Zu den Anforderungen an eine Verkürzung der Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche in Allgemeinen Geschäftsbedingungen beim Gebrauchtwagenkauf (in Fortführung von BGH, Urt. v. 29.05.2013 – VIII ZR 174/12, NJW 2013, 2584 Rn. 15 f.).
BGH, Urteil vom 29.04.2015 – VIII ZR 104/14
Sachverhalt: Die Klägerin kaufte vom Beklagten, einem Autohändler, einen gebrauchten Pkw (Brilliance BS4), der ihr am 23.02.2010 übergeben wurde.
Dem Kaufvertrag liegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten zugrunde. Sie entsprechen den „Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf gebrauchter Kraftfahrzeuge und Anhänger, Unverbindliche Empfehlung des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e. V. (ZDK)“ mit Stand 3/2008 und lauten auszugsweise:
„VI. Sachmangel
1. Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln verjähren in einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes an den Kunden …
5. Abschnitt VI Sachmangel gilt nicht für Ansprüche auf Schadensersatz; für diese Ansprüche gilt Abschnitt VII Haftung.
VII. Haftung
1. Hat der Verkäufer aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen für einen Schaden aufzukommen, der leicht fahrlässig verursacht wurde, so haftet der Verkäufer beschränkt:
Die Haftung besteht nur bei Verletzung vertragswesentlicher Pflichten, etwa solcher, die der Kaufvertrag dem Verkäufer nach seinem Inhalt und Zweck gerade auferlegen will oder deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Kaufvertrages überhaupt erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der Käufer regelmäßig vertraut und vertrauen darf. Diese Haftung ist auf den bei Vertragsabschluss vorhersehbaren typischen Schaden begrenzt …
5. Die Haftungsbegrenzungen dieses Abschnitts gelten nicht bei Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit.“
Nach der Übergabe des Fahrzeugs traten Korrosionsschäden auf. Mit Schreiben vom 08.11.2011 forderte die Klägerin den Beklagten zur Beseitigung dieser Schäden unter Fristsetzung bis zum 17.11.2011. Mit Schriftsatz vom 23.11.2011, auf den der Beklagt unter dem 16.12.2011 erwiderte, leitete sie beim AG Waldshut-Tiengen ein selbstständiges Beweisverfahren ein. Die Kosten für eine Beseitigung der Korrosionsschäden, die auf Verarbeitungsfehler bei der Produktion zurückzuführen sind, betragen 2.158,73 € (netto). Diesen Betrag verlangt die Klägerin mit ihrer Klage.
Das Amtsgericht hat den Beklagten – mit Ausnahme einer Nebenforderung – antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Berufung der Klägerin, die die Wiederherstellung amtsgerichtlichen Urteils begehrte, hatte Erfolg.
as Amtsgericht hat der auf Zahlung von 2.158,73 € gerichteten Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Revision hatte Erfolg und führte zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Aus den Gründen: [6] I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung – soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse – im Wesentlichen ausgeführt:
[7] Der Klägerin stehe kein Schadensersatzanspruch nach §§ 437 Nr. 3, 280 I, 281 BGB zu. Das Fahrzeug sei bei Gefahrübergang allerdings unstreitig mangelhaft gewesen. Auch habe die Klägerin mit Schreiben vom 08.11.2011 vergeblich unter Fristsetzung die Nacherfüllung verlangt. Die Ansprüche der Klägerin seien jedoch schon verjährt gewesen, als sie diese erstmals geltend gemacht habe. Die Verjährungsfrist sei durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten wirksam auf ein Jahr verkürzt worden. Eine entsprechende Verkürzung der Verjährung sei gemäß § 475 I und II BGB bei gebrauchten Sachen möglich. Zwar bestimme Abschnitt VI Nr. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass Abschnitt VI nicht für Schadensersatzansprüche gelte. Allerdings verjährten nach Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 eindeutig die Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln ein Jahr nach Ablieferung des Kaufgegenstandes. Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch setze indes einen Gewährleistungsanspruch voraus, weil sie den Ersatz des „Mangelschadens“ begehre (§§ 437 Nr. 3, 281 BGB). Daher müsse auch ein solcher Schadensersatzanspruch innerhalb eines Jahres nach Ablieferung geltend gemacht werden. Das sei hier unstreitig nicht der Fall.
