Zur Haf­tung ei­nes Fahr­zeug­her­stel­lers für die Fehl­aus­lö­sung von Air­bags.

BGH, Ur­teil vom 16.06.2009 – VI ZR 107/08

Sach­ver­halt: Der Klä­ger nimmt die Be­klag­te als Her­stel­le­rin ei­nes Pkw auf Zah­lung von Schmer­zens­geld in An­spruch und will fest­ge­stellt ha­ben, dass sie ihm zum Er­satz künf­ti­ger ma­te­ri­el­ler und im­ma­te­ri­el­ler Schä­den ver­pflich­tet ist.

Am 24.04.2003 kam es zu ei­ner Fehl­aus­lö­sung der bei­den Sei­ten­air­bags an der Fah­rer­sei­te des vom Klä­ger ge­fah­re­nen, am 10.03.2000 erst­zu­ge­las­se­nen Pkw der Mar­ke BMW. Der Klä­ger be­haup­tet, der Tho­rax- und der Kopf­air­bag sei­en beim Durch­fah­ren ei­nes Schlag­lochs bzw. beim Aus­wei­chen auf das un­be­fes­tig­te Fahr­bahn­ban­kett aus­ge­löst wor­den und hät­ten ihn an der Hals­schlag­ader ver­letzt. In der Fol­ge ha­be er ei­nen Hirn­in­farkt er­lit­ten.

Die Kla­ge blieb in bei­den Vor­in­stan­zen er­folg­los. Die Re­vi­si­on des Klä­gers hat­te Er­folg und führ­te zur Zu­rück­ver­wei­sung der Sa­che an das Be­ru­fungs­ge­richt.

Aus den Grün­den: [5]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hält, sach­ver­stän­dig be­ra­ten, ei­ne Haf­tung der Be­klag­ten nach dem Pro­dukt­haf­tungs­ge­setz nicht für ge­ge­ben. Ein Fa­bri­ka­ti­ons­feh­ler schei­de aus, weil sich das Air­bag­sys­tem ent­spre­chend sei­ner Kon­struk­ti­on ver­hal­ten ha­be. Die Fehl­aus­lö­sung der Air­bags sei auf star­ke Schlä­ge ge­gen den Un­ter­bo­den des Fahr­zeugs zu­rück­zu­füh­ren. Hier­durch sei es zu Schwin­gun­gen ge­kom­men, die ei­nem Crash-Im­puls sehr ähn­lich sei­en. Ein Kon­struk­ti­ons­feh­ler des Fahr­zeugs sei nicht ge­ge­ben, da die Fehl­aus­lö­sung der Air­bags nach dem Stand der Tech­nik nicht zu ver­hin­dern ge­we­sen sei. Auf vor­han­de­ne tech­ni­sche Mög­lich­kei­ten der Op­ti­mie­rung des Air­bag­sys­tems kom­me es nicht an, weil die­se auf­wen­dig, kos­ten­in­ten­siv und nicht Stand der Tech­nik sei­en. Den Her­stel­ler tref­fe nicht die Pflicht, al­le kon­struk­tiv mög­li­chen und denk­ba­ren Si­cher­heits­vor­keh­run­gen zu er­grei­fen.

[6]    Auch ein In­struk­ti­ons­feh­ler der Be­klag­ten bei In­ver­kehr­ga­be des Fahr­zeugs sei nicht fest­zu­stel­len. Die Be­klag­te ha­be frü­hes­tens am 03.08.2000 Kennt­nis von der Mög­lich­keit ei­ner Fehl­aus­lö­sung von Sei­ten­air­bags mit elek­tro­ni­schen Sen­so­ren im streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug er­langt. Erst zu die­sem Zeit­punkt sei ihr der For­schungs­be­richt der Bun­des­an­stalt für Stra­ßen­we­sen zu­gäng­lich ge­macht wor­den, in dem 692 Un­fäl­le ana­ly­siert wur­den, bei de­nen Fehl­funk­tio­nen von Air­bags ver­mu­tet wur­den. Die Be­klag­te ha­be zwar auf­grund von Fehl­aus­lö­sun­gen der Sei­ten­air­bags bei Vor­gän­ger­mo­del­len des im Streit ste­hen­den Fahr­zeugs in Me­xi­ko und den USA im Jahr 1999 ei­ne Rück­ruf­ak­ti­on durch­ge­führt und die be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge mit ei­ner ge­än­der­ten Steu­er­ge­rä­te­soft­ware ver­se­hen. In das im Streit ste­hen­de Fahr­zeug sei je­doch ei­ne ab Sep­tem­ber 1999 ver­wen­de­te, noch­mals ver­än­der­te Steu­er­ge­rä­te­soft­ware ein­ge­baut wor­den, wes­halb die Be­klag­te dar­auf ha­be ver­trau­en dür­fen, dass das Ri­si­ko von Fehl­aus­lö­sun­gen nun­mehr be­sei­tigt sei.

[7]    Dem Klä­ger ste­he auch kein An­spruch aus § 823 I BGB zu. Die Be­klag­te ha­be ins­be­son­de­re nicht ih­re Pflicht zur Re­ak­ti­on auf bei der Pro­dukt­be­ob­ach­tung ge­won­ne­ne Er­kennt­nis­se ver­letzt. Dem For­schungs­be­richt der Bun­des­an­stalt für Stra­ßen­we­sen ha­be sie nicht ent­neh­men müs­sen, dass auch bei Fahr­zeu­gen der be­trof­fe­nen Bau­rei­he aus ih­rer Pro­duk­ti­on ei­ne Ge­fahr von Fehl­aus­lö­sun­gen be­ste­he, weil die Soft­ware re­gel­mä­ßig dem Fahr­zeug­typ an­ge­passt sei und An­halts­punk­te für ei­ne Ver­gleich­bar­keit der Pro­blem­la­gen ge­fehlt hät­ten. Oh­ne­hin ha­be al­len­falls ei­ne Pflicht der Be­klag­ten zur War­nung be­stan­den. Es kön­ne aber nicht hin­rei­chend si­cher da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass ei­ne War­nung den Un­fall des Klä­gers ver­hin­dert hät­te.

[8]    II. Die­se Aus­füh­run­gen hal­ten ei­ner re­vi­si­ons­recht­li­chen Über­prü­fung nicht stand.

