1. Fehlen vertragliche Vereinbarungen über den Erfüllungsort, so ist nach einem Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag dessen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises dort zu erfüllen, wo sich die Kaufsache bei Zugang der Rücktritterklärung vertragsgemäß befand.
  2. Eine Klausel in einem außergerichtlichen Vergleich, wonach nach Zahlung eines bestimmten Geldbetrages „alle Ansprüche aus dem Kaufvertrag … erledigt sind“, kann dahin auszulegen sein, dass sie auch das Recht des Käufers zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 I BGB) erfasst.
  3. Eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Verbrauchers von den in § 475 I 1 BGB genannten Vorschriften abweicht, aber nach Mitteilung eines Mangels getroffen wird, darf sich nicht nur auf den angezeigten Mangel, sondern auch auf noch nicht angezeigte Mängel beziehen.

LG Essen, Urteil vom 17.06.2013 – 1 O 45/13

Sachverhalt: Der Kläger kaufte von dem Beklagten mit schriftlichem Vertrag vom 11.06.2012 ein im Jahr 2011 gebautes Kraftfahrzeug für 8.500 €. In dem mit „Kaufvertrag über ein gebrauchtes Fahrzeug“ überschriebenen Vertragsformular heißt es handschriftlich: „Fahrzeug wurde auf Unfallschaden nicht überprüft! Unfallfreiheit wird nicht zugesichert!“. Das Fahrzeug wurde dem Kläger am 20.06.2012 übergeben.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 03.08.2012 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er Lautsprecher im Heckbereich des Fahrzeugs habe einbauen lassen und ihm bei dieser Gelegenheit eröffnet worden sei, dass das Fahrzeug in der Vergangenheit einen erheblichen, mit Reparaturkosten „von wenigstens 6.000 €“ verbundenen Unfallschaden erlitten habe.

Der Kläger verlangte einen Nachlass auf den Kaufpreis von 2.500 €; werde dieser nicht gewährt, werde er den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 08.08.2012 teilte der Beklagte mit, dass er ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zur Rückzahlung von 750 € bereit sei, wenn damit „alle Ansprüche aus dem Kaufvertrag, seien sie bekannt oder unbekannt, erledigt sind“. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 03.09.2012 eine Erstattung von 1.500 € beansprucht hatte, erklärte sich der Beklagte mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 05.09.2012 bereit, den angebotenen Betrag unter der Voraussetzung auf 1.150 € zu erhöhen, „dass nach einer solchen Zahlung alle Ansprüche aus dem Kaufvertrag, seien sie bekannt oder unbekannt, erledigt sind“. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 28.09.2012 erklärte sich der Kläger mit dem Vergleichsangebot des Beklagten einverstanden. In dem Schreiben, das bei dem Beklagtenvertreter am 01.10.2012 einging, hieß es unter anderem:

„Ihr Mandant möchte den angebotenen Betrag sodann binnen einer Woche nach Zugang dieses Schreibens auf das unten stehende Konto des Unterzeichners überweisen. Inkassovollmacht liegt Ihnen vor. Im Falle nicht fristgerechter Anweisung wird mein Mandant seine Ansprüche weiterverfolgen.“.

Der Beklagte überwies daraufhin 1.150 € auf das angegebene Konto, dem der Betrag am 09.10.2012 gutgeschrieben wurde.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 25.10.2012 erklärte der Kläger die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und den Rücktritt vom Kaufvertrag. Er hat behauptet, der Beklagte habe ihm auf Nachfrage ausdrücklich zugesichert, dass das Fahrzeug unfallfrei sei. Tatsächlich habe es jedoch einen erheblichen Unfallschaden erlitten, den der Beklagte arglistig verschwiegen habe.

Die im Wesentlichen auf Rückzahlung des Kaufpreises gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Das LG Essen ist gemäß § 29 ZPO zuständig.

Nach § 29 I ZPO besteht für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis ein besonderer Gerichtsstand an dem Ort, an dem die streitige Vertragspflicht zu erfüllen ist. Bei gegenseitigen Verträgen ist der Erfüllungsort für die Verbindlichkeiten beider Vertragsteile grundsätzlich einzeln und gesondert zu bestimmen; nur ausnahmsweise kann ein einheitlicher Gerichtsstand angenommen werden (vgl. OLG Schleswig, Urt. v. 04.09.2012 – 3 U 99/11). Die streitige Vertragspflicht ist hier der Kaufpreisrückzahlungsanspruch, der sich aus §§ 812 I 1 Fall 1, 142 I BGB oder aus §§ 346 I, 326 V, § 437 Nr. 2, § 440 BGB ergeben kann. Ob entsprechende Ansprüche tatsächlich bestehen, ist erst im Rahmen der Begründetheit zu prüfen.

