Ver­ein­ba­ren die Par­tei­en ei­nes Kfz-Kauf­ver­trags, dass der Ver­käu­fer das Fahr­zeug mit ei­ner Gas­an­la­ge aus­rüs­tet oder aus­rüs­ten lässt, so ist dies grund­sätz­lich so zu ver­ste­hen, dass die Um­rüs­tung durch den Kfz-Her­stel­ler frei­ge­ge­ben ist und nicht zum Er­lö­schen der Her­stel­ler­ga­ran­tie führt.

LG Leip­zig, Ur­teil vom 28.04.2011 – 04 O 3532/10

Sach­ver­halt: Die Par­tei­en schlos­sen am 06.01.2009 ei­nen Kauf­ver­trag über ei­nen Pkw Ško­da Fa­bia. Der Kauf­preis be­trug 20.900 €. Hier­von wur­den 3.800 € durch In­zah­lung­nah­me des al­ten Pkw des Klä­gers ge­tilgt. Dar­über hin­aus leis­te­te der Klä­ger ei­ne Zah­lung von 1.000 €. Die rest­li­chen 16.100 € wur­den durch Auf­nah­me ei­nes Dar­le­hens bei der ŠKO­DA-Bank fi­nan­ziert.

Im Kauf­ver­trag heißt es un­ter „Son­der­aus­stat­tun­gen“ un­ter an­de­rem: „Ga­sum­bau“.

Die von der Fahr­zeug­be­stel­lung um­fass­te Gas­an­la­ge bau­te die A-GmbH für die Be­klag­te am 13.02.2009 in den Pkw ein. Die­ser wur­de dem Klä­ger so­dann am 03.03.2009 über­ge­ben, der sei­ner­seits sein al­tes Fahr­zeug der Be­klag­ten über­gab.

In der Fol­ge­zeit stell­te der Klä­ger nach ei­ge­nem Vor­trag Pro­ble­me beim Be­trieb des Pkw fest und wand­te sich dies­be­züg­lich auch an die ŠKO­DA AU­TO Deutsch­land GmbH. Die­se teil­te dem Klä­ger in ei­ner E-Mail un­ter an­de­rem Fol­gen­des mit:

„Dass es an ih­rem mit ei­ner Gas­an­la­ge aus­ge­rüs­te­ten Fa­bia Com­bi im Mo­tor­be­reich zu ei­ner Be­an­stan­dung ge­kom­men ist, be­dau­ern wir. Ei­ne der­ar­ti­ge Um­rüs­tung ist aber durch den Fahr­zeug­her­stel­ler nicht frei­ge­ge­ben. Wir wei­sen in un­se­rer ver­mit­teln­den Rol­le als Im­por­teur aus­drück­lich dar­auf hin, dass die Her­stel­ler­ga­ran­tie durch ei­ne Um­rüs­tung er­lischt – le­dig­lich die ge­setz­li­che Sach­män­gel­haf­tung bleibt be­ste­hen, so­fern ein Scha­den nicht ur­säch­lich auf die Um­rüs­tung zu­rück­zu­füh­ren ist.“

Der Klä­ger meint, die Be­klag­te ha­be ihn be­züg­lich der Um­rüs­tung auf Gas­be­trieb arg­lis­tig ge­täuscht, und hat die An­fech­tung er­klärt. Hilfs­wei­se hat er den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag mit der Be­grün­dung er­klärt, dass un­ter Be­rück­sich­ti­gung der ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen ei­ner­seits und des Schrei­bens der ŠKO­DA AU­TO Deutsch­land GmbH an­de­rer­seits ein Sach­man­gel vor­lie­ge.

Die Kla­ge hat­te über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … 1. Zwar geht die vom Klä­ger er­klär­te An­fech­tung des Kauf­ver­trags in Lee­re. Es ist nicht er­sicht­lich, dass der Klä­ger tat­säch­lich i. S. von § 123 I BGB arg­lis­tig ge­täuscht wur­de. In­so­weit ist der Be­klag­ten zu­zu­ge­ben, dass die feh­len­de Frei­ga­be … be­züg­lich des Ein­baus ei­ner Gas­an­la­ge nicht be­deu­tet, dass ein sol­cher Ein­bau nicht tech­nisch mög­lich ist.