[9]    1. Durch­grei­fen­de recht­li­che Be­den­ken be­ste­hen be­reits ge­gen die vom Be­ru­fungs­ge­richt auch für den gel­tend ge­mach­ten Schmer­zens­geld­an­spruch her­an­ge­zo­ge­ne An­spruchs­grund­la­ge. Ei­ne Haf­tung der Be­klag­ten aus dem Pro­dukt­haf­tungs­ge­setz kommt nur hin­sicht­lich des den Ge­gen­stand der Fest­stel­lungs­kla­ge bil­den­den An­spruchs auf Er­satz künf­ti­ger ma­te­ri­el­ler Schä­den in Be­tracht. Ein An­spruch des Klä­gers auf Er­satz im­ma­te­ri­el­ler Schä­den kann sich da­ge­gen nur auf der Grund­la­ge der de­lik­ti­schen Pro­dukt­haf­tung er­ge­ben. Die ei­ne Ent­schä­di­gung auch für Nicht­ver­mö­gens­schä­den vor­se­hen­de Be­stim­mung des § 8 Satz 2 Prod­HaftG ist im Streit­fall nicht an­wend­bar. Sie ist erst durch das Zwei­te Ge­setz zur Än­de­rung scha­dens­er­satz­recht­li­cher Vor­schrif­ten vom 19.07.2002 (BGBl. 2002 I, 2674) in das Pro­dukt­haf­tungs­ge­setz ein­ge­fügt wor­den und ge­mäß Art. 229 § 8 I Nr. 9 EGBGB nur an­zu­wen­den, wenn das schä­di­gen­de Er­eig­nis nach dem 31.07.2002 ein­ge­tre­ten ist. Die­se Vor­aus­set­zung ist vor­lie­gend nicht er­füllt. Un­ter schä­di­gen­dem Er­eig­nis im Sin­ne der ge­nann­ten Be­stim­mung ist näm­lich nicht der Ein­tritt der Rechts­guts­ver­let­zung, son­dern die zum Scha­dens­er­satz ver­pflich­ten­de Hand­lung, das heißt das In­ver­kehr­brin­gen des Pro­dukts zu ver­ste­hen, auf das es ge­mäß § 16 Prod­HaftG auch für den in­ter­tem­po­ra­len An­wen­dungs­be­reich des Pro­dukt­haf­tungs­ge­set­zes an­kommt (vgl. Wag­ner, Das neue Scha­dens­er­satz­recht, 2002, Rn. 84 ff.; MünchKomm-BGB/Wag­ner, 5. Aufl., Einl. Prod­HaftG Rn. 21; Pa­landt/Hein­richs, BGB, 68. Aufl., Art. 229 § 8 EGBGB Rn. 2). Je­de an­de­re Aus­le­gung der Über­gangs­re­ge­lung lie­fe dem Wil­len des Ge­setz­ge­bers zu­wi­der, haf­tungs­recht­li­che Rück­wir­kun­gen zum Nach­teil mög­li­cher Schä­di­ger zu ver­hin­dern (vgl. BT-Drs. 14/7752, S. 44 [zu Art. 12]; Wag­ner, Das neue Scha­dens­er­satz­recht, 2002, Rn. 85; ders., NJW 2002, 2049, 2064).

[10]   Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zwar kei­ne Fest­stel­lun­gen da­zu ge­trof­fen, wann der streit­ge­gen­ständ­li­che Pkw in den Ver­kehr ge­bracht wur­de. Die­ser Zeit­punkt liegt aber je­den­falls vor der Erst­zu­las­sung am 10.03.2000.

[11]   2. Die Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts recht­fer­ti­gen nicht die An­nah­me, das Fahr­zeug des Klä­gers ha­be im Zeit­punkt der In­ver­kehr­ga­be kei­nen Pro­dukt­feh­ler auf­ge­wie­sen.

[12]   a) Ge­mäß § 3 I Prod­HaftG hat ein Pro­dukt ei­nen Feh­ler, wenn es nicht die Si­cher­heit bie­tet, die un­ter Be­rück­sich­ti­gung al­ler Um­stän­de, ins­be­son­de­re sei­ner Dar­bie­tung, des Ge­brauchs, mit dem bil­li­ger­wei­se ge­rech­net wer­den kann, so­wie des Zeit­punkts, in dem es in den Ver­kehr ge­bracht wur­de (vgl. § 3 I lit. c, II Prod­HaftG), be­rech­tig­ter­wei­se er­war­tet wer­den kann. Ab­zu­stel­len ist da­bei nicht auf die sub­jek­ti­ve Si­cher­heits­er­war­tung des je­wei­li­gen Be­nut­zers, son­dern ob­jek­tiv dar­auf, ob das Pro­dukt die­je­ni­ge Si­cher­heit bie­tet, die die in dem ent­spre­chen­den Be­reich herr­schen­de Ver­kehrs­auf­fas­sung für er­for­der­lich hält (vgl. BT-Drs. 11/2447, S. 18; Se­nat, Urt. v. 17.03.2009 – VI ZR 176/08, VersR 2009, 649 f. m. w. Nachw.; OLG Köln, Urt. v. 06.04.2006 – 3 U 184/05, VersR 2007, 1003; OLG Schles­wig, Urt. v. 19.10.2007 – 17 U 43/07, NJW-RR 2008, 691, 692; Pa­landt/Sprau, BGB, 68. Aufl., § 3 Prod­HaftG Rn. 3; Kull­mann, Prod­HaftG, 5. Aufl., § 3 Rn. 4 ff.). Die nach § 3 I Prod­HaftG maß­geb­li­chen Si­cher­heits­er­war­tun­gen be­ur­tei­len sich grund­sätz­lich nach den­sel­ben ob­jek­ti­ven Maß­stä­ben wie die Ver­kehrs­pflich­ten des Her­stel­lers im Rah­men der de­lik­ti­schen Haf­tung ge­mäß § 823 I BGB (vgl. Se­nat, Urt. v. 17.03.2009 – VI ZR 176/08, VersR 2009, 649 f.; BT-Drs. 11/2447, S. 18; MünchKomm-BGB/Wag­ner, a. a. O., § 3 Prod­HaftG Rn. 3; Stau­din­ger/Oechs­ler, BGB, Neu­be­arb. 2009, Einl. Prod­HaftG Rn. 33, § 3 Prod­HaftG Rn. 13, 19; Mül­ler, VersR 2004, 1073, 1074). Der im Rah­men der de­lik­ti­schen Pro­dukt­haf­tung ent­wi­ckel­te Feh­ler­be­griff soll­te durch das Pro­dukt­haf­tungs­ge­setz kei­ne Än­de­rung er­fah­ren (vgl. BT-Drs. 11/2447, S. 18; MünchKomm-BGB/Wag­ner, a. a. O., § 3 Prod­HaftG Rn. 3; Stau­din­ger/Oechs­ler, a. a. O., § 3 Prod­HaftG Rn. 13, 19, 103). Dem­entspre­chend ist auch die Un­ter­schei­dung von Fa­bri­ka­ti­ons-, Kon­struk­ti­ons- und In­struk­ti­ons­feh­lern, die im Rah­men der de­lik­ti­schen Pro­dukt­haf­tung der Ka­te­go­ri­sie­rung der kon­kre­ten Ver­kehrs­pflich­ten dient, nicht ge­gen­stands­los ge­wor­den (vgl. Se­nat, Urt. v. 09.05.1995 – VI ZR 158/94, BGHZ 129, 353, 359; MünchKomm-BGB/Wag­ner, a. a. O., Einl. Prod­HaftG Rn. 15, § 3 Prod­HaftG Rn. 3, 29; Stau­din­ger/Oechs­ler, a. a. O., Einl. Prod­HaftG Rn. 38 ff., § 3 Prod­HaftG Rn. 1, 12, 103; Mül­ler, VersR 2004, 1073, 1074; Kull­mann, a. a. O., § 3 Rn. 9 ff.). Auf sie nimmt das Pro­dukt­haf­tungs­ge­setz bei der Haf­tungs­be­grün­dung viel­mehr Be­zug (vgl. et­wa für den Ent­wick­lungs­feh­ler § 1 II Nr. 5 Prod­HaftG, für den Kon­struk­ti­ons­feh­ler § 1 II Prod­HaftG und für den In­struk­ti­ons­feh­ler § 3 I lit. a Prod­HaftG so­wie Stau­din­ger/Oechs­ler, a. a. O., Einl. Prod­HaftG Rn. 38 ff., § 3 Prod­HaftG Rn. 1, 12, 103).

[13]   b) Die Re­vi­si­on wen­det sich nicht ge­gen die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, das Fahr­zeug des Klä­gers ha­be im Zeit­punkt der In­ver­kehr­ga­be kei­nen Fa­bri­ka­ti­ons­feh­ler auf­ge­wie­sen. Die­se An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts lässt Rechts­feh­ler nicht er­ken­nen.

