- Der (nur) für den Verbrauchsgüterkauf geltende § 475 I BGB steht einem kaufvertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschluss nicht entgegen, wenn der Käufer dem unternehmerisch handelnden Verkäufer einen gewerblichen Verwendungszweck der Kaufsache vorgetäuscht hat, um das Geschäft zustande zu bringen (im Anschluss an BGH, Urt. v. 22.12.2004 – VIII ZR 91/04, NJW 2005, 1045).
- Der Käufer darf sich aber auch dann nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf berufen, wenn er dem Verkäufer zwar keinen gewerblichen Verwendungszweck der Kaufsache vorgetäuscht hat, er aber – weil der Verkäufer keinen Verbraucher als Vertragspartner wollte – entgegen seinen wahren Nutzungsabsichten damit einverstanden war, die Kaufsache für seine gewerbliche oder selbständige beruflichen Tätigkeit zu erwerben.
LG Heidelberg, Urteil vom 28.02.2014 – 5 O 83/13
(nachfolgend: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 07.10.2014 und vom 12.11.2014 – 1 U 51/14)
Sachverhalt: Der Kläger erwarb von dem Beklagten für 79.900 € einen 1957 erstzugelassenen Oldtimer, nachdem er diesen besichtigt und eine Probefahrt damit unternommen hatte und ihm Bilder und Rechnungen bezüglich der Restauration des Fahrzeugs vorgelegt worden waren. Der Oldtimer wurde dem Kläger am 21.07.2012 gegen Zahlung des Kaufpreises übergeben.
Im schriftlichen Kaufvertrag vom 07.07.2012 ist der Kaufpreis mit 72.500 € angegeben und heißt es hinsichtlich der Umsatzsteuer: „Für Vorsteuerabzugsberechtigte kein Umsatzsteuerausweis möglich, § 25a UStG“. Unter „Sonstiges“ ist im Kaufvertrag ausgeführt:
„Vollrestauration gemäß beiliegenden Bildern + Rechnungen. Fzg. wurde vor Kauf durch Fachmann begutachtet und zur Probe gefahren. Es handelt sich um einen über 50 Jahre alten Oldtimer, daher Verkauf ohne Garantie und Gewährleistung."
Weiter findet sich der Hinweis, das Vorschäden des Fahrzeugs „wegen Alter und Vollrestauration nicht nachvollziehbar“ seien.
Auf der unter dem 21.07.2012 erstellten Rechnung ist vermerkt „Lieferung nach § 25a UStG (Differenzbesteuerung) – Kaufpreis: 72.500 € (darin enthaltene USt.: keine)“.
Nachdem er den Beklagten wiederholt zur Mangelbeseitigung aufgefordert hatte und eine dem Beklagten dafür gesetze Frist erfolglos abgelaufen war, hat der Kläger unter dem 30.01.2013 seinen Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt.
Er hat behauptet, dass der Oldtimer bereits bei der Übergabe diverse nicht erkennbare Mängel – insbesondere einen Frontschaden und einen Riss im Motorblock – aufgewiesen habe; eine (vollständige) Frame-Off-Restauration sei deshalb nicht bzw. nicht fachgerecht erfolgt. Er, der Kläger, habe das Fahrzeug nicht für seine Zahnarztpraxis, sondern als Privatperson erworben und darüber mit dem Beklagten in dessen „Showroom“ auch gesprochen. Über einen Gewährleistungsausschluss und die Umsatzsteuer habe man hingegen nicht gesprochen. Auch sei nicht vereinbart worden, dass der Oldtimer noch nicht fertig restauriert sei; lediglich das Armaturenbrett und die Türschlösser hätten noch instand gesetzt werden müssen. S, der ihn bei der Besichtigung des Fahrzeugs am 07.07.2012 begleitet habe, sei kein Fachmann und habe den Oldtimer nicht untersucht, sondern lediglich in Augenschein genommen. Der Beklagte habe ihn, den Kläger, darauf hingewiesen, dass im Zuge der Restauration „jedes Teil einmal angefasst“ und das Fahrzeug „komplett auseinandergebaut“ worden sei. Schließlich erbringe der Motor des Fahrzeugs entgegen den Angaben in den Fahrzeugpapieren nicht lediglich eine Leistung von 60 PS, sondern eine Leistung von über 90 PS.
