Ein Kraft­fahr­zeug­händ­ler ver­wei­gert die Nach­bes­se­rung (§ 439 Fall 1 BGB) ei­nes Fahr­zeugs nicht da­durch ernst­haft und end­gül­tig i. S. von § 281 II Fall 1, § 323 II Nr. 1 BGB, dass er ge­gen­über dem Käu­fer er­klärt, ei­ne In­stand­set­zung des Fahr­zeugs sei von ei­ner be­ste­hen­den Ga­ran­tie nicht er­fasst, und da­bei kauf­recht­li­che Ge­währ­leis­tungs­rech­te des Käu­fers gar nicht in Be­tracht zieht.

AG Wei­ßen­burg i. Bay., Ur­teil vom 04.09.2014 – 2 C 767/10

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin kauf­te von der be­klag­ten Ford-Ver­trags­händ­le­rin am 25.08.2009 für 18.500 € ei­nen ge­brauch­ten Pkw Ford Ga­la­xy. Die­ses Fahr­zeug, das der Klä­ge­rin am 29.08.2009 über­ge­ben wur­de, ver­fügt über ei­nen Dif­fe­renz­druck­sen­sor, des­sen Soft­ware seit der Erst­zu­las­sung des Fahr­zeugs im Jahr 2006 nicht ver­än­dert wur­de.

Nach­dem die Klä­ge­rin mit dem Pkw rund 10.000 km zu­rück­ge­legt hat­te, wur­de er sei­tens der Be­klag­ten am 27.05.2010 ei­ner ers­ten In­spek­ti­on un­ter­zo­gen. Am 06.06.2010 mel­de­te das Fahr­zeug ei­nen Feh­ler. Der Ehe­mann E der Klä­ge­rin brach­te den Wa­gen des­halb zu der Be­klag­ten. Dort wur­de fest­ge­stellt, dass der Die­sel­par­ti­kel­fil­ter ver­stopft war.

Die Klä­ge­rin gab ein – am 26.07.2010 er­stat­te­tes – Gut­ach­ten zur Feh­ler­ur­sa­che in Auf­trag, für das sie 2.968,93 € auf­wand­te. Ge­stützt auf die­ses Gut­ach­ten ließ die Klä­ge­rin den Dif­fe­renz­druck­sen­sor aus­tau­schen und wand­te da­für 135,61 € auf.

Mit Schrei­ben vom 30.07.2010 ver­lang­te die – an­walt­lich ver­tre­te­ne – Klä­ge­rin von der Be­klag­ten, ihr bis zum 13.08.2010 die Kos­ten für den Aus­tausch des Dif­fe­renz­druck­sen­sors so­wie die Kos­ten für das Gut­ach­ten zu er­set­zen. Au­ßer­dem be­an­spruch­te die Klä­ge­rin für die Zeit vom 06.06. bis zum 07.07.2010 ei­ne Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung in Hö­he von ins­ge­samt 1.500 €. Die Be­klag­te leis­te­te kei­ne Zah­lun­gen.

Mit ih­rer Kla­ge hat die Klä­ge­rin die Be­klag­te des­halb auf Zah­lung von (135,61 + 2.986,93 € + 1.500 € =) 4.604,54 € nebst Zin­sen so­wie auf Er­satz vor­ge­richt­lich ent­stan­de­ner Rechts­an­walts­kos­ten (256,62 € nebst Zin­sen) in An­spruch ge­nom­men. Sie hat be­haup­tet, der Dif­fe­renz­druck­sen­sor ih­res Fahr­zeugs sei schon bei der Über­ga­be des Pkw am 29.08.2009 de­fekt und mit ei­ner ver­al­te­ten Soft­ware aus­ge­stat­tet ge­we­sen. Die Be­klag­te sei auf­grund ei­ner An­wei­sung der Fahr­zeug­her­stel­le­rin vom 05.05.2008 ver­pflich­tet ge­we­sen, die Soft­ware des Dif­fe­renz­druck­sen­sors zu er­neu­ern. Ei­ne Nach­bes­se­rung des Fahr­zeugs, die E von der Be­klag­ten ver­langt ha­be, ha­be die­se ei­nem Ver­weis auf ei­ne be­ste­hen­de Ge­braucht­wa­gen­ga­ran­tie und der Be­grün­dung ab­ge­lehnt, dass ein ver­stopf­ter Die­sel­par­ti­kel­fil­ter kein Ga­ran­tie­fall sei.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Die Klä­ge­rin hat kei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch ge­mäß § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 BGB.

Vor­aus­set­zung für ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch ist zu­nächst, dass der ver­kauf­te Ford bei Über­ga­be man­gel­haft war. Das ist nicht der Fall. Er hat­te bei Über­ga­be die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit.

Sa­chen sind dann man­gel­haft, wenn sie bei der Über­ga­be nicht die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit ha­ben. Ver­kauft wur­de ein voll funk­ti­ons­tüch­ti­ges Fahr­zeug aus dem Jah­re 2006. Da­mit war ver­ein­bart, dass der ver­kauf­te Ford die üb­li­che Aus­stat­tung ei­nes Ford-Neu­fahr­zeugs aus dem Jah­re 2006 hat­te. Da­mit war der Ford auch dann frei von Män­geln, wenn auf­grund des tech­ni­schen Fort­schritts im Jah­re 2009 ei­ne ver­bes­ser­te Aus­stat­tung für den ver­kauf­ten Ford ver­füg­bar war.

Nach dem über­zeu­gen­den Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen G war der Ford bei der Über­ga­be voll funk­ti­ons­tüch­tig. Er kön­ne das dar­aus schlie­ßen, dass, falls der Dif­fe­renz­druck­sen­sor tat­säch­lich be­reits de­fekt ge­we­sen wä­re, das Fahr­zeug nie­mals 10.000 km hät­te fah­ren kön­nen. Sei­ne da­zu füh­ren­den Über­le­gun­gen sind schlüs­sig und über­zeu­gend. Der Dif­fe­renz­druck­sen­sor tra­ge da­zu bei, dass sich der Ruß­par­ti­kel­fil­ter in re­gel­mä­ßi­gen Ab­stän­den rei­nigt. Es sei so, dass bei nor­ma­lem Ge­brauch ei­nes Fahr­zeugs ei­ne Rei­ni­gung spä­tes­tens al­le 1.000 km er­fol­ge und not­wen­dig sei.

Da das Fahr­zeug so­mit von der Über­ga­be bis zum Auf­tre­ten des Man­gels cir­ca 10.000 km ge­fah­ren ist, muss­te der Ruß­par­ti­kel­fil­ter zu­vor be­reits cir­ca neun­mal ge­rei­nigt wer­den. Dies er­folg­te auch; an­sons­ten wä­re die Feh­ler­mel­dung frü­her auf­ge­tre­ten. Dar­aus kann der Schluss ge­zo­gen wer­den, dass bei der Über­ga­be der Dif­fe­renz­druck­sen­sor funk­tio­nier­te und die Rei­ni­gung des Ruß­par­ti­kel­fil­ters zu­ver­läs­sig ein­lei­te­te.

Die­se über­zeu­gen­den Fest­stel­lun­gen wer­den auch nicht durch die Stel­lung­nah­me des von der Kla­ge­par­tei be­auf­trag­ten pri­va­ten Sach­ver­stän­di­gen H er­schüt­tert. Die­ser be­haup­tet, es sei sehr wohl mög­lich, auch mit dem de­fek­ten Dif­fe­renz­druck­sen­sor an­nä­hernd 10.000 km zu fah­ren. Nach sei­nen Fest­stel­lun­gen sei die­ser näm­lich nicht kom­plett aus­ge­fal­len, son­dern nur teil­wei­se de­fekt und ar­bei­te manch­mal rich­tig und manch­mal nicht. Dies mag so sein, ist aber nicht zwin­gend. Wenn der Ruß­par­ti­kel­fil­ter zwi­schen Über­ga­be und Auf­tritt des Scha­dens cir­ca neun­mal kor­rekt ge­rei­nigt wur­de, spricht sehr viel da­für, dass der Dif­fe­renz­druck­sen­sor eben funk­tio­nier­te, und we­nig da­für, dass er manch­mal funk­tio­nier­te und manch­mal nicht.