Der Erfüllungsort für den Kaufpreisrückzahlungsanspruch bestimmt sich mangels gesetzlicher Sonderregelung nach § 269 BGB. Gemäß Absatz 1 dieser Vorschrift kann sich der Erfüllungsort aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, ergeben, wenn eine Vereinbarung über den Erfüllungsort nicht getroffen wurde. Eine ausdrückliche Vereinbarung gibt es nicht. Auch eine konkludente Vereinbarung ist nicht ersichtlich. Die Umstände ergeben jedoch, dass Erfüllungsort für den Kaufpreisrückzahlungsanspruch bei einem Rücktritt vom Vertrag der Ort ist, an dem sich die Kaufsache bei Zugang der Rücktrittserklärung vertragsgemäß befunden hat. Dies ist der Wohnsitz des Klägers in F.

Das Gericht folgt damit der weiterhin herrschenden Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung (z. B. OLG Schleswig, Urt. v. 04.09.2012 – 3 U 99/11; OLG Bamberg, Urt. v. 18.08.2010 – 8 U 51/10; OLG Hamm, Beschl. v. 16.03.2012 – 32 SA 12/12, OLG Köln, Beschl. v. 28.03.2011 – 3 U 174/10; anders z. B. LG Stralsund, Beschl. v. 13.10.2011 – 6 O 211/11; AG Hechingen, Urt. v. 02.02.2012 – 2 C 463/11; AG Bergen, Beschl. v. 08.08.2012 – 23 C 334/12). Bei einem Rücktritt besteht ein Rückgewährschuldverhältnis, bei dem der Anspruch auf beiderseitiger Rückgewähr der erfolgten Leistungen besonders eng zusammenhängen. Da grundsätzlich von einer Verantwortung des Verkäufers für den Rücktritt auszugehen ist, erscheint eine Privilegierung des Käufers auch sachgerecht (vgl. zu diesen und weiteren Argumenten OLG Schleswig, Urt. v. 04.09.2012 – 3 U 99/11).

Da eine Zuständigkeit des LG Essen im Hinblick auf den erklärten Rücktritt gegeben ist, ist dieses auch umfassend für die Prüfung sämtlicher Anspruchsgrundlagen zuständig.

Die Klage ist aber nicht begründet. Der Kläger hat weder Ansprüche aus § 812 I 1 Fall 1, § 142 I BGB noch aus §§ 346 I, 326 V BGB, § 437 Nr. 2, § 440 BGB. Eventuelle Gewährleistungsrechte oder Anfechtungsrechte sind durch den zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich ausgeschlossen.

Ein Vergleich ist zustande gekommen.

Das Schreiben des Klägers vom 28.09.2012 stellte eine modifizierte Annahme eines Vergleichsangebotes des Beklagten vom 05.09.2012 und damit ein neues Angebot dar (§ 150 II BGB). Die Annahme-/Einverständniserklärung vom 28.09.2012 war mit der Einschränkung/Bedingung verbunden, dass die Ansprüche weiterverfolgt würden, wenn nicht eine Überweisung binnen einer Woche nach Zugang erfolgen würde.

Der Beklagte hat das Angebot konkludent angenommen durch die Zahlung des Vergleichsbetrages. In der Zahlung wurde für den Kläger bestimmt und erkennbar – angesichts seines Angebots – zum Ausdruck gebracht, dass auch der Beklagte den Abschluss des Vergleichs wollte.

Die Annahme erfolgte auch rechtzeitig. Nach § 148 BGB kann eine Annahme nur innerhalb einer vom Antragenden gesetzten Frist erfolgen. Selbst wenn man in dem Setzen der Zahlungsfrist eine solche Annahmefrist sehen würde und nicht nur eine Bedingung i. S. des § 158 BGB, wäre die Frist hier gewahrt. Zur Wahrung der Frist genügte nämlich die Überweisung des Beklagten binnen Wochenfrist. Eine Gutschrift auf dem Konto des Bevollmächtigten des Klägers war nicht erforderlich.