[14]   c) Rechts­feh­ler­haft ver­neint das Be­ru­fungs­ge­richt da­ge­gen das Vor­lie­gen ei­nes Kon­struk­ti­ons­feh­lers. Sei­ne Aus­füh­run­gen las­sen nicht er­ken­nen, wel­chen recht­li­chen Maß­stab es bei der Prü­fung der Fra­ge an­ge­legt hat, ob das Air­bag­sys­tem des Un­fall­fahr­zeugs den recht­lich ge­bo­te­nen kon­struk­ti­ven Er­for­der­nis­sen ge­nügt. Sie sind dar­über hin­aus in sich wi­der­sprüch­lich.

[15]   aa) Ein Kon­struk­ti­ons­feh­ler liegt vor, wenn das Pro­dukt schon sei­ner Kon­zep­ti­on nach un­ter dem ge­bo­te­nen Si­cher­heits­stan­dard bleibt (vgl. Graf von West­pha­len/Fo­ers­te, Pro­dukt­haf­tungs­hand­buch I, 2. Aufl., § 24 Rn. 59; MünchKomm-BGB/Wag­ner, a. a. O., § 823 Rn. 628, 646; Kull­mann, a. a. O., § 3 Rn. 13; Pa­landt/Sprau, a. a. O., § 3 Prod­HaftG Rn. 8). Zur Ge­währ­leis­tung der er­for­der­li­chen Pro­dukt­si­cher­heit hat der Her­stel­ler be­reits im Rah­men der Kon­zep­ti­on und Pla­nung des Pro­dukts die­je­ni­gen Maß­nah­men zu tref­fen, die zur Ver­mei­dung ei­ner Ge­fahr ob­jek­tiv er­for­der­lich und nach ob­jek­ti­ven Maß­stä­ben zu­mut­bar sind (vgl. Se­nat, Urt. v. 17.03.2009 – VI ZR 176/08, VersR 2009, 649, 650; Kull­mann/Pfis­ter, Pro­du­zen­ten­haf­tung I, Stand: Sep­tem­ber 2008, Kenn­zahl 1515, S. 7; Graf von West­pha­len/Fo­ers­te, a. a. O., § 24 Rn. 1; Kötz, FS W. Lo­renz, 1991, S. 109, 115, 118).

[16]   (1) Er­for­der­lich sind die Si­che­rungs­maß­nah­men, die nach dem im Zeit­punkt des In­ver­kehr­brin­gens des Pro­dukts vor­han­de­nen neu­es­ten Stand der Wis­sen­schaft und Tech­nik kon­struk­tiv mög­lich sind (Se­nat, Urt. v. 07.06.1988 – VI ZR 91/87, BGHZ 104, 323, 326; Urt. v. 09.05.1995 – VI ZR 158/94, BGHZ 129, 353, 361; Urt. v. 17.10.1989 – VI ZR 258/88, VersR 1989, 1307, 1308; Schmidt-Sal­zer, Pro­dukt­haf­tung III/1, 2. Aufl., Rn. 4.764; Hörl, Die un­ver­tret­ba­re Ge­fahr im deut­schen Pro­dukt­haf­tungs­recht, 1999, S. 123; Kötz, a. a. O, S. 109, 115) und als ge­eig­net und ge­nü­gend er­schei­nen, um Schä­den zu ver­hin­dern (vgl. Kull­mann/Pfis­ter, a. a. O., Kenn­zahl 1515, S. 8 f. m. w. Nachw.). Da­bei darf der in­so­weit maß­geb­li­che Stand der Wis­sen­schaft und Tech­nik nicht mit Bran­chen­üb­lich­keit gleich­ge­setzt wer­den; die in der je­wei­li­gen Bran­che tat­säch­lich prak­ti­zier­ten Si­cher­heits­vor­keh­run­gen kön­nen durch­aus hin­ter der tech­ni­schen Ent­wick­lung und da­mit hin­ter den recht­lich ge­bo­te­nen Maß­nah­men zu­rück­blei­ben (vgl. Se­nat, Urt. v. 17.10.1989 – VI ZR 258/88, VersR 1989, 1307, 1308; Urt. v. 27.09.1994 – VI ZR 150/93, VersR 1994, 1481, 1482; BGH, Urt. v. 28.09.1970 – VI­II ZR 166/68, VersR 1971, 80, 82; OLG Schles­wig, Urt. v. 19.10.2007 – 17 U 43/07, NJW-RR 2008, 691, 692; Schmidt-Sal­zer, a. a. O., 1. Teil, Rn. 4.762 f., 4.791; Hörl, a. a. O., S. 124). Die Mög­lich­keit der Ge­fahr­ver­mei­dung ist ge­ge­ben, wenn nach ge­si­cher­tem Fach­wis­sen der ein­schlä­gi­gen Fach­krei­se prak­tisch ein­satz­fä­hi­ge Lö­sun­gen zur Ver­fü­gung ste­hen (vgl. Se­nat, Urt. v. 17.05.1957 – VI ZR 120/56, VersR 1957, 584; Münch­Komm/Wag­ner, a. a. O., § 823 Rn. 629, 646, § 3 Prod­HaftG Rn. 31; Kull­mann, a. a. O., § 3 Rn. 13; Schmidt-Sal­zer, a. a. O., 1. Teil, Rn. 4.748 f., 4.772 f.; Hörl, a. a. O., S. 124). Hier­von kann grund­sätz­lich erst dann aus­ge­gan­gen wer­den, wenn ei­ne si­cher­heits­tech­nisch über­le­ge­ne Al­ter­na­tiv­kon­struk­ti­on zum Se­ri­en­ein­satz reif ist (vgl. Se­nat, Urt. v. 17.05.1957 – VI ZR 120/56, VersR 1957, 584; MünchKomm-BGB/Wag­ner, a. a. O., § 823 Rn. 629, 646, § 3 Prod­HaftG Rn. 31; Schmidt-Sal­zer, a. a. O., Rn. 4.748 f., 4.772 f.; Graf von West­pha­len/Fo­ers­te, a. a. O., § 24 Rn. 92; Hörl, a. a. O., S. 124 f.). Der Her­stel­ler ist da­ge­gen nicht da­zu ver­pflich­tet, sol­che Si­cher­heits­kon­zep­te um­zu­set­zen, die bis­her nur „auf dem Reiß­brett er­ar­bei­tet“ oder noch in der Er­pro­bung be­find­lich sind (vgl. Schmidt-Sal­zer, a. a. O., Rn. 4.748 f.)

[17]   Sind be­stimm­te mit der Pro­dukt­nut­zung ein­her­ge­hen­de Ri­si­ken nach dem maß­geb­li­chen Stand von Wis­sen­schaft und Tech­nik nicht zu ver­mei­den, ist un­ter Ab­wä­gung von Art und Um­fang der Ri­si­ken, der Wahr­schein­lich­keit ih­rer Ver­wirk­li­chung und des mit dem Pro­dukt ver­bun­de­nen Nut­zens zu prü­fen, ob das ge­fahr­träch­ti­ge Pro­dukt über­haupt in den Ver­kehr ge­bracht wer­den darf (vgl. da­zu Se­nat, Urt. v. 11.07.1972 – VI ZR 194/70, VersR 1972, 1075, 1076 [in­so­weit in BGHZ 59, 172 nicht ab­ge­druckt]; BGH, Urt. v. 19.02.1975 – VI­II ZR 144/73, BGHZ 64, 46, 48; MünchKomm-BGB/Wag­ner, a. a. O., § 3 Prod­HaftG Rn. 32; vgl. Graf von West­pha­len/Fo­ers­te, a. a. O., § 24 Rn. 50, 85, 98; Kull­mann/Pfis­ter, a. a. O., Kenn­zahl 1520, S. 38; Schmidt-Sal­zer, a. a. O., Rn. 4.687 f., 4.779; J. Mey­er, In­struk­ti­ons­haf­tung, 1992, S. 6).

