- Ein Kfz-Käufer muss dem Verkäufer grundsätzlich auch dann eine Frist zur Beseitigung eines Mangels (Nacherfüllung) setzen, wenn der Verkäufer nicht über eine eigene Werkstatt verfügt. Denn der Verkäufer muss die Nacherfüllung nicht selbst vornehmen, sondern kann eine Werkstatt seines Vertrauens mit der Mangelbeseitigung beauftragen.
- Ein Gebrauchtwagenkäufer hat im Rahmen der Nacherfüllung keinen Anspruch auf eine über die Mängelbeseitigung hinausgehende Verbesserung des gekauften Fahrzeugs. Er kann daher allenfalls verlangen, dass der Verkäufer ein defektes Bauteil (hier: den Tank) durch ein funktionstüchtiges Bauteil ersetzt, wie es nach Alter und Beschaffenheit des – hier: zwölf Jahre alten – Fahrzeugs erwartet werden kann.
AG Schöneberg, Urteil vom 14.12.2011 – 104 C 365/11
Sachverhalt: Die Klägerin kaufte von dem Beklagten am 19.08.2010 einen am 10.11.1998 erstmals zugelassenen Pkw Mercedes-Benz A 140 zu einem Kaufpreis von 4.500 €. Das Fahrzeug wurde ihr am 25.08.2010 übergeben.
Anfang September 2010 sprach die Klägerin einen Mitarbeiter des Beklagten, Herrn M, auf starken Benzingeruch im Innenraum des Fahrzeugs, insbesondere im Heckbereich, an. Herr M brachte die Klägerin mit dem Fahrzeug zu einer benachbarten Kfz-Werkstatt, wo ein poröser Schlauch im Motorraum entdeckt wurde. Die Klägerin bot Herrn M an, den Schlauch in einer anderen Werkstatt austauschen zu lassen. Auf Wunsch des Herrn M holte sie einen Kostenvoranschlag ein und informierte ihn, dass die Kosten etwa 10 € betragen würden. Herr M erklärte, es komme dem Beklagten sehr gelegen, wenn die Klägerin die Reparatur so kostengünstig in einer Werkstatt ihrer Wahl vornehmen lasse.
Am 10.10.2010 erwarb die Klägerin den Ersatzschlauch und ließ ihn am 20.10.2010 auf eigene Kosten in dem Kfz-Meisterbetrieb K einbauen.
In den folgenden Monaten war der Benzingeruch nicht mehr wahrzunehmen; er trat jedoch im Frühjahr 2011 wieder auf. Deswegen brachte die Klägerin das Fahrzeug am 09.05.2011 erneut in eine Werkstatt, nachdem sie das Geschäft des Beklagten unter der Adresse seiner Zweigstelle nicht mehr vorgefunden hatte, und informierte den Beklagten am 11.05.2011 darüber. An diesem Tag wurde der Benzintank ausgebaut, die Benzinpumpeneinheit neu abgedichtet und der Kraftstoffbehälter wieder eingebaut. Unter dem 20.05.2011 berechnete der Kfz-Meister K die Reparaturkosten mit 141,46 €, die die Klägerin zahlte.
Der Beklagte bat in einem Telefonat am 18.05.2011 um Übersendung der Rechnung, um die Sache mit seinem Anwalt zu besprechen. Ende Mai 2011 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass der Benzingeruch wieder aufgetreten sei. Eine Überprüfung habe ergeben, dass bei dem (unstreitig) vor der Übergabe erfolgten Austausch der Original-Benzinpumpe ein Haarriss am Gewinde des Benzintanks entstanden sei, durch den – trotz der gerade erneuerten Dichtung – Treibstoffgase entweichen würden. Der aus Kunststoff bestehende Kraftstoffbehälter müsse gegen einen neuen Tank ausgetauscht werden. Die Klägerin bot dem Beklagten an, die Kosten für die Reparatur im Verhältnis ein Drittel zu zwei Drittel zu teilen, worauf der Beklagte nicht einging, sondern der Klägerin empfahl, bei eBay einen gebrauchten Tank für 45 € zu erwerben. Daran hatte die Klägerin jedoch kein Interesse.