Eine Willenserklärung gegenüber Abwesenden wird zwar erst mit Zugang wirksam (§ 130 I BGB), sodass grundsätzlich zur Wahrung der Annahmefrist im Rahmen des § 148 BGB ein Zugang der Annahme beim Antragenden (bzw. seinem Bevollmächtigten) wirksam wird. Im Einzelfall kann aber auch schon die Abgabe der Erklärung zur Fristwahrung genügen. Der Antragende ist bei Bestimmung der Antragsfrist grundsätzlich frei. Es ist eine Frage der Auslegung der Willenserklärung des Antragenden, wie eine Frist zu verstehen ist.

Hier ist anzunehmen, dass die Abgabe des Überweisungsauftrags bei der Bank schon zur Fristwahrung ausreichte. Hierfür spricht schon der Wortlaut des Schreibens vom 28.09.2012. Eine Gutschrift auf dem Konto des Klägervertreters – wie vom Kläger vorgetragen – wurde in diesem Schreiben gerade nicht gefordert, sondern eine Überweisung durch den Beklagten. Im alltäglichen Sprachgebrauch wird unter einer Überweisung die Abgabe des Überweisungsauftrags bei der Bank verstanden und nicht mehr der Erfolg der Überweisung durch Gutschrift auf dem Empfängerkonto. Auch unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 157 BGB) ist die Erklärung des Klägers dahin gehend auszulegen, dass die Abgabe des Überweisungsauftrags zur Fristwahrung reichte. Bei der Frist von einer Woche handelte es sich um eine sehr kurze Frist. Schon die Zeit von einer Woche an sich ist kurz. Hinzu kommt noch, dass der Schriftverkehr nicht an den Beklagten erfolgte, sondern an dessen Vertreter. Nach Zugang des Angebots musste also der Beklagte innerhalb der Frist zunächst noch informiert werden, bevor er eine Überweisung vornehmen konnte. Wenn man noch bedenkt, dass innerhalb der Wochenfrist voraussichtlich auch noch ein Wochenende und ein Feiertag (03.10.) liegen würden, an denen ein Überweisungsverkehr nicht stattfindet, dann war absehbar, dass selbst bei unverzüglichem Handeln der Bevollmächtigten des Beklagten und des Beklagten selbst schon die Einhaltung einer Erteilung des Überweisungsauftrags schwer würde; die Sicherstellung einer Gutschrift innerhalb der Frist auf einem Konto wäre aber kaum möglich, da Banklaufzeiten auch nicht genau vorausgesagt werden können. Hinzu kommt, dass es für den Beklagten bei der Überweisung jedenfalls kaum vorauszusagen gewesen wäre, ob noch eine Gutschrift innerhalb der Wochenfrist erfolgen würde.

Durch den Vergleich wurden das später geltend gemachte Anfechtungsrecht und das Rücktrittsrecht ausgeschlossen. Das Angebot des Klägers beinhaltete nämlich durch die Einverständniserklärung mit dem vorherigen Vergleichsangebot des Beklagten auch die Klausel, dass nach der Zahlung alle Ansprüche aus dem Kaufvertrag, seien sie bekannt oder unbekannt, erledigt sind.

Gewährleistungsrechte wurden durch den Vergleich abbedungen. Aus der weiten Fassung der Klausel mit der Angabe, dass alle – auch unbekannte – Ansprüche erledigt sein sollten ergibt sich, dass eine abschließende Regelung etwaiger Ansprüche aus dem Kaufvertrag erfolgen sollte. Diese Ansprüche aus dem Kaufvertrag umfassen auch Gewährleistungsansprüche. Der Beklagte hatte zuvor auch gerade nur seine Vergleichsbereitschaft unter dieser Bedingung erklärt und damit deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er sich nicht nur hinsichtlich des konkret gerügten Mangels vergleichen wollte.

Aus den gleichen Erwägungen umfasst der Vergleich auch den Ausschluss des geltend gemachten Anfechtungsrechts. Hierbei handelt es sich zwar nicht im engeren Sinn um ein Recht aus dem Kaufvertrag, da durch die Ausübung des Anfechtungsrechts die Wirksamkeit des Kaufvertrages beseitigt wird. Die Klausel ist aber jedenfalls hier so auszulegen, dass auch das Anfechtungsrecht von ihr umfasst werden sollte. Entsprechend den obigen Ausführungen sollte es sich um eine endgültige Regelung bezüglich des Kaufvertrags handeln und zwischen den Parteien keine weiteren Rechte bestehen. Für die Parteien ist es insoweit kein erheblicher Unterschied, ob es um eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines nichtigen Kaufvertrags geht oder um ein Rückgewährschuldverhältnis aufgrund eines Rücktritts vom wirksamen Kaufvertrag.

