1. Der Erfüllungsort der Nacherfüllung ist mangels eigenständiger Regelung im Kaufrecht nach der allgemeinen Vorschrift des § 269 I BGB zu bestimmen. Danach sind in erster Linie die von den Parteien getroffenen Vereinbarungen entscheidend. Fehlen vertragliche Abreden über den Erfüllungsort, ist auf die jeweiligen Umstände, insbesondere die Natur des Schuldverhältnisses, abzustellen. Lassen sich auch hieraus keine abschließenden Erkenntnisse gewinnen, ist der Erfüllungsort letztlich an dem Ort anzusiedeln, an welchem der Verkäufer zum Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung (§ 269 II BGB) hatte.
  2. Dass der Käufer eines Gebrauchtwagens das Fahrzeug zum Verkäufer bringen oder dorthin transportieren lassen muss, stellt nicht per se eine erhebliche Unannehmlichkeit i. S. des Art. 3 III der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie dar, die es rechtfertigt, den Erfüllungsort der Nacherfüllung am Wohnsitz des Käufers anzusiedeln. Das gilt auch dann, wenn die Entfernung zwischen dem Wohnsitz des Käufers und dem Geschäftssitz des Verkäufers rund 300 km beträgt.

OLG Naumburg, Urteil vom 19.05.2017 – 7 U 3/17

Sachverhalt: Der Kläger hat von dem beklagten Kfz-Händler mit Sitz in H. einen Gebrauchtwagen erworben und begehrt wegen von ihm behaupteter Mängel die Rückabwicklung des Kaufvertrages.

Der Kläger wurde Anfang 2015 im Internet auf den streitgegenständlichen, am 06.03.2009 erstzugelassenen Pkw aufmerksam. Auf seine Anfrage hin teilte ihm der Beklagte am 22.01.2015 mit, der Kaufpreis betrage 22.000 €, wobei ein Altfahrzeug des Klägers für 6.000 € in Zahlung genommen werden könne. Der Kläger erwarb das streitgegenständliche Fahrzeug zu diesen Konditionen am 11.03.2015, nachdem der Beklagte es am 04.03.2015 zur Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO vorgeführt hatte und eine Prüfplakette erteilt worden war.

Bestandteil des Kaufvertrages waren auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten, die dem Kläger bei Abschlusses des Kaufvertrages übergeben wurden. Darin heißt es unter anderem:

„Wird der Kaufgegenstand wegen eines Sachmangels betriebsunfähig, kann sich der Käufer mit Zustimmung des Verkäufers an den dem Ort des betriebsunfähigen Kaufgegenstandes nächstliegenden dienstbereiten Kfz-Meisterbetrieb wenden, wenn sich der Ort des betriebsunfähigen Kaufgegenstandes mehr als 50 km vom Verkäufer entfernt befindet.“

Der Kläger holte das Fahrzeug Mitte März 2015 am Geschäftssitz des Beklagten ab und überführte es an seinen Wohnort S. Die Entfernung zwischen beiden Orten beträgt 291 km.

Mit E-Mail vom 16.04.2015 rügte der Kläger folgende Mängel:

  1. Stoßfänger vorne verbogen
  2. diverse Roststellen an der Karosserie
  3. Schwitzwasser in den Scheinwerfern
  4. elektrisch verstellbare Pedale keine Funktion
  5. Reifendrucküberwachung keine Funktion
  6. Rückfahrleuchte keine Funktion
  7. Soundsystem hinten keine Funktion
  8. Sitze 2. Reihe links Entriegelung defekt
  9. Sitze 3. Reihe lassen sich nicht versenken, Laderaum nicht benutzbar
  10. Anhängerkupplung nicht abgenommen/eingetragen, Betrieb in Deutschland illegal, nicht versichert, somit nicht benutzbar, handelsüblicher Fahrradträger passt nicht auf Kupplung, Elektrik funktioniert nicht korrekt (Blinker rechts funktioniert nicht, ist mit Bremslicht verbunden), es wurde kein Elektriksatz verbaut
  11. Bremsanlage verschlissen
  12. Gasbetrieb nicht fahrbar – Motorruckeln

Mit E-Mail vom 20.04.2015 beanstandete der Kläger überdies ein „starkes Ruckeln im Gasbetrieb“ und bat um Lösungsvorschläge für die bereits gerügten Mängel sowie um Mitteilung, wann der Beklagte das Fahrzeug abhole.