[8] Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien auch nicht gemäß § 305c BGB unwirksam. Es sei eindeutig, dass nach der Konzeption der Geschäftsbedingungen Ansprüche wegen Sachmängeln nach einem Jahr verjähren sollten. Abschnitt VII der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, auf den Abschnitt VI Nr. 5 verweise, bestimme lediglich den Umfang einer Schadensersatzhaftung. Dies entspreche konzeptionell der Regelung des § 475 III BGB, der es ermögliche, die Schadensersatzhaftung unter Berücksichtigung von §§ 307 bis 309 BGB auszuschließen. Demnach kämen nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen Schadensersatzansprüche nach Ablauf eines Jahres nur noch in den in Abschnitt VII geregelten Fällen in Betracht.
[9] II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht die Verkürzung der Verjährungsfrist für Ansprüche wegen Sachmängeln durch Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen als wirksam und die Schadensersatzforderung der Klägerin als verjährt angesehen.
[10] 1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin der geltend gemachte Schadensersatzanspruch grundsätzlich gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 I und III, 281 I BGB zusteht, weil nach den rechtsfehlerfreien und unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts das Fahrzeug bei der Übergabe mangelhaft war, die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 08.11.2011 vergeblich unter Fristsetzung zur Nachbesserung aufgefordert hat und die Beseitigung des Schadens Aufwendungen in der von der Klägerin geltend gemachten Höhe von 2.158,73 €.
[11] 2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht diesen Anspruch jedoch als verjährt angesehen, denn die Regelungen zur Verjährungsfrist in Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1, Nr. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen genügen den Anforderungen des Transparenzgebots nicht und sind deshalb wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam (§ 307 I 2 BGB). Die Regelungen sind nicht klar und verständlich, da sich ihnen die Auswirkungen dieser Klauseln auf Schadensersatzansprüche wegen einer Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung (§ 439 I BGB) nicht mit der erforderlichen Klarheit entnehmen lassen.
[12] a) Dem Käufer kann gegen den Verkäufer einer mangelhaften Sache ein Anspruch, welcher auf die Zahlung der für die Reparatur erforderlichen Kosten gerichtet ist (vgl. BGH, Urt. v. 15.06.2012 – V ZR 198/11, BGHZ 193, 326 Rn. 31 m. w. Nachw.), als Schadensersatz statt der Leistung unter zwei Gesichtspunkten zustehen. Zum einen kann der Verkäufer seine Pflicht zur Lieferung der mangelfreien Kaufsache (§ 433 I 2 BGB) schuldhaft verletzt haben; zum anderen kann sich ein solcher Anspruch unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung der Verpflichtung des Verkäufers zur Nacherfüllung (§ 439 I BGB) ergeben (vgl. Senat, Urt. v. 17.10.2012 – VIII ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 11 ff.).
[13] b) Ein nach Maßgabe des § 437 Nr. 3 BGB in Betracht kommender Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung der Pflicht des Beklagten zur Lieferung eines mangelfreien Pkw steht der Klägerin schon deshalb nicht zu, weil der Beklagte die in der Lieferung des mangelhaften Fahrzeuges liegende Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (§ 280 I 2 BGB). Denn nach den rechtsfehlerfreien und unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts sind die Korrosionsschäden auf Verarbeitungsfehler bei der Produktion zurückzuführen und erst nach der Übergabe des Fahrzeugs aufgetreten. Ein Verschulden des Herstellers muss sich der Beklagte nicht gemäß § 278 Satz 1 BGB zurechnen lassen (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Urt. v. 02.04.2014 – VIII ZR 46/13, BGHZ 200, 337 Rn. 31 f. m. w. Nachw.).
[14] c) Der Klägerin steht jedoch ein Schadenersatzanspruch gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 I und III, 281 I BGB zu, weil der Beklagte seine Pflicht zur Nacherfüllung (§ 439 I BGB) schuldhaft verletzt hat, indem er die Korrosionsschäden trotz Fristsetzung nicht beseitigt hat.
