1. Lack­schä­den stel­len bei ei­nem Neu­wa­gen ei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 I 1 BGB dar, weil ei­nem Neu­wa­gen mit Lack­schä­den die mit Ab­schluss des Kauf­ver­trags kon­klu­dent ver­ein­bar­te, dem Be­griff „Neu­wa­gen“ in­ne­woh­nen­de Be­schaf­fen­heit „fa­brik­neu“ fehlt.
  2. Nach § 476 BGB kann zu ver­mu­ten sein, dass Lack­schä­den, die ein Neu­wa­gen auf­weist, schon bei der Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Käu­fer vor­han­den wa­ren. Für die­se Ver­mu­tung ist zwar, weil sie mit der Art des Man­gels un­ver­ein­bar ist, kein Raum, wenn die Schä­den auch ei­nem fach­lich nicht ver­sier­ten Käu­fer auf­fal­len müs­sen und des­halb zu er­war­ten ist, dass er sie so­gleich bei der Über­ga­be be­an­stan­det. Das ist bei Lack­schä­den, die nur bei Son­nen­licht, aber nicht bei künst­li­cher Be­leuch­tung sicht­bar sind, aber nicht der Fall.

OLG Naum­burg, Ur­teil vom 01.08.2013 – 2 U 149/12

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin er­warb von der be­klag­ten Kfz-Händ­le­rin im Som­mer 2009 ei­nen VW Po­lo 1.4 High­li­ne zum Preis von 16.175 €. Das Fahr­zeug wur­de ihr am 17.11.2009 in Wolfs­burg über­ge­ben.

We­ni­ge Ta­ge spä­ter stell­te die Klä­ge­rin fest, dass das ge­sam­te Fahr­zeug bei be­stimm­tem Licht­ein­fall Strei­fen im Lack auf­weist. Sie wand­te sich dar­auf­hin an die Be­klag­te, kon­kret an de­ren Ver­käu­fer V, der sei­nen Kol­le­gen K hin­zu­zog. Bei ei­ner In­au­gen­schein­nah­me des Fahr­zeugs in der Werk­statt­hal­le stell­ten V und K Krat­zer und Rie­fen im Lack fest.

Mit Schrei­ben vom 16.09.2010 for­der­te die Klä­ge­rin die Be­klag­te auf, das Fahr­zeug bis zum 30.09.2010 durch ei­ne Ganz­la­ckie­rung in ei­nen man­gel­frei­en Zu­stand zu ver­set­zen. Dar­auf­hin er­klär­te die Ge­schäfts­füh­re­rin der Be­klag­ten mit Te­le­fax vom 20.09.2010, dass ihr Män­gel des VW Po­lo nicht be­kannt sei­en und sie von Be­schwer­den der Klä­ge­rin nichts wis­se.

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 21.10.2010 schlug die Klä­ge­rin der Be­klag­ten vor, das ihr – der Klä­ge­rin – ge­lie­fer­te Fahr­zeug durch ei­ne Neu­la­ckie­rung nach­zu­bes­sern oder ihr ei­nen man­gel­frei­en Neu­wa­gen zu lie­fern. Au­ßer­dem kün­dig­te die Klä­ge­rin mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 03.11.2010 ih­ren Rück­tritt vom Kauf­ver­trag an.

Dar­auf­hin er­klär­te sich die Be­klag­te be­reit, das Fahr­zeug im Bei­sein ei­nes VW-Gut­ach­ters in ih­ren Werk­statt­räu­men zu be­sich­ti­gen. Die­se Be­sich­ti­gung fand am 22.11.2010 statt. Am 11.01. und am 16.02.2011 wur­de das Fahr­zeug au­ßer­dem auf dem Ge­län­de des Sach­ver­stän­di­gen S, den die Klä­ge­rin mit der Er­stel­lung ins Gut­ach­tens be­auf­tragt hat­te, in Au­gen­schein ge­nom­men. In sei­nem Gut­ach­ten vom 08.03.2011 stell­te S fest, dass die Lack­schicht an der rech­ten Fahr­zeug­sei­te und auf der Mo­tor­hau­be teil­wei­se vier­fach di­cker als üb­lich sei und feins­te Kratz­spu­ren auf­wei­se, die un­ter­halb der Klar­lack­schicht lä­gen. Für die Er­stel­lung des Gut­ach­tens zahl­te die Klä­ge­rin 1.383,38 €.