[18]   (2) Die Fra­ge, ob ei­ne Si­che­rungs­maß­nah­me nach ob­jek­ti­ven Maß­stä­ben zu­mut­bar ist, lässt sich nur un­ter Be­rück­sich­ti­gung sämt­li­cher Um­stän­de des Ein­zel­falls be­ur­tei­len (vgl. Se­nat, Urt. v. 07.06.1988 – VI ZR 91/87, BGHZ 104, 323, 329; Urt. v. 23.10.1984 – VI ZR 85/83, VersR 1985, 64, 65; Urt. v. 17.10.1989 – VI ZR 258/88, VersR 1989, 1307, 1308; Graf von West­pha­len/Fo­ers­te, a. a. O., § 24 Rn. 51; Kull­mann/Pfis­ter, a. a. O., Kenn­zahl 1515, S. 9; Schmidt-Sal­zer, a. a. O., Rn. 4.836). Maß­geb­lich ist ins­be­son­de­re die Grö­ße der vom Pro­dukt aus­ge­hen­den Ge­fahr (vgl. Se­nat, Urt. v. 17.03.1981 – VI ZR 191/79, BGHZ 80, 186, 192). Je grö­ßer die Ge­fah­ren sind, des­to hö­her sind die An­for­de­run­gen, die in die­ser Hin­sicht ge­stellt wer­den müs­sen (Se­nat, Urt. v. 26.05.1954 – VI ZR 4/53, VersR 1954, 364, 365; Urt. v. 17.03.2009 – VI ZR 176/08, VersR 2009, 649, 650; vgl. auch Se­nat, Urt. v. 12.11.1991 – VI ZR 7/91, BGHZ 116, 60, 67 f., und BVerfG [3. Kam­mer des Ers­ten Se­nats], Beschl. v. 16.10.1996 – 1 BvR 1179/95, VersR 1998, 58 = NJW 1997, 249). Bei er­heb­li­chen Ge­fah­ren für Le­ben und Ge­sund­heit von Men­schen sind dem Her­stel­ler wei­ter ge­hen­de Maß­nah­men zu­mut­bar als in Fäl­len, in de­nen nur Ei­gen­tums- oder Be­sitz­stö­run­gen oder aber nur klei­ne­re kör­per­li­che Be­ein­träch­ti­gun­gen zu be­fürch­ten sind (vgl. Se­nat, Urt. v. 09.12.1986 – VI ZR 65/86, BGHZ 99, 167, 174 f.; Urt. v. 31.10.2006 – VI ZR 223/05, VersR 2007, 72, 73; Urt. v. 17.03.2009 – VI ZR 176/08, VersR 2009, 649, 650). Maß­geb­lich für die Zu­mut­bar­keit sind dar­über hin­aus die wirt­schaft­li­chen Aus­wir­kun­gen der Si­che­rungs­maß­nah­me, im Rah­men de­rer ins­be­son­de­re die Ver­brau­cher­ge­wohn­hei­ten, die Pro­duk­ti­ons­kos­ten, die Ab­satz­chan­cen für ein ent­spre­chend ver­än­der­tes Pro­dukt so­wie die Kos­ten-Nut­zen-Re­la­ti­on (vgl. auch den sog. risk-uti­li­ty test nach US-ame­ri­ka­ni­schem Recht, da­zu MünchKomm-BGB/Wag­ner, a. a. O., § 823 Rn. 630, § 3 Prod­HaftG Rn. 31 f.; Wag­ner/Wit­te, ZEuP 2005, 895, 903; Hörl, a. a. O., S. 130 ff.; Kötz, a. a. O., S. 109, 116) zu be­rück­sich­ti­gen sind (vgl. Se­nat, Urt. v. 26.11.1968 – VI ZR 212/66, BGHZ 51, 91, 108; Urt. v. 07.06.1988 – VI ZR 91/87, BGHZ 104, 323, 329; Urt. v. 17.05.1957 – VI ZR 120/56, VersR 1957, 584; Urt. v. 23.10.1984 – VI ZR 85/83, VersR 1985, 64; Urt. v. 17.10.1989 – VI ZR 258/88, VersR 1989, 1307, 1308; OLG Frank­furt a. M., Urt. v. 06.05.1992 – 7 U 38/85, VersR 1993, 845, 846 f.; MünchKomm-BGB/Wag­ner, a. a. O., § 823 Rn. 620, 630, § 3 Prod­HaftG Rn. 31 f.; Stau­din­ger/Oechs­ler, a. a. O., § 3 Prod­HaftG Rn. 87; Schmidt-Sal­zer, a. a. O., Rn. 4.836; Kull­mann/Pfis­ter, a. a. O., Kenn­zahl 1515, S. 9 f.; Graf von West­pha­len/Fo­ers­te, a. a. O., § 24 Rn. 51 f.; Hörl, a. a. O., S. 130 ff.; Kötz, a. a. O., S. 109, 115).

[19]   (3) An­ge­sichts der mit Fehl­aus­lö­sun­gen von Air­bags ver­bun­de­nen Ge­fah­ren für Leib und Le­ben der Nut­zer und Drit­ter ha­ben Au­to­mo­bil­her­stel­ler dem­entspre­chend das Ri­si­ko, dass es in den von ih­nen pro­du­zier­ten Fahr­zeu­gen zu der­ar­ti­gen Fehl­funk­tio­nen kommt, in den Gren­zen des tech­nisch Mög­li­chen und wirt­schaft­lich Zu­mut­ba­ren mit­tels kon­struk­ti­ver Maß­nah­men aus­zu­schal­ten.

[20]   bb) Die Aus­füh­run­gen des Be­ru­fungs­ge­richts las­sen nicht er­ken­nen, ob es die vor­ste­hend dar­ge­leg­ten Grund­sät­ze be­ach­tet hat. Das Be­ru­fungs­ge­richt geht er­sicht­lich da­von aus, dass er­gän­zen­de Si­cher­heits­vor­keh­run­gen im Streit­fall tech­nisch mög­lich wa­ren. Denn es nimmt aus­drück­lich Be­zug auf die An­ga­ben des Sach­ver­stän­di­gen im Be­weis­si­che­rungs­gut­ach­ten un­ter Zif­fer 5.3. Da­nach ver­fü­gen Fahr­zeug­her­stel­ler grund­sätz­lich über Mög­lich­kei­ten, Fehl­aus­lö­sun­gen von Front- oder Sei­ten­air­bags zu ver­hin­dern. Es sei mög­lich, Ul­tra­schall­sen­so­ren rund um das Fahr­zeug an­zu­brin­gen, die den Kon­takt mit ei­nem Ge­gen­stand sen­sie­ren und die zu­sätz­lich zu den be­reits be­ste­hen­den Sen­so­ren vor der Aus­lö­sung der Air­bags ab­ge­fragt wür­den. Dem­entspre­chend be­fasst sich das Be­ru­fungs­ge­richt auch mit der Fra­ge, in wel­chem Um­fang der Her­stel­ler ver­pflich­tet ist, tech­nisch mög­li­che Maß­nah­men zu er­grei­fen. Sei­ne in die­sem Zu­sam­men­hang ge­trof­fe­ne Aus­sa­ge, es ge­be kei­ne Ver­pflich­tung des Pro­du­zen­ten, al­le kon­struk­tiv mög­li­chen Si­cher­heits­vor­keh­run­gen zu tref­fen, die Si­cher­heits­vor­keh­run­gen müss­ten nur dem Stand der Tech­nik ent­spre­chen, ist aber in sich wi­der­sprüch­lich. Ge­fahr­ver­mei­dungs­maß­nah­men, die tech­nisch mög­lich sind, ge­hen be­griff­lich nicht über den Stand von Wis­sen­schaft und Tech­nik hin­aus. Es liegt des­halb na­he, dass das Be­ru­fungs­ge­richt den Be­griff des tech­nisch Mög­li­chen ver­kannt oder un­ter dem vom Her­stel­ler zu be­ach­ten­den neu­es­ten Stand von Wis­sen­schaft und Tech­nik rechts­feh­ler­haft ei­ne da­hin­ter zu­rück­blei­ben­de Bran­chen­üb­lich­keit ver­stan­den und nur die Bran­chen­üb­lich­keit zu­sätz­li­cher Si­cher­heits­vor­keh­run­gen ver­neint hat.

