Dass bei Regen Wasser in die Vordertüren eines Pkw (hier: eines VW Golf VI) eindringt, stellt für sich genommen dann keinen Mangel i. S. von § 434 I 2 Nr 2 BGB dar, wenn das eingedrungene Wasser konstruktionsbedingt beim Öffnen der Türen, spätestens aber während der Fahrt ohne Weiteres wieder abfließt.

OLG Celle, Beschluss vom 07.01.2013 – 7 U 154/12

Sachverhalt: Die Klägerin erwarb von der Beklagten am 29.03.2011 einen gebrauchten Pkw VW Golf VI 1.4 TSI (Sondermodell „TEAM“). Nachdem ihr dieses Fahrzeug übergeben worden war, stellte die Klägerin fest, dass sich – unstreitig – bei Regen Wasser in den Türen des Pkw sammelt; ob sich auch in der Heckklappe Wasser staut, ist zwischen den Parteien streitig.

Die Klägerin forderte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 12.09.2011 auf, insoweit Abhilfe zu schaffen. Dieser Aufforderung kam die Beklagte nicht nach. Vielmehr teilte sie der Klägerin mit Schreiben vom 07.11.2011 mit, der VW Golf VI entspreche dem Serienstand, und erklärte sich bereit, das Fahrzeug zurückzunehmen.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Beklagte gestützt auf § 441 IV 1 BGB (Minderung) auf Erstattung von 5.500 € nebst Zinsen in Anspruch genommen und verlangt, dass die Beklagte sie von außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 546,69 € freistelle. Die Klägerin hält ihr Fahrzeug für mangelhaft und hat behauptet, dass sich sowohl in den Türen als auch der Heckklappe Wasser staue. Das Wasser in den Türen laufe, wenn diese geöffnet würden, zum Teil heraus. Das Fahrzeug entspreche damit nicht dem Stand der Technik, zumal in den Türen verbleibendes Wasser bei Frost zum Einfrieren der Türen führe und gefrierendes Wasser zum Aufplatzen der Türen führen könne. Auch sei die Gefahr einer Durchrostung gegeben. Der gezahlte Kaufpreis – so hat die Klägerin geltend gemacht – entspreche dem Wert einer mangelfreien Fahrzeugs. Den verlangten Betrag in Höhe von 5.500 € müsse sie für einen Austausch der Türen aufwenden.

Die Beklagte hat bestritten, dass sich Regenwasser in der Heckklappe des streitgegenständlichen Pkw sammeln könne. Sie hat behauptet, das Wasser, dass sich in den Türen sammele und bei geschlossenen Türen nicht vollständig ablaufen könne, laufe beim Öffnen der Türen über die Wasserablauflöcher ab. In den Innenraum des Fahrzeugs, dessen Gebrauchstauglichkeit nicht beeinträchtigt sei, dringe deshalb kein Wasser ein. Diese konstruktive Lösung entspreche dem Stand der Technik.

Das Landgericht hat die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens mit der Begründung abgewiesen, dass der Pkw der Klägerin nicht deshalb mangelhaft sei, weil sich in den Türen und in der Heckklappe Wasser sammele (LG Hildesheim, Urt. v. 30.10.2012 – 3 O 297/11). Der Sachverständige habe festgestellt, dass es sich dabei um ein konstruktionsbedingtes Phänomen handele, mithin das Fahrzeug der Klägerin dem Stand der Serie entspreche. Zwar habe der Sachverständige ein vergleichbares Phänomen bei diversen Fahrzeugen anderer Hersteller nicht feststellen können. Er habe aber ausgeführt, dass bei einem BMW der aktuellen 7er-Baureihe ebenfalls im Bereich der vorderen Türablauflöcher Wasser auslaufe, wenn die Türen nach Regen geöffnet würden. Daraus habe der Sachverständige geschlossen, dass es zwar Konstruktions- und Fertigungsmöglichkeiten gebe, die das beim VW Golf VI beobachtete Phänomen verhinderten, dass aber die bei diesem Fahrzeugmodell gewählte Konstruktion aus technischer Sicht nicht als Mangel bezeichnet werden könne. Gestützt darauf hat das Landgericht angenommen, dass die vorliegende konstruktive Eigenart kein Sachmangel i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB sei. Das Fahrzeug weise auch mit dieser Besonderheit eine Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art üblich sei und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten könne. Auch in anderen Bereichen der Fahrzeugtechnik gebe es von Hersteller zu Hersteller und von Modell zu Modell unterschiedliche konstruktive Lösungen, die im Einzelfall zwar als unpraktisch oder unvorteilhaft angesehen werden können, die aber die allgemeine Tauglichkeit des jeweiligen Fahrzeugs nicht infrage stellten.

