Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Gebrauchtwagenhändlers können auch für den Fall, dass der Fahrzeugkäufer Verbraucher ist, wirksam vorsehen, dass der Käufer Ansprüche aus dem Kaufvertrag nur mit Zustimmung des Händlers an einen Dritten abtreten darf. Denn der Verkäufer eines gebrauchten Pkw hat ein berechtigtes Interesse daran, dass er sich über Gewährleistungsansprüche nur mit dem Käufer und nicht mit einem Dritten auseinandersetzen muss.
LG Bautzen, Urteil vom 09.03.2012 – 2 O 291/11
Sachverhalt: Der Kläger verlangt nach erklärtem Rücktritt von einem Pkw-Kaufvertrag die Rückabwicklung dieses Vertrages.
Die Mutter des Klägers, die Zeugin M, suchte am 24.06.2010 das Betriebsgelände des beklagten Kfz-Händlers auf und besichtigte dort einen VW Passat, nachdem der Beklagte ein solches Fahrzeug im Internet zum Kauf angeboten hatte. Anschließend unterzeichnete M einen Kaufvertrag über das besichtigte Fahrzeug.
Am 25.06.2010 überwies die Ehefrau des Klägers, die Zeugin E, 3.000 € an den Beklagten. Dies sollte – was zwischen den Parteien unstreitig ist – die erforderliche Anzahlung auf den Kaufpreis für den Pkw sein. Nach Erhalt der Anzahlung übersandte der Beklagte dem Kläger den Fahrzeugbrief. Der Kläger holte das – inzwischen auf ihn zugelassene – Fahrzeug in der Folgezeit bei dem Beklagten ab und zahlte bei dieser Gelegenheit den restlichen Kaufpreis in Höhe von 3.999 € in bar an den Beklagten.
Mit Anwaltsschreiben vom 30.07.2010 zeigten die im Prozess für den Kläger tätigen Rechtsanwälte dem Beklagten an, dass sie die Mutter des Klägers als Käuferin des Pkw verträten, rügten Mängel des Fahrzeugs und forderten den Beklagten unter Fristsetzung zur Nachbesserung auf. Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 31.08.2010 mit, am 11.08.2010 seien eine ihm unbekannte Frau und ein junger Mann, vermutlich ein Verwandter der „Mandantin“, mit dem streitgegenständlichen Pkw bei ihm gewesen und hätten die Rücknahme des Fahrzeugs eingefordert. Bei dieser Gelegenheit sei angeboten worden, das Fahrzeug nachzubessern; dieses Angebot habe die Frau abgelehnt.
Mit Schreiben vom 09.09.2010 forderten die Anwälte der Klägerseite – noch namens der M – von dem Beklagten die Rücknahme des Fahrzeugs und die Erstattung des Kaufpreises. Mit Schreiben 08.10.2010 erklärten die Anwälte, M habe zwischenzeitlich mitgeteilt, dass sie den von ihr unterzeichneten Kaufvertrag nicht im eigenen Namen, sondern in Vertretung ihres Sohnes geschlossen habe. Käufer des Fahrzeugs sei deshalb der Kläger. Im Schreiben vom 08.10.2010 wurden erneut Mängel gerügt und unter Fristsetzung deren Beseitigung verlangt, wobei der Beklagte aufgefordert wurde, das Fahrzeug hierfür bei dem Kläger abzuholen. Der Beklagte reagierte auf diese Aufforderung nicht. Der Kläger erklärte deshalb mit Schreiben vom 26.10.2010 den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Der Kläger behauptet, nach den Umständen des Vertragsschlusses sei für den Beklagten eindeutig erkennbar gewesen, dass nicht seine Mutter, sondern er – der Kläger – Käufer des Pkw sei. Auf das Internetinserat hin habe sich zunächst seine Frau, die Zeugin E, telefonisch mit dem Beklagten in Verbindung gesetzt. Bei dieser Gelegenheit habe die Zeugin dem Beklagten erklärt, dass ihr Mann – der Kläger – am Kauf des Pkw interessiert sei und M das Fahrzeug lediglich deshalb besichtigen wolle, weil sie näher am Betrieb des Beklagten wohne als ihr Sohn. M habe sodann bei Besichtigung des Fahrzeugs klargestellt, dass sie das Fahrzeug lediglich für ihren Sohn reservieren, es aber keineswegs selber kaufen wolle. Da der Kaufpreis 1.000 € höher sein sollte als im Internet angegeben, habe M eigens mit dem Kläger telefoniert. Anschließend habe sie das ihr vorgelegte Kaufvertragsformular lediglich mit dem Vorbehalt unterzeichnet, dass sie das Fahrzeug nicht selber kaufen, sondern nur für ihren Sohn reservieren wolle.
