Die Be­zeich­nung ei­nes Au­tos als „Bast­ler­fahr­zeug“ kann ei­nen Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss be­inhal­ten. Wird der Be­griff je­doch in All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen an un­auf­fäl­li­ger Stel­le ver­steckt, ist der Aus­schluss nicht wirk­sam ver­ein­bart.

AG Mün­chen, Ur­teil vom 17.11.2009 – 155 C 22290/08

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von dem Be­klag­ten mit Kauf­ver­trag vom 20.05.2009 ei­nen ge­brauch­ten Jeep Wrang­ler – ei­nen Ge­län­de­wa­gen mit All­rad­an­trieb – zum Preis von 4.400 €. Die Par­tei­en strei­ten dar­über, ob der Klä­ger wirk­sam von dem Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten ist.

Der Klä­ger trägt vor, er ha­be bei ei­ner Pro­be­fahrt nicht er­kannt, dass trotz des All­rad­an­triebs le­dig­lich die Hin­ter­rä­der an­ge­trie­ben wur­den. Da der Be­klag­te er­klärt ha­be, dass der All­rad­an­trieb funk­tio­nie­re, feh­le dem Fahr­zeug ei­ne zu­ge­si­cher­te Ei­gen­schaft. Un­ter Be­ru­fung auf sei­ne Rück­tritts­er­klä­rung for­dert der Klä­ger Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs den Kauf­preis nebst Zin­sen zu­rück. Zu­dem be­gehrt er den Er­satz vor­ge­richt­li­cher An­walts­kos­ten in Hö­he von 446,13 €.

Der Be­klag­te meint, bei dem Fahr­zeug ha­be es sich um ein so­ge­nann­tes Bast­ler­fahr­zeug ge­han­delt. An­ge­sichts der im Ver­trag of­fen­ge­leg­ten Män­gel so­wie des sons­ti­gen Ver­trags­tex­tes sei ein wirk­sa­mer Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss ver­ein­bart wor­den. Zu­dem be­ruft sich der Be­klag­te dar­auf, dass an­ge­sichts­des Al­ters des Fahr­zeugs der vom Klä­ger ge­rüg­te Zu­stand kein Man­gel sei; viel­mehr hand­le es sich um üb­li­chen Ver­schleiß.

Die Kla­ge hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … [D]er Be­klag­te hat den Kauf­preis an­ge­sichts des wirk­sa­men Rück­tritts zu­rück­zu­zah­len (§ 346 II Nr. 2 BGB).

1. Der Zeu­ge S schil­der­te, er ha­be das Fahr­zeug an­ge­se­hen, weil der Klä­ger ihm mit­ge­teil­te ha­be, es funk­tio­nie­re nur der Hin­ter­rad­an­trieb, und hier­bei fest­ge­stellt, dass die An­schluss­lei­tun­gen zur Un­ter­druck­do­se im Be­reich der In­nen­kot­flü­gel so ver­staut ge­we­sen wä­ren, dass er sie mit Ge­walt ha­be her­aus­zie­hen müs­sen; nach dem An­ste­cken sei ei­ne Fahrt we­gen des hier­bei ent­ste­hen­den „mör­de­ri­schen Ge­räuschs“ nicht mög­lich ge­we­sen.

Bei dem Zeu­gen han­delt sich zwar um den Schwa­ger des Klä­gers. Die An­ga­ben des Zeu­gen sind gleich­wohl voll glaub­haft. Der Zeu­ge hat nicht nur stets zwi­schen Um­stän­den, bei de­nen er sich si­cher war, und Din­gen, die er nicht mehr ex­akt an­ge­ben konn­te, ge­trennt. Sei­ne Schil­de­rung wird durch das Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen Dipl.-lng. (FH) G zu den Foi­gen des An­ste­ckens be­stä­tigt.

