Der Käu­fer ei­nes Mo­tor­boots kann nicht vom Ver­trag zu­rück­tre­ten, wenn das Boot kei­nen Man­gel auf­weist. Er kann sich auch nicht mit Er­folg dar­auf be­ru­fen, dass ur­sprüng­lich ei­ne Pro­be­fahrt ver­ein­bart wor­den, die­se letzt­lich aber nicht durch­ge­führ­ten wor­den sei; denn das stellt le­dig­lich ei­nen un­be­acht­li­chen Mo­ti­virr­tum dar.

LG Stral­sund, Ur­teil von 20.12.2010 – 6 O 290/10

Sach­ver­halt: Der Klä­ger nimmt den Be­klag­ten auf Ab­nah­me und Be­zah­lung ei­nes ge­brauch­ten Sport­boo­tes in An­spruch.

Der Klä­ger bot im Som­mer 2010 sein zu die­sem Zeit­punkt noch win­ter­fes­tes Boot über die In­ter­net­sei­te X zum Kauf an. Der Be­klag­te kon­tak­tier­te den Klä­ger am 23.07.2010 und be­kun­de­te sein Kauf­in­ter­es­se. Nach­dem der Klä­ger ihm noch am sel­ben Tag per E-Mail Bil­der von dem zum Ver­kauf ste­hen­den Boot über­sandt hat­te, teil­te der Be­klag­te dem Klä­ger am 24.07.2010 mit, dass er das Boot kau­fen wol­le. Es wur­de ver­ein­bart, dass der Klä­ger das Boot am 25.07.2010 nach S. lie­fert und der Be­klag­te den Kauf­preis in Hö­he von 9.750 € bei Lie­fe­rung zahlt.

Zu­vor soll­te der Kauf schrift­lich fi­xiert wer­den. Der Klä­ger füll­te hier­zu ein von dem Be­trei­ber der In­ter­net­platt­form X vor­ge­hal­te­nes Kauf­ver­trags­for­mu­lar aus, un­ter­schrieb es, scann­te es ein und sand­te den Scan am 24.07.2010 um 17.52 Uhr per E-Mail an den Be­klag­ten. Der Be­klag­te druck­te den Scan aus, un­ter­schrieb auf dem Aus­druck, scann­te ihn ein und sand­te die­sen Scan per E-Mail um 19.19 Uhr an den Klä­ge.

Am Vor­mit­tag des 25.07.2010 mel­de­te sich der Be­klag­te te­le­fo­nisch beim Klä­ger. Der ge­naue In­halt die­ses Ge­sprächs und wei­te­rer Te­le­fo­na­te, die in kur­zer Fol­ge an­fangs zwi­schen dem Be­klag­ten und dem Klä­ger selbst, spä­ter mit des­sen Ehe­frau E ge­führt wur­den, ist zwi­schen den Par­tei­en strei­tig. Je­den­falls brach­te der Be­klag­te in ei­nem der Te­le­fo­na­te zum Aus­druck, dass er auf ei­ner Pro­be­fahrt be­ste­he. E teil­te dem Be­klag­ten mit, dass je­den­falls am 25.07.2010 ei­ne Pro­be­fahrt nicht mög­lich sei, da das Boot zu­nächst aus­ge­win­tert wer­den müss­te. Der Be­klag­te bot an, nach K. zu kom­men, um dort ei­ne Pro­be­fahrt zu un­ter­neh­men. Hier­zu kam es je­doch nicht. Ei­ne Aus­lie­fe­rung des Boo­tes fand we­der am 25.07.2010 noch in der Fol­ge­zeit statt.