[15] Anders als die Revisionserwiderung meint, steht einer Verletzung der Pflicht des Beklagten zur Nacherfüllung nicht entgegen, dass Sachmängelansprüche gemäß Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen binnen eines Jahres ab Ablieferung verjähren und dass dieser Zeitraum bereits verstrichen war, als die Klägerin ihren Nacherfüllungsanspruch erstmals geltend gemacht hat. Unabhängig davon, ob der Beklagte – wozu das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat – sich gegenüber der Klägerin binnen der von ihr zur Nacherfüllung gesetzten Frist auf eine Verjährung des Nacherfüllungsanspruchs berufen hat, war er gleichwohl zur Nacherfüllung verpflichtet. Denn die Regelungen zur Verjährungsfrist in Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1, Nr. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen benachteiligen die Klägerin unangemessen, da sie den Anforderungen des Transparenzgebots (§ 307 I 2 BGB) nicht genügen.
[16] aa) Nach § 307 I 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragsgegners auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist daher nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen (BGH, Urt. v. 09.04.2014 – VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 Rn. 37; Urt. v. 26.10.2005 – VIII ZR 48/05, BGHZ 165, 12 [21 f.]; Urt. v. 23.02.2011 – XII ZR 101/09, NJW-RR 2011, 1144 Rn. 10; Urt. v. 15.05.2013 – IV ZR 33/11, VersR 2013, 888 Rn. 45; jeweils m. w. Nachw.). Der Verwender muss folglich einerseits die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 09.04.2014 – VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 Rn. 37; Urt. v. 26.10.2005 – VIII ZR 48/05, BGHZ 165, 12 [21 f.]; Urt. v. 05.12.2012 – I ZR 23/11, GRUR 2013, 375 Rn. 35; Urt. v. 23.02.2011 – XII ZR 101/09, NJW-RR 2011, 1144 Rn. 10; Urt. v. 14.01.2014 – XI ZR 355/12, WM 2014, 307 Rn. 23; jeweils m. w. Nachw.). Der Vertragspartner soll andererseits ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte feststellen können, damit er nicht von deren Durchsetzung abgehalten wird (Senat, Urt. v. 26.09.2007 – VIII ZR 143/06, NJW 2007, 3632 Rn. 31 m. w. Nachw.). Bei der Bewertung der Transparenz einer Vertragsklausel ist auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 179/13; Urt. v. 09.04.2014 – VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 Rn. 37; Urt. v. 26.10.2005 – VIII ZR 48/05, BGHZ 165, 12 [21 f.]; Urt. v. 10.11.2011 – III ZR 77/11; Urt. v. 23.02.2011 – XII ZR 101/09, NJW-RR 2011, 1144 Rn. 10; Urt. v. 14.01.2014 – XI ZR 355/12, WM 2014, 307 Rn. 23). Dabei sind Allgemeine Geschäftsbedingungen nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 09.04.2014 – VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 Rn. 37; Urt. v. 09.02.2011 – VIII ZR 295/09, WM 2011, 1860 Rn. 29; Urt. v. 23.02.2011 – XII ZR 101/09, NJW-RR 2011, 1144 Rn. 10; Urt. v. 17.04.2013 – VIII ZR 225/12, NJW 2013, 1805 Rn. 9; jeweils m. w. Nachw.).
[17] Bei der Bewertung der Transparenz einer Vertragsklausel ist auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 179/13; BGH, Urt. v. 09.04.2014 – VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 Rn. 37; Urt. v. 26.10.2005 – VIII ZR 48/05, BGHZ 165, 12 [21 f.]; Urt. v. 10.11.2011 – III ZR 77/11; Urt. v. 23.02.2011 – XII ZR 101/09, NJW-RR 2011, 1144 Rn. 10; Urt. v. 14.01.2014 – XI ZR 355/12, WM 2014, 307 Rn. 23). Dabei sind Allgemeine Geschäftsbedingungen nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 09.04.2014 – VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 Rn. 37; Urt. v. 09.02.2011 – VIII ZR 295/09, WM 2011, 1860 Rn. 29; Urt. v. 23.02.2011 – XII ZR 101/09, NJW-RR 2011, 1144 Rn. 10; Urt. v. 17.04.2013 – VIII ZR 225/12, NJW 2013, 1805 Rn. 9; jeweils m. w. Nachw.).