Der Vergleich ist auch nicht nach §§ 134, 475 I 1 BGB unwirksam. Die Vorschrift des § 475 I 1 BGB sieht als Rechtsfolge nicht die Unwirksamkeit einer Vereinbarung vor. Es ist lediglich so, dass der Unternehmer sich nicht auf eine Vereinbarung berufen kann, die zum Nachteil des Verbrauchers von bestimmten Vorschriften abweicht. Der Gesetzgeber hat insoweit im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens bewusst eine andere Rechtsfolge gewählt als zunächst vorgesehen (vgl. BT-Drs. 14/7052, S. 199).

Dem Beklagten ist es aber auch nicht nach § 475 I 1 BGB verwehrt, sich … auf den Vergleich zu berufen. § 475 I 1 BGB richtet sich nur gegen Vereinbarungen, die vor Mitteilung eines Mangels getroffen wurden. Der Vergleich wurde hier aber geschlossen, nachdem bereits im August durch den Kläger … eine Mängelanzeige erfolgt war.

Es wird zwar die Meinung vertreten, dass sich eine nach Mitteilung des angezeigten Mangels getroffene Vereinbarung nur auf den angezeigten Mangel beziehen darf und die Vereinbarung für andere – insbesondere unentdeckte – Mängel unzulässig bleibt (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 72. Aufl. [2013], § 475 Rn. 3a, MünchKomm-BGB/Lorenz, 6. Aufl. [2012], § 475 Rn. 11, Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2004, § 475 Rn. 35). Diese Meinung vermag aber nicht zu überzeugen. Auch ein umfassender Vergleich ist nach Mitteilung eines Mangels möglich (vgl. Erman/Grunewald, BGB, 13. Aufl. [2011], § 475 Rn. 2).

Nach dem Wortlaut der Vorschrift kann sich der Unternehmer nur auf vor Mitteilung eines Mangels getroffene Vereinbarungen nicht berufen, die zum Nachteil des Verbrauchers von den §§ 433 bis 435, 437, 439 bis 443, 474 bis 479 BGB abweichen. Regelungen für die Vereinbarung nach Mitteilung eines Mangels enthält die Vorschrift dem Wortlaut nach nicht.

Die Systematik des Gesetzes spricht auch nicht dafür, dass Vereinbarungen nach Mitteilung eines Mangels nur eingeschränkt möglich sein sollen. Bei § 475 I 1 BGB handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift, die die grundsätzlich gewährleistete Vertragsfreiheit (Art. 2 I GG) einschränkt. Ausnahmevorschriften sind aber grundsätzlich eng auszulegen. Die Ausnahme ist hier schon das Abweichen vom Prinzip der Vertragsfreiheit und der Dispositivität zivilrechtlicher Regelungen.

Der Sinn und Zweck der Vorschrift gebietet es auch nicht, nur auf den konkreten Mangel bezogene Abweichungen von den genannten kaufrechtlichen Ansprüchen zuzulassen. Bei § 475 I 1 BGB handelt es sich um eine verbraucherschützende Vorschrift. Im vorliegenden Fall würde der Verbraucher davon profitieren, wenn nur mangelbezogene Vereinbarungen zulässig wären. Es gibt aber keinen allgemeinen Grundsatz, dass verbraucherschützende Vorschriften immer zugunsten des Verbrauchers ausgelegt werden müssen. Es ist allerdings der angestrebte Verbraucherschutz zu berücksichtigen. Der Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes spricht nicht automatisch dafür, dass nur bezüglich des einzelnen Mangels Vereinbarungen in Abweichung der genannten Vorschriften zulässig sind. Es kann durchaus auch im Sinne des Verbrauchers liegen, dass ein umfassender Vergleich geschlossen wird, auch für die Zukunft. Häufig macht ein Vergleich für den Unternehmer keinen Sinn, wenn er sich etwaigen weiteren Ansprüchen des Verbrauchers in der Zukunft aussetzen würde. Den Parteien eines Rechtsstreits ist häufig an einer endgültigen Erledigung gelegen, und das Gericht wirkt auf solche Erledigungen selbst häufig hin. Es kann dann aber durchaus auch sein, dass ein Verbraucher die einmal gekaufte und in Gebrauch befindliche Sache behalten will. Eine endgültige Regelung kann dann nur erzielt werden, wenn auch auf weitere Rechte durch den Verbraucher – wie zum Beispiel Gewährleistungsrechte – verzichtet wird. Eine solche Einigung kann auch in seinem Interesse sein.