Mit Schrei­ben vom 17.03.2011 for­der­te die Klä­ge­rin die Be­klag­te un­ter Frist­set­zung zum 31.03.2011 zum Er­satz der für das Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten auf­ge­wand­ten Kos­ten auf und schlug ihr ei­ne Rück­ab­wick­lung des Kfz-Kauf­ver­trags vor. Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 12.07.2011 er­klär­te die Klä­ge­rin schließ­lich den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag.

Das Land­ge­richt (LG Mag­de­burg, Urt. v. 13.09.2012 – 5 O 1169/11) hat die haupt­säch­lich auf Rück­zah­lung des um ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung ver­min­der­ten Kauf­prei­ses ge­rich­te­te Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es im We­sent­li­chen aus­ge­führt, die Klä­ge­rin sei nicht zum Rück­tritt von dem mit der Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag be­rech­tigt ge­we­sen. Zwar stell­ten die von ihr ge­rüg­ten Lack­schä­den grund­sätz­lich ei­nen Man­gel i. S. von § 434 I 1 BGB dar. Es ste­he je­doch nicht fest, dass die­se Schä­den be­reits bei Über­ga­be des Fahr­zeugs an die Klä­ge­rin vor­han­den ge­we­sen sei­en.

Die Be­weis­last da­für, dass das Fahr­zeug schon bei der Über­ga­be an sie man­gel­haft ge­we­sen sei, tref­fe die Klä­ge­rin, oh­ne dass ihr § 476 BGB zu­gu­te­kom­me:

„Die Ver­mu­tung ist vor­lie­gend … kraft Ge­set­zes aus­ge­schlos­sen und muss nicht wi­der­legt wer­den, weil sie mit der Art des Man­gels un­ver­ein­bar ist. Zwar ist die Ver­mu­tung, dass ein Sach­man­gel be­reits bei Ge­fahr­über­gang vor­ge­le­gen hat, nicht schon mit der Art des Man­gels un­ver­ein­bar, wenn der Man­gel ty­pi­scher­wei­se je­der­zeit auf­tre­ten kann und des­halb kei­nen hin­rei­chend si­che­ren Rück­schluss dar­auf zu­lässt, dass er schon bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den war (vgl. BGH, Urt. v. 14.09. 2005 – VI­II ZR 363/04, NJW 2005, 3490). Die Ver­mu­tung kann auch für äu­ße­re Be­schä­di­gun­gen der Kauf­sa­che, wie et­wa ei­nen Ka­ros­se­rie­scha­den, ein­grei­fen. Sie ist al­ler­dings dann mit der Art des Man­gels un­ver­ein­bar, wenn es sich um äu­ße­re Be­schä­di­gun­gen han­delt, die auch dem fach­lich nicht ver­sier­ten Käu­fer auf­fal­len müs­sen (vgl. BGH, Urt. v. 14.09. 2005 – VI­II ZR 363/04, NJW 2005, 3490). Denn in ei­nem sol­chen Fall ist zu er­war­ten, dass der Käu­fer den Man­gel bei der Über­ga­be be­an­stan­det; hat er die Sa­che oh­ne Be­an­stan­dung ent­ge­gen­ge­nom­men, so spricht dies folg­lich ge­gen die Ver­mu­tung, der Man­gel sei schon bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den ge­we­sen (vgl. Stau­din­ger/Ma­tu­sche-Beck­mann, BGB, Neu­be­arb. 2004, § 476 Rn. 34). Um ei­ne der­ar­ti­ge Be­schä­di­gung han­delt es sich vor­lie­gend. Das ge­sam­te Fahr­zeug weist Strei­fen im Lack auf, die so­wohl an den Ein­stie­gen als auch im üb­ri­gen Be­reich deut­lich sicht­bar sind. So hat die Klä­ge­rin selbst, was sie auch im Rah­men ih­rer münd­li­chen An­hö­rung im Ter­min am 17.11.2011 be­stä­tigt hat, die Strei­fen im Lack cir­ca zwei Wo­chen nach Über­ga­be des Fahr­zeugs oh­ne wei­te­re Hilfs­mit­tel fest­ge­stellt.