Der Beklagte bat seinerseits am 20.04.2015 um einen Vorschlag, wann der Kläger das Fahrzeug zur Mängelprüfung und -beseitigung vorbeibringen könne. Mit E-Mail vom 24.04.2015 wies der Beklagte darauf hin, dass er nicht verpflichtet sei, das Fahrzeug bei dem Kläger abzuholen, und wiederholte seine Bereitschaft zur Mängelbeseitigung.

Daraufhin rügte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben 04.05.2015 erneut die genannten Mängel. Er setzte dem Beklagten eine Frist zur Nachbesserung bis zum 14.05.2015 forderte den Beklagten erneut auf, den Pkw bei ihm – dem Kläger – abzuholen.

Nachdem der Beklagte auf dieses Schreiben nicht reagiert hatte, erklärte der Kläger mit Schreiben vom 03.06.2015 den Rücktritt vom Kaufvertrag, hilfsweise die Anfechtung.

Das Landgericht (LG Halle, Urt.v. 01.12.2016 ndash; 4 O 72/16) hat die Klage abgewiesen. Es hat die Wirksamkeit des Rücktritts mit der Begründung verneint, der Kläger habe dem Beklagten keine Möglichkeit zur Nachbesserung gegeben, da er das Fahrzeug nicht in die Werkstatt des Beklagten gebracht habe. Erfüllungsort der hinsichtlich aller gerügten Mängel möglichen Nachbesserung sei nach der Rechtsprechung des BGH gemäß § 269 I, II BGB der Ort der Niederlassung des Beklagten. Die vom Kläger zitierte ältere Rechtsprechung der Instanzgerichte sei überholt. § 269 I, II BGB sei auch im Lichte des Art. 3 II der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie nicht erweiternd auszulegen, weil die dort geforderte Vermeidung erheblicher Unannehmlichkeiten für den Verbraucher jedenfalls nicht in der Versendung des Kaufgegenstandes liege, für die zudem auch ein Kostenvorschussanspruch bestehe, sodass auch der finanzielle Aspekt als erhebliche Unannehmlichkeit ausscheide. Die hilfsweise erklärte Anfechtung greife wegen der Bedingungsfeindlichkeit der Anfechtung nicht durch.

Der Kläger meint demgegenüber, der Beklagte sei vertraglich zur Abholung des Pkw verpflichtet gewesen, weil er – der Kläger – das straßenverkehrsrechtlich nicht zugelassene Fahrzeug andernfalls über 291 km zum Beklagten hätte transportieren müssen. Dies wäre mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden gewesen. Daran ändere nichts, dass der Beklagte gemäß § 439 II BGB die Transportkosten hätte tragen müssen. Denn die Transportkosten hätte er – der Kläger – zunächst vorleisten und außerdem das Transportrisiko tragen müssen. Dies widerspreche Art. 3 III der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie.

Die Berufung hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: B. … Die Klage ist unbegründet.

1. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gemäß den §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 323 I, 346 BGB nicht zu, denn er war zum Rücktritt vom Kaufvertrag nicht berechtigt. Auf die Frage, ob das verkaufte Fahrzeug Mängel aufwies, kommt es nicht an. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages, weil er dem Beklagten nicht die Möglichkeit eingeräumt hat, die gerügten Mängel an seinem Fahrzeug zu beheben. Denn entgegen der Ansicht des Klägers hätte er das Fahrzeug zur Vornahme der Nacherfüllung (§ 439 BGB) an den Sitz des Beklagten als Verkäufer verbringen müssen. Die Nacherfüllungsaufforderungen vom 16.04. und 20.04.2015 sowie vom 04.05.2015 genügten nicht den Anforderungen des § 323 I BGB an eine Fristsetzung zur Nacherfüllung, da der Kläger seinem Nachbesserungsverlangen zu Unrecht seinen Wohnsitz als Erfüllungsort zugrunde gelegt und sich nicht bereit erklärt hat, dem Beklagten das Fahrzeug in H. als dem Erfüllungsort zur Überprüfung der Mängelrügen und einer daran anknüpfenden Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen.

a) Das Recht des Käufers, wegen Mängeln der Kaufsache nach §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 440, 323 BGB vom Vertrag zurückzutreten, setzt nach dem in § 323 I BGB zum Ausdruck kommenden Vorrang der Nacherfüllung grundsätzlich voraus, dass der Käufer dem Verkäufer zuvor eine angemessene Frist zur Nacherfüllung nach § 439 BGB gesetzt hat.