Der Be­klag­te teil­te dem dem Klä­ger am 25.07.2010 um 20.09 Uhr per E-Mail mit, dass er den Kauf­ver­trag we­gen der nicht zu­stan­de ge­kom­me­nen Pro­be­fahrt „bis auf Wei­te­res stor­nie­re“. Am 26.07.2010 sand­te der Be­klag­te dem Klä­ger um 17.07 Uhr er­neut ei­ne E-Mail, mit der er – sinn­ge­mäß auf die „Stor­nie­rung“ vom Vor­tag Be­zug neh­mend – den „Rück­tritt“ vom Kauf­ver­trag er­klär­te. Erst­mals in die­ser E-Mail wur­de auf das – in­halt­lich strei­ti­ge – Te­le­fo­nat mit E vom 25.07.2010 Be­zug ge­nom­men.

Noch am Vor­tag, dem 25.07.2010, hat­te der Klä­ger um 21.51 Uhr ei­ne E-Mail an den Be­klag­ten ge­sandt, in der er dem Be­klag­ten die Durch­füh­rung ei­ner Pro­be­fahrt an­ge­bo­ten hat­te. Die­se E-Mail las der Be­klag­te je­doch erst, nach­dem er sei­ner­seits am 26.07.2010 den „Rück­tritt“ vom Kauf­ver­trag er­klärt hat­te.

Die Kla­ge hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: I. … 1. Un­strei­tig ist der … gel­tend ge­mach­te Kauf­preis­zah­lungs- und Ab­nah­me­an­spruch des Klä­gers mit Kauf­ver­trags­schluss am 24.07.2010 ent­stan­den. Er er­gibt sich aus § 433 II BGB. Die­ser An­spruch ist auch – nach den ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen – nicht er­lo­schen.

a) Das Ge­richt ver­moch­te nach der durch­ge­führ­ten Be­weis­auf­nah­me, auch un­ter Be­rück­sich­ti­gung der … in­for­ma­to­ri­schen An­hö­rung des Be­klag­ten, nicht mit dem nach § 286 I 1 ZPO er­for­der­li­chen Über­zeu­gungs­grad zu der Er­kennt­nis zu ge­lan­gen, dass der vom Be­klag­ten be­haup­te­te Auf­he­bungs­ver­trag tat­säch­lich ge­schlos­sen wor­den ist. Es bleibt in­so­weit ein so­ge­nann­tes non li­quet, das zu­las­ten des Be­klag­ten geht, der für die tat­säch­li­chen Vor­aus­set­zun­gen des Auf­he­bungs­ver­trags als rechts­ver­nich­ten­de Ein­wen­dung die Be­weis­last trägt (vgl. statt al­ler OLG Bran­den­burg, Urt. v. 25.02.2009 – 3 U 54/08, ZfIR 2009, 484 [Ls.], hier zi­tiert nach ju­ris).

Der Be­klag­te selbst hat im Rah­men sei­ner in­for­ma­to­ri­schen An­hö­rung im We­sent­li­chen das schrift­sätz­li­che Vor­brin­gen sei­nes Be­voll­mäch­tig­ten be­stä­tigt. Er hat auf Nach­fra­ge sei­tens des Ge­richts je­doch ein­ge­räumt, dass die per E-Mail aus­ge­spro­che­ne „Stor­nie­rung“ vom 25.07.2010 nach ih­rem ob­jek­ti­ven Er­schei­nungs­bild kei­nen Rück­schluss auf den strei­tig be­haup­te­ten münd­li­chen Ver­trags­schluss mit der Zeu­gin E zu­lässt, an de­ren Ver­tre­tuns­g­be­fug­nis für den Klä­ger das Ge­richt und au­gen­schein­lich auch der Klä­ger selbst al­ler­dings kei­nen Zwei­fel ge­hegt hät­ten. Der Be­klag­te stellt nicht in Ab­re­de, erst­mals am Fol­ge­tag – dem 26.07.2010 – in ei­ner E-Mail an den Klä­ger auf die strei­ti­ge Ver­trags­auf­he­bung zu spre­chen ge­kom­men zu sein …