[18] bb) Diesen Anforderungen werden die Regelungen in Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1, Nr. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten nicht gerecht. Diesen Klauseln sind die Auswirkungen der Verjährungsfrist für sachmangelbedingte Schadensersatzansprüche nicht mit der gebotenen Klarheit zu entnehmen. Für den Käufer bleibt unklar, ob er mit einem Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung (§§ 437 Nr. 3, 280 I und III, 281 I, 439 I BGB) wegen Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 bereits nach einem Jahr oder erst nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von zwei Jahren (§ 438 I Nr. 3 BGB) ausgeschlossen ist. Denn einerseits soll gemäß Abschnitt VI Nr. 5 die Verjährungsverkürzung in Abschnitt VI Nr. 1 nicht für Schadensersatzansprüche gelten. Andererseits sollen nach Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 Ansprüche wegen Sachmängeln, also auch der Anspruch auf Nacherfüllung, nach Ablauf eines Jahres ab Ablieferung der Kaufsache verjähren.
[19] (1) Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen verkürzt die Verjährungsfrist für sämtliche Ansprüche wegen Sachmängeln auf ein Jahr. Daher ist der Verkäufer nach dieser Klausel berechtigt, die Nacherfüllung (§ 439 I BGB) nach Ablauf eines Jahres zu verweigern (§ 214 I BGB). Verweigert er die Nacherfüllung nach Ablauf der Verjährungsfrist gemäß § 214 I BGB zu Recht, kann ein Schadensersatzanspruch hierauf nicht gestützt werden. Die Nichterfüllung des Nacherfüllungsanspruchs aus § 439 I BGB stellt in diesem Fall keine Pflichtverletzung i. S. der §§ 280 I und III, 281 I BGB (i. V. mit § 437 Nr. 3 BGB) dar, denn §§ 280 I und III, 281 I BGB setzen voraus, dass dem Gläubiger ein Anspruch aus dem Schuldverhältnis zusteht, der nicht durch eine dauernde oder aufschiebende Einrede gehemmt ist (vgl. BGH, Urt. v. 07.03.2013 – VII ZR 162/12, NJW 2013, 1431 Rn. 20).
[20] Legt man also allein Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zugrunde, scheiden Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung der Pflicht des Verkäufers zur Nacherfüllung (§ 439 I BGB) demnach bereits nach Ablauf eines Jahres ab Übergabe des Fahrzeuges aus, sofern sich der Verkäufer auf die Verjährung beruft.
[21] (2) Im Widerspruch hierzu ergibt sich aus den Regelungen in Abschnitt VI Nr. 5 sowie Abschnitt VII der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass Schadensersatzansprüche einschließlich des Schadensersatzanspruchs wegen einer Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung (§§ 437 Nr. 3, 280 I und III, 281 I, 439 I BGB) erst nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von zwei Jahren ab Ablieferung des Fahrzeuges (§ 438 I Nr. 3 BGB) nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden können, wenn sich der Verkäufer auf die Verjährung beruft.
[22] Abschnitt VI Nr. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nimmt Schadensersatzansprüche sämtlich von den Regeln des Abschnittes VI und damit auch von der Verjährungsverkürzung des Abschnitts VI Nr. 1 Satz 1 aus und unterstellt sie – anders als das Berufungsgericht meint – den Regelungen in Abschnitt VII der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Ausnahmen sind dem einschränkungslos formulierten Wortlaut der Regelung in Abschnitt VI Nr. 5, die der Senat selbst auslegen kann (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Urt. v. 03.12.2014 – VIII ZR 224/13, NZM 2015, 79 Rn. 16 m. w. Nachw.), nicht zu entnehmen.
[23] Ausgehend von den Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders ist die genannte Klausel – jedenfalls nach der Unklarheitenregelung des § 305c II BGB – dahin zu verstehen, dass für Schadensersatzansprüche generell die in VI Nr. 1 Satz 1 angeordnete Verjährungsverkürzung nicht gilt, sondern es bei der gesetzlichen Verjährungsfrist verbleibt. Abschnitt VI Nr. 5 erfasst – wie die Überschrift „Sachmangel“ deutlich macht – auch Schadensersatzansprüche wegen Sachmängeln. Eine nähere Unterscheidung der grundsätzlich möglichen Unterarten von Schadensersatzansprüchen wegen Sachmängeln (Verletzung von Erfüllungs-, Nacherfüllungs- oder Nebenpflichten) enthält die Regelung nicht.
[24] Der für Schadensersatzansprüche geltende Abschnitt VII der Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthält demgegenüber nur gegenständliche Beschränkungen der Haftung und trifft keine Regelungen zur Verkürzung der Verjährungsfrist. Aus dem Zusammenspiel der genannten Klauseln folgt also, dass für Schadensersatzansprüche – einschließlich des Anspruchs wegen der Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung (§ 439 I BGB) – die gesetzliche Verjährungsfrist von zwei Jahren gilt (§ 438 I Nr. 3 BGB).