Das Erfordernis eines Nacherfüllungsverlangens als Voraussetzung für die Rechte des Käufers aus § 437 Nr. 2 BGB ist eine Obliegenheit des Käufers (BGH, Urt. v. 10.03.2010 – VIII ZR 310/08, juris Rn. 12; Urt. v. 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, juris Rn. 29; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 13. Aufl., Rn. 893), die auch die Bereitschaft des Käufers umfasst, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen für eine entsprechende Untersuchung zur Verfügung zu stellen (BGH, Urt. v. 10.03.2010 – VIII ZR 310/08, juris Rn. 12; Urt. v. 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, juris Rn. 29; Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 96/12, juris Rn. 24).

Dies ergibt sich, da die Frage des Erfüllungsortes der Nacherfüllung im Kaufrecht keine eigenständige Regelung erfahren hat, aus § 269 I BGB i. V. mit § 269 II BGB (BGH, Urt. v. 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, juris Rn. 29). Danach hat die Leistung in der Regel an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seine Niederlassung hatte, sofern nicht vertragliche Abreden anderes bestimmen. Fehlen vertragliche Abreden über den Erfüllungsort, ist auf die jeweiligen Umstände, insbesondere die Natur des Schuldverhältnisses, abzustellen. Lassen sich auch hieraus keine abschließenden Erkenntnisse gewinnen, verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung (BGH, Urt. v. 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, juris Rn. 29).

b) Vertragliche Abreden zum Erfüllungsort liegen hier – auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten – nicht vor, sodass auf die jeweiligen Umstände, insbesondere die Natur des Schuldverhältnisses abzustellen ist (vgl. unten c).

Allerdings wird in den in den streitgegenständlichen Vertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten dadurch, dass in dem Fall mangelbedingter Betriebsunfähigkeit ein anderer Kfz-Betrieb genannt wird, an den sich der Käufer wenden könne, deutlich, dass jedenfalls danach der Normalfall die Nachbesserung am Firmensitz des Verkäufers ist (ebenso Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3486), sodass sich zugunsten des Klägers Anhaltspunkte für eine Vereinbarung des Erfüllungsortes am Sitz des Käufers hieraus nicht ergeben.

Eine nachträgliche Vereinbarung eines vom Gesetz abweichenden Erfüllungsortes wird vom Kläger nicht geltend gemacht.

c) Aus der Natur des Schuldverhältnisses und den Umständen des Einzelfalles lassen sich keine von der gesetzlichen Wertung des § 269 BGB abweichenden Erkenntnisse gewinnen.

aa) Die Natur des Schuldverhältnisses führt bei einem Nachbesserungsanspruch grundsätzlich nicht ohne weitere Umstände dazu, dass Erfüllungsort der Wohnsitz des Klägers als Gläubiger ist. Es handelt sich beim Nacherfüllungsanspruch aus § 439 I BGB um eine Modifikation des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs aus § 433 I BGB; dem Verkäufer soll eine „letzte Chance“ eingeräumt werden, seine Pflicht aus § 433 I 2 BGB durch Beseitigung des Mangels oder Lieferung einer mangelfreien Sache noch zu erfüllen. Dieser neue Anspruchsinhalt ist bei der Ermittlung des Erfüllungsortes zu berücksichtigen. So kann der gegenüber dem Erfüllungsanspruch aus § 433 I 1 BGB modifizierte Anspruchsgehalt der Nacherfüllung an einem anderen oder demselben Ort zu erfüllen sein wie der ursprüngliche Erfüllungsanspruch (BGH, Urt. v. 15.07.2008 – VIII ZR 211/07, juris Rn. 18), weil etwa weitere maßgebliche Umstände für einen Erfüllungsort am Sitz des Gläubigers sprechen.

bb) Hier führen auch diese weiteren maßgeblichen Umstände dazu, dass Erfüllungsort der Nachbesserung der Sitz der Niederlassung des Beklagten in H. ist.

Zu den insoweit zu berücksichtigenden Umständen zählen anerkanntermaßen die Ortsgebundenheit und die Art der vorzunehmenden Leistung (BGH, Urt. v. 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, juris Rn. 30), aber auch die in der mangelhaften Lieferung liegende Pflichtverletzung des Verkäufers oder weitere Umstände, wie der Aufwand des Käufers für die Durchführung oder die Organisation des Rücktransports einer gekauften Sache an den Sitz des Verkäufers zum Zwecke der Nacherfüllung (BGH, Urt. v. 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, juris Rn. 44).