Die durch den Be­klag­ten be­nann­te Zeu­gin J hat be­kun­det, sie hät­te sich mit im Wa­gen des Be­klag­ten be­fun­den, als die­ser mit der Zeu­gin E te­le­fo­niert ha­be. An De­tails ver­moch­te die Zeu­gin J sich je­doch – auch auf wie­der­hol­te und ge­ziel­te Nach­fra­ge – nicht zu er­in­nern. Die An­zahl der am Vor­mit­tag des 25.07.2010 ge­führ­ten Ge­sprä­che konn­te sie nur va­ge mit „min­des­tens zwei oder drei“ an­ge­ben. Was un­mit­tel­bar vor und nach der ver­meint­li­chen fern­münd­li­chen Aus­sa­ge der Zeu­gin E, „dann las­se man das [Gan­ze] lie­ber“, Ge­gen­stand des Ge­sprächs zwi­schen dem Be­klag­ten und der Zeu­gin E ge­we­sen sei, sei ihr nicht mehr er­in­ner­lich. Erst in ei­nem spä­te­ren Sta­di­um der Ver­neh­mung gab die Zeu­gin – er­kenn­bar wi­der­sprüch­lich – an, sie hät­te nur die be­tref­fen­de Ge­sprächs­se­quenz hö­ren kön­nen, weil nur wäh­rend die­ses kur­zen Mo­ments die Frei­sprech­an­la­ge ein­ge­schal­tet ge­we­sen sei. Auf Nach­fra­ge re­la­ti­vier­te die Zeu­gin J ih­re An­ga­ben zum Wort­laut der von der Zeu­gin E an­geb­lich ge­tä­tig­ten Aus­sa­ge. Sie – die Zeu­gin J – kön­ne sich an den ex­ak­ten Wort­laut nicht si­cher er­in­nern; ins­be­son­de­re kön­ne sie nicht mit der er­for­der­li­chen Si­cher­heit an­ge­ben, ob die Zeu­gin E auf „das“ („las­sen wir dann …“) oder auf „das Gan­ze“ („las­sen wir dann …“) ab­ge­stellt ha­be. Sie – die Zeu­gin J – ha­be zu­dem nur ver­mu­tet, dass sich der be­tref­fen­de Satz auf die Ver­trags­durch­füh­rung – und nicht et­wa le­dig­lich auf die Pro­be­fahrt – be­zo­gen ha­be. Wor­auf sich die­se Ver­mu­tung in tat­säch­li­cher Hin­sicht stützt, ver­moch­te die Zeu­gin J nicht zu be­kun­den. Ins­be­son­de­re kann je­den­falls nach der zu­letzt im Wi­der­spruch zu der ur­sprüng­lich be­kun­de­ten Er­in­ne­rungs­lü­cke ge­tä­tig­ten Aus­sa­ge der Zeu­gin J, sie ha­be nur punk­tu­ell die­se ei­ne Ge­sprächs­se­quenz mit­ge­hört, nicht da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass sich ih­re Ver­mu­tung auf den Ver­lauf des Ge­sprächs stützt, dass der Be­klag­te mit der Zeu­gin E ge­führt hat.

