1. Die ver­kehrs­recht­li­che Ein­stu­fung ei­nes Fahr­zeugs als Lkw oder Pkw ist für die steu­er­recht­li­che Ein­stu­fung (Kfz-Steu­er) nicht bin­dend.
  2. Bei ei­nem Fahr­zeug (hier: ei­nem Land Ro­ver De­fen­der 130 Crew Cab) han­delt es sich un­ge­ach­tet der ver­kehrs­recht­li­chen Ein­stu­fung um ei­nen Pkw, wenn die zur Per­so­nen­be­för­de­rung die­nen­de Flä­che grö­ßer ist als die Hälf­te der ge­sam­ten Nutz­flä­che des Fahr­zeugs.

FG Nürn­berg, Ur­teil von 26.08.2010 – 6 K 489/09

Sach­ver­halt: Strei­tig ist, ob das Fi­nanz­amt es zu Recht ab­ge­lehnt hat, das Kraft­fahr­zeug des Klä­gers – ent­ge­gen der Ein­stu­fung des Fahr­zeugs als Pkw in den be­stands­kräf­ti­gen Kraft­fahr­zeug­steu­er­be­schei­den vom 08.08.2005 und vom 03.07.2007 – rück­wir­kend ab 01.05.2005 als Lkw zu be­steu­ern.

Der Klä­ger ist Hal­ter des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pick­up-Fahr­zeugs mit Dop­pel­ka­bi­ne (Land Ro­ver De­fen­der 130 Crew Cab). Aus dem Fahr­zeug­schein er­ge­ben sich die ver­kehrs­recht­li­che Fahr­zeugart „Lkw Pla­ne u. Sprie­gel“ und die (Lkw-)Schad­stoff­schlüs­sel­num­mer 53 und un­ter an­de­rem fol­gen­de wei­te­re Da­ten: Die­sel­mo­tor, Hub­raum 2.495 cm³, Leer­ge­wicht 2.197 kg, zu­läs­si­ge Ge­samt­ge­wicht 3.500 kg, Höchst­ge­schwin­dig­keit 130 km/h, 5 Sitz­plät­ze (ein­schl. Fah­rer­sitz).

Ent­spre­chend den von der Zu­las­sungs­stel­le über­mit­tel­ten Da­ten setz­te das Fi­nanz­amt mit Kraft­fahr­zeug­steu­e­r­erst­be­scheid vom 25.08.2000 ei­ne Jah­res­steu­er in Hö­he von 412 DM für die Zeit ab 08.08.2000 fest. Mit Än­de­rungs­be­scheid vom 08.08.2005 – ge­stützt auf § 12 II Nr. 1 Kraft­StG – stuf­te das Fi­nanz­amt den Pick­up rück­wir­kend ab 01.05.2005 als Pkw ein und be­steu­er­te ihn dem­entspre­chend nach Hub­raum und Schad­stoff­aus­stoß (Emis­si­ons­schlüs­sel 29). Die Jah­res­steu­er er­höh­te sich da­durch auf 683 € (= 27,35 € je an­ge­fan­ge­ne 100 cm³). Zur Be­grün­dung heißt es in dem Be­scheid un­ter „Sons­ti­ge Er­läu­te­run­gen“:

„Die Be­steue­rungs­grund­la­gen für Ihr Fahr­zeug ha­ben sich in­fol­ge der Auf­he­bung des § 23 VIa StV­ZO zum 01.05.2005 ge­än­dert. Die Be­steue­rung rich­tet sich ab die­sem Stich­tag aus­schließ­lich nach ob­jek­ti­ven Be­schaf­fen­heits­kri­te­ri­en, ins­be­son­de­re nach Bau­art, Ein­rich­tung und äu­ße­rem Er­schei­nungs­bild des Fahr­zeugs. Bei hier­nach vor­ran­gig zur Per­so­nen­be­för­de­rung aus­ge­leg­ten und ge­bau­ten Fahr­zeu­gen (z. B. Ge­län­de­wa­gen, Groß­raum­li­mou­si­nen, Klein­bus­se, Pick­ups) ist die Steu­er nach dem Hub­raum und den Schad­stoff­emis­sio­nen zu be­mes­sen.“

Laut Ak­ten­ver­merk wur­de das Fahr­zeug am 11.08.2005 beim Fi­nanz­amt zur Be­sich­ti­gung vor­ge­fah­ren. Hier­bei wur­den die Flä­che des La­de­teils des vier­tü­ri­gen Fahr­zeugs mit (167 cm × 155 cm =) 2,58 m² und die der Per­so­nen­be­för­de­rung die­nen­de Flä­che mit (205 cm × 140 cm =) 2,87 m² ge­mes­sen.

