rei­he, der das klä­ge­ri­sche Fahr­zeug an­ge­hört, we­gen des Ver­sto­ßes ge­gen Art. 5 II der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 ge­mäß Art. 10 II der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 nicht vor­lie­gen, vor­sätz­lich ei­ne fal­sche Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung i. S. des § 6 I EG-FGV für das Fahr­zeug aus­ge­stellt. Die Ab­ga­be der Über­ein­stim­mungs­er­klä­rung und die da­mit ein­her­ge­hen­de Täu­schungs­hand­lung ist nach der Auf­fas­sung der Kam­mer nur vor­sätz­lich denk­bar, weil der AU­DI AG als eta­blier­ter Fahr­zeug­her­stel­le­rin die Kennt­nis der Typ­ge­neh­mi­gungs­vor­aus­set­zun­gen für ih­re ei­ge­nen Fahr­zeu­ge un­ter­stellt wer­den kann.

So­weit sich die AU­DI AG dar­auf be­ruft, sie ha­be von der Nut­zung der Ab­schalt­ein­rich­tung in den ihr ver­kauf­ten Mo­to­ren nichts ge­wusst, än­der­te dies mög­li­cher­wei­se die Be­ge­hungs­form i. S. des § 13 StGB; an ih­rem Vor­satz än­dert dies je­doch nichts. An­ge­sichts des lan­ge be­kann­ten Ziel­kon­flikts zwi­schen mög­lichst ge­rin­ger Koh­len­di­oxid­emis­si­on und der Be­gren­zung der Stick­oxid­emis­si­on so­wie den eben­falls be­kann­ten Schwie­rig­kei­ten, den Stick­oxid­aus­stoß oh­ne Ver­wen­dung der Ad­Blue-Tech­no­lo­gie in­ner­halb des von der Eu­ro-5-Norm vor­ge­ge­be­nen Rah­mens zu hal­ten, oh­ne Mo­tor­schä­den, Leis­tungs­min­de­run­gen oder ei­nen er­höh­ten Koh­len­di­oxid­aus­stoß in Kauf zu neh­men, hät­te auch für die AU­DI AG ein deut­li­cher An­lass zu ei­ner ge­nau­en Über­prü­fung der ihr ge­lie­fer­ten Mo­to­ren be­stan­den, als aus Sicht der für die Mo­to­ren­ent­wick­lung zu­stän­di­gen Mit­ar­bei­ter die Auflösung die­ses Ziel­kon­flikts an­geb­lich auf ein­mal ge­lun­gen war. Die Ver­wen­dung ei­ner ver­bo­te­nen Ab­schalt­ein­rich­tung i. S. des Art. 5 II der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 beim Bau der Mo­to­ren stell­te für ei­nen fach­kun­di­gen Ab­neh­mer von Mo­to­ren kei­ne fern­lie­gen­de Ge­fahr dar. Der eu­ro­päi­sche Ge­setz­ge­ber hat­te die­se Mög­lich­keit ei­gens zum An­lass ge­nom­men, ein ent­spre­chen­des Ver­bot zu sta­tu­ie­ren, und so auf die­ses Pro­blem in be­son­de­rer Wei­se hin­ge­wie­sen. We­gen der Warn­wir­kung, die von die­ser Vor­schrift aus­geht, muss­te sich den Re­prä­sen­tan­ten der AU­DI AG die Mög­lich­keit der Ver­wen­dung ei­ner sol­chen Ab­schalt­ein­rich­tung ge­ra­de­zu auf­drän­gen. So­weit die Re­prä­sen­tan­ten der AU­DI AG trotz der schon durch der für die Typ­ge­neh­mi­gung maß­geb­li­chen Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 of­fen­kun­di­gen Mög­lich­keit, dass ei­ne sol­che Ab­schalt­ein­rich­tung ver­wen­det wird, nicht ein­ge­grif­fen und die Aus­stel­lung wei­te­rer Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gun­gen durch ih­re Mit­ar­bei­ter oh­ne je­de wei­te­re Prü­fung ge­dul­det und gleich­sam nicht ver­hin­dert ha­ben, ge­reicht die­ses Ver­hal­ten zum Vor­wurf ei­nes be­ding­ten Vor­satz.

