Berechtigt ein Kfz-Kaufvertrag den Käufer, den Kaufpreis in Raten zu zahlen (Abzahlungskauf), und behält sich der Verkäufer das Eigentum an dem Fahrzeug bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung vor, so stellt es keinen Rechtsmangel i. S. des § 435 BGB dar, dass das Fahrzeug bei Abschluss des Kaufvertrags oder bei der Übergabe an den Käufer nicht im Eigentum des Verkäufers steht.
OLG Brandenburg, Urteil vom 16.10.2007 – 11 U 86/07
Sachverhalt: Der Kläger nimmt den Beklagten auf Rückzahlung von Zahlungen in Anspruch, die er auf den Kaufpreis für einen Lkw geleistet hat. Das Landgericht hat der auf Zahlung von 7.240,47 € nebst Zinsen gerichtete Klage in Höhe von 3.862,07 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Zwischen den Parteien sei ein wirksamer Kaufvertrag über den Lkw zustande gekommen; der Beklagte sei zur Übereignung des Fahrzeugs an den Kläger jedoch erst nach vollständiger Zahlung des Kaufpreises verpflichtet gewesen. Es stelle deshalb keinen Rechtsmangel dar, dass der Beklagte nicht Eigentümer des Lkw gewesen sei, als er diesen dem Kläger übergeben habe.
Der Kläger habe seine auf den Abschluss des Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung auch nicht wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten. Es fehle schon an einem hinreichenden Vortrag, über welche Tatsachen der Beklagte den Kläger getäuscht haben soll.
Da der Beklagte den Lkw weiterveräußert habe, sei allerdings der Rechtsgrund für die Kaufpreiszahlungen entfallen. Insoweit hat das Landgericht nur die – unstreitige – Anzahlung von 5.000 € als i. S. des § 812 I BGB erlangt angesehen. Die weiteren vom Kläger behaupteten Zahlungen in Höhe von 1.850 € (entsprechend den Notizen des Klägers auf dem Kaufbeleg vom 22.12,2004) hat das Landgericht nicht für erwiesen erachtet. Es fehle insoweit an hinreichendem Vorbringen des Klägers. Auch seien die Notizen des Beklagten nicht aussagekräftig, zumal Beträge und Daten nicht mit den Aufzeichnungen des Klägers übereinstimmten.
Von den herauszugebenden 5.000 € – so das Landgericht – sei lediglich ein Nutzungsvorteil in Höhe von 1.137,93 € abzuziehen; weitere berücksichtigungsfähige Aufwendungen seien nicht erkennbar.
Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, mit denen sie ihre erstinstanzlichen Anträge in vollem Umfang weiterverfolgen. Das Rechtsmittel des Klägers hatte teilweise Erfolg, während dasjenige des Beklagten erfolglos war.
Aus den Gründen: II. … 1. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass zwischen den Parteien ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen ist, wobei der Beklagte zur Übereignung des Fahrzeugs erst nach vollständiger Bezahlung des Kaufpreises verpflichtet sein sollte.
Auch nach dem Vorbringen des Beklagten ist ein dahin gehender Vertrag zustande gekommen. Da der Beklagte eingesteht, dass der Kläger mit Zahlung der gesamten Summe, die der Beklagte seinerseits finanziert hat, das Eigentum an dem Fahrzeug erhalten sollte, kommt dem Bestreiten des Kaufvertragsabschlusses keine Bedeutung zu.
2. Wie das Landgericht weiter mit Recht ausführt, liegt in dem fehlenden Eigentum des Beklagten zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses kein Rechtsmangel; auch eine hierauf gestützte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung scheidet aus. Die Parteien haben sich in der Berufungsinstanz auch nicht mehr hierauf bezogen.
3. Schließlich geht das Landgericht zutreffend davon aus, dass dem Beklagten die Erfüllung des Kaufvertrages dadurch unmöglich geworden ist, dass er das Kfz wirksam an einen Dritten übereignet hat.
4. Rechtsfolge dieser Unmöglichkeit ist gemäß § 275 I BGB zunächst, dass die Verpflichtung des Beklagten zur Übereignung des Kfz entfällt. Im Gegensatz zu der Auffassung des Landgerichts richtet sich Berechtigung des Beklagten, den gezahlten Kaufpreisteil zu behalten und gegebenenfalls den Restkaufpreis fordern zu dürfen, nicht nach Bereicherungsrecht, sondern nach der Vorschrift des § 326 BGB.
Nach § 326 I BGB entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung, den ausstehenden Kaufpreis. Das bereits Geleistete kann dann gemäß § 326 IV nach Rücktrittsrecht zurückgefordert werden. Dies würde im Streitfall gemäß § 326 II BGB dann nicht gelten, wenn der Kläger den Eintritt der Unmöglichkeit ganz oder weit überwiegend vertreten müsste. Das ist aber nicht der Fall; insbesondere ist der Beklagte vor Eintritt der Unmöglichkeit nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten.
Eine Rücktrittserklärung kann zwar konkludent in dem Verhalten des Beklagten erblickt werden, hat er doch durch die rechtswidrige Veranlassung der Beschlagnahme und den Verkauf des Kfz zum Ausdruck gebracht, den Kaufvertrag nicht erfüllen zu wollen. Doch ist ein Rücktrittsgrund gemäß § 323 I BGB, der hier allein in Betracht kommt, nicht gegeben.