Sie ließ am 08./09.06.2001 in der Werkstatt K einen neuen Originaltank einbauen, wofür 616,59 € anfielen. Da der Beklagte eine Kostenerstattung ablehnte, beauftragte die Klägerin ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten mit dem außergerichtlichen Forderungseinzug. Ein Mahnschreiben vom 15.06.2011 und ein Telefonat vom 23.08.2011 blieben jedoch erfolglos.
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: A. … Der Klägerin stehen die geltend gemachten Zahlungsansprüche gegen den Beklagten nicht zu.
I. Die Klägerin kann von dem Beklagten nicht die Zahlung von 758,05 € gemäß §§ 437 Nr. 3, 440, 280 I, III, 281 BGB verlangen.
Nach § 437 Nr. 3 BGB kann der Käufer einer mangelhaften Sache bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 440, 280, 281, 283 und 311a BGB von dem Verkäufer Schadensersatz verlangen. Die Voraussetzungen der §§ 440, 280, 281, 283 und 311a BGB liegen hier aber nicht vor.
1. Zwar haben die Parteien unstreitig am 19.08.2010 einen Kaufvertrag … geschlossen.
2. Auch kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs am 25.08.2010 (und nicht erst seit den Arbeiten an dem Benzintank im Meisterbetrieb K am 11.05.2011) ein Haarriss am Gewinde des Benzintanks vorgelegen hat, und dass dies bei einem fast zwölf Jahre alten Gebrauchtwagen nicht aufgrund des üblichen Verschleißes zu erwarten gewesen ist.
3. Es fehlt jedoch an der gemäß § 281 I 1 BGB grundsätzlich erforderlichen Aufforderung zur Nacherfüllung unter Fristsetzung i. S. des § 439 BGB.
a) Bei dem Besuch der Klägerin auf dem Firmengelände des Beklagten Anfang September 2010 ist dem Beklagten keine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt worden. Vielmehr sind die Parteien übereingekommen, dass die Klägerin einen Kostenvoranschlag für den Austausch des porösen Schlauchs einholen und sich sodann erneut mit dem Beklagten ins Benehmen setzen werde. Die entsprechenden Arbeiten sind ausgeführt worden, aber nicht Gegenstand des Rechtsstreits.
b) Eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung unter Fristsetzung ist auch in den Telefonaten am 11.05. und 13.05.2011 nicht ausgesprochen worden. In diesen Gesprächen hat die Klägerin nach ihren eigenen Angaben den Beklagten lediglich über die bereits anderweitig ausgeführten Arbeiten an dem Benzintank und die hierfür angefallenen Kosten von 141,46 € informiert.
c) Auch in dem Telefonat am 30.05.2011 hat die Klägerin den Beklagten nicht aufgefordert, Mängel an dem Fahrzeug zu beseitigen, geschweige denn ihm hierfür eine Frist gesetzt. Sie hat ihn lediglich darüber in Kenntnis gesetzt, dass die bisher getroffenen Maßnahmen zur Beseitigung des Benzingeruchs nicht erfolgreich gewesen und deshalb weitere Arbeiten erforderlich seien, und dass sie beabsichtige, einen neuen Original-Benzintank bei Mercedes zu erwerben und einbauen zu lassen. Bereits über die Notwendigkeit der Verwendung neuer Ersatzteile bei dem mittlerweile fast dreizehn Jahre alten Fahrzeug haben die Parteien keine Einigkeit erzielt, woraufhin die Klägerin die Reparatur dann ohne Weiteres in der von ihr gewünschten Weise hat durchführen lassen.