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: Dem Kläger steht weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht ein Anspruch gegen den Beklagten zu.
1. Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass er selber, nicht seine Mutter, Käufer des Pkw war. Die von der Mutter des Klägers unterzeichnete Vertragsurkunde hat die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich. Es steht damit zunächst zu vermuten, dass die Mutter des Klägers, nicht der Kläger, den streitgegenständlichen Pkw gekauft hat. Der Kläger konnte auch nicht nachweisen, dass entgegen des Vertragswortlauts etwas anderes zwischen dem Beklagten und seiner Mutter – nämlich eine bloße Reservierung des Fahrzeugs für den Kläger oder ein Kaufvertrag zwischen Kläger und Beklagtem – vereinbart wurde.
Das Gericht vermag nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht auszuschließen, dass es einen Grund für die Unterzeichnung des Kaufvertrags durch die Mutter des Klägers am 24.06.2010 gab, über den sich beide Seiten im Prozess einschließlich der gehörten Zeugen „ausgeschwiegen“ haben.
Es ist zwar zunächst glaubhaft, dass sich die Zeugin E mit dem Beklagten telefonisch in Verbindung setzte und ihr Interesse bzw. das Interesse ihres Mannes an dem Erwerb des im Internet annoncierten Fahrzeuges äußerte. Es ist auch nachvollziehbar, dass die Zeugin – wie geschildert – um eine Reservierung bat, damit ihr Mann sich bei der nächsten Gelegenheit das Fahrzeug selber anschauen könne, wenn er nach D. fährt. Es mag auch noch nachzuvollziehen sein, dass man die Mutter des Klägers darum bat, sich das Fahrzeug anzuschauen, da sie in dem … nahegelegenen H. wohnt. Der weitere objektive Fortgang der Angelegenheit lässt sich aber nicht mehr widerspruchsfrei zu den Schilderungen des Klägers wie der gehörten Zeuginnen bringen:
Zur Annahme, die Mutter des Klägers habe am 24.06.2010 das Auto bloß „reserviert“, passt es nicht, dass die Ehefrau des Klägers am Folgetag 3.000 € zur Anweisung brachte und hierauf die Fahrzeugpapiere durch den Beklagten an die Adresse des Klägers versandt wurden, damit dieser das Fahrzeug anmelden könne, was er auch tat. So etwas macht man eigentlich nicht, solange ein Geschäft bloß möglich, aber noch nicht verbindlich abgeschlossen ist. Weder die Zeugin E, die nach eigenen Angaben insgesamt sechs Mal mit dem Beklagten telefoniert haben will, noch die Zeugin M haben dem Gericht plausibel aufgezeigt, aus welchen Gründen man zum Vollzug des Kaufvertrags schritt, ohne einen Kaufvertrag überhaupt abgeschlossen zu haben.
Trotz eindringlichen Befragens und Eingehens auf die Zeuginnen unter Berücksichtigung von deren Verständnishorizont durch das Gericht und die an der Verhandlung beteiligten Anwälte gaben die Zeuginnen hierzu keinerlei plausible Erklärungen; es war vielmehr sogar spürbar, dass beide Zeuginnen – jede auf ihre Art – die dahin zielenden Fragen geradezu „abwehrten“. Es entstand insoweit in gewisser Weise der Eindruck, dass man sich in der Familie des Klägers auf eine gewisse „Sprachregelung“ – nämlich das Vorliegen einer bloßen Reservierung – verständigt hatte und es den Zeuginnen darum ging, nichts zu offenbaren, was dieser Sichtweise abträglich sein könnte.