[21]   Woll­te das Be­ru­fungs­ge­richt hin­ge­gen die tech­ni­sche Rea­li­sier­bar­keit ei­nes si­cher­heits­tech­nisch über­le­ge­nen Al­ter­na­tiv­kon­zepts ver­nei­nen, fehlt es so­wohl an – die er­for­der­li­che Ab­wä­gung er­mög­li­chen­den – tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen als auch an der in ers­ter Li­nie dem Tatrich­ter ob­lie­gen­den (vgl. BGH, Urt. v. 19.02.1975 – VI­II ZR 144/73, BGHZ 64, 46, 48) Wür­di­gung, ob der Pkw mit den Sei­ten­air­bags trotz der Ge­fahr von Fehl­aus­lö­sun­gen über­haupt in den Ver­kehr ge­bracht wer­den durf­te. Woll­te das Be­ru­fungs­ge­richt die wirt­schaft­li­che Zu­mut­bar­keit zu­sätz­li­cher Si­cher­heits­vor­keh­run­gen ver­nei­nen, was sei­ne Aus­füh­run­gen na­he­le­gen, die vom Sach­ver­stän­di­gen be­schrie­be­nen Sys­te­me sei­en auf­wen­dig und kos­ten­in­ten­siv, fehlt es an den ei­ne Be­ur­tei­lung die­ser Fra­ge er­mög­li­chen­den Fest­stel­lun­gen.

[22]   d) Rechts­feh­ler­haft ver­neint das Be­ru­fungs­ge­richt auch ei­ne Haf­tung der Be­klag­ten we­gen ei­nes In­struk­ti­ons­feh­lers bei In­ver­kehr­ga­be des Fahr­zeugs. Es hat die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes nach dem Stand von Wis­sen­schaft und Tech­nik nicht vor­her­seh­ba­ren Ent­wick­lungs­feh­lers, für den die Be­klag­te nicht ein­zu­ste­hen hat, nicht rich­tig be­ur­teilt (vgl. zum Ent­wick­lungs­feh­ler Se­nat, Urt. v. 26.11.1968 – VI ZR 212/66, BGHZ 51, 91, 105; Urt. v. 17.03.1981 – VI ZR 191/79, BGHZ 80, 186, 197; Urt. v. 25.10.1988 – VI ZR 344/87, BGHZ 105, 346, 354; Urt. v. 09.05.1995 – VI ZR 158/94, BGHZ 129, 353, 358 f.; Urt. v. 14.06.2005 – VI ZR 179/04, BGHZ 163, 209, 222 f.; Urt. v. 11.06.1996 – VI ZR 202/95, VersR 1996, 1116, 1117).

[23]   aa) Im An­satz zu­tref­fend hat das Be­ru­fungs­ge­richt al­ler­dings ei­ne Haf­tung der Be­klag­ten we­gen ei­nes In­struk­ti­ons­feh­lers grund­sätz­lich in Be­tracht ge­zo­gen. Zur Ge­währ­leis­tung der er­for­der­li­chen Pro­dukt­si­cher­heit hat der Her­stel­ler näm­lich die­je­ni­gen Maß­nah­men zu tref­fen, die nach den Ge­ge­ben­hei­ten des kon­kre­ten Falls zur Ver­mei­dung ei­ner Ge­fahr ob­jek­tiv er­for­der­lich und nach ob­jek­ti­ven Maß­stä­ben zu­mut­bar sind (vgl. Se­nat, Urt. v. 17.03.2009 – VI ZR 176/08, VersR 2009, 649, 650; Kull­mann/Pfis­ter, a. a. O., Kenn­zahl 1515 S. 7; Graf von West­pha­len/Fo­ers­te, a. a. O., § 24 Rn. 1). Las­sen sich mit der Ver­wen­dung ei­nes Pro­dukts ver­bun­de­ne Ge­fah­ren nach dem Stand von Wis­sen­schaft und Tech­nik durch kon­struk­ti­ve Maß­nah­men nicht ver­mei­den oder sind kon­struk­ti­ve Ge­fahr­ver­mei­dungs­maß­nah­men dem Her­stel­ler nicht zu­mut­bar und darf das Pro­dukt trotz der von ihm aus­ge­hen­den Ge­fah­ren in den Ver­kehr ge­bracht wer­den, so ist der Her­stel­ler grund­sätz­lich ver­pflich­tet, die Ver­wen­der des Pro­dukts vor den­je­ni­gen Ge­fah­ren zu war­nen, die bei be­stim­mungs­ge­mä­ßem Ge­brauch oder na­he­lie­gen­dem Fehl­ge­brauch dro­hen und die nicht zum all­ge­mei­nen Ge­fah­ren­wis­sen des Be­nut­zer­krei­ses ge­hö­ren (vgl. Se­nat, Urt. v. 25.10.1988 – VI ZR 344/87, BGHZ 105, 346, 351; Urt. v. 24.01.1989 – VI ZR 112/88, BGHZ 106, 273, 283; Urt. v. 12.11.1991 – VI ZR 7/91, BGHZ 116, 60, 65, 67; Urt. v. 07.07.1981 – VI ZR 62/80, NJW 1981, 2514, 2515; Urt. vom 07.10.1986 – VI ZR 187/85, NJW 1987, 372, 373; Urt. v. 27.09.1994 – VI ZR 150/93, VersR 1994, 1481, 1483; Urt. v. 18.05.1999 – VI ZR 192/98, VersR 1999, 890, 891; BGH, Urt. v. 19.02.1975 – VI­II ZR 144/73, BGHZ 64, 46, 49; Graf von West­pha­len/Fo­ers­te, a. a. O., § 24 Rn. 171 ff., 225; MünchKomm-BGB/Wag­ner, a. a. O., § 823 Rn. 636, 638; Kull­mann/Pfis­ter, a. a. O,, Kenn­zahl 1520, S. 38 ff.; Schmidt-Sal­zer, a. a. O., Rn. 4.780, 4. 1114;; Stau­din­ger/Oechs­ler, a. a. O., § 3 Prod­HaftG Rn. 46 ff.; Ta­sch­ner/Frietsch, Pro­dukt­haf­tungs­ge­setz und EG-Pro­dukt­haf­tungs­richt­li­nie, 2. Aufl. [1990], Ein­füh­rung Rn. 61, 73, 74; J. Mey­er, a. a. O., S. 5 ff.; Hörl, a. a. O., S. 134 ff.; Fü­rer, Die zi­vil­recht­li­che Haf­tung für Rau­cher­schä­den, 2005, S. 121 f.). Denn den Ver­wen­dern des Pro­dukts muss ei­ne ei­gen­ver­ant­wort­li­che Ent­schei­dung dar­über er­mög­licht wer­den, ob sie sich in An­be­tracht der mit dem Pro­dukt ver­bun­de­nen Vor­tei­le den mit sei­ner Ver­wen­dung ver­bun­de­nen Ge­fah­ren aus­set­zen wol­len (vgl. BGH, Urt. v. 19.02.1975 – VI­II ZR 144/73, BGHZ 64, 46, 49; Graf von West­pha­len/Fo­ers­te, a. a. O., § 24 Rn. 173, 225; Schmidt-Sal­zer, a. a. O., Rn. 4.780, 4.1114). Sie müs­sen dar­über hin­aus in die La­ge ver­setzt wer­den, den Ge­fah­ren so­weit wie mög­lich ent­ge­gen­zu­wir­ken (vgl. BGH, Urt. v. 19.02.1975 – VI­II ZR 144/73, BGHZ 64, 46, 49; Graf von West­pha­len/Fo­ers­te, a. a. O., § 24 Rn. 173; J. Mey­er, a. a. O., S. 8; Fü­rer, a. a. O., S. 121 f.).