Der Sach­ver­stän­di­ge Dipl.-lng. (FH) G führt im Gut­ach­ten aus, oh­ne ex­pli­zi­te Fahr­ver­su­che ha­be man das Ab­klem­men der Schläu­che nicht er­ken­nen kön­nen; bei ei­nem An­ste­cken sei es aus­ges­schlos­sen ge­we­sen, das Fahr­zeug ord­nungs­ge­mäß be­we­gen zu kön­nen. Der Sach­ver­stän­di­ge ist dem Ge­richt aus vie­len Fäl­len als zu­ver­läs­si­ger und sach­kun­di­ger Fach­mann be­kannt, so­dass sich das Ge­richt dem Gut­ach­ten in vol­lem Um­fan­ge an­schließt.

Für das Ge­richt steht da­mit zwei­fels­frei fest, dass zum Zeit­punkt der Pro­be­fahrt die Hy­drau­lik­schläu­che nicht an­ge­steckt wa­ren. Das Ge­richt hat auch kei­ne Zwei­fel dar­an, dass der Be­klag­te dies wuss­te. So­weit er sich ge­gen­be­weis­lich auf die Aus­sa­ge des Zeu­gen Z be­ruft, ist das Be­weis­an­ge­bot un­be­hel­flich. Der Zeu­ge Z war beim Er­werb des Fahr­zeugs durch den Be­klag­ten der Ver­käu­fer. An­ga­ben zu dem Ver­kaufs­ge­spräch zwi­schen dem Klä­ger und dem Be­klag­ten so­wie der Pro­be­fahrt des Klä­gers kann er nicht ma­chen. So­weit be­haup­tet wird, der Zeu­ge ha­be beim da­ma­li­gen Ver­kauf an den Be­klag­ten nicht ge­sagt, dass der All­rad­an­trieb nicht funk­tio­nie­re, kann dies als zu­tref­fend un­ter­stellt wer­den, so dass ei­ne Ver­neh­mung des Zeu­gen ent­fällt.

Dem Be­klag­ten hilft dies im Ver­trags­ver­hält­nis zum Klä­ger je­doch nichts. Ge­mäß § 286 ZPO ist es für das Ge­richt aus­ge­schlos­sen, dass der Be­klag­te, der im Ge­braucht­wa­gen­ge­schäft tä­tigt ist, „aus­ge­feil­te“ All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen ver­wen­det und nach stän­di­ger Recht­spre­chung oh­ne­hin ei­ner Un­ter­su­chungs­pflicht bei den ge­han­del­ten Fahr­zeu­gen un­ter­liegt, den Man­gel nicht er­kannt hät­te. Die recht­li­chen Fol­gen der Un­ter­su­chungs­pflicht spie­len vor­lie­gend kei­ne Rol­le. Viel­mehr glaubt das Ge­richt dem Be­klag­ten schlicht nicht, dass er an­ge­sichts der dar­ge­stell­ten pro­fes­sio­nel­len
Ge­braucht­wa­gen­ver­käu­fer­tä­tig­keit oh­ne Un­ter­su­chung eln All­rad­fahr­zeug an­kauft und nie­mals die Funk­ti­ons­fä­hig­keit über­prüft. Schon we­gen des Ver­kaufs­prei­ses ist die Kon­trol­le, ob der All­rad­an­trieb be­nutz wer­den kann, von ex­tre­mer Be­deu­tung.

2. ln der Sa­che selbst ist zu­nächst ein Man­gel zu be­ja­hen. Ein All­rad­an­triebs­fahr­zeug kann als sol­ches nur be­zeich­net wer­den, wenn auch al­le Rä­der an­ge­trie­ben wer­den. Die Ver­brau­cher­er­war­tung setzt die­se Be­zeich­nung und das Funk­tio­nie­ren bei ei­nem Jeep zwei­fels­frei vor­aus. Es han­delt sich da­her um ei­ne zu­ge­si­cher­te Ei­gen­schaft. Da das Fahr­zeug aber nur mit Hin­ter­rad­an­trieb ge­fah­ren wer­den kann, liegt nicht nur ein ge­wöhn­li­cher Man­gel, son­dern das Feh­len ei­ner zu­ge­si­cher­ten Ei­gen­schaft vor.