Dass die Lack­schä­den – spin­nen­netz­ar­ti­ge Lack­krat­zer auf der ge­sam­ten Ka­ros­se­rie und Lack­krat­zer in den Ein­stiegs­be­rei­chen – bei Über­ga­be des Fahr­zeugs … be­reits vor­han­den ge­we­sen sind, hat die Klä­ge­rin nicht nach­ge­wie­sen. Im Er­geb­nis der durch­ge­führ­ten Be­weis­auf­nah­me steht auf­grund der An­ga­ben des Sach­ver­stän­di­gen S in sei­nem schrift­li­chen Gut­ach­ten vom 29.03.2012 und in sei­ner münd­li­chen An­hö­rung im Ter­min am 23.08.2012 nicht fest, dass die Be­schä­di­gun­gen des Lacks be­reits bei Über­ga­be des Fahr­zeugs an die Klä­ge­rin vor­han­den ge­we­sen sind. So hat der Sach­ver­stän­di­ge in sei­nem schrift­li­chen Gut­ach­ten vom 29.03.2012 aus­ge­führt, dass das ge­sam­te Fahr­zeug mit Ober­flä­chen­krat­zern über­sät sei, die auf der Fahr­zeug­ka­ros­se­rie un­ge­ord­net und in den Tür­schwel­lern vorn und hin­ten in Längs­rich­tung ver­lau­fen. Bei den Kratz­spu­ren han­de­le es sich um ty­pi­sche Wasch­an­la­gen­krat­zer, die un­ver­meid­bar bei je­der Fahr­zeug­wä­sche ent­stün­den. Im Rah­men sei­ner münd­li­chen An­hö­rung im Ter­min am 23.08.2012 hat der Sach­ver­stän­di­ge S zu­dem an­ge­ge­ben, dass die spin­nen­netz­ar­ti­gen Krat­zer nut­zungs­be­dingt auf Fahr­zeug­wä­schen, egal ob das Au­to mit der Hand oder mit ei­ner Ma­schi­ne ge­wa­schen wer­de, zu­rück­zu­füh­ren sei­en. Der Sach­ver­stän­di­ge hat in sei­nem schrift­li­chen Gut­ach­ten auch fest­ge­stellt, dass das Fahr­zeug of­fen­sicht­lich im Werk nachla­ckiert wor­den sei, denn nur so sei­en die ver­gleichs­wei­se ho­hen Schicht­di­cken, die er an dem Fahr­zeug ge­mes­sen ha­be, er­klär­bar. In der An­la­ge A1 zum schrift­li­chen Gut­ach­ten hat der Sach­ver­stän­di­ge ta­bel­la­risch Mess­wer­te des Fahr­zeugs an der Fahr­zeug­ka­ros­se­rie do­ku­men­tiert, die zwi­schen 126 µm (rech­te Front­tür un­ten) und 393 µm (Mo­tor­hau­be hin­ten links) lä­gen. Fer­ner hat der Sach­ver­stän­di­ge im Rah­men des von ihm durch­ge­führ­ten Orts­ter­mins Rau­tief­mes­sun­gen an der C-Säu­le links, der Tür vorn links und zwei­fach am Ein­stieg hin­ten links durch­ge­führt, die er durch Mess­pro­to­kol­le … do­ku­men­tiert hat. Da­bei ha­be er Rau­tie­fen von ma­xi­mal 1,8 µm an der Tür vorn links an zwei Krat­zern und an der C-Säu­le links mit ma­xi­mal 0,5 µm fest­ge­stellt. Die Schicht­di­cken am Stoß­fän­ger und an der Mo­tor­hau­be hin­sicht­lich des Ba­sis- und Klar­lacks hät­ten, so führt der Sach­ver­stän­di­ge in sei­nem schrift­li­chen Gut­ach­ten aus, je­weils ca. 40 µm be­tra­gen. Die tie­fer lie­gen­den Lack­schich­ten sei­en von ihm nicht ge­mes­sen wor­den. Im Rah­men sei­ner münd­li­chen An­hö­rung hat der Sach­ver­stän­di­ge er­gän­zend aus­ge­führt, dass sich die Krat­zer in der Klar­lack­schicht be­fän­den. Schleif­spu­ren un­ter der Klar­lack­schicht ha­be er bei ei­ner Sicht­prü­fung im Rah­men des Orts­ter­mins nicht fest­ge­stellt. Die­se sei­en – wenn sie vor­lä­gen – auch deut­lich zu se­hen, weil sie kei­ner Ver­än­de­rung, so wie Krat­zer im Klar­lack, un­ter­lä­gen. Die Krat­zer an den Ein­stie­gen könn­ten auf ei­ne Rei­ni­gung per Hand zu­rück­zu­füh­ren sein. Bei den Ober­flä­chen­krat­zern auf der ge­sam­ten Ka­ros­se­rie han­de­le es sich um nut­zungs­be­ding­te Krat­zer, die durch Wasch­an­la­gen oder auch per Hand er­zeugt wür­den. Sie sei­en nicht her­stel­lungs­be­dingt.