Hinzu kommt, dass die Angaben der Zeugin M – der Mutter des Klägers –, soweit sie angab, lediglich eine Reservierung getätigt zu haben, nicht ausräumbaren Zweifeln begegnen. Das Gericht hält es dabei nicht für ausgeschlossen, dass jemand eine textlich ganz eindeutige Vertragsurkunde – wie vorliegend – in der irrigen Annahme unterschreibt, er bestätige oder vereinbare etwas anderes als dort ausgewiesen. Das kommt insbesondere in den Fällen in Betracht, in denen einem mündlich zuvor etwas anderes suggeriert wurde. Gerade älteren Personen kann so etwas passieren. Dazu muss man weder altersdement noch geschäftsunfähig sein. Das Gericht hält es für möglich, dass dies auch vorliegend so gewesen sein könnte. Erhebliche Gesichtspunkte sprechen jedoch dagegen; zu beweisen hätte diesen Sachverhalt der Kläger.
Zunächst spricht gegen diese Annahme das spätere Verhalten des Klägers selber. Der Kläger hat sich nämlich – wie schon aufgezeigt – so verhalten, als ob rechtswirksam ein Kaufvertrag geschlossen wurde, was zumindest alles andere als naheliegend war, wenn man zuvor seiner Mutter einen Kaufvertrag mehr oder weniger in arglistiger Täuschungsabsicht untergeschoben hätte. Darüber hinaus machte die Zeugin M auf das Gericht mit ihrer Aussage keinen sehr glaubwürdigen Eindruck. Die Schilderung der Zeugin war in der zentralen Aussage zur Reservierung auffällig detailarm und wirkte geradezu einstudiert. Es entstand – wie schon aufgezeigt – der Eindruck einer getroffenen „Sprachregelung“, wozu es auch passt, dass die Zeugin zur weiteren Abwicklung des Geschäfts, in welches sie eigentlich einbezogen sein musste, keine Angaben machte.
Der Kläger konnte auch nicht nachweisen, dass der Kaufvertrag durch seine Mutter in Vertretung für ihn geschlossen wurde. Der hierzu gehaltene anwaltliche Vortrag des Klägers findet in den Angaben der Zeuginnen E sowie M überhaupt keine Stütze.
Ein Anspruch aus eigenem Recht steht dem Kläger daher nicht zu.
2. Der Kläger kann auch nicht aus abgetretenem Recht erfolgreich den Beklagten in Anspruch nehmen. Denn die durch seine Mutter erklärte Abtretung scheitert am Zustimmungsvorbehalt in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten. Das darin enthaltene Abtretungsverbot ohne Zustimmung ist wirksam.
Der BGH hat in einer Entscheidung vom 24.09.1980 – VIII ZR 273/79 – die Zulässigkeit von Abtretungsverboten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für einen vergleichbaren Fall als gegeben angesehen. Diese Entscheidung ist auch nicht mit der Schuldrechtsmodernisierung überholt. Das Recht des Verbrauchsgüterkaufs sieht keine Einschränkung von Abtretungsverboten vor.
Der Zustimmungsvorbehalt benachteiligt den Käufer auch nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben (§ 307 BGB). Dem Verkäufer eines gebrauchten Pkw steht ein berechtigtes Interesse zur Seite, bei der Auseinandersetzung um Gewährleistungsansprüche sich mit dem Käufer und nicht einem beliebigen Dritten auseinandersetzen zu müssen. Relevant ist dies insbesondere bei der Frage des Erfüllungsortes der Nachbesserung sowie der zu vergütenden Aufwendungen des Nachbesserungsberechtigten.
Mit Blick hierauf hat der Beklagte vorliegend auch die Zustimmung zur Abtretung nicht treuwidrig verweigert. Der Kläger wird hierdurch nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligt. Vielmehr hätte seine Mutter, die Zeugin M, aufgrund der vorliegenden Kaufvertragsurkunde unproblematisch Gewährleistungsansprüche geltend machen können. Die in Anbetracht der Dokumentenanlage erkennbar problematische Geltendmachung der Ansprüche durch den Kläger selbst ist „selbst geschaffene Not“. …