Mit er­neut ge­än­der­tem Be­scheid vom 03.07.2007 wur­de die Kraft­fahr­zeug­steu­er für das Fahr­zeug des Klä­gers ab 01.04.2007 auf jähr­lich 713 € her­auf­ge­setzt, auf der Grund­la­ge ei­nes Steu­er­sat­zes von 28,55 €/100 cm³ ge­mäß § 9 I Nr. 2c Kraft­StG i. V. mit § 9a Kraft­StG. Un­ter „Sons­ti­ge Er­läu­te­run­gen“ heißt es:

„Die Steu­er für Ihr Fahr­zeug er­höht sich nach § 9a Kraft­StG ab 01.04.2007 um 1,20 € je an­ge­fan­ge­ne 100 cm³, weil es nicht mit Par­ti­kel­m­in­de­rungs­tech­nik aus­ge­rüs­tet ist (Vier­tes Ge­setz zur Än­de­rung des Kraft­fahr­zeug­steu­er­ge­set­zes vom 24.03.2007, BGBl I, 356) …“

Laut Ak­ten­ver­merk des zu­stän­di­gen Sach­be­ar­bei­ters vom 01.08.2008 sprach der Klä­ger am 28.07.2008 er­neut beim Fi­nanz­amt vor, um ei­ne Be­rich­ti­gung der Fahr­zeugart zu er­wir­ken. Hier­bei wur­de das Fahr­zeug wie­der­um in Au­gen­schein ge­nom­men, ge­prüft und fo­to­gra­fiert. Bei ei­nem neu­en Auf­maß wur­den für den La­de­teil ei­ne Flä­che (172 cm × 166 cm =) 2,86 m² und für die Per­so­nen­flä­che (201 cm × 140 cm =) 2,81 m² ge­mes­sen.

Den An­trag des Klä­gers vom 18.08.2008 auf Än­de­rung des Kfz-Steu­er­be­schei­des vom 03.07.2007, kon­kret auf Än­de­rung der Fahr­zeugart vom „Pkw“ zum „Lkw“, lehn­te das Fi­nanz­amt am 20.08.2008 ab. Der Ein­spruch des Klä­gers wur­de mit Ein­spruchs­ent­schei­dung vom 06.03.2009 zu­rück­ge­wie­sen.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: I. … Zu Recht hat das be­klag­te Fi­nanz­amt den An­trag des Klä­gers auf rück­wir­ken­de Än­de­rung der Kraft­fahr­zeug­steu­er mit Be­scheid vom 20.08.2008 ab­ge­lehnt.

Ei­ne vor­lie­gend al­lein nach § 173 I Nr. 2 AO denk­ba­re rück­wir­ken­de Än­de­rung der Kraft­fahr­zeug­steu­er­fest­set­zung auf­grund der Neu­ver­mes­sung des Fahr­zeugs am 28.07.2008 schei­det aus, weil die­se Än­de­rung nicht zu ei­ner nied­ri­ge­ren Steu­er füh­ren wür­de. Und ei­ne eben­falls denk­ba­re Neu­fest­set­zung der Kraft­fahr­zeug­steu­er ab dem lau­fen­den Ent­rich­tungs­zeit­raum nach § 12 2 Nr. 4 Kraft­StG schei­tert dar­an, dass die Steu­er­fest­set­zung nicht feh­ler­haft ist. Denn das Fi­nanz­amt hat das vier­tü­ri­ge Pick­up-Fahr­zeug … des Klä­gers – ab­wei­chend von der ver­kehrs­recht­li­chen Ein­stu­fung als Lkw – zu­tref­fend als Pkw nach Hub­raum, Schad­stoff- und Koh­len­di­oxid­emis­sio­nen (§ 8 Nr. 1 Kraft­StG) be­steu­ert und die Kraft­fahr­zeug­steu­er mit Steu­er­be­schei­den vom 08.08.2005 und vom 03.07.2007 frei von Rechts­feh­lern nach § 9 I Nr. 2c Kraft­StG bzw. § 9 I Nr. 2c Kraft­StG i. V. mit § 9a Kraft­StG fest­ge­setzt.

Die im Streit­fall maß­ge­ben­de Rechts­fra­ge, näm­lich die steu­er­recht­li­che Ein­stu­fung ei­nes Kraft­fahr­zeugs als Pkw oder Lkw, ist durch ei­ne Viel­zahl von Ent­schei­dun­gen der Fi­nanz­ge­rich­te und des BFH wei­test­ge­hend ge­klärt (vgl. Zens/Haßl­beck, in: Strodthoff, Kraft­StG, Stand Ju­li 2010, § 8 Rn. 17a; Rüs­ken, DAR 1999, 100).

1.1 Das gel­ten­de Kraft­fahr­zeug­steu­er­ge­setz ent­hält – an­ders als frü­her § 10 II Kraft­StG 1972 – kei­ne ei­gen­stän­di­gen De­fi­ni­tio­nen der Be­grif­fe „Pkw“ und „Lkw“. Nach den ge­mäß § 2 II 1 Kraft­StG „je­weils gel­ten­den ver­kehrs­recht­li­chen Vor­schrif­ten“ sind „Per­so­nen­kraft­wa­gen“ i. S. des § 8 Nr. 1 Kraft­StG Kraft­fahr­zeu­ge, die nach ih­rer Bau­art und Aus­stat­tung zur Be­för­de­rung von nicht mehr als neun Per­so­nen (ein­schließ­lich Füh­rer) ge­eig­net und be­stimmt sind (§ 4 IV Nr. 1 PBefG). Ein Last­kraft­wa­gen ist hin­ge­gen ein Kraft­fahr­zeug, das nach Bau­art und Ein­rich­tung nicht zur Be­för­de­rung von Per­so­nen, son­dern zur Be­för­de­rung von Gü­tern be­stimmt ist (§ 4 IV Nr. 3 PBefG). Des­sen Be­steue­rung er­folgt ge­mäß § 8 Nr. 2 Kraft­StG als „an­de­res Fahr­zeug“ nach dem ver­kehrs­recht­lich zu­läs­si­gen Ge­samt­ge­wicht (vgl. BFH, Urt. v. 01.08.2000 – VII R 26/99, BSt­Bl. II 2001, 72; Beschl. v. 21.08.2006 – VII B 333/05, BSt­Bl. II 2006, 721; Urt. v. 28.11.2006 – VII R 11/06, BSt­Bl. II 2007, 338; zu­letzt Urt. v. 01.10.2008 – II R 63/07, BSt­Bl. II 2009, 20).

1.2 Die ver­kehrs­recht­li­che Ein­stu­fung als Lkw oder Pkw ist kraft­fahr­zeug­steu­er­recht­lich nicht bin­dend (st. Rspr. des BFH seit dem Urt. v. 30.09.1981 – II R 56/78, BSt­Bl. II 1982, 82; vgl. Urt. v. 29.04.1997 – VII R 1/97, BSt­Bl. II 1997, 627; Urt. v. 26.08.1997 – VII R 60/97, BSt­Bl. II 1997, 744; Beschl. v. 17.07.2000 – VII B 79/00, BFH/NV 2001, 1049). Ver­bind­lich für das Fi­nanz­amt sind die Fest­stel­lun­gen der Zu­las­sungs­be­hör­de nach § 2 II 2 und 3 Kraft­StG nur für die Ein­stu­fung ei­nes Fahr­zeugs in Emis­si­ons­klas­sen und für die Be­ur­tei­lung von Be­steue­rungs­grund­la­gen „tech­ni­scher Art“. Sei­nem Be­schluss vom 03.02.2003 – VII B 266/02, BFH/NV 2003, 658 – hat der BFH in die­sem Zu­sam­men­hang al­ler­dings fol­gen­den be­mer­kens­wer­ten Satz an­ge­fügt:

„Dass die Über­nah­me der recht­li­chen Be­ur­tei­lung der Ver­kehrs­be­hör­de durch das Fi­nanz­amt … der Ein­fach­heit der Ver­wal­tung die­nen und die Ak­zep­tanz des Rechts beim Steu­er­pflich­ti­gen för­dern mag, kann an den vor­ge­nann­ten kla­ren ge­setz­li­chen Vor­ga­ben nichts än­dern.“

Da die ver­kehrs­be­hörd­li­che Zu­las­sung als Pkw oder Lkw in­so­weit al­so kei­nen Grund­la­gen­be­scheid i. S. des § 171 X AO dar­stellt, ist die Fi­nanz­be­hör­de nach § 88 AO und § 6 Kraft­StDV be­rech­tigt, ei­gen­ver­ant­wort­lich zu prü­fen, ob die ver­kehrs­recht­li­che Ein­stu­fung durch die Zu­las­sungs­be­hör­de kraft­fahr­zeug­steu­er­recht­lich zu­tref­fend ist. Auch der Fahr­zeug­klas­si­fi­ka­ti­on des Her­stel­lers und der dar­auf be­ru­hen­den ver­kehrs­recht­lich ori­en­tier­ten Be­ur­tei­lung durch das Kraft­fahrt­bun­des­amt kommt kei­ne kraft­fahr­zeug­steu­er­recht­li­che Bin­dungs­wir­kung zu (BFH, Urt. vom 08.02.2001 – VII R 73/00, BSt­Bl. II 2001, 368).

1.3 Nach Auf­he­bung des § 23 VIa der StV­ZO … gilt auch für Kraft­fahr­zeu­ge mit ei­nem zu­läs­si­gen Ge­samt­ge­wicht von über 2,8 t der von der Recht­spre­chung des BFH ent­wi­ckel­te Grund­satz, dass an­hand von Bau­art (= „Ge­samt­bild“, so BFH, Urt. v. 26.11.1991 – VII R 88/90, BFH/NV 1992, 414) und Ein­rich­tung des Fahr­zeugs zu be­ur­tei­len ist, ob ein Per­so­nen- oder ein Last­kraft­wa­gen vor­liegt. Es ist die Auf­ga­be des Tat­sa­chen­ge­richts, un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Ge­samt­heit al­ler Merk­ma­le ei­ne Be­wer­tung der ob­jek­ti­ven Be­schaf­fen­heit des je­wei­li­gen Fahr­zeugs vor­zu­neh­men. Auf die sub­jek­ti­ven Vor­stel­lun­gen des Steu­er­pflich­ti­gen wie auch die tat­säch­li­che Nut­zung des Fahr­zeugs kommt es in­so­fern nicht an (vgl. zu­letzt BFH, Beschl. v. 10.02.2010 – II B 96/09, BFH/NV 2010, 952).

1.4 Als für die Ein­stu­fung re­le­van­te Merk­ma­le zu be­rück­sich­ti­gen sind zum Bei­spiel die Zahl der Sitz­plät­ze, die ver­kehrs­recht­lich zu­läs­si­ge Zu­la­dung, die Grö­ße der La­de­flä­che, die Aus­stat­tung mit Sitz­be­fes­ti­gungs­punk­ten und Si­cher­heits­gur­ten, die Ver­ble­chung der Sei­ten­fens­ter, die Be­schaf­fen­heit der Ka­ros­se­rie und des Fahr­ge­stells, die Mo­to­ri­sie­rung und die da­mit er­reich­ba­re Höchst­ge­schwin­dig­keit, das äu­ße­re Er­schei­nungs­bild und bei Se­ri­en­fahr­zeu­gen die Kon­zep­ti­on des Her­stel­lers (BFH, Urt. v. 26.11.1991 – VII R 88/90, BFH/NV 1992, 414; Urt. v. 26.06.1997 – VII R 12/97, BFH/NV 1997, 810; Urt. v. 05. 05.1998 – VII R 104/97, BSt­Bl. II 1998, 489; Urt. v. 01.08.2000 – VII R 26/99, BSt­Bl. II 2001, 72). Da­bei kann kein Merk­mal von Bau­art und Ein­rich­tung des Fahr­zeugs als von vorn­her­ein al­lei­n­ent­schei­dend an­ge­se­hen wer­den, mag auch ein­zel­nen Merk­ma­len ein be­son­de­res Ge­wicht zu­kom­men und ei­ne Zu­ord­nung als Pkw oder Lkw na­he­le­gen.