Die im Wesentlichen auf Zahlung von 79.900 € gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: 1. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Mängelrechte aufgrund eines Gewährleistungsausschlusses (a), jedenfalls aber in Ermangelung eines Sachmangels (b) nicht zu.
a) Der in der Bestellung vom 07.07.2012 festgehaltene Ausschluss der Sachmängelgewährleistung ist nicht gemäß § 475 I 1 BGB unwirksam. Hierbei kann dahinstehen, ob der Kläger das Fahrzeug tatsächlich (jedenfalls teilweise) zu unternehmerischen oder aber zu rein privaten Zwecken erworben hat. Es wäre dem Kläger jedenfalls aufgrund der unter seiner Mitwirkung zustande gekommenen Vertragsgestaltung gemäß § 242 BGB nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf eine etwaige Verbrauchereigenschaft zu berufen.
Wie der BGH in seiner grundlegenden Entscheidung vom 22.12.2004 – VIII ZR 91/04, NJW 2005, 1045 – ausgeführt hat, ist der in Form des unabdingbaren § 475 BGB bewirkte Verbraucherschutz auf den redlichen Vertragspartner beschränkt. Wer eine Sache von einem Unternehmer kaufen will, der zu einem Geschäftsabschluss mit einem Verbraucher nicht bereit ist, weil er keine Gewähr für die Sache übernehmen will, darf sich den Schutz der ihn begünstigenden Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf nicht dadurch erschleichen, dass er sich wahrheitswidrig als Händler bzw. Unternehmer ausgibt.
Zwar hatte der BGH dies nur für einen Fall der Vortäuschung der Händlereigenschaft gegenüber einem insoweit gutgläubigen Verkäufer zu entscheiden. Nichts anderes kann aber in einer Gestaltung wie der vorliegenden gelten, in der der beruflich selbstständig tätige Käufer sich aufgrund der Vorgabe des Verkäufers, nicht an einen Privaten verkaufen zu wollen, entgegen seiner wahren Nutzungsabsichten damit einverstanden erklärt, das Fahrzeug unter diesen Umständen für Zwecke seines Gewerbes oder Unternehmens zu erwerben. Auch hier veranlasst der Käufer den Verkäufer letztlich durch falsche Angaben zum Abschluss des von diesem anderenfalls nicht getätigten Geschäfts. Wie der BGH aber in seiner Entscheidung deutlich gemacht hat, setzen die Verbraucherschutzvorschriften einen redlich und verantwortlich handelnden Verbraucher voraus (BGH, Urt. v. 22.12.2004 – VIII ZR 91/04, NJW 2005, 1045 [1046]).
Die insoweit zugrunde zu legenden tatsächlichen Umstände stehen nach Durchführung der Beweisaufnahme und persönlicher Anhörung der Parteien zur vollen Überzeugung des Gerichts fest (§ 286 I 1 ZPO).
Insbesondere schenkt das Gericht insoweit den im Rahmen der persönlichen Anhörung des Beklagten gemachten Angaben Glauben, der hier ersichtlich Wahrheitsliebe bewiesen hat. So hat er bestätigt, dass der Kläger auch von einer Hobbynutzung gesprochen und ferner angegeben habe, er sei noch nicht entschlossen gewesen, ob und in welchem Umfang er das Fahrzeug „auf die Firma“ nehmen wolle. Diese – auch bei laienhaftem Verständnis für seine Rechtsposition ersichtlich jedenfalls nicht zuträglichen – Umstände hat der Beklagte ohne Umschweife vorgetragen. Vor diesem Hintergrund und auch angesichts der ansonsten nicht erkennbaren Tendenz, rein für sich günstige Umstände vorzutragen, schenkt das Gericht auch seinen weiteren Angaben Glauben, wonach er dem Kläger gesagt haben will, dass für ihn ein Privatverkauf – vorbehaltlich eines unabhängigen Sachverständigengutachtens – nicht in Betracht komme, und sich der Kläger mit einer auf sein Gewerbe lautenden Bestellung einverstanden erklärt habe.