2. Dem Klä­ger ste­hen die gel­tend ge­mach­ten An­sprü­che dem Grun­de nach je­doch ge­mäß §§ 434, 437 BGB we­gen Man­gel­haf­tig­keit der Kauf­sa­che zu.

a) Un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Ver­ein­ba­run­gen im Kauf­ver­trag ist die ver­fah­rens­ge­gen­ständ­li­che Kauf­sa­che man­gel­haft i. S. von § 434 I BGB. Die Par­tei­en hat­ten ver­trag­lich den Ga­sum­bau des Pkw ver­ein­bart. Die­se Ver­ein­ba­rung er­folg­te oh­ne je­de Ein­schrän­kung und oh­ne be­son­de­re Hin­wei­se durch die Be­klag­te. Un­ter Be­rück­sich­ti­gung des Emp­fän­ger­ho­ri­zonts ist die­se Ver­ein­ba­rung da­her so zu ver­ste­hen, dass ein Ga­sum­bau durch [den Kfz-Her­stel­ler] frei­ge­ge­ben ist und in­so­weit kei­ne nach­tei­li­gen Rechts­fol­gen zu be­fürch­ten sind. Auf­grund der E-Mail der ŠKO­DA AU­TO Deutsch­land GmbH steht je­doch fest, dass ein ent­spre­chen­der Um­bau durch [den Kfz-Her­stel­ler] ge­ra­de nicht frei­ge­ge­ben ist und da­durch ein Um­bau das Er­lö­schen der Her­stel­ler­ga­ran­tie zur Fol­ge hat.

b) Der Klä­ger hat da­her wirk­sam den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag ge­mäß § 437 Nr. 2 BGB i. V. mit §§ 440, 323, 326 V BGB er­klärt und kann die ent­spre­chen­den An­sprü­che ge­mäß § 346 BGB gel­tend ma­chen. Dar­über hin­aus ste­hen dem Klä­ger Scha­dens­er­satz­an­sprü­che ge­mäß § 437 Nr. 3 BGB i. V. mit §§ 440, 280, 281, 283 BGB zu. Der Klä­ger war nicht ge­hal­ten, der Be­klag­ten ei­ne Frist zu set­zen bzw. das Fahr­zeug von der Be­klag­ten un­ter­su­chen zu las­sen. Viel­mehr steht fest, dass das Fahr­zeug man­gel­be­haf­tet ist und die­ser Man­gel durch die Be­klag­te auch nicht be­ho­ben wer­den kann.

c) Der Klä­ger kann die ge­nann­ten An­sprü­che auch sel­ber gel­tend ma­chen. Zwar weist die Be­klag­te zu­tref­fend dar­auf hin, dass der Pkw teil­wei­se dar­le­hens­fi­nan­ziert ist. Die im Dar­le­hens­ver­trag ver­ein­bar­te Si­che­rungs­über­eig­nung des Pkw be­deu­tet je­doch nicht, dass der Klä­ger auch sei­ne Sach­män­gel­ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che an die Bank ab­ge­tre­ten hat.

3. Hö­he der Rück­ge­währ-und Scha­dens­er­satz­an­sprü­che des Klä­gers

a) Der Klä­ger kann die Rück­ge­währ von 3.800 € be­züg­lich der ln­zah­lung­ga­be des al­ten Pkw … ver­lan­gen.

b) Der Klä­ger kann die Rück­zah­lung der per­sön­lich ge­zahl­ten 1.000 € ver­lan­gen.

c) Der Klä­ger kann die Er­stat­tung der von ihm auf das Dar­le­hen ge­leis­te­ten Zah­lun­gen ver­lan­gen. Die­se be­lie­fen sich vom 15.03.2009 bis zum 15.11.2010 auf 5.562,90 €. Hin­zu ge­kom­men sind nun­mehr die Ra­ten für die Mo­na­te De­zem­ber 2010 bis März 2011. Die­se be­tra­gen 4 × 264,90 €, mit­hin 1.059,60 €.

d) Hin­sicht­lich der noch of­fe­nen Dar­le­hens­ver­bind­lich­kei­ten kann der Klä­ger Frei­stel­lung ver­lan­gen.

e) Der Klä­ger kann die Er­stat­tung der Rech­nung des Au­to­hau­ses G in Hö­he von 171,05 € ver­lan­gen. In­so­weit war der Klä­ger nicht ge­hal­ten, sein Fahr­zeug zu­nächst von der Be­klag­ten un­ter­su­chen zu las­sen. Ge­mäß Nr. VII der Neu­wa­gen-Ver­kaufs­be­din­gun­gen, wel­che Be­stand­teil des Kauf­ver­trags ge­wor­den sind, kann der Klä­ger An­sprü­che auf Män­gel­be­sei­ti­gung auch bei an­de­ren vom Her­stel­ler/Im­por­teur für die Be­treu­ung des Kauf­ge­gen­stan­des an­er­kann­ten Be­trie­ben gel­tend ma­chen. Die vom Au­to­haus G vor­ge­nom­me Un­ter­su­chung war aus Sicht des Klä­gers er­for­der­lich. Hier­durch war es dem Klä­ger mög­lich, sei­ne Re­cher­chen be­züg­lich der Zu­läs­sig­keil der Um­rüs­tung ein­zu­lei­ten.