1.5 Zu den Merk­ma­len, de­nen bei der Zu­ord­nung ei­nes Fahr­zeugs zum Typ des Pkw oder des Lkw be­son­de­res Ge­wicht bei­zu­mes­sen ist, ge­hö­ren ins­be­son­de­re die Grö­ße der La­de­flä­che des Fahr­zeugs und die ver­kehrs­recht­lich zu­läs­si­ge Zu­la­dung, weil die­se Merk­ma­le von be­son­de­rer Be­deu­tung da­für sind, ob die Mög­lich­keit ei­ner Be­nut­zung des Fahr­zeugs zur Las­ten­be­för­de­rung ge­gen­über sei­ner Eig­nung zur Per­so­nen­be­för­de­rung Vor­rang hat. Im In­ter­es­se prak­ti­ka­bler Zu­ord­nungs­maß­stä­be und der um der Rechts­si­cher­heit wil­len ge­for­der­ten Vor­her­seh­bar­keit kraft­fahr­zeug­steu­er­recht­li­cher Zu­ord­nun­gen hält es der BFH für ge­recht­fer­tigt, ty­pi­sie­rend da­von aus­zu­ge­hen, dass Fahr­zeu­ge nicht vor­wie­gend der Las­ten­be­för­de­rung zu die­nen ge­eig­net und be­stimmt sind, wenn ih­re La­de­flä­che oder ihr La­de­raum nicht mehr als die Hälf­te der ge­sam­ten Nutz­flä­che aus­macht (grund­le­gend BFH, Urt. v. 01.08.2000 – VII R 26/99, BSt­Bl. II 2001, 72; Urt. v. 08.02.2001 – VII R 73/00, BSt­Bl. II 2001, 368; wei­ter­hin BFH, Beschl. v. 26.10.2006 – VII B 125/06, BFH/NV 2007, 767; Beschl. v. 26.10.2006 – VII B 135/06, BFH/NV 2007, 770; Beschl. v. 07.11.2006 – VII B 79/06, BFH/NV 2007, 778; Beschl. v. 14. 02.2007 – IX B 219/06, ju­ris; Beschl. v. 30.10.2008 – II B 58/08, BFH/NV 2009, 418; zu­letzt Beschl. v. 10.02.2010 – II B 96/09, BFH/NV 2010, 952).

In der Re­vi­si­ons­ent­schei­dung des BFH vom 08.02.2001 – VII R 73/00 (BSt­Bl. II 2001, 368 [369]) –, mit wel­cher das vor­in­stanz­li­che Ur­teil des FG Nürn­berg vom 03.08.2000 – VI 23/1999 (EFG 2000, 1203) – be­tref­fend ei­nen Mi­tsu­bi­shi L200 [mit Dop­pel­ka­bi­ne] – auf­ge­ho­ben wur­de, heißt es wört­lich wie folgt:

„Auch bei sol­chen, oft­mals als Pick­up be­zeich­ne­ten Fahr­zeu­gen, hält der er­ken­nen­de Se­nat grund­sätz­lich ei­ne Ein­ord­nung als Lkw nur dann für ge­recht­fer­tigt, wenn die La­de­flä­che die zur Per­so­nen­be­för­de­rung die­nen­de Bo­den­flä­che über­trifft. Denn nur dann ist im All­ge­mei­nen die An­nah­me ge­recht­fer­tigt, das Fahr­zeug sei (zu­min­dest über­wie­gend) für die Gü­ter­be­för­de­rung kon­zi­piert.“