[24]   In­halt und Um­fang der In­struk­ti­ons­pflich­ten im Ein­zel­fall wer­den we­sent­lich durch die Grö­ße der Ge­fahr und das ge­fähr­de­te Rechts­gut be­stimmt (vgl. Se­nat, Urt. v. 24.01.1989 – VI ZR 112/88, BGHZ 106, 273, 283; Urt. v. 16.12.2008 – VI ZR 170/07, VersR 2009, 272; BVerfG [3. Kam­mer des Ers­ten Se­nats], Beschl. v. 16.10.1996 – 1 BvR 1179/95, VersR 1998, 58 = NJW 1997, 249; MünchKomm-BGB/Wag­ner, a. a. O., § 823 Rn. 639; J. Mey­er, a. a. O., S. 112 f.; Hörl, a. a. O., S. 138 ff.; Möl­lers, VersR 2000, 1177, 1181). Je grö­ßer die Ge­fah­ren sind, des­to hö­her sind die An­for­de­run­gen, die in die­ser Hin­sicht ge­stellt wer­den müs­sen (Se­nat, Urt. v. 26.05.1954 – VI ZR 4/53, VersR 1954, 364, 365; Urt. v. 17.03.2009 – VI ZR 176/08, VersR 2009, 649, 650; vgl. auch Se­nat, Urt. v. 12.11.1991 – VI ZR 7/91, BGHZ 116, 60, 67, und BVerfG [3. Kam­mer des Ers­ten Se­nats], Beschl. v. 16.10.1996 – 1 BvR 1179/95, VersR 1998, 58 = NJW 1997, 249). Ist durch ein Pro­dukt die Ge­sund­heit oder die kör­per­li­che Un­ver­sehrt­heit von Men­schen be­droht, ist schon dann ei­ne War­nung aus­zu­spre­chen, wenn auf­grund ei­nes ernst zu neh­men­den Ver­dachts zu be­fürch­ten ist, dass Ge­sund­heits­schä­den ent­ste­hen kön­nen (vgl. Se­nat, Urt. v. 17.03.1981 – VI ZR 191/79, BGHZ 80, 186, 192; Urt. v. 24.01.1989 – VI ZR 112/88, BGHZ 106, 273, 283; Hörl, a. a. O., S. 140).

[25]   Fest­stel­lun­gen, die ei­ne Be­ur­tei­lung der Fra­ge er­lau­ben, ob nach die­sen Grund­sät­zen ei­ne Auf­klä­rung über die Ri­si­ken von Fehl­aus­lö­sun­gen der Air­bags im Streit­fall recht­lich ge­bo­ten war, hat das Be­ru­fungs­ge­richt – aus sei­ner Sicht fol­ge­rich­tig (vgl. bb) – nicht ge­trof­fen.

[26]   bb) Die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, die Be­klag­te tref­fe man­gels Kennt­nis von der Mög­lich­keit der Fehl­aus­lö­sung von Sei­ten­air­bags im streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug kei­ne Haf­tung, ist aber von Rechts­feh­lern be­ein­flusst.

[27]   (1) Al­ler­dings ist so­wohl die auf die de­lik­ti­sche Pro­dukt­haf­tung als auch die auf das Pro­dukt­haft­pflicht­ge­setz ge­stütz­te Er­satz­pflicht des Her­stel­lers aus­ge­schlos­sen, wenn der den Scha­den ver­ur­sa­chen­de Feh­ler des Pro­dukts im Zeit­punkt sei­ner In­ver­kehr­ga­be nach dem da­ma­li­gen Stand von Wis­sen­schaft und Tech­nik nicht er­kenn­bar war (sog. Ent­wick­lungs­feh­ler). Für die de­lik­ti­sche Pro­dukt­haf­tung er­gibt sich dies dar­aus, dass es im Fal­le ei­nes Ent­wick­lungs­feh­lers an der für ei­nen Er­satz­an­spruch aus § 823 I BGB er­for­der­li­chen ob­jek­ti­ven Pflicht­wid­rig­keit des Her­stel­lers fehlt (vgl. Se­nat, Urt. v. 26.11.1968 – VI ZR 212/66, BGHZ 51, 91, 105; Urt. v. 17.03.1981 – VI ZR 191/79, BGHZ 80, 186, 196 f.; Urt. v. 25.10.1988 – VI ZR 344/87, BGHZ 105, 346, 354; Urt. v. 14.06.2005 – VI ZR 179/04, BGHZ 163, 209, 222 f.; Urt. v. 11.06.1996 – VI ZR 202/95, VersR 1996, 1116, 1117; MünchKomm-BGB/Wag­ner, a. a. O., § 823 Rn. 626; Graf von West­pha­len/Fo­ers­te, a. a. O., § 24 Rn. 83; Stau­din­ger/J. Ha­ger, BGB, Be­arb. 1999, § 823 Rn. F 19; Schmidt-Sal­zer, a. a. O., Rn. 4.1116 f.; Spind­ler, in: Bam­ber­ger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 823 Rn. 493; G. Ha­ger, PHI 1991, 2, 6). Für auf das Pro­dukt­haft­pflicht­ge­setz ge­stütz­te An­sprü­che folgt dies aus § 1 II Nr. 5 Prod­HaftG (vgl. da­zu Se­nat, Urt. v. 09.05.1995 – VI ZR 158/94, BGHZ 129, 353, 359; BT-Drs. 11/2447, S. 15; Kull­mann, a. a.O., § 1 Rn. 68; MünchKomm-BGB/Wag­ner, a. a. O., § 1 Prod­HaftG Rn. 49 ff.; Stau­din­ger/Oechs­ler, a. a. O., § 1 Prod­HaftG Rn. 118 ff.; Ta­sch­ner/Frietsch, a. a. O., § 1 Prod­HaftG Rn. 106). Die­se Be­stim­mung ist auch auf In­struk­ti­ons­feh­ler an­wend­bar (vgl. MünchKomm-BGB/Wag­ner, a. a. O., § 1 Prod­HaftG Rn. 52; Stau­din­ger/Oechs­ler, a. a. O., § 1 Prod­HaftG Rn. 119; Fü­rer, a. a. O., S. 120; G. Ha­ger, PHI 1991, 2, 5 f.). Denn im Hin­blick auf den Zweck der Vor­schrift, die Haf­tung für so­ge­nann­te Ent­wick­lungs­ri­si­ken aus­zu­schlie­ßen und die Ver­ant­wort­lich­keit des Her­stel­lers auf den Er­kennt­nis­stand zum Zeit­punkt des In­ver­kehr­brin­gens des Pro­dukts zu be­schrän­ken (vgl. Se­nat, Urt. v. 09.05.1995 – VI ZR 158/94, BGHZ 129, 353, 358 f.; BT-Drs. 11/2447, S. 16), ist ein Haf­tungs­aus­schluss auch dann ge­bo­ten, wenn sich die In­struk­ti­on auf­grund ei­ner nach dem Stand von Wis­sen­schaft und Tech­nik im Zeit­punkt der In­ver­kehr­ga­be nicht er­kenn­ba­ren Ge­fahr als feh­ler­haft er­weist. Dem steht nicht das Se­nats­ur­teil vom 09.05.1995 (VI ZR 158/94, BGHZ 129, 353) ent­ge­gen. In die­ser Ent­schei­dung wur­de le­dig­lich der Fa­bri­ka­ti­ons­feh­ler in Form des so­ge­nann­ten Aus­rei­ßers vom An­wen­dungs­be­reich des § 1 II Nr. 5 Prod­HaftG aus­ge­nom­men. Aus­sa­gen zum In­struk­ti­ons­feh­ler wur­den da­ge­gen nicht ge­trof­fen.