4. Die Klägerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass sie mit dem Beklagten vereinbart hat, dass sie sich mit Rücksicht darauf, dass der Beklagte keine eigene Werkstatt unterhält, selbst um die Beseitigung der Ursache für den Benzingeruch kümmern solle und der Beklagte die anfallenden Kosten hierfür übernehmen werde.
a) Eine Vereinbarung dahin gehend, dass die Klägerin die Mängelbeseitigung selbst veranlassen möge, hat sie nach eigenen Angaben im Herbst 2010 mit dem Mitarbeiter M des Beklagten … getroffen, der aber erkennbar nicht befugt gewesen ist, derartige Absprachen namens des Beklagten zu treffen, da er der Klägerin ausdrücklich gesagt hat, er müsse mit dem Beklagten Rücksprache halten. Die dann – nach Einholung eines Kostenvoranschlages und Rückspräche mit dem Beklagten – gefundene Übereinkunft hat sich nach dem eigenen Vortrag der Klägerin lediglich auf den Austausch des porösen Schlauchs für 10 € bezogen.
Wenn der Beklagte der Klägerin über Herrn M mitgeteilt hat, es komme ihm gelegen, dass die Klägerin diese Arbeiten in der Werkstatt an ihrem Wohnort ausführen lässt, ergibt sich daraus nicht, dass er auch bereit ist, ohne Weiteres Kosten in Höhe von 758,05 € für eine erfolglose Reparatur des Benzintanks und den anschließenden Austausch gegen ein neues Original-Ersatzteil zu bezahlen.
b) Auch die Äußerung des Beklagten in dem Telefonat am 18.05.2011, er werde die Forderung der Klägerin nach Ausgleich der Rechnung vom 20.05.2011 über 141,46 € mit seinem Anwalt besprechen, lässt nicht erkennen, dass er auf seine Befugnis zur Nacherfüllung verzichtet und ohne Weiteres bereit ist, der Klägerin die ihr entstandenen Aufwendungen für eine Selbstvornahme zu ersetzen.
c) Schließlich hat der Beklagte unstreitig auch in dem Telefonat am 30.05.2011 nicht zum Ausdruck gebracht, dass er eine Nacherfüllung selbst nicht beabsichtige, aber der Klägerin die ihr entstandenen Aufwendungen – soweit sie zur Mängelbeseitigung erforderlich sind – ohne Weiteres ersetzen werde.
5. Die Aufforderung zur Mängelbeseitigung unter Fristsetzung ist auch nicht nach § 281 II BGB oder § 440 Satz 1 BGB entbehrlich gewesen.
Gemäß § 281 II BGB ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen. Darüber hinaus bedarf es der Fristsetzung nach § 440 I 1 BGB auch dann nicht, wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar ist. Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor.
a) Der Umstand, dass der Beklagte unstreitig über keine eigene Werkstatt verfügt, macht die Aufforderung zur Mangelbeseitigung keineswegs nach § 281 II BGB oder § 440 Satz 1 BGB entbehrlich. Die Nacherfüllung muss von dem Verkäufer nicht in eigener Person bewerkstelligt werden. So wie die Klägerin selbst hätte auch der Beklagte eine Werkstatt seines Vertrauens mit der Überprüfung und gegebenenfalls Behebung des gerügten Mängel beauftragen können.
b) Dass er dies ohnehin nicht vorgehabt hat, ist seinem Verhalten – so, wie die Klägerin es schildert – nicht zu entnehmen. Immerhin hat er unstreitig auf die Mängelrüge der Klägerin Anfang September 2010 eine Überprüfung in einer Werkstatt veranlasst. Die Außerung, es sei ihm recht, wenn die Klägerin den porösen Schlauch für 10 € in der Werkstatt des Kfz-Meisters K austauschen lässt, heißt nicht, dass er keine Möglichkeit gehabt hätte, den Mangel selbst zu beheben. Anscheinend wollte er sich über einen derart niedrigen Betrag mit der Klägerin nicht streiten.
Auch der Umstand, dass der Beklagte oder sein Mitarbeiter, Herr M, die Klägerin nach ihrem Besuch auf dem Firmengelände Anfang September 2010 in den zahlreichen nachfolgenden Telefonaten nicht mehr aufgefordert haben, ihnen die Möglichkeit zur Untersuchung des Fahrzeugs einzuräumen, lässt nicht darauf schließen, dass sie eine Nacherfüllung nicht vorgenommen hätten. Es ist Sache der Klägerin, diese unter Fristsetzung einzufordern, nicht Aufgabe des Beklagten, sie von sich aus anzubieten.
