Ein Kfz-Ver­käu­fer, der ein Kauf­ver­trags­for­mu­lar auf dem In­ter­net her­un­ter­lädt, aus­füllt und dem Käu­fer vor­legt, „stellt“ dem Käu­fer für ei­ne Viel­zahl von Ver­trä­gen vor­for­mu­lier­te Be­din­gun­gen. Ein in dem For­mu­lar vor­ge­se­he­ner Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss muss sich des­halb auch an § 309 Nr. 7 lit. a und b BGB mes­sen las­sen. Das gilt nur dann nicht, wenn der Käu­fer in der Aus­wahl der in Be­tracht kom­men­den Ver­trags­tex­te frei ist und Ge­le­gen­heit er­hält, al­ter­na­tiv ei­ge­ne Text­vor­schlä­ge mit der ef­fek­ti­ven Mög­lich­keit ih­rer Durch­set­zung in die Ver­hand­lun­gen ein­zu­brin­gen.

OLG Hamm, Ur­teil vom 13.01.2011 – I-2 U 143/10

Sach­ver­halt: Der Klä­ger hat von dem Be­klag­ten ei­nen Pkw er­wor­ben und nimmt ihn auf Rück­ab­wick­lung des ent­spre­chen­den Kauf­ver­trags in An­spruch.

Der Kauf­ver­trag wur­de un­ter Ver­wen­dung ei­nes For­mu­lars ge­schlos­sen, das der Be­klag­te dem Klä­ger vor­leg­te, nach­dem er es aus dem In­ter­net her­un­ter­ge­la­den und aus­ge­füllt hat­te. Ge­gen­stand des For­mu­lars ist un­ter an­de­rem ein vor­for­mu­lier­ter Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss.

Das Land­ge­richt hat der Kla­ge weit­ge­hend statt­ge­ge­ben und zur Be­grün­dung im We­sent­li­chen aus­ge­führt, das Fahr­zeug sei man­gel­haft, weil es – un­strei­tig – ei­nen Un­fall­scha­den er­lit­ten ha­be. Der im Kauf­ver­trag vor­ge­se­he­ne Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss sei ge­mäß § 475 BGB un­wirk­sam, weil es sich um ei­nen Ver­brauchs­gü­ter­kauf (§ 474 I BGB) han­de­le.

Ge­gen die­ses Ur­teil rich­tet sich die Be­ru­fung des Be­klag­ten. Er macht in ers­ter Li­nie gel­tend, der Kauf­ver­trag sei zwi­schen Pri­vat­leu­ten ge­schlos­sen wor­den, so­dass der be­ab­sich­tig­te Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss nicht wie vom Land­ge­richt an­ge­nom­men an § 475 BGB schei­tern kön­ne. Der Klä­ger ha­be kei­ne Ein­wän­de ge­gen die Ver­wen­dung des aus dem In­ter­net her­un­ter­ge­la­de­nen For­mu­lars ge­habt; viel­mehr sei­en sich die Par­tei­en ei­nig ge­we­sen, die­ses For­mu­lar zu be­nut­zen. Dar­über hin­aus hält der Be­klag­te den vom Land­ge­richt er­mit­tel­ten Wert­er­satz für Nut­zun­gen des Pkw durch den Klä­ger für zu ge­ring be­mes­sen.

Das Rechts­mit­tel hat­te nur hin­sicht­lich der Hö­he des Nut­zungs­er­sat­zes Er­folg. Im Üb­ri­gen blieb es er­folg­los.

Aus den Grün­den: II. … A. Dem Klä­ger steht der vom Land­ge­richt zu­ge­spro­che­ne An­spruch auf Rück­ge­währ des Kauf­prei­ses in Hö­he von 5.173,54 € zu (§ 346 I, §§ 326 V, 323, 437 Nr. 2, 434 I 2 Nr. 2, 433 BGB).