Diese Aussage findet eine objektive Stütze in der Gestaltung der Bestellung vom 07.07.2012 sowie der Rechnung vom 21.07.2012, die beide ausdrücklich und offensichtlich einen Ausschluss der Umsatzsteuer beinhalten; dass dem Kläger – einem promovierten Zahnarzt – dies nicht aufgefallen sein will, hält das Gericht hierneben nicht für glaubhaft, so wie die Aussage des Klägers insgesamt eher von dem nachhaltigen Bestreben gekennzeichnet war, das Gericht zwar wortgewaltig, aber unter Inkaufnahme auch unwahrer Angaben von der eigenen Rechtsposition zu überzeugen. So musste der Kläger – zumal zwar noch der Zeuge Z insoweit über eine auffällige Erinnerungslücke verfügt, der Zeuge S dies aber bereits angegeben hatte – entgegen seinem ursprünglichen Prozessvortrag einräumen, dass der Beklagte eine Gewährleistung oder Garantie ausdrücklich nicht abgeben wollte. Dass es dem Beklagten, wie dieser wiederum freimütig eingeräumt hat, letztlich gleichgültig war, ob der Kläger seine gemachte Zusage im weiteren Verlauf auch umsetzten würde, ist hierneben ohne Belang, da die steuerliche Berücksichtigung von Anschaffungskosten eines Pkw als gewillkürtes Betriebsvermögen von den konkreten Gegebenheiten auf der Seite des Klägers abhing (vgl. zur Berücksichtigung im Falle einer Zahnärztin BFH, Urt. v. 02.10.2003 – IV R 13/03, NJW 2004, 319), und der Beklagte hierauf auch keinen Einfluss mehr nehmen konnte; umgekehrt durfte der Beklagte aber aufgrund der gemachten Zusage des Klägers und der entsprechenden Rechnungsgestaltung auf die entsprechende Absicht des Klägers, das Fahrzeug seinem Betriebsvermögen zuzuführen, vertrauen, anderenfalls sich die Parteien an einer gemeinschaftlichen Steuerhinterziehung beteiligt hätten. Dies gilt umso mehr, als der Kläger jedenfalls schriftsätzlich eingeräumt hat, dass er die Voraussetzungen einer Zuführung zum Betriebsvermögen hat prüfen lassen. Auf eine von diesem, von ihm zurechenbar hervorgerufenen Vorstellungsbild des Beklagten etwa abweichende subjektive Zwecksetzung kann sich der Kläger nach den Grundsätzen von Treu und Glauben und den Anforderungen an eine redliche Vertragspartei nicht berufen (s. oben, BGH, Urt. v. 22.12.2004 – VIII ZR 91/04, NJW 2005, 1045 [1046]). Dies gilt umso mehr, als der Kläger die entsprechenden Eintragungen im Bestellformular – insbesondere bezüglich der Umsatzsteuer – ohne Widerspruch oder Anmerkung akzeptiert hat (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 06.10.2011 – 9 U 8/11, NJW-RR 2012, 289).
Hierneben ist nicht entscheidend von Bedeutung, ob der Kläger im Bestellformular seine private oder geschäftliche Anschrift angegeben hat, da diesem Umstand – gerade bei Freiberuflern – regelmäßig kein entscheidendes Gewicht zukommt (BGH, Urt. v. 30.09.2009 – VIII ZR 7/09, NJW 2009, 3780).
b) Ungeachtet dessen weicht … der Zustand des Fahrzeugs angesichts der vor dem Vertragsschluss erfolgten ausführlichen Untersuchung durch den Kläger bzw. den in seinem Auftrag tätigen Zeugen S, des Einvernehmens über die Erforderlichkeit weiterer Restaurationsmaßnahmen sowie der seitens des … Beklagten erteilten Informationen nicht von einer vereinbarten Beschaffenheit i. S. von § 434 I 1 BGB ab, sodass dem Kläger auch keine Gewährleistungsrechte gemäß § 437 BGB zustehen.
Nach Durchführung der Beweisaufnahme steht wiederum zur vollen Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger bzw. der ihn begleitende Zeuge S das Fahrzeug – wie zudem in der schriftlichen Bestellung fixiert – fachmännisch begutachtet hat und zwischen den Parteien Einvernehmen über einen weiteren Restaurierungsbedarf des Fahrzeugs bestand.
Auch diesbezüglich hat sich der zunächst gehaltene Prozessvortrag des Klägers im Wesentlichen als unzutreffend herausgestellt. So musste der Kläger bereits im Rahmen der Stellungnahme auf die Klageerwiderung einräumen, dass der Zeuge S Kfz-Meister ist und sich mit Fahrzeugen der Marke Porsche befasst, während noch in der Klageschrift angegeben wurde, er sei „kein Fachmann“. Die zur Erklärung … wenig überzeugend angeführte Differenzierung, der Zeuge habe lediglich umfangreiche Detailkenntnisse für die 911er-Reihe und sei daher im Hinblick auf das streitgegenständliche Fahrzeug „kein Fachmann“, erscheint mehr als künstlich. Gleichermaßen erweist sich die Behauptung als unwahr, der Zeuge habe keinerlei Untersuchungen durchgeführt. So hat der Zeuge S selbst angegeben, er habe überprüft, ob die Achsen mit den gezeigten Lichtbildern übereinstimmten, er habe sich das Interieur angeschaut und festgestellt, dass das Armaturenbrett lose und die Haube nicht korrekt eingestellt gewesen sei, so wie er sich sowohl vor als auch nach der Probefahrt den Motor, den Kofferraum und die Elektrik unter dem Armaturenbrett angeschaut habe.
Ebenso wurde die Behauptung des Klägers, es sei nicht vereinbart worden, dass die Restauration – mit Ausnahme des Armaturenbretts und der Türschlösser – noch fertiggestellt werden müsse, widerlegt; so hat der Zeuge Z angegeben, man habe erkannt, dass die Spaltmaße der Haube unterschiedlich seien und diese „hakelig“ schließe, ferner habe man sich darüber unterhalten, welche Reparaturen noch anfielen, und man habe überlegt, was man in das Auto noch „reinstecken“ müsse; ihnen sei klar gewesen, dass man da noch etwas „reinstecken“ müsse. Der Zeuge S hat dies – soweit er sich dazu verhalten hat – bestätigt. Damit ist aber der – durchweg konstant gebliebene – Prozessvortrag des Beklagten bestätigt, es sei klar gewesen, dass noch weitere Investitionen zur Fertigstellung der Restauration anfallen würden.
Vor diesem Hintergrund kommt dem Beklagten ferner die durch ihn vor Vertragsschluss hinsichtlich des Umfangs der bereits erfolgten Restaurationsarbeiten hergestellte Transparenz zugute.
Wie vom Beklagten vorgetragen und auch im Bestellformular festgehalten, wurde der Kläger anhand … einer Lichtbild- sowie der Rechnungsdokumentation umfassend über die anderweitig durchgeführten Restaurationsarbeiten ins Bild gesetzt; insbesondere hat selbst der Zeuge Z angegeben, der Beklagte habe Bilder gezeigt und sich bei der Beschreibung auf die Wiedergabe von Äußerungen des Restaurators beschränkt. Der Zeuge S und der Kläger haben dies letztlich bestätigt.
Damit war aber offensichtlich, dass der Beklagte, der insoweit als reiner Händler fungierte, keine eigene Aussage über den Restaurationszustand und damit die Beschaffenheit des Fahrzeugs treffen wollte, sondern insofern lediglich in Gestalt einer Wissenserklärung die ihm zuteil gewordenen Informationen über die anderweitig erfolgte Restaurierung übermittelt hat; auf der Grundlage einer derartigen, unter Bezugnahme auf vertragsfremde Dritte erfolgten Wissenserklärung ist aber in keinem Fall von einer Beschaffenheitsvereinbarung i. S. von § 434 I 1 BGB auszugehen (BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05, NJW 2008, 1517). Aufgrund der Vorlage der Restaurationsrechnungen durfte der Kläger insbesondere nicht davon ausgehen, dass über die darin ausgewiesenen Arbeiten hinaus weitere Maßnahmen vorgenommen worden sind (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl. [2014], Rn. 2678 m. w. Nachw.).
Dass der Beklagte aus eigener Erkenntnis letztlich zu überhaupt keiner Aussage über den Zustand des Wagens willens und in der Lage war und dies auch deutlich gemacht hat, zeigen die Eintragungen im Bestellformular, wonach es sich um einen über 50 Jahre alten Oldtimer handele und der Verkauf daher ohne Garantie und Gewährleistung erfolge sowie ferner etwaige Vorschäden aufgrund des Alters und der – nicht von ihm durchgeführten – Vollrestauration nicht nachvollziehbar seien.
Auch ist hiernach eine Abweichung von der vertraglich vorausgesetzten oder üblichen Beschaffenheit nicht ersichtlich (§ 434 I 2 Nr. 1, Nr. 2 BGB). Dies gilt insbesondere angesichts der Abwesenheit einer ansonsten bei Oldtimern gebräuchlichen Zustandsnote und der in diesem Bereich fehlenden empirischen Befunde, sodass es letztlich auch insoweit auf die nach den konkreten Gegebenheiten erwartbare – und wie vorstehend dargestellte – Beschaffenheit ankommt (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 2881, 3157 f.).
Darauf, ob der Kläger mit den … behaupteten und – mit wenigen Ausnahmen – jedenfalls im Rahmen der ausführlichen Besichtigung und Probefahrt unschwer erkennbaren Mängel gemäß § 442 I BGB infolge von Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis ausgeschlossen ist, kommt es hiernach nicht an …
Hinweis: Mit Beschluss vom 07.10.2014 – 1 U 51/14 – hat das OLG Karlsruhe darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Heidelberg nach § 522 II ZPO zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg habe. In dem Hinweisbeschluss heißt es:
„I. … Zu Recht hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil die auf Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Oldtimer (Porsche 356 A, Baujahr 1957) gerichtete Klage abgewiesen …
1. Zutreffend hat das Landgericht darauf erkannt, dass sich der Kläger … nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB auf eine etwaige Unwirksamkeit des im Kaufvertrag vereinbarten Gewährleistungsausschlusses (handschriftlich: ‚ohne Garantie und Gewährleistung‘) gemäß § 475 I BGB nicht berufen könnte.
a) Der BGH hat – wie vom Landgericht herausgearbeitet – entschieden, dass unabhängig vom objektiven Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs die für einen solchen geltende Vorschrift des § 475 I BGB dem in einem Kaufvertrag vereinbarten Gewährleistungsausschluss dann nicht entgegensteht, wenn der Vertragspartner des Unternehmers diesem bei Vertragsschluss einen gewerblichen Verwendungszweck vortäuscht, um das Geschäft zustande zu bringen. Konkret darf, wer eine Sache von einem Unternehmer kaufen will, der zu einem Geschäftsabschluss mit einem Verbraucher nicht bereit ist, weil er keine Gewähr für die Kaufsache übernehmen will, sich den Schutz der ihn begünstigenden Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf nicht dadurch erschleichen, dass er sich gegenüber dem Unternehmer wahrheitswidrig als Händler ausgibt, um diesen zum Vertragsschluss zu bewegen. Verstößt er dagegen, so ist ihm die spätere Berufung darauf, er sei in Wahrheit Verbraucher, nach Treu und Glauben (sog. venire contra factum proprium) verwehrt. Weder das Umgehungsverbot gemäß § 475 I 2 BGB noch die Gesetzgebungsmaterialien noch das Gebot der richtlinienkonformen Auslegung stehen dem entgegen (vgl. BGH, Urt. v. 22.12.2004 – VIII ZR 91/04, juris Rn. 9 ff. m. w. Nachw.).