[25] Legt man also nicht nur Abschnitt VI Nr. 1, sondern auch Abschnitt VI Nr. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zugrunde, kann der Käufer somit einen Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung auch noch nach Ablauf eines Jahres nach Übergabe des Fahrzeugs mit Erfolg geltend machen.
[26] (3) In Anbetracht des aufgezeigten Widerspruchs zwischen den Regelungen in den Abschnitten VI Nr. 1 Satz 1 (Verkürzung der Verjährung für Nachbesserungsansprüche) und VI Nr. 5 und VII (keine Verjährungsverkürzung für Schadensersatzansprüche) ist für einen durchschnittlichen Vertragspartner des Verwenders nicht erkennbar, ob ein Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung erst nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von zwei Jahren oder bereits nach einem Jahr nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden kann, weil der Verkäufer nach Ablauf eines Jahres die Nacherfüllung gemäß § 214 I BGB verweigern darf, ohne pflichtwidrig zu handeln. Denn den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist für einen durchschnittlichen Kunden, von dem rechtliche Spezialkenntnisse nicht erwartet werden dürfen (BGH, Urt. v. 29.05.2008 – III ZR 330/07, NJW 2008, 2495 Rn. 19 m. w. Nachw.; Urt. v. 10.12.2014 – IV ZR 289/13, VersR 2015, 318 Rn. 22), nicht mit der gebotenen Klarheit zu entnehmen, dass die Verjährung des von Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 erfassten Nachbesserungsanspruchs – ungeachtet der anders lautenden Regelung in Abschnitt VI Nr. 5 – dazu führen kann, dass ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Nachbesserungspflicht nach Ablauf eines Jahres ab Ablieferung der Kaufsache nicht mehr geltend gemacht werden könnte. Erst recht erschließt sich ihm nicht, wie der Widerspruch zwischen den gegenläufigen Regelungen des Abschnitts VI Nr. 1 Satz 1 und VI Nr. 5 aufzulösen ist. Die Klauseln geben keine eindeutige Antwort darauf, ob und inwieweit sich die bei Zugrundelegung von Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach Ablauf eines Jahres eintretende Verjährung des Nacherfüllungsanspruchs auf den Schadenersatzanspruch wegen der Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung auswirkt und damit dessen erfolgreicher Geltendmachung bereits vor Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist entgegensteht. Diese Unklarheit in einer wesentlichen Rechtsposition macht die Regelungen in Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1, Nr. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen intransparent i. S. des § 307 I 2 BGB und damit unwirksam.
[27] 3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht auch auf der rechtsfehlerhaften Annahme, die Verjährungsfrist für diesen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Nachbesserungspflicht werde durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten wirksam auf ein Jahr verkürzt und der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch werde von dieser Verkürzung erfasst. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin war bei Erhebung der Klage am 27.11.2012 nicht verjährt, denn die gesetzliche Verjährungsfrist von zwei Jahren war in diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen. Sie begann mit Ablieferung des Pkw am 23.02.2010 zu laufen (§ 438 I Nr. 3, II BGB) und wurde gemäß §§ 204 I Nr. 7, 209 BGB für die Dauer der Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens gehemmt. Dem steht nicht entgegen, dass der Antrag auf Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens nicht i. S. des § 166 ZPO förmlich zugestellt, sondern lediglich formlos übersandt wurde (vgl. BGH, Urt. v. 27.01.2011 – VII ZR 186/09, BGHZ 188, 128 Rn. 44 ff.). Die Hemmung begann mit Zugang des Antrages (vgl. BGH, Urt. v. 27.01.2011 – VII ZR 186/09, BGHZ 188, 128 Rn. 44 ff.) und somit spätestens am 16.12.2011, dem Tag, an dem der Beklagte auf den Antrag auf Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens erwidert hat. Sie endete gemäß § 204 II BGB sechs Monate nach Beendigung dieses Verfahrens. Das Verfahren endete mit Ablauf der mit Verfügung vom 25.06.2012 gesetzten Stellungnahmefrist, sodass die Verjährungsfrist bei Erhebung der Klage am 27.11.2012 noch lief und durch diese erneut gehemmt wurde.
[28] Hiernach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 I ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 III ZPO). Dies führt zur Zurückweisung der Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts.