Die Herstellerangaben zum durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch eines Neuwagens müssen mit dem tatsächlichen Durchschnittsverbrauch, der auch von der Fahrweise des jeweiligen Fahrers abhängt, nicht übereinstimmen.
OLG Koblenz, Beschluss vom 28.10.2010 – 2 U 1487/09
Sachverhalt: Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Kaufpreisanspruch geltend.
Die Beklagte ließ von der Klägerin Autogasanlagen in zwei Fahrzeuge des Herstellers Citroën, Modell Berlingo, einbauen. Die Parteien streiten darüber, ob bei Vertragsschluss eine bestimmte Mindestreichweite von 600 bzw. 550 Kilometern bei vollem Tank vereinbart wurde. Die Klägerin meint, dass mit den umgerüsteten Fahrzeugen Reichweiten von bis zu 565 Kilometer zu erzielen seien; die Beklagte behauptet, die Reichweite betrage lediglich 350–420 Kilometer.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin 5.744,04 € nebst Zinsen zu zahlen. Das OLG Koblenz hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, ihre Berufung mangels Erfolgsaussicht gemäß § 522 II Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Aus den Gründen: II. … Das Landgericht hat zu Recht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 5.744,04 € nebst Zinsen … zu zahlen.
Der Klägerin steht dieser Anspruch aus Werklieferungsvertrag gegen die Beklagte zu … Die Beklagte kann dem weder ein Zurückbehaltungsrecht noch die Einrede des nicht erfüllten Vertrags entgegenhalten (§§ 273 I, 320 BGB). Es besteht kein Nacherfüllungsanspruch gegenüber der Klägerin gemäß § 437 Nr. 1 BGB. Die gelieferten Gastanks waren nicht mangelbehaftet i. S. von § 434 I BGB. Die montierten Tanks verfügten entsprechend den Herstellerangaben über ein Volumen von 67 Litern. Die Beklagte hat … weder den Beweis dafür erbracht, dass sie jeweils einen Tank mit einem größeren Volumen bestellt noch dass die Klägerin eine Zusicherung bzw. Beschaffenheitsangabe gemacht habe, dass ein Tankradius von mindestens 600 Kilometern erreicht werden könne.
In der Bestellung der beiden Belingo-Kastenwagen wird lediglich festgehalten, dass der Gasumbau gegen gesonderte Bezahlung erfolge. Eine mögliche Reichweite der eingebauten Gastanks wird dort nicht erwähnt. Der Zeuge H, der selbst bei den Vertragsverhandlungen nicht zugegen war, hat lediglich bekundet, dass er und seine Ehefrau zunächst von einer Reichweite von 600–800 Kilometern ausgegangen seien. Nach Abschluss der Kaufverhandlungen, die von seiner Ehefrau geführt worden seien, habe er dann erfahren, dass sich seine Ehefrau mit der Klägerin auf eine Entfernung von zwischen 550 und 600 Kilometern geeinigt habe. Dem stehen die Bekundungen der Zeugin S entgegen, wonach ein Tankradius von 600 Kilometern nicht verbindlich zugesagt worden sei. Die Zeugin S hat hierzu in der Beweisaufnahme angegeben, dass man seinerzeit noch keine Erfahrungswerte über die Reichweite einer Tankfüllung gehabt habe. Man habe nur auf die Herstellerangabe von 67 Litern zurückgreifen können. Da 20 % davon nicht nutzbar seien, habe man rechnerisch von 53,6 Litern Tankfüllung ausgehen müssen. Aus den Prospekten habe sie einen Benzinverbrauch von 8,2 l/100 km entnommen, im Hinblick auf einen höheren Mehrverbrauch beim Gas habe sich ein Verbrauch von 9,84 l/100 km ergeben. Daraus habe sie schlussgefolgert, dass mit dem Gastank eine Reichweite von 544 Kilometern zurückgelegt werden könne. Sie habe ganz klar gesagt, dass eine Entfernung von 500 Kilometern möglich sei, 600 Kilometer aber auf keinen Fall. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass weder eine Eigenschaftszusicherung noch eine Beschaffenheitsvereinbarung i. S. von § 434 I BGB getroffen worden ist.
Die Herstellerangaben waren zu unbestimmt, um gesichert von einer bestimmten Mindestreichweite von 600 Kilometern ausgehen zu können. Die Klägerin hatte darüber hinaus zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge noch keine hinreichenden Erfahrungswerte bezüglich der Mindestreichweite bei einem Gastankvolumen von 67 Litern. Zutreffend führt das Landgericht aus, dass die Zeugin S aufgrund der Herstellerangaben nur den sich nach der maßgeblichen EG-Richtlinie errechnenden Durchschnittsverbrauch zugrunde gelegt hat, der mit dem tatsächlichen Durchschnittsverbrauch, der auch von der Fahrweise des jeweiligen Fahrers abhängt, nicht übereinstimmen muss (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 01.02.2008 – 1 U 97/07, NJW-RR 2008, 1735 = VersR 2009, 1638).
Soweit die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung behauptet, die Klägerin bzw. die Zeugin S habe eine Mindestreichweite von 600 Kilometern mit den Worten „Das kriegen wir hin!“ zugesagt, hat sie hierfür den Beweis nicht erbracht. Die Beklagte hat auch nicht den Beweis dafür erbracht, dass der Einbau von größeren Gastanks, die nicht unter dem Fahrzeugboden in einer Mulde, sondern im Laderaum der Kastenwagen hätten eingebaut werden sollen, vereinbart worden war …
Hinweis: Die Berufung wurde zurückgenommen.