Von der Berufung zu Recht nicht angegriffen hat das Landgericht … auch entschieden, dass von Rechts wegen nichts anderes gelten könne, wenn der beruflich selbstständig tätige Käufer sich aufgrund der Vorgabe des Verkäufers, nicht an einen Privaten verkaufen zu wollen, entgegen seiner wahren Nutzungsabsichten damit einverstanden erklärt, das Fahrzeug unter diesen Umständen für Zwecke seines Gewerbes oder Unternehmens zu erwerben.
b) Ohne Erfolg wendet sich die Berufung vielmehr – lediglich – dagegen, dass sich das Landgericht in Würdigung des Ergebnisses der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme … und Parteianhörung … davon überzeugt hat, der Beklagte habe dem Kläger vor Abschluss des Kaufvertrages erklärt, dass für ihn ein Privatverkauf – vorbehaltlich eines unabhängigen Sachverständigengutachtens – nicht in Betracht komme, und sich der Kläger daraufhin mit einem Verkauf auf seine Zahnarztpraxis einverstanden erklärt hat. Die dagegen von der Berufung vorgebrachten Bedenken greifen nicht durch.
Im Einzelnen:
aa) Nach § 529 I Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. In § 529 I Nr. 1 ZPO kommt eine grundsätzliche Bindung des Berufungsgerichts an die erstinstanzliche Tatsachenfeststellung zum Ausdruck; eine erneute Tatsachenfeststellung durch das Berufungsgericht ist nach der Formulierung der Bestimmung nur als Ausnahme („soweit nicht …“) vorgesehen (BGH, Urt. v. 09.03.2005 – VIII ZR 266/03).
bb) Ausgehend von diesem Maßstab erweisen sich die Feststellungen des Landgerichts als vollständig und richtig. Gleichermaßen umfänglich wie nachvollziehbar und überzeugend hat es in Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme sowie des schriftlichen wie mündlichen Parteivorbringens festgehalten, dass dem Beklagten und seiner Darstellung des Sachverhalts im Ergebnis Glauben zu schenken ist. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
(1) Dagegen verfängt weder der Verweis der Berufung auf den Namen noch auf die Adresse des Klägers im Bestellformular. Ersterer weicht von seiner geschäftlichen Bezeichnung nicht ab, wie sich schon aus der weiteren … Berufungsbegründung unter Bezugnahme auf die als Anlage zum erstinstanzlichen Protokoll vom 07.02.2014 genommene Visitenkarte des Klägers (I 227) ergibt, die – laut Berufungsbegründung – aber gerade die Geschäftsadresse wiedergeben soll. Insoweit hat indessen der Beklagte bei seiner erstinstanzlichen Anhörung nachvollziehbar zu Protokoll erklärt, diese Visitenkarte seinerzeit vom Kläger überreicht bekommen zu haben:
‚Ich habe dann gesagt, ich würde die Bestellung auf die Zahnarztpraxis schreiben … Er hat mir aber eine private Visitenkarte überlassen. Ich habe dann aber gesagt, wenn das privat ist, könne ich hierauf den Vertrag nicht schreiben. Ich müsse es auf die Praxis schreiben. Er hat mir dann die Adresse genannt, die ich auch in die Bestellung aufgenommen habe.‘
Dass letztgenannte Adresse – laut Berufungsbegründung – die Privatadresse des Klägers sein soll, geht dann nicht mit dem Beklagten heim. Warum die Darstellung des Beklagten allerdings – wie die Berufung meint – unglaubwürdig sein soll, erschließt sich nicht.
(2) Ebenso wenig lässt sich für die Darstellung des Klägers und gegen die des Beklagten etwas daraus ableiten, dass der Beklagte seinerzeit im Bestellformular im Anschriftenfeld („Firma“) und unter der Rubrik „Beruf/Gewerbe“ Letzteres durchgestrichen hatte. Denn unstreitig führt der Kläger als Freiberufler keine „Firma“, das heißt einen Namen, unter dem ein Kaufmann seine Geschäfte betreibt (vgl. die Legaldefinition in § 17 I HGB), noch ist er gewerblich tätig.