Ei­ne Man­gel­haf­tig­keit des ver­kauf­ten Fahr­zeugs er­gibt sich auch nicht dar­aus, dass es nach der Be­haup­tung der Klä­ge­rin und ih­res pri­va­ten Sach­ver­stän­di­gen ei­ne zwin­gen­de An­wei­sung der Ford-Wer­ke GmbH gibt, die Soft­ware des Dif­fe­renz­druck­sen­sors zu er­neu­ern. In­wie­fern die Be­klag­te als Ver­trags­händ­le­rin ver­pflich­tet ge­we­sen wä­re, vor dem Ver­kauf ei­nes Ge­braucht­wa­gens der­ar­ti­ge Ak­tua­li­sie­run­gen – selbst wenn sie zwin­gend wä­ren – durch­zu­füh­ren, kann of­fen­blei­ben. Je­den­falls hat der all­ge­mein als zu­ver­läs­sig ar­bei­tend be­kann­te Sach­ver­stän­di­ge Dr. S klar­ge­stellt, dasss ei­ne sol­che ver­pflich­ten­de An­wei­sung der Ford-Wer­ke GmbH nicht fest­ge­stellt wer­den kann.

Die Kla­ge ist auch des­we­gen un­be­grün­det, weil die Klä­ge­rin der Be­klag­ten kei­ne Nach­frist ge­mäß § 281 I 1 BGB ge­setzt hat. Sie kann so­mit kei­nen Scha­dens­er­satz we­gen Schlechter­fül­lung ver­lan­gen.

Die Frist­set­zung war auch nicht ge­mäß § 281 II Fall 1 BGB ent­behr­lich, weil die Be­klag­te ei­ne Nach­er­fül­lung ernst­haft und end­gül­tig ver­wei­gert hät­te. Die Klä­ge­rin trägt da­zu vor, dass die Be­klag­te – nach­dem sie den ver­stopf­ten Die­sel­par­ti­kel­fil­ter fest­ge­stellt ha­be – kei­ne kos­ten­lo­se Nach­er­fül­lung an­ge­bo­ten ha­be. Viel­mehr hät­ten Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten dem Ehe­mann der Klä­ge­rin mit­ge­teilt, dass die­ser Scha­den nicht un­ter die „Car-Ga­ran­tie“ der Klä­ge­rin fal­le und so­mit kei­nen Ge­währ­leis­tungs­fall dar­stel­le.

In die­sen Aus­sa­gen kann kei­ne ernst­haf­te und end­gül­ti­ge Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung ge­se­hen wer­den. An das Vor­lie­gen ei­ner ernst­haf­ten und end­gül­ti­gen Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung müs­sen nach all­ge­mei­ner Mei­nung stren­ge An­for­de­run­gen ge­stellt wer­den, um den Schuld­ner vor un­nö­ti­gen Scha­dens­er­satz­for­de­run­gen zu be­wah­ren. Von ei­ner ernst­haf­ten und end­gül­ti­gen Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung kann da­her nur dann aus­ge­gan­gen wer­den, wenn die Auf­for­de­rung zur Nach­er­fül­lung von vor­ne­her­ein aus­sichts­los ist und sich so­mit als lee­re For­ma­li­tät dar­stel­len wür­de.

In der ge­ge­be­nen Si­tua­ti­on wä­re ei­ne Frist­set­zung der Klä­ge­rin kei­nes­wegs aus­sichts­los ge­we­sen. Die Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten lehn­ten ei­ne kos­ten­lo­se Re­pa­ra­tur des­halb ab, weil der Scha­den nicht un­ter die „Car-Ga­ran­tie“ der Klä­ge­rin fal­le. Das ge­setz­li­che Ge­währ­leis­tungs­recht hat­ten sie so­mit über­haupt nicht be­dacht. Nach ei­ner förm­li­chen Frist­set­zung und den da­mit dro­hen­den Scha­dens­er­satz­for­de­run­gen für die Be­klag­te hät­te die Be­klag­te mög­li­cher­wei­se noch ein­mal neu über die An­sprü­che der Klä­ge­rin nach­ge­dacht und sich wo­mög­lich auch fach­kun­dig be­ra­ten las­sen. Da­mit hat­te ei­ne Frist­set­zung noch Aus­sicht auf Er­folg und war so­mit not­wen­dig.

Da­mit lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen für ver­trag­li­che Scha­dens­er­satz­an­sprü­che nicht vor.

PDF er­stel­len