Der Umstand, dass es sich bei einem verkauften Gebrauchtwagen um ein Importfahrzeug handelt, begründet schon deshalb keinen Sachmangel, weil es dabei nicht um eine dem Fahrzeug anhaftende Beschaffenheit geht.
OLG Hamm, Beschluss vom 09.06.2016 – 28 U 66/16
Sachverhalt: Auf der Grundlage einer verbindlichen Bestellung vom 02.03.2013 erwarb der Kläger von der beklagten Kraftfahrzeughändlerin einen im Juli 2009 erstzugelassenen Gebrauchtwagen mit einer Laufleistung von 62.000 km für 12.950 €.
Mit Anwaltsschreiben vom 27.07.2015 warf er der Beklagten vor, sie habe ihm verschwiegen, dass das Fahrzeug rundum neu lackiert worden sei und es sich um ein aus P. stammendes EU-Fahrzeug handele. Der Kläger verlangte die Zahlung eines Minderungsbetrages von 5.450 €. Auf dieses Verlangen ging die Beklagte nicht ein.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Zahlung des vorgenannten Betrages nebst Zinsen begehrt und die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangt. Er hat geltend gemacht, das von der Beklagten erworbene Fahrzeug sei wegen eines Unfallschadens und deshalb mangelhaft, weil es ein in P. hergestelltes EU-Fahrzeug bzw. ein Reimport sei. Dies habe die Beklagte ihm, dem Kläger, arglistig verschwiegen. Die Beklagte hat bestritten, dass das Fahrzeug bei der Übergabe an den Kläger einen Unfallschaden aufgewiesen habe; jedenfalls habe sie von einem Unfallschaden nichts gewusst. Außerdem – so hat die Beklagte gemeint – habe sie den Kläger nicht darauf hinweisen müssen, dass es sich bei dem Gebrauchtwagen um ein EU-Fahrzeug handele. Ob es sich um einen Reimport handele, sei ihr, der Beklagten, nicht bekannt. Schließlich hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass dem Kläger kein Recht zur Minderung des Kaufpreises zustehe. Dass das Fahrzeug bereits bei der Übergabe an den Kläger rundum neu lackiert gewesen sei, sei nicht bewiesen. Ob es sich um ein EU-Fahrzeug oder ein reimportiertes Fahrzeug handele, könne dahinstehen, weil dies keinen Sachmangel begründe. Bei einem Fahrzeug eines südkoreanischen Herstellers könne der Käufer nicht erwarten, dass es in Deutschland produziert worden sei. Es sei jedoch nicht ersichtlich, dass das Fahrzeug dadurch, dass es in P. und nicht in Deutschland hergestellt worden sei, weniger wert sei. Auch wirke sich bei einem Weiterverkauf des Fahrzeugs durch den Kläger nicht nachteilig aus, dass das Fahrzeug (möglicherweise) für einen anderen als den deutschen Markt produziert worden sei.
Mit der Berufung hat der Kläger nur noch geltend gemacht, dass es sich bei seinem Fahrzeug um einen EU-Reimport handele, da das Fahrzeug für einen ausländischen Markt hergestellt worden sei. Dies stellt nach Auffassung des Klägers einen wertbildenden Faktor dar, weil – so hat der Kläger behauptet – Reimporte rund 30 % günstiger seien als in Deutschland und für den deutschen Markt hergestellte Fahrzeuge. Der Kläger hält deshalb eine Minderung des Kaufpreises um 2.000 € für angemessen und hat (nur) in dieser Höhe seinen Zahlungsanspruch nebst Zinsen und Kosten weiterverfolgt.
Das Berufungsgericht hat darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 II ZPO zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe.
Aus den Gründen: II. … 1. Der Kläger kann nicht gemäß den §§ 434, 437 Nr. 3, 441 BGB Minderung des Kaufpreises für das am 02.03.2013 erworbene Gebrauchtfahrzeug verlangen.
Er macht in der Berufung ohne Erfolg geltend, das Fahrzeug sei ein Reimport-Fahrzeug und deswegen mangelhaft i. S. des § 434 I BGB.
Der Umstand, dass es sich bei einem verkauften Gebrauchtfahrzeug um ein Importfahrzeug handelt, begründet schon deshalb keinen Sachmangel, weil es dabei nicht um eine dem Fahrzeug anhaftende Beschaffenheit geht (so schon Senat, Urt. v. 13.05.2003 – 28 U 150/02, NJW-RR 2003, 1360; OLG Jena, Urt. v. 23.10.2008 – 1 U 118/08, BeckRS 2008, 41988; KG, Beschl. v. 29.08.2011 – 20 U 130/11, BeckRS 2015, 02610).
Ob es um einen sonstigen aufklärungspflichtigen Umstand handelt, dessen Verschweigen einen Anspruch aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen begründen kann (§§ 280 I, 311 II, 241 II BGB), kann offenbleiben. Ein Anspruch auf Kaufpreisminderung ergibt sich daraus jedenfalls nicht.
2. Der Kläger kann auch nicht gemäß den §§ 437 Nr. 3, 434, 280 I BGB Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 297,62 € verlangen.
Der vorgerichtlich mit anwaltlicher Hilfe verfolgte Minderungsanspruch in Höhe von 5.450 €, auf dessen Basis die Anwaltskosten beziffert werden, ist unbegründet.
Soweit sich das Minderungsverlangen auf die streitige Unfallvorschädigung bzw. Nachlackierung des verkauften Fahrzeugs bezog, hat das Landgericht einen Mangel im Rahmen der Beweisaufnahme nicht feststellen können. Das greift die Berufung ausdrücklich auch nicht an, sodass sie auch nicht mit Erfolg die diesbezügliche Nebenforderung auf Erstattung von Anwaltskosten weiterverfolgen kann.
Soweit sich das vorgerichtliche Minderungsverlangen auf die Import-Eigenschaft des Fahrzeugs bezog, kann auf die Ausführungen zu Ziffer 1 Bezug genommen werden.
Hinweis: Die Berufung hat das OLG Hamm mit Beschluss vom 02.08.2016 – 28 U 66/16 – zurückgewiesen. Zur Begründung hat es auf den Hinweisbeschluss vom 09.06.2016, dem der Kläger nicht entgegengetreten sei, verwiesen.