(3) Zu Recht hat das Landgericht – jedenfalls indiziell – auch für die Darstellung des Beklagten gewertet, dass im Bestellformular handschriftlich die Option „für Vorsteuerabzugsberechtigte kein Umsatzsteuerausweis möglich“ angekreuzt wurde. Denn dafür bestand bei einem Verkauf an den Kläger als Verbraucher von vornherein weder Anlass noch Notwendigkeit.
Diese – jedenfalls indizielle – Bedeutung missversteht die Berufung, wenn sie lediglich meint, für den Kläger als Privatperson seien der fehlende Umsatzsteuerausweis bzw. das Ankreuzen völlig egal gewesen.
(4) Soweit der Kläger bei seiner informatorischen Anhörung in erster Instanz zu Protokoll gegeben hat, der Beklagte
„hat dann noch gesagt, dass er, weil es sich um einen Oldtimer handelt, keine Gewährleistung oder Garantie geben könne“,
steht dies der landgerichtlichen Würdigung des Beweisergebnisses – anders als die Berufung meint – nicht entgegen; dies ungeachtet des Umstands, dass sich der Kläger ohnehin im Einzelnen nicht erinnern konnte: „Was er genau gesagt hat, weiß ich nicht.“
(5) Weder nachvollziehbar noch zutreffend ist die Ansicht der Berufung, wäre die landgerichtliche Entscheidung zutreffend,
„bliebe es einer selbstständig tätigen Person wie dem Kläger nicht mehr möglich, als Verbraucher Geschäfte zu schließen“.
Denn dem Abschluss von Rechtsgeschäften durch den Kläger als Verbraucher steht selbstverständlich nichts im Wege, solange nicht zum Beispiel ein Verkäufer – wie rechtlich zulässig – erklärt, alleine mit einem Unternehmer kontrahieren zu wollen.
(6) Ob – wie die Berufung weiter betont – das Kaufobjekt für die berufliche Tätigkeit des Klägers tatsächlich nicht benötigt wurde, nicht auf die Zahnarztpraxis zugelassen und nicht ins Geschäftsvermögen genommen worden sein soll, mag für die Frage von Bedeutung sein, ob – ohne die hier ausnahmsweise aufgrund Treu und Glauben (§ 242 BGB) gebotene Korrektur – objektiv möglicherweise ein Verbrauchsgüterkauf anzunehmen gewesen wäre, ist im Streitfall indessen nach der eingangs referierten höchstrichterlichen Rechtsprechung, der auch der Senat folgt, nicht entscheidungserheblich.
(7) Zu Recht hat das Landgericht – indiziell – schließlich auch berücksichtigt, dass der Kläger nach seinem eigenen Vortrag im Schriftsatz vom 15.01.2014 immerhin eingeräumt hatte, die Voraussetzungen einer Zuführung des Fahrzeugs zum Betriebsvermögen durch seinen Steuerberater geprüft haben zu lassen. Dies greift die Berufung nicht an, sondern bestätigt dies vielmehr nochmals ausdrücklich. Ob die dem Urteil des BFH vom 02.10.2003 – IV R 13/03 zugrunde liegende Sachverhaltskonstellation der des Klägers ähnlich gewesen ist, kann dahinstehen. Denn der Beklagte hatte auf die weitere (tatsächliche und/oder steuerliche) Nutzung des Kaufobjekts durch den Kläger keinerlei Einfluss, und jene war für die rechtliche Bewertung der Umstände des Vertragsabschlusses ohne Belang.
2. Nach Vorstehendem kommt es aufgrund wirksamen Sachmängelgewährleistungsausschlusses für die gerichtliche Entscheidung nicht mehr darauf an, ob der vom Kläger erworbene Oldtimer beim Gefahrübergang – wie das Landgericht ergänzend ausgeführt hat – die vereinbarte Beschaffenheit oder aber – wie der Kläger nach wie vor meint – Sachmängel gemäß § 434 I BGB aufwies …“
Mit Beschluss vom 12.11.2014 – 1 U 51/14 – hat das OLG Karlsruhe die Berufung des Klägers gemäß § 522 II ZPO zurückgewiesen und zur Begründung insbesondere auf den Hinweisbeschluss vom 07.10.2014 Bezug genommen.