[28]   So­wohl im Rah­men der de­lik­ti­schen als auch der auf das Pro­dukt­haft­pflicht­ge­setz ge­stütz­ten Haf­tung setzt die An­nah­me ei­nes Ent­wick­lungs­feh­lers vor­aus, dass die po­ten­zi­el­le Ge­fähr­lich­keit des Pro­dukts im Zeit­punkt sei­ner In­ver­kehr­ga­be nach dem da­ma­li­gen Stand von Wis­sen­schaft und Tech­nik nicht er­kannt wer­den konn­te, weil die Er­kennt­nis­mög­lich­kei­ten (noch) nicht weit ge­nug fort­ge­schrit­ten wa­ren (vgl. zum Prod­HaftG: Se­nat, Urt. v. 09.05.1995 – VI ZR 158/94, BGHZ 129, 353, 359; BT-Dr. 11/2447, S. 15; Kull­mann, a. a. O., § 1 Rn. 68; Stau­din­ger/Oechs­ler, a. a. O., § 1 Prod­HaftG Rn. 111 ff.; Ta­sch­ner/Frietsch, a. a. O., § 1 Prod­HaftG Rn. 106; vgl. zur de­lik­ti­schen Pro­dukt­haf­tung: Se­nat, Urt. v. 25.10.1988 – VI ZR 344/87, BGHZ 105, 346, 354; OLG Ham­burg, Urt. 19.05.1983 – 6 U 55/81, VersR 1984, 793; Stau­din­ger/J. Ha­ger, a. a. O., § 823 Rn. F 19; Spind­ler, in: Bam­ber­ger/Roth, a. a. O., § 823 Rn. 493; Wieck­horst, Recht und Öko­no­mie des Pro­dukt­haf­tungs­ge­set­zes, 1994, S. 117; Kull­mann, NZV 2002, 1, 4). Da­bei ist un­ter po­ten­zi­el­ler Ge­fähr­lich­keit des Pro­dukts nicht der kon­kre­te Feh­ler des scha­dens­stif­ten­den Pro­dukts, son­dern das zu­grun­de lie­gen­de all­ge­mei­ne, mit der ge­wähl­ten Kon­zep­ti­on ver­bun­de­ne Feh­ler­ri­si­ko zu ver­ste­hen (vgl. Se­nat, Urt. v. 09.05.1995 – VI ZR 158/94, BGHZ 129, 353, 359; Stau­din­ger/Oechs­ler, a. a. O., § 1 Prod­HaftG Rn. 120; Fo­ers­te, JZ 1995, 1063). Für die Er­kenn­bar­keit maß­geb­lich ist das ob­jek­tiv zu­gäng­li­che Ge­fah­ren­wis­sen; auf die sub­jek­ti­ven Er­kennt­nis­mög­lich­kei­ten des ein­zel­nen Her­stel­lers kommt es nicht an (vgl. zum Prod­HaftG: BT-Drs. 11/2447, S. 15; EuGH, Urt. 29.05.1997 – C-300/95, Slg. 1997, I?2649, 2670 – Kom­mis­si­on/Ver­ei­nig­tes Kö­nig­reich; MünchKomm-BGB/Wag­ner, a. a. O., Einl. Prod­HaftG Rn. 15, § 1 Prod­HaftG Rn. 53; Stau­din­ger/Oechs­ler, a. a. O., § 1 Prod-HaftG Rn. 126 f.; Kull­mann, a. a. O., § 1 Rn. 67; Ta­sch­ner/Frietsch, a. a. O., § 1 Prod­HaftG Rn. 104; zur de­lik­ti­schen Pro­dukt­haf­tung: Kull­mann/Pfis­ter, a. a. O, Kenn­zahl 1520, S. 15; MünchKomm-BGB/Wag­ner, a. a. O., Einl. Prod­HaftG Rn. 15; Graf von West­pha­len, Pro­dukt­haf­tungs­hand­buch II, 2. Aufl., § 72 Rn. 80). Der im Rah­men der de­lik­ti­schen Pro­dukt­haf­tung re­le­van­te Maß­stab für die ob­jek­tiv zu be­stim­men­de Er­kenn­bar­keit des Feh­lers und da­mit für die ob­jek­ti­ve Pflicht­wid­rig­keit un­ter­schei­det sich in­so­weit nicht vom Maß­stab des § 1  Nr. 5 Prod­HaftG (vgl. Kull­mann, a. a. O., § 1 Rn. 69; Stau­din­ger/Oechs­ler, a. a. O., Einl. Prod­HaftG Rn. 33, 41, § 1 Prod­HaftG Rn. 122, 125; MünchKomm-BGB/Wag­ner, a. a. O., Einl. Prod­HaftG Rn. 15; Graf von West­pha­len, a. a. O., § 72 Rn. 80; Kötz, a. a. O., S. 109, 113 ff.; vgl. auch BT-Drs. 11/2447, S. 15; Buch­ner, DB 1988, 32, 33).

[29]   Die Be­weis­last für den Ent­wick­lungs­feh­ler trägt so­wohl im Rah­men der de­lik­ti­schen Haf­tung we­gen Ver­let­zung der In­struk­ti­ons­pflicht bei In­ver­kehr­ga­be des Pro­dukts als auch im Rah­men des Pro­dukt­haf­tungs­ge­set­zes der Her­stel­ler (vgl. zum Prod­HaftG: § 1 II Nr. 5 und IV 2 Prod­HaftG so­wie Stau­din­ger/Oechs­ler, a. a. O., § 1 Prod­HaftG Rn. 170; vgl. zur de­lik­ti­schen Haf­tung: Se­nat, Urt. v. 26.11.1968 – VI ZR 212/66, BGHZ 51, 91, 105 f.; Urt. v. 12.11.1991 – VI ZR 7/91, BGHZ 116, 60, 72 f.; Urt. v. 11.06.1996 – VI ZR 202/95, VersR 1996, 1116, 1117; Urt. v. 18.05.1999 – VI ZR 192/98, VersR 1999, 890, 891; BGH, Urt. v. 24.11.1976 – VI­II ZR 137/75, BGHZ 67, 359, 362; Stau­din­ger/J. Ha­ger, a. a. O., § 823 Rn. F 44; MünchKomm-BGB/Wag­ner, a. a. ?O., § 823 Rn. 662).