1. Das Land­ge­richt hat mit zu­tref­fen­den Grün­den an­ge­nom­men, dass die Un­fall­wa­gen­ei­gen­schaft des Fahr­zeugs ei­ne Ab­wei­chung von der ge­schul­de­ten Be­schaf­fen­heit und da­mit ei­nen Man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB be­deu­tet, weil der Be­klag­te nicht be­wie­sen hat, den Klä­ger dar­auf hin­ge­wie­sen zu ha­ben. Da­ge­gen er­in­nert die Be­ru­fung nichts. Es ist auch an­sons­ten nichts er­sicht­lich, was Zwei­fel an der Rich­tig­keit die­ser Fest­stel­lun­gen des Land­ge­richts be­grün­den könn­te.

2. Die Auf­fas­sung des Be­klag­ten, der Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss sei wirk­sam, trifft nicht zu.

a) Da­bei kann da­hin­ste­hen, ob der Be­klag­te den Wa­gen in Aus­übung sei­ner un­ter­neh­me­ri­schen Tä­tig­keit als Ver­mö­gens­be­ra­ter ver­kauft hat und es sich da­mit um ei­nen Ver­brauch­gü­ter­kauf han­delt.

b) Je­den­falls ist der Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss des­halb un­wirk­sam, weil er nicht den Er­for­der­nis­sen des § 309 Nr. 7 lit. a und b BGB, wo­nach die Haf­tung bei Ver­let­zung von Le­ben, Kör­per und Ge­sund­heit so­wie bei gro­bem Ver­schul­den durch All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen nicht voll­stän­dig aus­ge­schlos­sen wer­den kann, ent­spricht.

aa) Bei den im For­mu­lar ent­hal­te­nen Be­din­gun­gen han­delt es sich um für ei­ne Viel­zahl von Ver­trä­gen vor­for­mu­lier­te Ver­trags­be­din­gun­gen (§ 305 I 1 BGB). Das er­gibt sich aus der Her­kunft des For­mu­lars aus dem In­ter­net.

bb) Der Be­klag­te hat dem Klä­ger die Be­din­gun­gen auch ge­stellt (§ 305 I 1 BGB). Denn er hat das For­mu­lar aus dem In­ter­net her­un­ter­ge­la­den, aus­ge­füllt und dem Klä­ger vor­ge­legt. Das reicht für ein Stel­len von Ver­trags­be­din­gun­gen aus. So­weit der Klä­ger mit der Ver­wen­dung des For­mu­lars ein­ver­stan­den war, führt das nicht da­zu, dass der Klä­ger – eben­falls – als Ver­wen­der der For­mu­l­ar­be­din­gun­gen an­zu­se­hen wä­re oder ein Aus­han­deln der Be­din­gun­gen (§ 305 I 3 BGB) an­ge­nom­men wer­den könn­te. Denn das Ein­ver­ständ­nis des Klä­gers geht über das zur Ein­be­zie­hung so­wie­so er­for­der­li­che Ein­ver­ständ­nis mit der Gel­tung der Be­din­gun­gen (§ 305 II BGB) nicht hin­aus.

Oh­ne Er­folg be­ruft sich der Be­klag­te in die­sem Zu­sam­men­hang auf BGH, Urt. v. 17.02.2010 – VI­II ZR 67/09, NJW 2010, 1131. Nach der Ent­schei­dung fehlt es nur dann an ei­nem Stel­len der Be­din­gun­gen, wenn der Geg­ner in der Aus­wahl der in Be­tracht kom­men­den Ver­trags­tex­te frei ist und Ge­le­gen­heit er­hält, al­ter­na­tiv ei­ge­ne Text­vor­schlä­ge mit der ef­fek­ti­ven Mög­lich­keit ih­rer Durch­set­zung in die Ver­hand­lun­gen ein­zu­brin­gen. Dass das hier der Fall ge­we­sen wä­re, er­gibt sich aus dem Vor­trag des Be­klag­ten nicht. So­weit er vor­trägt, wenn der Klä­ger ein For­mu­lar mit­ge­bracht hät­te, wä­re das ver­wandt wor­den, han­delt es sich le­dig­lich um ei­nen denk­ba­ren Ge­sche­hens­ab­lauf. Da­mit ist dem vom BGH ge­nann­ten Er­for­der­nis, dass der Geg­ner im Tat­säch­li­chen die vom BGH ge­nann­ten Ein­fluss­mög­lich­kei­ten ha­ben muss, nicht Rech­nung ge­tra­gen.