Der Verbraucher befindet sich auch in einer anderen Situation als beim Kauf. Er weiß bereits, dass ein Mangel (wohl) vorliegt, und es muss ihm dadurch klar sein, dass auch andere Mängel vorhanden sein können. Er ist insoweit schon gewarnt, anders als beim Kauf, bei dem man regelmäßig noch gar nicht an die Möglichkeit einer Mangelhaftigkeit denkt.

Die Situation ist auch anders als beim Kauf, da nicht die Gefahr besteht, dass durch den Unternehmer praktisch bestimmte, vom Gesetz abweichende Vertragsbestandteile vorgegeben werden. Wenn ein Unternehmer zum Verkauf nur zu bestimmten Bedingungen bereit ist, ist man als Verbraucher eventuell gezwungen, auf diese einzugehen, um überhaupt einen Vertragsschluss zu erreichen. Bei einer erfolgten Mangelanzeige besteht der Vertrag aber schon. Es ist die freie Willensentscheidung des Verbrauchers, ob er sich auf eine Vereinbarung einlässt oder sich darauf beschränkt, die ihm zustehenden Rechte wegen eines Mangels weiterzuverfolgen.

Auch die Gesetzgebungsmaterialien sprechen für die uneingeschränkte Zulässigkeit von Vereinbarungen insbesondere im Wege des Vergleichs. In der BT-Drs. 14/6040, S. 244 zu § 475 BGB heißt es: „Damit werden insbesondere Vergleiche von dem Verbot abweichender Vereinbarungen nicht erfasst.“.

Aus der dem § 475 BGB zugrunde liegenden Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ergibt sich auch kein Argument gegen die hier vertretene Auffassung. Art. 7 der Richtlinie, welcher die „Unabdingbarkeit“ regelt, bezieht sich auch nur auf vor Unterrichtung über die Vertragswidrigkeit getroffene Vereinbarungen und nicht auf danach getroffene Vereinbarungen.

Im Übrigen könnte sich der Beklagte hier selbst auf den Vergleich berufen, wenn er sich bezüglich nicht angezeigter Mängel nicht auf diesen berufen dürfte. Die vom Kläger geltend gemachten Mängel sind nämlich nach Auffassung des Gerichts von den bereits zuvor gerügten Mängeln erfasst. Bei den zuvor gerügten Mängeln ging es darum, dass der Wagen bereits verunfallt war. Auch bei den nach dem Vortrag des Klägers neu entdecken Mängeln handelt es sich um Unfallschäden. Dass der Unfallschaden möglicherweise intensiver war, weitere Bereiche des Autos umfasste (auch vorderes Dach statt nur hinteres) und schlechter repariert war als gedacht, begründet keinen neuen Mangel. Ansonsten könnte man sich nach Anzeige eines Mangels nie vergleichen, da der Mangel immer intensiver sein könnte als gedacht. Diese Unklarheit soll ja auch gerade durch den Vergleich geregelt werden.

Im Übrigen spricht diese Schwierigkeit der Abgrenzung des entdeckten Mangels von nicht entdeckten Mängeln dafür, dass auch uneingeschränkt Vereinbarungen nach Anzeige eines Mangels möglich sein müssen. Rechtssichere Vereinbarungen würden ansonsten nahezu unmöglich gemacht.

Der Vergleich ist auch nicht nach §§ 142 I, 123 I BGB unwirksam. Es ist nicht ersichtlich, dass … durch eine Täuschung des Beklagten der Kläger zum Abschluss des Vergleichs bestimmt worden ist. Im Rahmen des Vergleichsschlusses war dem Kläger nach seinem Vortrag bekannt, dass der Wagen einen Unfallschaden hatte. Der Beklagte hat beim Vergleichsschluss keine Aktivitäten entfaltet, um den Kläger über den Umfang eines etwaigen Unfallschadens zu täuschen. Soweit der Beklagte den Kläger zuvor beim Abschluss des Vertrags getäuscht haben sollte, berechtigt diese nicht zur Anfechtung des Vergleichs, da die Parteien sich über die mögliche Täuschung bei Abschluss des Vertrags verglichen haben. …

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