Die Zeu­gin E hat dem­ge­gen­über im We­sent­li­chen das Vor­brin­gen des Klä­gers be­stä­tigt. Sie hat aus­ge­sagt und ist hier­bei auch auf ein­dring­li­che Nach­fra­ge mit Be­stimm­heit ge­blie­ben, dass sie die vom Be­klag­ten be­haup­te­te Aus­sa­ge nicht ge­trof­fen und sich auch sonst nicht in ei­ner Wei­se ge­äu­ßert hät­te, die als Ver­trags­auf­he­bung bzw. als Ent­las­sung des Be­klag­ten aus dem Ver­trag hät­te ver­stan­den wer­den kön­nen. Die Zeu­gin E ist sich zu­dem si­cher, kei­ne akus­ti­schen Hin­wei­se auf ei­ne Zu­schal­tung der Frei­sprech­an­la­ge wäh­rend des Te­le­fo­nats mit dem Be­klag­ten wahr­ge­nom­men zu ha­ben. Ob­gleich auch die Aus­sa­ge der Zeu­gin E zu­min­dest teil­wei­se da­durch nach­tei­lig auf­fällt, dass die Zeu­gin si­che­re und prä­zi­se Aus­sa­gen zum un­mit­tel­bar sub­sum­ti­ons­fä­hi­gen Kern­ge­sche­hen trifft, gleich­zei­tig aber – ins­be­son­de­re auf Nach­fra­ge – zum Rand­ge­sche­hen aus­wei­chend und mit be­haup­te­ten Er­in­ne­rungs­lü­cken re­agiert, er­schei­nen ih­re An­ga­ben im Er­geb­nis je­den­falls nicht un­glaub­haft … Letzt­lich ste­hen sich die Aus­sa­gen bei­der Zeu­gin­nen ge­gen­über, oh­ne dass sich das Ge­richt an­hand des ge­won­ne­nen Ein­dru­ckes in der La­ge sä­he, der Zeu­gin J mehr Glau­ben zu schen­ken als der Zeu­gin E. Im Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me lag so­mit auch bei ei­ner für den Be­klag­ten güns­ti­gen Be­trach­tung nicht mehr als ein non li­quet vor. Die­ses geht – wie auf­ge­zeigt – zu sei­nen Las­ten.

Le­dig­lich vor­sorg­lich macht das Ge­richt dar­auf auf­merk­sam, dass die Aus­sa­ge der Zeu­gin J – soll­te die­se nach ih­rem In­halt ent­ge­gen der Ein­schät­zung des Ge­richts den Nach­weis des strei­tig be­haup­te­ten Auf­he­bungs­ver­trags er­brin­gen – al­ler Vor­aus­sicht nach nicht ver­wert­bar ist, so­dass der Kla­ge auch in die­sem Fall statt­zu­ge­ben ge­we­sen wä­re. Die Zeu­gin E hat näm­lich aus­ge­sagt, durch den Be­klag­ten nicht dar­auf auf­merk­sam ge­macht wor­den zu sein, dass er die Frei­sprech­an­la­ge ein­schal­te und da­mit der im Wa­gen be­find­li­chen Zeu­gin J das Mit­hö­ren er­mög­li­che. Die­se Aus­sa­ge, die sich der Klä­ger zu­min­dest still­schwei­gend als ihm güns­tig zu ei­gen ge­macht hat, ist we­der durch den Be­klag­ten strei­tig ge­stellt noch von der Zeu­gin J an­ge­grif­fen wor­den. Sie ist da­her als un­strei­tig zu­grun­de zu le­gen (vgl. §§ 138 III, 288 I ZPO). Dann aber ist nach der mitt­ler­wei­le ge­fes­tig­ten Recht­spre­chung des BGH grund­sätz­lich da­von aus­zu­ge­hen, dass die Aus­sa­ge des oh­ne Wis­sen des Geg­ners mit­hö­ren­den Zeu­gen we­gen der hier­in be­grün­de­ten Ver­let­zung des Grund­rechts auf in­for­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung aus Art. 1 I GG i. V. mit Art. 2 I GG im Zi­vil­pro­zess nicht ver­wer­tet wer­den kann (vgl. zu­letzt et­wa BGH, Urt. v. 17.02.2010 – VI­II ZR 70/07, NJW-RR 2010, 1289 = NZV 2010, 455 m. w. Nachw.).