Da­mit kommt es dar­auf an, ob ein Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss zwi­schen den Par­tei­en wirk­sam ver­ein­bart wor­den war.

Zu­nächst ver­mag die Be­zeich­nung des Fahr­zeugs als „Bast­ler­fahr­zeug“ Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che des Klä­gers nicht zu ver­hin­dern. Grund­sätz­lich sind der­ar­ti­ge Ver­trags­ge­stal­tun­gen nicht un­zu­läs­sig (vgl. MünchKomm-BGB/Lo­renz, 5. Aufl. [2008], § 475 Rn. 8 ff.; Stau­din­ger/Ma­tu­sche-Beck­mann, BGB, Neu­be­arb. 2004, § 475 Rn. 51 ff.). Ent­schei­dend kommt es auch hier auf das ein­zel­ne Fahr­zeug an. So ist der Ent­schei­dung des AG Mars­berg (Urt. v. 09.10.2002 – 1 C 143/02, DAR 2003, 322) nicht ent­ge­gen­zu­tre­ten, wenn es bei ei­nem Fahr­zeug oh­ne Ge­trie­be die Be­zeich­nung als Bast­ler­fahr­zeug mit den ge­währ­leis­tungs­recht­li­chen Kon­se­quen­zen als zu­läs­sig be­trach­tet. Wer ein nicht fahr­be­rei­tes Fahr­zeug kauft, muss sich auf die An­sprü­che aus Arg­list ver­wei­sen las­sen.

Hier liegt es je­doch an­ders. Die Ein­be­zie­hung der Aus­schluss­klau­sel schei­tert schon an der AGB-recht­li­chen Be­trach­tung. Das Wort „Bast­ler­fahr­zeug“ ist er­kenn­bar Be­stand­teil ei­ner AGB-Kon­struk­ti­on, die jeg­li­che An­sprü­che des Käu­fers aus­schlie­ßen soll. Da­zu passt auch die Schrift­ge­stal­tung. Es han­delt sich um ei­ne Schrift­grö­ße, die noch deut­lich hin­ter der für die Be­zeich­nung des Fahr­zeugs ver­wen­de­ten Schrift­grö­ße zu­rück­tritt und ins­be­son­de­re im Ge­gen­satz zu sons­ti­gen in Fett­schrift dar­ge­stell­ten Ver­trags­pas­sa­gen … nicht in Fest­schrift ge­hal­ten [ist], so dass der Käu­fer vi­su­ell vom der Kennt­nis­nah­me ab­ge­lenkt wird. § 305c BGB geht da­von aus, dass Ein­schrän­kun­gen von Rech­ten nicht so Be­stand­teil der AGB-Re­ge­lung seln kön­nen.

Des­halb kommt es auf die (vor­lie­gend zu be­ja­hen­de) Fra­ge der Arg­list nicht mehr an.

Schließ­lich kann sich der Be­klag­te auch nicht auf ei­nen ge­währ­leis­tungs­ir­re­le­van­ten Ver­schleiss­man­gel be­ru­fen. Da es sich bel der ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Ei­gen­schaft „AI­I­rad­fahr­zeug“ um ei­ne Zu­si­che­rung han­delt, kommt es auf die Fra­ge des Ver­schlei­ßes nicht an. Oh­ne­hin gibt es kei­ne all­ge­mei­ne tech­ni­sche Er­kennt­nis, dass All­rad­fahr­zeu­ge mit ei­nem Al­ter von 14 Jah­ren und 250.000 Ki­lo­me­tern ver­schleiß­be­dingt nicht mehr als All­rad­fahr­zeu­ge ge­nutzt wer­den könn­ten. Ein dies­be­züg­lich tech­nisch fest­ste­hen­der Al­te­rungs­pro­zess schei­det da­her aus …

PDF er­stel­len