Das Han­deln der die Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung un­ter­zeich­nen­den Mit­ar­bei­ter ist der AU­DI AG zu­re­chen­bar und lässt den Vor­wurf des vor­sätz­li­chen Nicht­ein­schrei­tens un­be­rührt.

Nach § 31 BGB ist die ju­ris­ti­sche Per­son für den Scha­den ver­ant­wort­lich, den ein Or­gan oder ein an­de­rer ver­fas­sungs­mä­ßig be­ru­fe­ner Ver­tre­ter durch ei­ne in Aus­füh­rung der ihm zu­ste­hen­den Ver­rich­tun­gen be­gan­ge­ne, zum Scha­dens­er­satz ver­pflich­ten­de Hand­lung ei­nem Drit­ten zu­fügt. Über den Wort­laut der §§ 30, 31 BGB hin­aus hat die Recht­spre­chung ei­ne Re­prä­sen­tan­ten­haf­tung für sol­che Per­so­nen ent­wi­ckelt, de­nen durch die all­ge­mei­ne Be­triebs­re­ge­lung und Hand­ha­bung be­deut­sa­me, we­sens­mä­ßi­ge Funk­tio­nen der ju­ris­ti­schen Per­son zur selbst­stän­di­gen, ei­gen­ver­ant­wort­li­chen Er­fül­lung zu­ge­wie­sen sind, so­dass sie die ju­ris­ti­sche Per­son im Rechts­ver­kehr re­prä­sen­tie­ren (BGH, Urt. v. 30.10.1967 – VII ZR 82/65, BGHZ 49, 19 [21 f.]; Urt. v. 05.03.1998 – III ZR 183/96, NJW 1998, 1854 [1856] m. w. Nachw.; Urt. v. 10.02.2005 – III ZR 258/04, WM 2005, 701 [704]; MünchKomm-BGB/Reu­ter, 6. Aufl., § 31 Rn. 20 ff.). Da es der ju­ris­ti­schen Per­son nicht frei­steht, selbst dar­über zu ent­schei­den, für wen sie oh­ne Ent­las­tungs­mög­lich­keit haf­ten will, kommt es nicht ent­schei­dend auf die Fra­ge an, ob die Stel­lung des „Ver­tre­ters“ in der Sat­zung der Kör­per­schaft vor­ge­se­hen ist oder ob er über ei­ne ent­spre­chen­de rechts­ge­schäft­li­che Ver­tre­tungs­macht ver­fügt (BGH, Urt. v. 14.03.2013 – III ZR 296/11, NJW 2013, 3366 Rn. 12).

Zu den un­ter § 31 BGB fal­len­den Re­prä­sen­tan­ten der Fahr­zeug­her­stel­ler ge­hö­ren un­ab­hän­gig da­von, ob sie de­ren ge­setz­li­cher Ver­tre­ter sind, die­je­ni­gen An­ge­stell­ten, de­nen die Aus­stel­lung der Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung ob­lag und de­ren Na­men hier­auf an­ge­bracht sind. Denn die Ab­ga­be der Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung ist für ei­nen Her­stel­ler von Kraft­fahr­zeu­gen ei­ne be­deut­sa­me und we­sent­li­che Funk­ti­on, weil nur durch sie nach au­ßen ge­gen­über den Kun­den si­cher­ge­stellt wird, dass das pro­du­zier­te Fahr­zeug den Qua­li­täts­maß­stä­ben ent­spricht, die der Kun­de mit dem Na­men der da­hin­ter ste­hen­den Mar­ke in Ver­bin­dung bringt. Dar­an ge­mes­sen muss sich der Kon­zern die Über­ein­stim­mungs­er­klä­rung zu­rech­nen las­sen, wirbt er doch ge­ra­de ak­tiv nach au­ßen mit den dar­in ent­hal­te­nen Zu­si­che­run­gen sei­ne Kun­den.