Das Nacherfüllungsverlangen des Klägers betrifft Mängel am Pkw, die dessen Fahrbereitschaft nicht beeinträchtigen und deren Beseitigung den Einsatz von geschultem Personal und Werkstatttechnik erfordert. Dies macht bereits grundsätzlich die Verbringung des Fahrzeugs in eine mit geeigneten Vorrichtungen ausgestattete Werkstatt des Verkäufers notwendig. Dass vorliegend eine Mängelbehebung auch vor Ort möglich gewesen wäre, ist nicht ersichtlich und wird von keiner der Parteien geltend gemacht. Beide Parteien gehen vielmehr ersichtlich davon aus, dass eine Mängelbeseitigung nur in einer Werkstatt erfolgen konnte und der Kläger lediglich vom Beklagten die Verbringung des Fahrzeugs in eine solche verlangt hat.

Gegen den Sitz des Gläubigers als Erfüllungsort spricht weiter, dass der Belegenheitsort gerade bei verkauften Fahrzeugen variabel ist. Fahrzeuge befinden sich typischerweise und bestimmungsgemäß nicht nur am Wohnsitz des Käufers, sondern unterwegs zu den verschiedensten Zielen, wie etwa der Arbeitsstätte, dem Urlaubsort oder sonstigen Reisezielen, wie auch der Kläger mit seiner E-Mail vom 20.04.2015 deutlich gemacht hat.

Für den Kläger stellt es zudem keinen besonderen Aufwand, der dazu führen würde, den Erfüllungsort an seinem Wohnsitz zu sehen, dar, den Pkw an den Firmensitz des Beklagten zu verbringen. Der Sitz des Beklagten liegt nicht so weit vom Wohnort des Klägers entfernt, dass ihm ein Transport des Fahrzeugs zwischen diesen beiden Orten (oder wenigstens dessen Organisation) nicht zuzumuten wäre. Das Verbringen des Fahrzeuges über eine Strecke von 291 km (ca. drei Stunden Fahrtzeit) ist nicht unzumutbar, zumal das Aufladen auf einen Transporter eine Angelegenheit weniger Minuten ist, wenn der Kläger das Fahrzeug nicht ohnehin problemlos zum Beklagten hätte fahren können, was den Aufwand minimiert hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich der Kläger auch beim Kauf des Fahrzeugs ursprünglich für eine Selbstabholung entschieden und damit die Fahrt an seinen Wohnsitz in Kauf genommen hatte.

Darüber hinaus handelt es sich um ein typisches Phänomen des aktuellen Gebrauchtwagenkaufs, dass Kauf- und Nutzungsort auseinanderfallen, insbesondere, wenn – wie hier – der Kläger über eine nationale Website (…) deutschlandweit nach Gebrauchtfahrzeugen sucht und damit in Kauf nimmt, für den Erwerb des Fahrzeugs deutschlandweit unterwegs zu sein.

Soweit der Kläger die mangelnde – streitige – Verkehrssicherheit des Kraftfahrzeugs als Sonderfall für erhöhte Unannehmlichkeiten durch einen Lkw-Transport anführt, ergibt sich hieraus nichts anderes. Dem Käufer entstehen durch den Lkw-Transport auch keine Nachteile, denn wenn der Nacherfüllungsanspruch berechtigt erscheint, hat der Verkäufer die Transportkosten nach § 439 II BGB zu tragen. Das stand zwischen den Parteien auch nicht im Streit.

Lediglich ergänzend verweist der Senat darauf, dass das Fahrzeug nach dem Kaufvertrag die straßenverkehrsrechtliche Zulassung besaß und der Kläger mit dem Fahrzeug 4.500 km gefahren ist. Der Vortrag des Klägers, das Fahrzeug habe keine „TÜV-Zulassung“, ist daher nicht nachvollziehbar.

d) Soweit sich der Kläger auf die Rechtsprechung der Instanzgerichte (z. B. OLG München, Urt. v. 12.10.2005 – 15 U 2190/05, NJW 2006, 449; Urt. v. 20.06.2007 – 20 U 2204/07, NJW 2007, 3214; OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 32/09, MDR 2010, 372; OLG Koblenz, Urt. v. 16.07.2010 – 8 U 812/09, DAR 2011, 84) vor der Entscheidung des BGH vom 13.04.2011 beruft, ist diese Rechtsprechung mit der Entscheidung des BGH vom 13.04.2011 überholt (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 712).

e) Eine Fristsetzung des Klägers zur Nacherfüllung war auch nicht entbehrlich (§ 326 V BGB). Nach dieser Vorschrift kann der Gläubiger vom Vertrag zurücktreten, wenn der Schuldner nach § 275 I bis III BGB nicht zu leisten braucht, wobei auf den Rücktritt § 323 BGB mit der Maßgabe entsprechende Anwendung findet, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

Der Kläger macht nicht geltend, dass die gerügten Mängel unbehebbar i. S. des § 275 I BGB seien. Vielmehr gehen beide Parteien davon aus, dass die Mängel behebbar sind.