Das Ge­richt schließt sich den nach­voll­zieh­ba­ren und über­zeu­gen­den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen nach ei­ge­ner kri­ti­scher Wür­di­gung an. So­weit die Klä­ge­rin ge­gen die ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen im Schrift­satz vom 05.09.2012 Ein­wän­de er­hebt, führt dies zu kei­ner an­de­ren Be­ur­tei­lung. …

An­ge­sichts der über­zeu­gen­den und nach­voll­zieh­ba­ren Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen … ist das Ge­richt da­von über­zeugt, dass die Krat­zer nut­zungs­be­dingt ent­we­der durch Hand­wä­sche oder durch Wasch­an­la­gen so­wohl auf der ge­sam­ten Ka­ros­se­rie als auch in den Ein­stiegs­be­rei­chen ent­stan­den sind. Dass die Krat­zer be­reits bei Über­ga­be des Fahr­zeugs vor­han­den ge­we­sen sind, steht da­mit je­doch nicht fest. Denn sie kön­nen so­wohl bei der von dem Sach­ver­stän­di­gen ge­nann­ten Erst­wä­sche im Werk als auch bei ei­ner spä­te­ren Wä­sche durch die Klä­ge­rin ent­stan­den sein. Das Ge­richt ist auch nicht da­von über­zeugt, dass die Krat­zer un­ter der Klar­lack­schicht lie­gen und da­mit nicht nut­zungs­be­dingt ent­stan­den sind. Dies lässt sich den nach­voll­zieh­ba­ren und über­zeu­gen­den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen ge­ra­de nicht ent­neh­men …“

Die Be­ru­fung der Klä­ge­rin hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … 1. Die Klä­ge­rin hat ge­gen die Be­klag­te ei­nen An­spruch auf Er­stat­tung des Kauf­prei­ses, Zug um Zug ge­gen Rück­nah­me des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs, aus § 434 I 1, §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 323 I, 346 I BGB.

a) Ent­ge­gen der erst­in­stanz­li­chen Auf­fas­sung ist da­von aus­zu­ge­hen, dass das Fahr­zeug zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs, das heißt bei der Über­ga­be … ge­mäß § 446 BGB am 17.11.2009, man­gel­haft ge­we­sen ist.

aa) Die von der Klä­ge­rin ge­rüg­ten Lack­schä­den stel­len – wo­von auch das Land­ge­richt zu­tref­fend aus­ge­gan­gen ist – ei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 I 1 BGB dar. Denn ei­nem Pkw mit der­ar­ti­gen Lack­schä­den fehlt die mit dem Ver­trags­schluss kon­klu­dent ver­ein­bar­te, dem Be­griff „Neu­wa­gen“ in­ne­woh­nen­de Be­schaf­fen­heit „fa­brik­neu“ (vgl. BGH, Urt. v. 06.02.2013 – VI­II ZR 374/11, ju­ris Rn. 10).