4. Hier­über irr­te der Klä­ger. So­weit die AU­DI AG mit der Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung nach dem Wil­len des Ge­setz­ge­bers selbst ver­si­chert, dass das kon­kret her­ge­stell­te Fahr­zeug die be­hörd­li­chen Ge­neh­mi­gungs­vor­aus­set­zun­gen des je­wei­li­gen Fahr­zeug­typs ein­hält, so hat die Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung als Letz­takt des be­hörd­li­chen Ge­neh­mi­gungs­ver­fah­rens, der gleich­sam der Be­hör­de aus der Hand ge­nom­men wur­de, ei­ne un­mit­tel­ba­re Au­ßen­wir­kung ge­gen­über den Käu­fern und Ver­brau­chern. Auf die Fra­ge, in­wie­weit der Her­stel­ler die Ein­hal­tung der Eu­ro-5-Ab­gas­wer­te zu­sätz­lich be­wor­ben hat, kam es da­her nicht an. Da sich der Her­stel­ler nach der ge­setz­ge­be­ri­schen Kon­struk­ti­on des Typ­ge­neh­mi­gungs­ver­fah­rens die Ein­hal­tung der Ge­neh­mi­gungs­vor­aus­set­zun­gen in Be­zug auf das kon­kre­te Fahr­zeug je­weils selbst be­schei­ni­gen kann, ist der Käu­fer be­son­ders schutz­wür­dig. Ein Irr­tum liegt da­her be­reits dann vor, wenn er sich kei­ne wei­te­ren Vor­stel­lun­gen über die kon­kret ein­zu­hal­ten­den Ab­gas­wer­te macht, son­dern schlicht auf den ord­nungs­ge­mä­ßen Bau des Fahr­zeugs im Sin­ne der be­ste­hen­den be­hörd­li­chen Ge­neh­mi­gung ver­traut.

Da­für, dass der Klä­ger das Fahr­zeug nicht ge­kauft hät­te, wenn er ge­wusst hät­te, dass typ­ge­neh­mi­gungs­wid­rig ei­ne Ab­schalt­ein­rich­tung be­nutzt wur­de, die da­zu führt, dass die Ab­gas­wer­te der Eu­ro-5-Norm nur im Prüf­stand­mo­dus ein­ge­hal­ten wer­den, spricht be­reits ei­ne tat­säch­li­che Ver­mu­tung. Es ist an­er­kannt, dass es bei täu­schen­dem oder ma­ni­pu­la­ti­vem Ver­hal­ten für die Dar­le­gung des ur­säch­li­chen Zu­sam­men­hangs zwi­schen Täu­schung und Ab­ga­be der Wil­lens­er­klä­rung aus­rei­chend ist, dass der Ge­täusch­te Um­stän­de dar­ge­tan hat, die für sei­nen Ent­schluss von Be­deu­tung sein konn­ten und nach der Le­bens­er­fah­rung bei der Art des zu be­ur­tei­len­den Rechts­ge­schäfts Ein­fluss auf die Ent­schlie­ßung ge­habt ha­ben kön­nen (vgl. et­wa BGH, Urt. v. 12.05.1995 – V ZR 34/94, NJW 1995, 2361 [2362] zu § 123 BGB). Die Be­klag­te zu 2 hat die Mo­ti­ve des Klä­gers beim Kauf des Au­tos be­strit­ten; in­des ist sie der sich aus der le­bens­na­hen Be­trach­tung er­ge­ben­den tat­säch­li­chen Ver­mu­tung, dass kein durch­schnitt­lich in­for­mier­ter und wirt­schaft­lich ver­nünf­tig den­ken­der Ver­brau­cher ein Fahr­zeug er­wer­ben wür­de, dem in zahl­rei­chen Städ­ten Fahr­ver­bo­te und bei Of­fen­le­gung der Mo­tor­steue­rung ei­ne Be­triebs­stil­le­gung nach § 5 FZV droht, nicht hin­rei­chend sub­stan­zi­iert ent­ge­gen­ge­tre­ten.