Ebenso wenig liegt ein Fall des § 323 II Nr. 3 BGB vor, der den sofortigen Rücktritt bei Vorliegen besonderer Umstände rechtfertigt, etwa wenn der Käufer das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Verkäufers verloren hat. Derartiges macht der Kläger nicht geltend.

f) Art. 3 II der Richtlinie 1999/44/EG (folgend: Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie) gebietet es entgegen der Ansicht des Klägers nicht, den Anwendungsbereich des § 269 BGB zu erweitern. Die Richtlinie erfordert es nicht, als Erfüllungsort der Nacherfüllung stets den Belegenheitsort der Sache anzusehen. Die nach der Richtlinie eröffneten Wertungsspielräume werden im Rahmen der nach § 269 I BGB zu berücksichtigenden Umstände bei richtlinienkonformer Auslegung gewahrt und sachgerecht ausgeschöpft.

aa) Gemäß Art. 3 II der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie muss der Verbraucher bei Vertragswidrigkeiten eines Gutes das Recht haben, die „unentgeltliche“ Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes des Gutes durch „Nachbesserung oder Ersatzlieferung“ zu verlangen oder stattdessen auch die „Vertragsauflösung“ zu wählen. Gemäß Art. 3 III muss die Nachbesserung „ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen, wobei die Art des Verbrauchsgutes sowie der Zweck, für den der Verbraucher das Verbrauchsgut benötigte, zu berücksichtigen sind“. Art. 3 IV der Richtlinie stellt klar, dass sich der Begriff der Unentgeltlichkeit auf alle für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts notwendigen Kosten erstreckt, insbesondere auf Versand-, Arbeits- und Materialkosten. Art. 3 soll insoweit einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen des Verbrauchers und denen des Verkäufers herstellen, indem er dem Verbraucher als schwächerer Vertragspartei einen umfassenden und wirksamen Schutz dagegen gewährt, dass der Verkäufer seine vertraglichen Verpflichtungen schlecht erfüllt, und zugleich erlaubt, vom Verkäufer angeführte wirtschaftliche Überlegungen zu berücksichtigen (EuGH, Urt. v. 16.06.2011 – C-65/09 und C-87/09, juris Rn. 75).

bb) Solche Unannehmlichkeiten sind hier nicht gegeben. Das Landgericht hat – unabhängig von der streitigen Frage, ob das Fahrzeug fahrbereit war – zu Recht darauf verwiesen, dass auch die Verladung des Fahrzeugs auf einen Transporter keine solche Unannehmlichkeit darstelle, weil zum einen derartige Transportmöglichkeiten leicht zu finden seien und andererseits dem Kläger ein Anspruch auf Vorschuss für derartige Kosten zustehe (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, juris Rn. 37; Urt. v. 21.12.2011 – VIII ZR 70/08, juris Rn. 49).

(I) Die Frage der Kostentragung stellt entgegen der Ansicht des Klägers keine solche Unannehmlichkeit dar. In Verbindung mit § 439 II BGB ergeben sich aus der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie keine Einschränkungen für eine Bestimmung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung nach den in § 269 I BGB niedergelegten Grundsätzen.

Zwar schließt die von der Richtlinie verlangte Unentgeltlichkeit jede finanzielle Forderung des Verkäufers gegen den Käufer im Rahmen der Erfüllung seiner Verpflichtung zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts aus (EuGH, Urt. v. 17.04.2008 – C-404/06, juris Rn. 28, 34). Daraus folgt aber nicht, dass Erfüllungsort der Nacherfüllung der Sitz des Käufers ist, weil die Kostentragungspflicht des Verkäufers durch die Lage des Erfüllungsorts nicht berührt wird.