Ihre Berufung gegen dieses Urteil hat die Klägerin zurückgenommen, nachdem der 7. Zivilsenat des OLG Celle auf seine Absicht hingewiesen hatte, das Rechtsmittel durch Beschluss nach § 522 II ZPO zurückzuweisen.

Aus den Gründen: Die Rechtssache dürfte keine grundsätzliche Bedeutung haben, eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dürfte nicht erforderlich und eine mündliche Verhandlung nicht geboten sein.

Nach vorläufiger Beurteilung hat die Berufung darüber hinaus offensichtlich auch keine Aussicht auf Erfolg:

Ein Konstruktionsmangel liegt auch nach Wertung des Senats nicht vor.

Für die Beurteilung kann nicht an die Feststellungen angeknüpft werden, die dem vom LG Kassel entschiedenen Fall zugrunde gelegen haben.1Bezug genommen wird hier auf das Urteil des LG Kassel 04.08.2010 – 6 O 778/10. Vielmehr können für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nur diejenigen Feststellungen einer rechtlichen Beurteilung unterzogen werden, die hier getroffen worden sind.

Die Klägerin besitzt und benutzt den streitgegenständlichen VW Golf VI seit dem 05.04.2011, also seit ungefähr 20 Monaten. Dabei hat sie als Mangelsymptom lediglich festgestellt, dass – wie vom Sachverständigen S bestätigt – in die Vordertüren eingedrungenes Regenwasser (erst) nach dem Öffnen der Türen abläuft.

Dabei ist davon auszugehen, dass bei jedem Fahrzeug Regenwasser in den Türkörper eindringt, weil die Dichtungen an den Fensterscheiben nicht vollständig dicht sein können. Das somit in den Türkörper eindringende Regenwasser wird durch Ablauflöcher im unteren Türbereich wieder abgeführt.

Bei dem hier streitgegenständlichen Fahrzeugtyp – ein ähnliches Phänomen hat der Sachverständige bei einem BMW der 7er-Reihe festgestellt – sammelt sich das Regenwasser in den Vordertüren. Ursache bei dem streitgegenständlichen VW Golf VI, so der Sachverständige S, ist die leicht erhöhte Lage der Ablauföffnung. Diese wird von dem angestauten Wasser erst erreicht, wenn die hintere Türkante beim Öffnen angehoben wird, nämlich, wie der Sachverständige festgestellt hat, von 30,5 cm im geschlossenen Zustand auf 31 cm im geöffneten Zustand. Hieraus folgt allerdings, dass sich Wasser im Türkörper, würde der Wagen während längerer Standzeiten starkem Regen ausgesetzt sein und daher ein größere Menge Wasser eindringen, lediglich bis zu einer Höhe von 0,4 cm bis 0,5 cm anstauen könnte, weil dann die Höhe der Ablauföffnung überschritten würde, also das höher stehende Wasser ablaufen würde.