Dass im vor­lie­gen­den Fall zu­fäl­lig ein Händ­ler, die Be­klag­te zu 1, zwi­schen den Klä­ger und die AU­DI AG ge­tre­ten ist, die Ver­mö­gens­ver­fü­gung des Klä­gers mit­hin nicht un­mit­tel­bar an die AU­DI AG er­folg­te, spricht we­der ge­gen das Vor­lie­gen ei­nes Be­tru­ges i. S. des § 263 I StGB noch ge­gen die An­nah­me ei­ner Schutz­ge­setz­ver­let­zung i. S. des § 823 II BGB. Der Tat­be­stand des § 263 I StGB ist auch dann er­füllt, wenn der Täu­schen­de mit Dritt­be­rei­che­rungs­ab­sicht han­delt (Fi­scher, StGB, 59. Aufl., § 263 Rn. 186). Die un­mit­tel­ba­re Dritt­be­rei­che­rung der in­so­weit vor­satz­lo­sen Zwi­schen­händ­ler stellt sich als not­wen­di­ge Vor­aus­set­zung der Er­lan­gung ei­nes ei­ge­nen Ver­mö­gens­vor­teils dar, weil oh­ne die­se kein brei­ter Ver­trieb der Fahr­zeu­ge mög­lich wä­re.

5. Der Scha­den des Klä­gers be­steht in den in Er­fül­lung des Ver­tra­ges ver­füg­ten Ver­mö­gens­wer­ten, hier der Zah­lung des Kauf­prei­ses des Fahr­zeugs, et­wai­gen aus der In­be­trieb­nah­me des Fahr­zeugs fol­gen­den Ver­mö­gens­schä­den und den mit der Rück­ab­wick­lung ver­bun­de­nen Ver­mö­gens­auf­wen­dun­gen. Es kom­men auch wei­ter­ge­hen­de – der­zeit noch nicht be­zif­fer­ba­re – Schä­den in Be­tracht: Die Klä­ger­sei­te hat un­wi­der­spro­chen vor­ge­tra­gen, dass un­ter an­de­rem Kla­ge­ver­fah­ren ge­gen das Kraft­fahrt-Bun­des­amt vor dem VG Gel­sen­kir­chen we­gen der Wei­ter­zu­las­sung der Fahr­zeu­ge lau­fen. Soll­te sich die Wei­ter­be­nut­zung des Fahr­zeugs nach­träg­lich als rechts­wid­rig dar­stel­len, kä­me auch ei­ne nach­träg­li­che In­an­spruch­nah­me des Klä­gers als Hand­lungs­stö­rer in Be­tracht. Dar­über hin­aus hat der Klä­ger vor­ge­tra­gen, in der Fahr­zeug­nut­zung je­den­falls in­so­weit ein­ge­schränkt zu sein, als er be­stimm­te Län­der (et­wa die Schweiz) mit sei­nem Fahr­zeug nicht be­rei­sen kön­ne, so­dass wei­ter­ge­hen­der Scha­dens­er­satz in Be­tracht kommt.