b) Un­ab­hän­gig da­von, dass der Be­klag­te selbst zum Aus­druck ge­bracht hat, sei­ne Er­klä­rung, den Ver­trag zu „stor­nie­ren“ bzw. von ihm „zu­rück­zu­tre­ten“, sei nicht als ein­sei­ti­ge Lö­sungs­er­klä­rung zu ver­ste­hen ge­we­sen, lä­gen auch die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner ein­sei­ti­gen Ver­trags­auf­he­bung durch Aus­übung ei­nes Ge­stal­tungs­rechts nicht vor. Ein Rück­tritt (§ 349 BGB) kam – un­ab­hän­gig von der Fra­ge der grund­sätz­lich er­fo­der­li­chen Nach­frist­set­zung – nicht in Be­tracht, da das Boot nicht man­gel­haft war (vgl. §§ 433 I 2, 434, 437 Nr. 2, 323 I BGB). Die „Win­ter­fes­tig­keit“ als sol­che stell­te – auch im Som­mer – kei­nen Man­gel im kauf­recht­li­chen Sin­ne dar. Das Boot ent­sprach – Ge­gen­tei­li­ges hat der Be­klag­te zu­min­dest nicht be­haup­tet – der zwi­schen den Par­tei­en am 24.07.2010 ge­trof­fe­nen Ver­ein­ba­rung. Auch als wirk­sa­me An­fech­tung (§§ 142 f. BGB) kön­nen die Er­klä­run­gen des Be­klag­ten nicht ge­deu­tet wer­den. Ein Le­bens­sach­ver­halt, der ein An­fech­tungs­recht (§§ 119 ff. BGB) be­grün­den wür­de, ist nicht vor­ge­tra­gen wor­den. So­weit der Be­klag­te – un­strei­tig – be­haup­tet hat, dass er ins­be­son­de­re im Hin­blick auf § 2 des mit dem Klä­ger ge­schlos­se­nen For­mu­lar­ver­trags da­von aus­ge­gan­gen sei, dass noch ei­ne Pro­be­fahrt er­fol­gen wür­de, han­delt es sich um ei­nen un­be­acht­li­chen Mo­ti­virr­tum.

2. Der An­spruch auf Er­stat­tung der vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten folgt aus § 280 I 1 BGB.

a) Die Vor­aus­set­zun­gen des § 286 BGB la­gen vor (vgl. § 280 II BGB); der Be­klag­te hat­te mit sei­nen E-Mails vom 25.07. und 26.07.2010 sei­nen un­zwei­fel­haf­ten Wil­len, den Ver­trag nicht wei­ter durch­zu­füh­ren, zum Aus­druck ge­bracht. Da­her war ei­ne Mah­nung (§ 286 I 1 BGB) ent­behr­lich (§ 286 II Nr. 3 BGB). Der Be­klag­te kam mit­hin nicht erst durch das ab­ge­rech­ne­te an­walt­li­che Mahn­schrei­ben vom 06.08.2010 in Ver­zug, son­dern be­fand sich be­reits im Ver­zug, als er ge­mahnt wur­de, so­dass er die Kos­ten der Mah­nung als ver­zugs­be­ding­te Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten des Klä­gers zu er­stat­ten hat (vgl. Pa­landt/Hein­richs, BGB, 68. Aufl. [2009], § 249 Rn. 38 f.).

b) Der vor­ge­nann­te Ver­zugs­scha­dens­er­satz­an­spruch in Hö­he von 775,64 € war an­trags­ge­mäß mit Jah­res­zin­sen in Hö­he von „5 %“ über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz zu ver­zin­sen. Ei­ne Ver­zin­sung in Hö­he von fünf Pro­zent­punk­ten, die der Klä­ger gem. § 288 I 2 BGB hät­te for­dern kön­nen, konn­te we­gen der Bin­dung des Ge­richts an den Um­fang des Kla­ge­an­trags nicht zu­ge­spro­chen wer­den (§ 308 I 2 ZPO). Das Ge­richt teilt nicht die ver­brei­te­te Auf­fas­sung (so et­wa OLG Hamm, Urt. v. 05.04.2005 – 21 U 149/04, NJW 2005, 2238 und – aus der Li­te­ra­tur – Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 68. Aufl. [2009], § 288 Rn. 6 m. w. Nachw.), dass die An­trags­fas­sung „5 %“ be­rich­ti­gend als „5 %-Punk­te“ aus­zu­le­gen sei (wie hier hin­ge­gen et­wa LAG Nürn­berg, Urt. v. 10.05.2005 – 7 Sa 622/04, NZA-RR 2005, 492; Hart­mann, NJW 2004, 1358 [1359 f.]; of­fen­las­send BAG, Urt. v. 02.03.2004 – 1 AZR 271/03, NZA 2004). Die Fas­sung „5 %“ ist ein­deu­tig und in­so­weit – je­den­falls im An­walt­s­pro­zess – nicht aus­le­gungs­fä­hig (vgl. de­zi­diert Hart­mann, NJW 2004, 1358 [1360]).