f) Der Klä­ger kann von der Be­klag­ten die Kos­ten der Au­ßer­be­trieb­set­zung des Pkw in Hö­he von 23,90 € ver­lan­gen. Nach­dem der Klä­ger er­fah­ren hat­te, dass ei­ne Um­rüs­tung durch die Her­stel­ler­fir­ma nicht frei­ge­ge­ben ist, war es ihm nicht zu­zu­mu­ten, noch län­ger mit dem ver­fah­rens­ge­gen­ständ­li­chen Pkw zu fah­ren.

g) Der Klä­ger kann die Ge­bühr der ŠKO­DA-Bank für die Über­sen­dung der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung in Hö­he von 15 € er­setzt ver­lan­gen.

h) Der Klä­ger kann von der Be­klag­ten grund­sätz­lich Scha­dens­er­satz we­gen des durch die Still­le­gung des Fahr­zeu­ges ent­stan­de­nen Nut­zungs­aus­falls ver­lan­gen (vgl. BGH, Urt. v. 28.11.2007 – VI­II ZR 16/07). Hin­sicht­lich des Ta­ges­sat­zes von 35 € sind kei­ne durch­grei­fen­den Be­den­ken er­sicht­lich. Be­den­ken be­ste­hen je­doch hin­sicht­lich der gel­tend ge­mach­ten Nut­zungs­aus­fall­dau­er von 71 Ta­gen. Der Klä­ger hat in der Fol­ge­zeit ei­nen ge­brauch­ten Pkw ge­kauft. Das Ge­richt schätzt ge­mäß § 287 ZPO die hier­für er­for­der­li­che Zeit auf 30 Ta­ge. Dies er­gibt ins­ge­samt ei­ne be­rech­tig­te For­de­rung von 1.050 €. Auch der Vor­trag des Klä­gers zu den vor­lie­gen­den Be­son­der­hei­ten recht­fer­tigt kei­ne län­ge­re Zeit­span­ne. So ist zum Bei­spiel nicht er­sicht­lich, war­um der Klä­ger das von der Mut­ter ge­währ­te Dar­le­hen nicht eher hät­te er­hal­ten kön­nen.

i) Mehr­kos­ten für Tan­ken in Hö­he von 200 € so­wie Kos­ten für Win­ter­rei­fen in Hö­he von 239,90 € kann der Klä­ger nicht ver­lan­gen. Wenn der Klä­ger Scha­dens­er­satz we­gen Nut­zungs­aus­fall gel­tend macht, kann er nicht gleich­zei­tig die Kos­ten für die Nut­zung ei­nes an­de­ren Fahr­zeugs ver­lan­gen. Hin­sicht­lich der gel­tend ge­mach­ten Ga­ra­gen­mie­te ist be­reits nicht er­sicht­lich, dass es er­for­der­lich war, den Pkw in ei­ner Ga­ra­ge un­ter­zu­stel­len. In­so­weit hät­te man un­ter an­de­rem Rück­spra­che mit der Be­klag­ten neh­men müs­sen und die­ser an­bie­ten müs­sen, ge­ge­be­nen­falls den Pkw ab­zu­ho­len.

j) Im Ge­gen­zug ist der Klä­ger ver­pflich­tet, der Be­klag­ten ge­mäß § 346 I BGB die ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen in Form der ge­fah­re­nen Ki­lo­me­ter her­aus­zu­ge­ben. Ent­ge­gen der An­sicht des Klä­gers ist bei der ent­spre­chen­den Be­rech­nung ei­ne Ge­samt­lauf­leis­tung von 150.000 km zu­grun­de zu le­gen (vgl. OLG Ko­blenz, Urt. v. 16.04.2009 – 6 U 54/08). Un­ter Be­rück­sich­ti­gung ei­nes Kauf­prei­ses von 20.780,01 € so­wie von ge­fah­re­nen 47.379 km er­gibt sich in­so­weit ein Be­trag von 6.563,57 €.

k) Die Sum­me der An­sprü­che ge­mäß a) bis c) und e) bis h) un­ter Ab­zug des Be­tra­ges ge­mäß i) er­gibt ei­ne Ge­samt­for­de­rung von 6.118,88 €.

l) Der Klä­ger kann grund­sätz­lich von der Be­klag­ten auch die Frei­stel­lung hin­sicht­lich der vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten be­geh­ren. Von dem durch den Klä­ger in­so­weit an­ge­setz­ten Streit­wert in Hö­he von 23.872,80 € sind je­doch die ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen in Hö­he von 6.563,57 € ab­zu­zie­hen. Es ver­bleibt in­so­weit ein be­rech­tig­ter Streit­wert von 17.753,92 € …

m) Im Ge­gen­zug ist der Klä­ger zur Rück­ga­be des ver­fah­rens­ge­gen­ständ­li­chen Pkw ver­pflich­tet …

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