Es ent­spricht ge­fes­tig­ter Recht­spre­chung des BGH, dass die Ver­lei­tung zu ei­nem Ver­trags­schluss selbst bei ob­jek­ti­ver Äqui­va­lenz von Leis­tung und Ge­gen­leis­tung zum Scha­dens­er­satz in Form der Na­tu­ral­re­sti­tu­ti­on ge­mäß § 249 I BGB ver­pflich­tet, wenn ein ge­täusch­ter Kon­tra­hent den Ver­trag oh­ne das haf­tungs­aus­lö­sen­de Ver­hal­ten nicht ge­schlos­sen hät­te (BGH, Urt. v. 26.09.1997 – V ZR 29/96, NJW 1998, 302 [304]; Urt. v. 21.12.2004 – VI ZR 306/03, NJW-RR 2005, 611 [612]; Urt. v. 08.03.2005 – XI ZR 170/04, NJW 2005, 1579 [1580]; Urt. v. 31.05.2010 – II ZR 30/09, NJW 2010, 2506 Rn. 19; Urt. v. 11.07.2012 – IV ZR 164/11, VersR 2012, 1237 Rn. 64). Vor­aus­set­zung ist le­dig­lich, dass der Ge­schä­dig­te die er­folg­te Ver­trags­bin­dung nicht will­kür­lich als Scha­den an­sieht, son­dern dass sie sich auch nach der Ver­kehrs­an­schau­ung bei Be­rück­sich­ti­gung der Um­stän­de des Ein­zel­falls als un­ver­nünf­tig er­weist (BGH, Urt. v. 26.09.1997 – V ZR 29/96, NJW 1998, 302 [304]; Urt. v. 08.03.2005 – XI ZR 170/04, NJW 2005, 1579 [1580]). Hier­für ge­nügt nach An­sicht des BGH, dass die Leis­tung des an­de­ren Ver­trags­teils, ob­wohl ob­jek­tiv wert­hal­tig, für die Zwe­cke des ge­schä­dig­ten Kon­tra­hen­ten nicht voll brauch­bar ist (BGH, Urt. v. 21.12.2004 – VI ZR 306/03, NJW-RR 2005, 611 [612]; Urt. v. 08.03.2005 – XI ZR 170/04, NJW 2005, 1579 [1580]; Urt. v. 11.07.2012 – IV ZR 164/11, VersR 2012, 1237 Rn. 64; Urt. v. 28.10.2014 – VI ZR 15/14, NJW-RR 2015, 275 Rn. 18). Der Scha­den be­steht dann in dem durch das Fehl­ver­hal­ten be­wirk­ten Ein­griff in das Recht, über die Ver­wen­dung des ei­ge­nen Ver­mö­gens selbst zu be­stim­men, und ist durch Rück­gän­gig­ma­chung der un­ge­wollt ein­ge­gan­ge­nen Ver­pflich­tung zu be­glei­chen (BGH, Urt. v. 31.05.2010 – II ZR 30/09, NJW 2010, 2506 Rn. 19; Urt. v. 21.12.2004 – VI ZR 306/03, NJW-RR 2005, 611 [612]; Urt. v. 28.10.2014 – VI ZR 15/14, NJW-RR 2015, 275 Rn. 20).

Der An­spruch des Klä­gers ge­gen die Be­klag­te zu 2 er­gibt sich auch aus § 826 BGB. Die Täu­schung der Kun­den in Form der brei­ten Wer­bung mit „Cle­an Die­sel“ so­wie der Ein­hal­tung der Eu­ro-5-Ab­gas­wer­te ist die zwin­gen­de Kon­se­quenz aus der Ent­schei­dung der Be­klag­ten zu 2, in der Ab­wä­gung zwi­schen der Ein­hal­tung im­mer stren­ge­rer ge­setz­li­cher Vor­schrif­ten und der Ge­winn­ma­xi­mie­rung Letz­te­rer durch die Pro­gram­mie­rung ei­ner ma­ni­pu­la­ti­ven und nach den Vor­schrif­ten der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 auch rechts­wid­ri­gen Mo­tor­steue­rungs­soft­ware den Vor­zug zu ge­ben, ob­wohl in der Ver­wen­dung der Ad­Blue-Tech­no­lo­gie ei­ne teu­re­re, aber ef­fek­ti­ve Va­ri­an­te zur Re­du­zie­rung der NOX-Wer­te zur Ver­fü­gung ge­stan­den hät­te. In­so­weit ist das oben ge­schil­der­te Ver­hal­ten der Be­klag­ten gleich­sam sit­ten­wid­rig i. S. des § 826 BGB, weil die Ent­schei­dung zu ei­ner so statt­fin­den­den Ge­winn­ma­xi­mie­rung vor­aus­setzt, dass man Er­kran­kun­gen und Ge­sund­heits­schä­den vie­ler Men­schen in Kauf ge­nom­men und sich da­mit ab­ge­fun­den hat. Dies ver­letzt das An­stands­ge­fühl al­ler bil­lig und ge­recht den­ken­den Bür­ger.

Der nutz­lo­se und gleich­sam durch das Kraft­fahrt-Bun­des­amt auf­ge­zwun­ge­ne Nach­er­fül­lungs­ver­such mit­tels Soft­ware­up­date im Wert von 60 € lässt den be­gan­ge­nen Be­trug und wei­te­re de­lik­ti­sche Hand­lun­gen nicht ent­fal­len und ist da­mit un­er­heb­lich für die Fra­ge der Rück­ab­wick­lung im We­ge der Na­tu­ral­re­sti­tu­ti­on. …

PDF er­stel­len