1.6 Die in § 4 IV Nr. 1 PBefG ent­hal­te­ne Be­griffs­be­stim­mung des Pkw wird durch die Richt­li­nie 70/156/EWG – in der Fas­sung der Richt­li­nie 2001/116/EG – zur An­glei­chung der Rechts­vor­schrif­ten der Mit­glied­staa­ten über die Be­triebs­er­laub­nis für Kraft­fahr­zeu­ge und Kraft­fahr­zeug­an­hän­ger an den tech­ni­schen Fort­schritt nicht in­fra­ge ge­stellt. Ent­ge­gen der ur­sprüng­lich auch vom er­ken­nen­den Se­nat ver­tre­te­nen Rechts­an­sicht (so Beschl. v. 01.03.2006 – VI 374/2005, EFG 2006, 846; Beschl. v. 03.03.2006 – VI 442/2005, ju­ris) ent­hält das EU-Ge­mein­schafts­recht nach der ge­fes­tig­ten Recht­spre­chung des BFH kei­ne ver­bind­li­chen Fest­le­gun­gen hin­sicht­lich der Ein­tei­lung von Kraft­fahr­zeu­gen zwecks der Er­he­bung von Kraft­fahr­zeug­steu­er (grund­le­gend BFH, Beschl. v. 21.08.2006 – VII B 333/05, BSt­Bl. II 2006, 721; be­stä­tigt durch die Urt. v. 09.04.2008 – II R 62/07, BSt­Bl. II 2008, 691, und v. 01.10.2008 – II R 63/07, BSt­Bl. II 2009, 20; zur Ver­fas­sungs­be­schwer­de ge­gen letz­te­res Ur­teil: BVerfG, Beschl. v. 31.08.2009 – 1 BvR 3227/08, ju­ris). Der ge­mein­schafts­recht­li­chen Ein­tei­lung der für die Per­so­nen­be­för­de­rung aus­ge­leg­ten und ge­bau­ten Kraft­fahr­zeu­ge in die Klas­sen M1 bis M3 so­wie der wei­te­ren Dif­fe­ren­zie­rung und ent­spre­chen­den Co­die­rung nach den je­wei­li­gen Auf­bau­ar­ten (Li­mou­si­ne, Schräg­heck-, Kom­bi- oder Ca­brio-Li­mou­si­ne, Coupé oder Mehr­zweck­fahr­zeug) kann für die zu­tref­fen­de Be­steue­rung ei­nes Kraft­fahr­zeugs nach dem Kraft­fahr­zeug­steu­er­ge­setz nichts ent­nom­men wer­den (BFH, Beschl. v. 26.10.2006 – VII B 135/06, BFH/NV 2007, 770).

In An­wen­dung die­ser vor­ste­hend auf­ge­zeig­ten höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung han­delt es sich bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug … ent­ge­gen der ver­kehrs­recht­li­chen Ein­stu­fung als Lkw kraft­fahr­zeug­steu­er­recht­lich um ei­nen Pkw.

2.1 Auf­grund der In­au­gen­schein­nah­me und der ei­ge­nen Ver­mes­sung des Fahr­zeugs steht für den Se­nat fest, dass bei dem vier­tü­ri­gen Pick­up-Dop­pel­ka­bi­ner mit fünf ein­ge­tra­ge­nen Sitz­plät­zen die La­de­flä­che klei­ner ist als die zur Per­so­nen­be­för­de­rung die­nen­de Flä­che und so­mit we­ni­ger als die Hälf­te der ge­sam­ten Nutz­flä­che des Fahr­zeugs aus­macht. „La­de­flä­che“ ist in­so­fern die zum Be­la­den zur Ver­fü­gung ste­hen­de Bo­den­flä­che und nicht der dar­über (über den Rad­käs­ten) be­find­li­che Raum (so BFH, Beschl. v. 13.04.2007 – IX B 14/07, BFH/NV 2007, 1352; zu­vor schon FG Mün­chen, Urt. v. 05.06.2002 – 4 K 4600/99, EFG 2002, 1481; Urt. v. 08.09.2004 – 4 K 3889/04, EFG 2005, 483).

2.2 Un­strei­tig ist die Flä­che des Fahr­gast­raums mit (201 cm [Län­ge] × 140 cm [Brei­te] =) 2,81 m² und die durch ei­ne fes­te Zwi­schen­wand von der Dop­pel­ka­bi­ne ge­trenn­te Flä­che des La­de­teils (In­nen­maß über den Rad­käs­ten und dem Kraft­stof­f­e­in­füll­stut­zen) mit (172 cm [Län­ge] × 166 cm [Brei­te] =) 2,86 m² an­zu­set­zen. Auf ei­ner Flä­che von je­weils (82 cm [Län­ge] × 28 cm [Brei­te] =) 0,23 m² ste­hen links und rechts in den La­de­teil hin­ein die zwei 25 cm ho­hen Rad­käs­ten, die ei­ne run­de Form ha­ben und nur oben auf ei­ner Flä­che von (30 cm [Län­ge] × 18 cm [Brei­te] =) 0,054 m² ab­ge­flacht sind. Auf der rech­ten Sei­te des Bo­dens des La­de­teils führt der Kraft­stof­f­e­in­füll­stut­zen, der mit Blech kan­tig ver­klei­det ist, zur rech­ten Au­ßen­wand. Die Grund­flä­che die­ser Blech­ver­klei­dung be­trägt (14 cm [Län­ge] × 30 cm [Brei­te] =) 0,042 m². Über der Fah­rer­ka­bi­ne be­fin­det sich ein Dach­trä­ger aus 2 mm star­kem Alu­mi­ni­um­blech mit ei­ner Grund­flä­che von (156 cm [Län­ge] × 145 cm [Brei­te] =) 2,26 m² und ei­ner 12 cm ho­hen Um­ran­dung. Die­ser links und rechts am Dach­rah­men mit je fünf mas­si­ven Schraub­ver­bin­dun­gen be­fes­tig­te Dach­trä­ger ist ein Ori­gi­nal­zu­be­hör­teil des Fahr­zeug­her­stel­lers und in des­sen ak­tu­el­lem Fahr­zeug­pro­spekt mit ei­ner Dach­last von 75 kg (ein­schl. Dach­trä­ger) aus­ge­wie­sen. Der Dach­trä­ger kann je­der­zeit ab­ge­nom­men wer­den und ist nicht im Fahr­zeug­schein ein­ge­tra­gen.