Des Weiteren, so der Sachverständige, wird eingedrungenes Wasser aus dem Türkörper während der Benutzung des Fahrzeugs durch die damit einhergehenden Bewegungen, wie etwa dem Bremsnicken, ebenfalls abgeführt. So heißt es auf Seite 10 des Gutachtens:

„Während des Fahrbetriebes bei regnerischer Witterung in den Türkörper der vorderen Türen eindringendes Wasser kann sich ebenfalls im Bereich des Türkörpers ansammeln, wird aber jedoch aufgrund von Wank- und Nickbewegungen des Fahrzeugs infolge von Brems- und Beschleunigungsmanövern sowie Kurvenfahrten nach außen über die Wasserablauflöcher abgeführt.“

Dementsprechend betont der Sachverständige, das Ansammeln von Wasser im Türkörper der vorderen Türen trete nur bei längeren Standzeiten des Fahrzeugs bei regnerischer Witterung auf. Entgegen der Annahme der Klägerin sind daher keine Beeinträchtigungen bei der Benutzung des Fahrzeugs festgestellt, die es rechtfertigen könnten, das Vorliegen eines Mangels anzunehmen. Insbesondere ist es keineswegs erforderlich, nach einem Regen die vier Türen des Fahrzeugs sowie die Heckklappe zu öffnen, um angestautes Wasser ablaufen zu lassen, wie die Klägerin aber argumentiert. Denn das betreffende Phänomen ist von dem Sachverständigen ausdrücklich nur bei den beiden vorderen Türen festgestellt worden. Hinzu kommt, wie bereits ausgeführt, dass das Wasser aufgrund der Fahrbewegungen bei der Benutzung des Wagens ohnehin von selbst abfließen kann. Somit ergibt sich keine relevante Benutzungsbeeinträchtigung. Vielmehr kann die Klägerin, wenn der Wagen im Regen gestanden hat, ganz normal die Tür öffnen und einsteigen. Dabei wird das angestaute Wasser in der Fahrertür aufgrund des Anhebens beim Öffnen abfließen. Selbst wenn das Wasser aufgrund einer nur sehr kurzen Öffnung nicht oder nicht vollständig abfließen sollte, wird das (restliche) Wasser ebenso wie das im Türkörper der Beifahrertür befindliche Wasser bei der Benutzung des Wagens durch die Fahrbewegungen abfließen.

Weitergehende tatsächlich aufgetretene Beeinträchtigungen, etwa im Winterbetrieb, insbesondere bei Frost, sind weder von der Klägerin konkret vorgetragen noch vom Sachverständigen S im Rahmen seiner Mangelbeurteilung, bei der er sich Gedanken über die aus dem festgestellten Phänomen mutmaßlich folgenden Beeinträchtigungen gemacht hat, in Erwägung gezogen worden. Wenn es in der unter Bezug genommenen Entscheidung des Landgerichts Kassel daher heißt:

„Darüber hinaus kann sich bei feuchter Witterung auch Wasser in den Fensterführungen der Türrahmen sammeln und bei Frosttemperaturen dazu führen, dass sich die Scheiben nicht mehr öffnen lassen. Ebenso kann auch in den Türrahmen eingedrungene Feuchtigkeit bei Frosttemperaturen zum Einfrieren der Türen bzw. zur Schwergängigkeit bei Öffnen der Türen führen.“,

sind dies tatsächliche Feststellungen, die im vorliegenden Fall gerade nicht getroffen worden sind. Es besteht auch kein Anlass und würde auf eine prozessual unzulässige Ausforschung hinauslaufen, wenn insoweit ein ergänzendes Gutachten eingeholt würde, obwohl die Klägerin das konkrete Auftreten entsprechender Mangelsymptome nicht behauptet.

Schließlich kann auch eine erhöhte Korrosionsgefahr nicht unterstellt werden. Denn Regenwasser dringt konstruktionsbedingt bei sämtlichen Fahrzeugen auch anderer Fabrikate in den Türkörper ein. Eine vollständige Abtrocknung des inneren Türkörpers wird daher bei jedem Fahrzeug nur nach längeren Trockenheitsperioden zu erreichen sein. Da gleichwohl, soweit allgemein bekannt, binnen normaler Nutzungsdauer heutzutage Korrosionsschäden an den Fahrzeugtüren nicht verbreitet sind, ist es den Autoherstellern ersichtlich gelungen, Korrosion durch entsprechende Lackierung, Versiegelung oder sonstige Fertigungstechniken wirksam vorzubeugen.

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