Dar­auf, dass der Klä­ger ei­ne hö­he­re Ver­zin­sung hät­te gel­tend ma­chen kön­nen, war er nicht hin­zu­wei­sen. Zum ei­nen be­steht bei Ne­ben­for­de­run­gen grund­sätz­lich kei­ne Hin­weis­pflicht (§ 139 II 1 ZPO). Zum an­de­ren be­wegt sich die Hin­weis­pflicht stets nur im Rah­men des durch den Klä­ger mit sei­nem Kla­ge­an­trag be­stimm­ten Streit­ge­gen­stands. In­so­weit kam ein Hin­weis, dass bei zu­tref­fen­der Wür­di­gung des ma­te­ri­el­len Rechts im We­ge ei­ner Kla­ge­er­wei­te­rung mehr hät­te ein­ge­klagt wer­den kön­nen, nicht in Be­tracht (vgl. Hart­mann, NJW 2004, 1358 [1360]). Bei ei­nem der­zei­ti­gen Ba­sis­zins­satz von 0,12 % kann der Klä­ger so­mit auf­grund des vor­lie­gen­den Ur­teils Zin­sen le­dig­lich in Hö­he von 0,126 % … voll­stre­cken. Ma­te­ri­ell­recht­lich hät­te er Zin­sen in Hö­he von 5,12 % ein­kla­gen kön­nen.

3. Der An­nah­me­ver­zug des Be­klag­ten war an­trags­ge­mäß fest­zu­stel­len. Der An­nah­me­ver­zug ist mit dem hier un­ter Nr. 2 er­ör­ter­ten Schuld­ner­ver­zug zwar nicht oh­ne Wei­te­res de­ckungs­gleich, lag hier aber im Er­geb­nis eben­falls vor. Vor dem Hin­ter­grund der ernst­haf­ten und end­gül­ti­gen An­nah­me­ver­wei­ge­rung war hier ein wört­li­ches An­ge­bot i. S. des § 295 Satz 1 BGB aus­rei­chend. Ei­ne An­nah­me­ver­wei­ge­rung im Sin­ne die­ser Vor­schrift liegt ins­be­son­de­re dann vor, wenn der Gläu­bi­ger – wie hier – sinn­ge­mäß er­klärt, den Ver­trag zu „an­nu­lie­ren“ oder von ihm „zu­rück­zu­tre­ten“ (Pa­landt/Grü­ne­berg, a. a. O., § 295 Rn. 4). Ein wört­li­ches An­ge­bot lag – spä­tes­tens – schlüs­sig in der Kla­ge­er­he­bung, was in je­dem Fall aus­reicht, da die Kla­ge erst im Zeit­punkt des Schlus­ses der münd­li­chen Ver­hand­lung zu­läs­sig und be­grün­det sein muss­te (vgl. § 296a Satz 1 ZPO). In­so­weit be­durf­te es kei­ner Ent­schei­dung, ob die An­nah­me­ver­wei­ge­rung des Be­klag­ten hier der­art end­gül­tig er­schien, dass auch ein wört­li­ches An­ge­bot ent­behr­lich ge­we­sen wä­re (vgl. hier­zu Pa­landt/Grü­ne­berg, a. a. O., § 295 Rn. 4), wo­für al­ler­dings viel spricht. Auch konn­te in­so­weit of­fen­blei­ben, ob sich der An­nah­me­ver­zug be­reits aus § 296 Satz 1 BGB er­gab …

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