bb) Das erst­in­stanz­li­che Ge­richt stellt auch in nach­voll­zieh­ba­rer Wei­se … fest, dass nicht be­wie­sen ist, dass die Lack­schä­den zum Über­ga­be­zeit­punkt am 17.11.2009 be­reits an dem Fahr­zeug vor­han­den ge­we­sen sind. Eben­so ist aber auch nicht be­wie­sen, dass das Fahr­zeug zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs man­gel­frei ge­we­sen ist. Das be­trifft, wie sich aus dem schrift­li­chen Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen Dipl.-Ing. S vom 29.03.2012 und sei­ner münd­li­chen An­hö­rung er­gibt, ins­be­son­de­re die an den Ein­stie­gen fest­ge­stell­ten Schä­den.

cc) Mit Er­folg be­an­stan­det die Klä­ge­rin je­doch, dass das Land­ge­richt nicht zu ih­ren Guns­ten von ei­ner Be­weis­last­um­kehr nach § 476 BGB aus­ge­gan­gen ist. Ent­ge­gen der erst­in­stanz­li­chen Auf­fas­sung geht die Nich­ter­weis­lich­keit der Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs zu­las­ten der Be­klag­ten.

Nach § 476 BGB wird bei ei­nem Ver­brauchs­gü­ter­kauf dann, wenn sich in­ner­halb von sechs Mo­na­ten seit Ge­fahr­über­gang ein Sach­man­gel zeigt, ver­mu­tet, dass die Sa­che be­reits bei Ge­fahr­über­gang man­gel­haft ge­we­sen ist, es sei denn, die­se Ver­mu­tung ist mit der Art der Sa­che oder des Man­gels un­ver­ein­bar.

Nach dem zu­grun­de zu le­gen­den Sach­ver­halt ist da­von aus­zu­ge­hen, dass die Vor­aus­set­zun­gen des § 476 BGB er­füllt sind und da­her zu ver­mu­ten ist, dass das Fahr­zeug be­reits bei Über­ga­be an die Klä­ge­rin man­gel­haft war.

Ein Ver­brauchs­gü­ter­kauf i. S. des § 474 I 1 BGB liegt vor. Die Klä­ge­rin hat als Ver­brau­che­rin von der Be­klag­ten als Un­ter­neh­me­rin ei­ne be­weg­li­che Sa­che er­wor­ben.

Ei­ne Aus­nah­me von dem Ein­grei­fen die­ser Ver­mu­tungs­re­ge­lung liegt nicht vor. Zwar ist die Ver­mu­tung kraft Ge­set­zes aus­ge­schlos­sen und muss nicht wi­der­legt wer­den, wenn sie mit der Art des Man­gels un­ver­ein­bar ist. Dies ist aber nur an­zu­neh­men, wenn es sich um äu­ße­re Be­schä­di­gun­gen der Kauf­sa­che han­delt, die auch dem fach­lich nicht ver­sier­ten Käu­fer auf­fal­len müs­sen. Denn in ei­nem sol­chen Fall ist zu er­war­ten, dass der Käu­fer den Man­gel bei der Über­ga­be be­an­stan­det (BGH, Urt. v. 21.12.2005 – VI­II ZR 49/05, ju­ris Rn. 16; Urt. v. 14.09.2005 – VI­II ZR 363/04, ju­ris Rn. 37). Um ei­ne der­ar­ti­ge Be­schä­di­gung han­delt es sich nach den tatrich­ter­li­chen Fest­stel­lun­gen und dem Sach­vor­trag der Par­tei­en in­des­sen nicht. Die Klä­ge­rin hat un­wi­der­spro­chen vor­ge­tra­gen, dass sich die Lack­krat­zer bei Son­nen­licht, nicht aber bei künst­li­cher Be­leuch­tung ge­zeigt hät­ten. Des­we­gen ha­be sie bei der Über­ga­be im Au­to­haus … die feh­ler­haf­te La­ckie­rung auch nicht so­fort er­ken­nen kön­nen. Das hält der Se­nat auf­grund der Be­schrei­bun­gen des Sach­ver­stän­di­gen für nach­voll­zieh­bar und je­den­falls nicht für wi­der­legt. Zu­dem liegt nicht nur ei­ne äu­ße­re Be­schä­di­gung der La­ckie­rung vor; der Sach­ver­stän­di­ge hat viel­mehr auch Lack­schä­den in un­te­ren, im Werk über­la­ckier­ten Schich­ten ge­fun­den.

b) Der Rück­tritt ist auch nicht nach § 323 V 2 BGB aus­ge­schlos­sen. Nach die­ser Vor­schrift ist der Rück­tritt aus­ge­schlos­sen, wenn die in der Man­gel­haf­tig­keit der Kauf­sa­che lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung un­er­heb­lich ist, das heißt, wenn der Man­gel ge­ring­fü­gig ist.