Un­ter Ab­zug der Flä­chen für die bei­den Rad­käs­ten und den Kraft­stof­f­e­in­füll­stut­zen er­rech­net der Se­nat ei­ne La­de­flä­che von 2,86 m² – (2 × 0,23 m²) – 0,04 m² = 2,36 m² und kommt da­mit zu ei­nem Wert, der noch um 0,2 m² un­ter dem vom Fi­nanz­amt in der Ein­spruchs­ent­schei­dung an­ge­setz­ten Wert von 2,56 m² liegt. Die ab­ge­flach­ten (Mi­ni-)Flä­chen von je­weils 0,05 m² über den Rad­käs­ten sind kei­ne „Bo­den­flä­che“, je­des hier ab­ge­stell­te Be­för­de­rungs­teil fällt „zu Bo­den“, so­lan­ge nicht wei­te­res ent­spre­chend ho­hes La­de­gut ab­stüt­zend wirkt. Ei­ne Hin­zu­rech­nung des Dach­trä­gers zur La­de­flä­che schei­det aus, da die­ser nicht fest und dau­er­haft mit der Ka­ros­se­rie des Fahr­zeugs ver­bun­den (z. B. ver­schweißt) ist, viel­mehr durch ein­fa­ches Lö­sen der Schrau­ben je­der­zeit ab­ge­nom­men wer­den kann.

2.3 Da bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug so­mit die zur Per­so­nen­be­för­de­rung die­nen­de Bo­den­flä­che grö­ßer ist als die Hälf­te der ge­sam­ten Nutz­flä­che des Fahr­zeugs, ist der Land Ro­ver De­fen­der 130 Crew Cab schon al­lein des­halb als vor­ran­gig zur Per­so­nen­be­för­de­rung aus­ge­legt und ge­baut an­zu­se­hen. Auf wei­te­re für die Ein­stu­fung als Pkw oder Lkw spre­chen­de Merk­ma­le kommt es da­nach nicht mehr ent­schei­dungs­er­heb­lich an (vgl. BFH, Urt. v. 01.10.2008 – II R 63/07, BSt­Bl. II 2009, 20 [23]).

Der An­wen­dung des mit dem Drit­ten Ge­setz zur Än­de­rung des Kraft­fahr­zeug­steu­er­ge­set­zes vom 21.12.2006 ein­ge­führ­ten § 2 IIa Nr. 2 Kraft­StG be­darf es nicht. Die­ser Vor­schrift kann im Streit­fall al­len­falls ei­ne klar­stel­len­de Be­deu­tung zu­kom­men. § 2 IIa Nr. 2 Kraft­StG be­stimmt nicht aus­schließ­lich und ab­schlie­ßend, wann ein Pkw vor­liegt. Aus der For­mu­lie­rung „gel­ten auch“ er­gibt sich viel­mehr, dass nach der Vor­schrift le­dig­lich be­stimm­te wei­te­re Kraft­fahr­zeu­ge als Pkw zu be­han­deln sind, so­fern sie nicht schon – wie im Streit­fall – nach der all­ge­mei­nen kraft­fahr­zeug­steu­er­recht­li­chen Ein­ord­nung Pkw sind (vgl. BFH, Urt. v. 01.10.2008 – II R 63/07, BSt­Bl. II 2009, 20 [23]).

Hin­weis: Die Re­vi­si­on des Klä­gers blieb oh­ne Er­folg (s. BFH, Urt. v. 29.08.2012 – II R 7/11).

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