So­weit der Be­klag­te gel­tend macht, der Klä­ger ha­be kei­ne Ein­wän­de ge­habt, dass die münd­lich aus­ge­han­del­ten Ver­trags­be­din­gun­gen auf dem For­mu­lar fest­ge­hal­ten wer­den, und ihm sei es dar­auf an­ge­kom­men, dass ein schrift­li­cher Ver­trag ge­schlos­sen wird, in den die münd­lich aus­ge­han­del­ten Ver­trags­be­din­gun­gen sorg­fäl­tig auf­ge­nom­men sind, än­dert ein Aus­fül­len des For­mu­lars nichts dar­an, dass es sich beim vor­ge­druck­ten Text um ge­stell­te Be­din­gun­gen han­delt. Et­was an­de­res könn­te für den vor­ge­druck­ten Text und ins­be­son­de­re den Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss nur gel­ten, wenn die Par­tei­en den Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss ge­nau so, wie er im Ver­trag vor­for­mu­liert ist, münd­lich aus­ge­han­delt oder ei­nen un­be­schränk­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss münd­lich ver­ein­bart hät­ten. Das an­zu­neh­men, reicht der Vor­trag des Be­klag­ten, der le­dig­lich pau­schal von münd­lich aus­ge­han­del­ten Ver­trag­be­din­gun­gen spricht, nicht aus. Auch die An­hö­rung der Par­tei­en hat nicht er­ge­ben, dass ein Aus­han­deln des im For­mu­lar for­mu­lier­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schlus­ses oder die münd­li­che Ver­ein­ba­rung ei­nes Ge­währ­leis­tungs­aus­schlus­ses … fest­ge­stellt wer­den könn­te. So­weit der Be­klag­te an­ge­ge­ben hat, er ha­be ge­sagt, er kön­ne kei­ne Ge­währ leis­ten, ist be­reits nach sei­ner Dar­stel­lung un­klar ge­blie­ben, ob sich das nicht le­dig­lich auf die von den Par­tei­en be­merk­ten Ge­räu­sche be­zo­gen hat. Je­den­falls hat der Klä­ger die An­ga­ben des Be­klag­ten be­strit­ten.

3. Für die ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen hat der Klä­ger Wert­er­satz zu leis­ten(§ 346 I, II Nr. 1 BGB). Die vom Land­ge­richt an­ge­nom­me­ne Ge­samt­fahrt­leis­tung von 270.000 km er­scheint zu hoch an­ge­setzt. Der Se­nat geht bei Fahr­zeu­gen, die über ei­nen Mo­tor mit ca. zwei Li­ter Hub­raum ver­fü­gen, in der Re­gel von ei­ner zu er­war­ten­den Ge­samt­fahr­leis­tung von 200.000 km aus. Aber auch das wird den Um­stän­den des Falls nicht ge­recht. Zu se­hen ist, dass der Klä­ger das Fahr­zeug bei ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 164.100 km zu ei­nem Preis von 6.800 € er­wor­ben hat. Dar­in spie­gelt sich wi­der, dass die Par­tei­en von ei­ner hö­he­ren zu er­war­ten­den Ge­samt­fahr­leis­tung als 200.000 km aus­ge­gan­gen sind, was den Schluss er­laubt, dass sich das Fahr­zeug in ei­nem Er­hal­tungs­zu­stand be­fand, wel­cher auch ob­jek­tiv die An­nah­me ei­ner hö­he­ren Ge­samt­fahr­leis­tung recht­fer­tigt. Glei­ches er­gibt sich dar­aus, dass bei dem Wa­gen nach dem In­halt der In­ter­net­an­zei­ge al­le In­spek­tio­nen und War­tun­gen durch­ge­führt wor­den sind und das Fahr­zeug zu 90 % auf Au­to­bahn­fahr­ten ge­nutzt wur­de. Un­ter die­sen Um­stän­den schätzt der Se­nat die zu er­war­ten­de Ge­samt­fahr­leis­tung des kon­kre­ten Fahr­zeugs auf 250.000 km. Der Wert­er­satz für Nut­zun­gen be­läuft sich da­mit auf 1.626,46 € …

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