[30]   (2) Die­se Grund­sät­ze hat das Be­ru­fungs­ge­richt bei der Prü­fung, ob sich im Streit­fall ein Ent­wick­lungs­feh­ler rea­li­siert hat, nicht be­ach­tet. Es hat sich auf­grund der Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen da­von über­zeugt, dass die Be­klag­te erst nach In­ver­kehr­brin­gen des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs Kennt­nis von der Mög­lich­keit der Fehl­aus­lö­sung von Sei­ten­air­bags mit elek­tro­ni­schen Sen­so­ren in die­sem Fahr­zeug er­langt hat. Denn erst am 03.08.2000 sei ihr der – Hin­wei­se auf Fehl­aus­lö­sun­gen von Sei­ten­air­bags ent­hal­ten­de – For­schungs­be­richt der Bun­des­an­stalt für Stra­ßen­we­sen zu­gäng­lich ge­macht wor­den. Da­bei hat das Be­ru­fungs­ge­richt, wie die Re­vi­si­on mit Er­folg gel­tend macht, ver­kannt, dass es nicht auf die sub­jek­ti­ven Er­kennt­nis­mög­lich­kei­ten des ein­zel­nen Her­stel­lers, son­dern dar­auf an­kommt, ob die Er­kennt­nis­se ob­jek­tiv zu­gäng­lich wa­ren, und dem­entspre­chend kei­ne Fest­stel­lun­gen zu der maß­geb­li­chen Fra­ge ge­trof­fen, ob im Zeit­punkt der In­ver­kehr­ga­be des Un­fall­fahr­zeugs Er­kennt­nis­se über mög­li­che Fehl­aus­lö­sun­gen von Sei­ten­air­bags mit elek­tro­ni­schen Sen­so­ren ob­jek­tiv ver­füg­bar wa­ren (vgl. in die­sem Zu­sam­men­hang auch BGH, Urt. v. 30.04.2009 – Xa ZR 56/05, GRUR 2009, 743 – Air­bag-Aus­lö­se­steue­rung).

[31]   Das Be­ru­fungs­ge­richt hat dar­über hin­aus ver­kannt, dass es im Rah­men der Fest­stel­lung ei­nes Ent­wick­lungs­feh­lers nicht auf die Er­kenn­bar­keit des kon­kre­ten Feh­lers des scha­dens­stif­ten­den Er­zeug­nis­ses, son­dern auf die Er­kenn­bar­keit der po­ten­zi­el­len Ge­fähr­lich­keit des Pro­dukts, das heißt des mit der ge­wähl­ten Kon­zep­ti­on all­ge­mein ver­bun­de­nen Feh­ler­ri­si­kos an­kommt. Das zu­grun­de lie­gen­de all­ge­mei­ne Feh­ler­ri­si­ko war der Be­klag­ten nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts aber be­kannt. Da­nach wuss­te sie im Zeit­punkt der In­ver­kehr­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs von der Ge­fahr, dass es in von ihr pro­du­zier­ten und mit Air­bags mit elek­tro­ni­schen Sen­so­ren aus­ge­stat­te­ten Li­mou­si­nen der 3er-Rei­he zu Fehl­aus­lö­sun­gen der Sei­ten­air­bags kom­men könn­te. Denn sie hat­te im Mai 1999 das mit dem Air­bag-Mehr­fach-Rück­hal­te­sys­tem MRS 2 mit elek­tro­ni­schen Sen­so­ren aus­ge­stat­te­te Vor­gän­ger­mo­dell des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs zu­rück­ge­ru­fen, um durch Ein­bau ei­ner ge­än­der­ten Steu­er­ge­rä­te-Soft­ware Fehl­aus­lö­sun­gen von Sei­ten­air­bags zu ver­hin­dern. Nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts war ihr le­dig­lich nicht be­wusst, dass sie die Ge­fahr von Fehl­aus­lö­sun­gen auch durch Ein­bau des wei­ter­ent­wi­ckel­ten Air­bag­sys­tems mit ge­än­der­ter Steu­er­ge­rä­te-Soft­ware (Mehr­fach-Rück­hal­te­sys­tem MRS 3) nicht be­sei­tigt hat­te, sie al­so trotz al­ler tech­ni­schen Be­mü­hun­gen noch kei­ne Pro­blem­lö­sung zur Ver­mei­dung der be­kann­ten Ge­fahr ge­fun­den hat­te. Die un­zu­tref­fen­de An­nah­me des Her­stel­lers, ei­ne be­kann­te Ge­fahr durch kon­struk­ti­ve Ver­bes­se­run­gen des be­ste­hen­den Sys­tems be­ho­ben zu ha­ben, reicht aber nicht aus, um ei­nen Ent­wick­lungs­feh­ler an­zu­neh­men, für den der Her­stel­ler nicht ein­zu­ste­hen hat.

[32]   III. Das Be­ru­fungs­ur­teil ist des­halb auf­zu­he­ben und die Sa­che zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen, da­mit die­ses die noch er­for­der­li­chen Fest­stel­lun­gen tref­fen kann (§§ 562 I, 563 I 1 ZPO). Für das wei­te­re Ver­fah­ren weist der Se­nat auf Fol­gen­des hin:

[33]   1. Soll­te es für die neue Ent­schei­dung auf den Ur­sa­chen­zu­sam­men­hang zwi­schen ei­ner et­wai­gen Ver­let­zung von In­struk­ti­ons­pflich­ten und der Fehl­aus­lö­sung der Air­bags an­kom­men, wird das Be­ru­fungs­ge­richt zu be­ach­ten ha­ben, dass der Ge­schä­dig­te zwar grund­sätz­lich die Be­weis­last da­für trägt, dass der ein­ge­tre­te­ne Scha­den durch ei­ne aus­rei­chen­de War­nung vor dem Ri­si­ko ver­mie­den wor­den wä­re. Doch kann, wenn nicht kon­kre­te Um­stän­de des Fal­les für das Ge­gen­teil spre­chen, ei­ne tat­säch­li­che Ver­mu­tung da­für be­ste­hen, dass ein deut­li­cher und plau­si­bler Hin­weis auf das be­ste­hen­de Ri­si­ko von dem Adres­sa­ten der War­nung be­ach­tet wor­den wä­re (vgl. Se­nat, Urt. v. 12.11.1991 – VI ZR 7/91, BGHZ 116, 60, 73; Urt. v. 07.12.1993 – VI ZR 74/93, VersR 1994, 319, 322; Urt. v. 02.03.1999 – VI ZR 175/98, VersR 1999, 888, 889; OLG Karls­ru­he, Urt. v. 27.03.1996 – 7 U 61/94, VersR 1998, 63, 64 f.).

[34]   2. Soll­te es im wei­te­ren Ver­fah­ren auf et­wai­ge de­lik­ti­sche Pflich­ten der Be­klag­ten zur Re­ak­ti­on auf nach In­ver­kehr­ga­be des be­trof­fe­nen Fahr­zeugs er­kenn­bar ge­wor­de­ne Ge­fah­ren des be­trof­fe­nen Air­bag­sys­tems an­kom­men, wird das Be­ru­fungs­ge­richt zu be­ach­ten ha­ben, dass In­halt und Um­fang der Re­ak­ti­ons­pflich­ten des Her­stel­lers nicht da­von ab­hän­gen, ob sich ein Ent­wick­lungs­feh­ler ver­wirk­licht hat oder nicht (vgl. Se­nat, Urt. v. 16.12.2008 – VI ZR 170/07, VersR 2009, 272 f. m. w. Nachw.). Maß­geb­lich ist in­so­weit viel­mehr, wel­che Maß­nah­men er­for­der­lich sind, um durch § 823 I BGB ge­schütz­te Rechts­gü­ter ef­fek­tiv vor Pro­dukt­ge­fah­ren zu be­wah­ren (Se­nat, Urt. v. 16.12.2008 – VI ZR 170/07, VersR 2009, 272 f.).

PDF er­stel­len