Dass er einer solchen Aufforderung nachgekommen wäre, lässt sich im Nachhinein allein auf der Grundlage des Prozessvorbringens nicht ausschließen.
c) Der Beklagte hat die Nacherfüllung zu keinem Zeitpunkt ernsthaft und endgültig verweigert.
Eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung setzt voraus, dass unmissverständlich und eindeutig zum Ausdruck gebracht wird, dass die begehrte Leistung unter keinen Umständen erbracht werde. Dass dies geschehen sei, behauptet die Klägerin selbst nicht.
d) Auch der Klageabweisungsantrag und das Bestreiten des Mangels während des Rechtsstreits rechtfertigen nicht nachträglich die Annahme, dass der Beklagte einem Nacherfüllungsbegehren unter keinen Umständen nachgekommen wäre.
e) Es liegen auch keine Umstände vor, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen. Weder hat die Beklagte Tatsachen vorgetragen, die nachvollziehbar machen, dass sie dem Beklagten eine erfolgreiche Mängelbeseitigung nicht zutraut – wie etwa ein arglistiges Verschweigen des Mangels –, noch hat sie eine besondere Dringlichkeit der Instandsetzung des Fahrzeugs behauptet.
Die Aufgabe der Zweigstelle des Beklagten … spielt keine Rolle. Unstreitig ist der Beklagte weiterhin unter seiner in dem Kaufvertrag angegebenen Betriebsanschrift … ansässig, er ist für die Klägerin auch problemlos telefonisch und per Post erreichbar gewesen.
Dass es für die Klägerin bequemer gewesen ist, Reparaturen an dem Fahrzeug in der Werkstatt an ihrem Heimatort durchführen zu lassen, begründet allein keinen Anspruch auf Ersatz der hierfür entstehenden Aufwendungen.
f) Es ist auch nicht davon auszugehen, dass eine Nacherfüllung durch den Beklagten der Klägerin deshalb unzumutbar gewesen ist, weil er in dem Telefonat am 30.05.2011 empfohlen hat, sie möge anstelle eines Original-Ersatztanks von Mercedes einen gebrauchten Tank bei eBay erwerben.
Die Klägerin hat im Zuge der Nacherfüllung keinen Anspruch auf eine über die Mägelbeseitigung hinausgehende Verbesserung des gekauften Fahrzeugs. Sie kann daher allenfalls verlangen, dass der Beklagte den defekten Tank durch einen funktionstüchtigen Tank in dem Alter und in der Beschaffenheit ersetzt, wie er in einem zwölf Jahre alten Mercedes erwartet werden kann.
Erst recht hat sie keinen Anspruch auf – zumindest anteiligen – Ersatz von Kosten, die über den erforderlichen Aufwand für den Austausch des Tanks gegen ein entsprechendes gebrauchtes Ersatzteil hinausgehen. Sollte es zutreffen, dass ein solcher Tank bei eBay für 45 € zu erwerben ist – was die Klägerin nicht in Abrede gestellt hat – würden sich die in der Rechnung vom 09.06.2011 angegebenen Reparaturkosten allein dadurch um 380,51 € – also deutlich mehr als die von der Klägerin angebotene Beteiligung in Höhe von einem Drittel der Kosten – verringern.
Die Klägerin ist daher nicht berechtigt gewesen, den Vorschlag des Beklagten zum Anlass zu nehmen, die Reparatur in der von ihr gewünschten Weise selbst in Auftrag zu geben.
6. Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht auf die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag – §§ 683, 670 BGB – oder des Bereicherungsrechts – §§ 812 I, 818 II BGB – stützen. Beseitigt der Käufer einen Mangel selbst, ohne dass die Voraussetzungen des Gewährleistungsrechts hierfür vorgelegen haben, verliert er seine Ansprüche, deren Erfüllung dem Verkäufer dadurch unmöglich geworden ist, ersatzlos …