Erfordert die Nacherfüllung, dass der Käufer die Kaufsache zum Verkäufer bringt oder versendet, fallen die Transport- oder Versandkosten zwar beim Käufer an. Er kann jedoch gestützt auf § 439 II BGB vom Verkäufer deren Erstattung verlangen. Ferner kommt angesichts des Schutzzwecks des Unentgeltlichkeitsgebots auch ein Vorschussanspruch des Verbrauchers aus § 439 II BGB in Betracht, worauf das Landgericht zu Recht verwiesen hat (EuGH, Urt. v. 17.04.2008 – C-404/06, juris Rn. 28, 34; BGH, Urt. v. 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, juris Rn. 37; Urt. v. 21.12.2011 – VIII ZR 70/08, juris Rn. 49).

(II) Auch die weitere Vorgabe der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie, dass die Nacherfüllung ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen muss, führt zu keinem anderen Ergebnis.

Dabei sind wegen der Erwähnung der Unentgeltlichkeit bei diesem Prüfungsschritt die finanziellen Fragen nicht weiter zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, juris Rn. 42). Erhebliche Unannehmlichkeiten können sich damit aus der Notwendigkeit der Verbringung an den Ort des Verkäufers unabhängig von den finanziellen Aufwendungen ergeben. Der Käufer muss in gewissem Umfang Zeit und Mühe aufwenden, um Verpackung und Transport vorzunehmen oder zu organisieren. Diese Leistungen können nicht von vornherein und in allen Fällen als lediglich unerhebliche Unannehmlichkeiten qualifiziert werden (BGH, Urt. v. 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, juris Rn. 42). Denn abhängig von der Art der Kaufsache, dem Ort, an dem sie sich – ihrem Zweck entsprechend – befindet, und der vom Käufer gewählten Form der Nacherfüllung können hiermit durchaus erhebliche Mühen für den Käufer verbunden sein, wobei – wie im vorliegenden Fall – ein gewisses Maß an Unannehmlichkeiten dem Verbraucher zumutbar ist und nicht zwingend die Erheblichkeitsschwelle überschreitet.

Insoweit wird zunächst auf die Ausführungen unter 1 c bb Bezug genommen. Besondere Unannehmlichkeiten sind mit der Organisation der Fahrt nach H. nicht verbunden.

Der hiesige Fall ist auch nicht vergleichbar mit dem vom OLG Koblenz (Urt. v. 20.04.2015 – 12 U 97/14, juris) entschiedenen Fall, wonach erhebliche Unannehmlichkeiten sich daraus ergeben, dass der Pkw nicht fahrfähig ist und die Entfernung zwischen dem Ort, an dem er sich befindet, und dem Sitz des Beklagten groß ist, sodass der Käufer das Fahrzeug auf einen Transporter verladen und zum Sitz des Beklagten bringen müsste, es jedoch für den Beklagten ein wesentlich geringerer Aufwand ist, einen Mitarbeiter zum Wohnsitz des Beklagten zu schicken, der sich das Fahrzeug ansieht und dann entscheidet, was zu tun ist. Hier hatte der Beklagte bereits mit E-Mail vom 20.04.2015 zugesagt, die Mängel zu beseitigen, wozu er das Fahrzeug in seiner Werkstatt benötigte, sodass eine Entscheidung – nicht wie im vom OLG Koblenz entschiedenen Fall – über die weitere Vorgehensweise hier bereits getroffen war. Dieser Umstand führt dazu, dass das Fahrzeug notwendigerweise zum Beklagten zu verbringen war, denn die entsprechenden Mängelbeseitigungsarbeiten konnten – wovon beide Parteien übereinstimmend ausgehen – nur in einer Werkstatt erbracht werden (BGH, Urt. v. 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, juris Rn. 33).

Auch das gegebenenfalls vom Käufer zu tragende Risiko, selbst verauslagte Transportkosten mangels Erforderlichkeit nicht vom Verkäufer ersetzt zu bekommen, stellt keine erhebliche Unannehmlichkeit dar. Der Käufer kann entweder einen Vorschuss für die Transportkosten verlangen oder den Verkäufer vorab darüber informieren, welche Art des Transports er beabsichtigt und welche Kosten hierdurch voraussichtlich entstehen (BGH, Urt. v. 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, juris Rn. 44).

2. Weitere Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht. Insbesondere hat der Kläger den Kaufvertrag nicht wirksam angefochten. Anfechtungsgründe hat er weder in seinem Rücktrittsschreiben vom 03.06.2015 noch in der Klage oder mit der Berufung vorgetragen. Solche sind auch nicht ersichtlich.

3. Mangels Hauptanspruch besteht auch kein Anspruch auf die Nebenforderungen, insbesondere die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten. …

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