Hier­von kann nicht aus­ge­gan­gen wer­den. Mit der Ent­schei­dung für den Kauf ei­nes Neu­wa­gens kommt für den Käu­fer ge­ra­de ty­pi­scher­wei­se auch op­ti­schen Ge­sichts­punk­ten, ins­be­son­de­re ei­ner ver­ar­bei­tungs­tech­ni­schen Ma­kel­lo­sig­keit der Ka­ros­se­rie, ei­ne zu­min­dest mit­ent­schei­den­de Rol­le zu. Fahr­zeu­ge, die die­sen Ka­ros­se­rie­stan­dard nicht oder nicht mehr an­nä­hernd auf­wei­sen, wer­den üb­li­cher­wei­se mit deut­li­chen Preis­ab­schlä­gen ge­han­delt, da sie in der Wert­schät­zung des Ver­kehrs nur noch zwei­te Wahl sind und des­halb al­len­falls noch als in Ge­brauch ge­nom­me­ne Vor­führ­wa­gen ab­ge­setzt wer­den kön­nen (BGH, Urt. v. 06.02.2013 – VI­II ZR 374/11, ju­ris Rn. 17).

c) Der An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses von 16.175 € be­steht aber nur ab­züg­lich des ge­zo­ge­nen Ge­brauchs­vor­teils. Die­ser be­steht in Hö­he von 3.154,32 €.

Der Se­nat be­misst den Ge­brauchs­vor­teil un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Fahr­zeug­klas­se mit 0,5 % des Brut­to­kauf­prei­ses pro ge­fah­re­nen 1.000 km. Hier­aus er­rech­net sich ein Be­trag in Hö­he vom 80,88 € pro 1.000 ge­fah­re­nen Ki­lo­me­tern. Aus­ge­hend von den durch die Be­klag­te nicht be­strit­te­nen An­ga­ben der Klä­ge­rin liegt zum Zeit­punkt der münd­li­chen Ver­hand­lung ei­ne Lauf­leis­tung von 39.000 km vor. Hier­aus folgt ein Ge­brauchs­vor­teil der Klä­ge­rin in der Ge­samt­hö­he von 3.154,32 €.

2. Der Kla­ge­an­trag zu 2. ist zu­läs­sig und be­grün­det.

Die Klä­ge­rin hat an der Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten ein recht­li­ches In­ter­es­se (§ 256 I ZPO). Ein ent­spre­chen­der Fest­stel­lungs­an­trag be­züg­lich des An­nah­me­ver­zugs der Ge­gen­sei­te bei Zug-um-Zug-Leis­tun­gen wird im Hin­blick auf die §§ 756, 765 ZPO zu­ge­las­sen (BGH, Urt. v. 28.10.1987 – VI­II ZR 306/86, WM 1987, 1496, 1498).

Auf­grund des Rück­tritts der Klä­ge­rin war die Be­klag­te zur Ent­ge­gen­nah­me des Fahr­zeugs ver­pflich­tet. Auf die ent­spre­chen­de Frist­set­zung der Klä­ger­sei­te mit Schrei­ben vom 12.07.2011 … hat die Be­klag­te nicht re­agiert.

3. Au­ßer­dem sind die Gut­ach­ter­kos­ten in Hö­he von 1.561,88 € … zu er­set­zen. Zu den nach § 437 Nr. 3, § 440, 280 I BGB zu er­set­zen­den Man­gel­schä­den zäh­len auch die Auf­wen­dun­gen des Käu­fers für die gut­ach­ter­li­che Fest­stel­lung des Zu­stands der Kauf­sa­che (KG, Urt. v. 10.01.2005 – 26 U 96/04, NJW-RR 2006, 1213, 1215; OLG Saar­brü­cken, Urt. v. 18.04.2013 – 4 U 52/12, ju­ris).

4. Eben­so sind die gel­tend ge­mach­ten An­walts­kos­ten in Hö­he von 449,70 € zu er­set­zen. …

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