Es fehlt, auch nach dem Vorbringen des Beklagten, an der notwendigen Fristsetzung. Weder in dem Schreiben vom 23.05.2006 noch in demjenigen vom 06.06.2006 ist eine solche Fristsetzung zur Leistung enthalten. Die geäußerte Bitte an den Kläger, sich bis zum 08.06.2006 in schriftlicher Form über die Vorgehensweise zu äußern, ersetzt eine Fristsetzung zur Leistung (Zahlung) nicht.
Die Voraussetzungen des § 323 II BGB, unter denen ausnahmsweise eine Fristsetzung entbehrlich sind, werden vom Beklagten nicht geltend gemacht.
5. Der Kläger kann sonach dasjenige, was er zur Erfüllung des Vertrages an den Beklagten geleistet hat, vom Beklagten herausverlangen (§§ 326 IV, 346 I BGB).
Neben der unstreitig geleisteten Anzahlung von 5.000 € hat der Beklagte zur Überzeugung des Gerichts auf den Kaufpreis im Jahre 2005 weitere 1.850 € und im Jahre 2006 weitere 900 € vom Kläger erhalten. Der Kläger hat die Zahlung dieser Beträge schon in der Klageschrift im Einzelnen dargelegt, auch wenn nähere Umstände über die Zahlungsart nicht mitgeteilt worden sind. Die Beträge decken sich mit den Aufzeichnungen, die der Beklagte eingestandenermaßen selbst gefertigt hat. Die Spalte dieser Aufzeichnungen links oben enthält schon dem äußeren Bild nach erhaltene Zahlungen. Dies wird insbesondere nach Vorlage des Originals im Termin deutlich; ganz oben links (in der Kopie nicht zu ersehen) ist die Anzahlung von 5.000 € enthalten. Zudem sind die vom Kläger an den Beklagten unstreitig gezahlten Steuern ohne Differenzierung in diese Aufstellung übernommen worden.
Der starken indiziellen Beweiskraft der vom Beklagten notierten Zahlen steht nicht entgegen, dass die Beträge mit den in der Klageschrift genannten Einzelbeträgen nicht in vollem Umfang übereinstimmen. Die Diskrepanz ist zu vernachlässigen, betrifft sie doch nur den genannten Betrag von 400 € in der Aufstellung des Beklagten, die in derjenigen des Klägers auf zwei Beträge (300 € und 100 €) aufgeteilt ist.
Wenn der Beklagte geltend macht, die Spalte oben links in der Aufstellung enthalte keine Zahlungen – was nach dem Ausgeführten teilweise schon nicht stimmt –, so hätte er näher darlegen müssen, was die Aufstellung denn dann beinhalten sollte. Die Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 05.10.2007, dass es sich um die Aufstellung derjenigen Beträge handelt, die nach Auffassung des Beklagten vom Kläger hätten bezahlt werden müssen (und nicht gezahlt worden sind), ist unplausibel und findet deshalb nicht den Glauben des Gerichts. So hat der Beklagte nicht erklären können, auf welche Weise er die Beträge je Monat ermittelt hat. …
Auch ohne das Vorliegen weiterer Beweismittel gelangt das Gericht deshalb zu der Überzeugung, dass die vom Kläger behaupteten Zahlungen auch tatsächlich geflossen sind.
Der Beklagte schuldet mithin zunächst den Betrag von 7.750 €.
6. Der Kläger hat seinerseits die gezogenen Nutzungen, die der Höhe nach mit 1.137,93 € unstreitig sind, an den Beklagten gemäß § 346 I, II 1 Nr. 1 BGB herauszugeben.
7. Grundsätzlich hätte der Kläger einen weiteren Anspruch auf Ersatz der notwendigen Verwendungen aus § 347 II BGB. Hierzu würden auch gezahlte Steuern und die Aufwendungen für die Reparatur gehören.
Eine Ersatzpflicht scheidet hier indes aus, weil der Berechnung der gezogenen Nutzungen nach der Darstellung in der Klageschrift lediglich die Restlebensdauer des Kfz zugrunde gelegt worden ist. Zu den wirtschaftlich vom Kläger als Nutzer selbst zu tragenden Kosten gehören neben der kalkulatorischen Abschreibung des Erwerbspreises auch die gewöhnlichen Erhaltungsaufwendungen (wie die hier erfolgte verschleißbedingte Reparatur) sowie die Kfz-Steuer. Dies entspricht auch dem Willen der Parteien; sie musste der Kläger nach den vertraglichen Vereinbarungen im Innenverhältnis ohnehin allein tragen (vgl. hierzu Palandt/Grüneberg, BGB, 65. Aufl. [2006], § 347 Rn. 4).
Dieses gilt allerdings nicht für die Kfz-Steuer, soweit sie auf den Zeitraum ab dem 23.07.2007 entfällt, mithin in Höhe von 154 €, da dem Kläger seit dem Entzug des Kfz keine Nutzungen mehr möglich waren. Der Beklagte hatte nach der Beschlagnahme des Kfz ohnehin die Möglichkeit, das Auto abzumelden und sich die Steuer für das Restjahr erstatten zu lassen.
8. Weitere Abzüge wegen der Verschlechterung des Fahrzeugs oder weiterer Aufwendungen sind vom Beklagten nicht hinreichend dargetan; insoweit greift der Beklagte die erstinstanzliche Entscheidung nicht tauglich an; die Berufungsbegründung setzt sich nicht mit den diesbezüglichen Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung auseinander.
9. Der Anspruch des Klägers berechnet sich demgemäß wie folgt:
Geleistete Zahlungen auf den Kaufpreis | 7.750,00 € | |
Anteilige Erstattung der Kfz-Steuer für 2006 | 154,00 € | |
Nutzungsersatz | − | 1.137,93 € |
Verbleibender Anspruch | 6.766,07 € |
…