1. Zur Hand­schen­kung durch blo­ße Ei­ni­gung nach § 929 Satz 2 BGB.D
  2. Der Ei­gen­tums­über­gang durch Ei­ni­gung be­darf über die Ei­ni­gung hin­aus kei­ner wei­te­ren Mo­men­te.

BGH, Ur­teil vom 19.06.2007 – X ZR 5/07

Sach­ver­halt: Der Klä­ger ist der Sohn des im Lauf des vor­lie­gen­den Rechts­streits ver­stor­be­nen frü­he­ren Be­klag­ten, des­sen Al­lein­er­bin die jet­zi­ge Be­klag­te ist. Die­se hat das Ver­fah­ren auf­ge­nom­men.

Der frü­he­re Be­klag­te er­warb im Jahr 2001 ei­nen Pkw Nis­san, wo­bei er den Kauf­preis über ei­nen Kre­dit fi­nan­zier­te. Das Fahr­zeug über­ließ der frü­he­re Be­klag­te auf­grund ei­ner Nut­zungs­ver­ein­ba­rung dem Klä­ger, der die lau­fen­den Kos­ten zu tra­gen hat­te, dem aber die Ver­äu­ße­rung des Pkw nicht ge­stat­tet war. Der Klä­ger ließ das Fahr­zeug ver­ab­re­dungs­ge­mäß auf sei­nen Na­men zu. Nach Til­gung des Kre­dits über­sand­te das fi­nan­zie­ren­de Kre­dit­in­sti­tut den Fahr­zeug­brief an den frü­he­ren Be­klag­ten.

Der Klä­ger hat mit der Be­haup­tung, der frü­he­re Be­klag­te ha­be schon drei Mo­na­te nach dem Er­werb des Fahr­zeugs er­klärt, es dem Klä­ger zu schen­ken, die Her­aus­ga­be des Fahr­zeug­briefs be­gehrt. Der frü­he­re Be­klag­te hat die Schen­kung be­strit­ten. Das Amts­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen, weil die Form­vor­schrif­ten für ei­ne Schen­kung nicht ein­ge­hal­ten und der Form­m­an­gel nicht ge­heilt sei­en. Die Be­ru­fung des Klä­gers ist er­folg­los ge­blie­ben; auf sei­ne Re­vi­si­on wur­de das Be­ru­fungs­ur­teil auf­ge­ho­ben und die Sa­che an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­ver­wie­sen.

Aus den Grün­den: [4]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat aus­ge­führt, un­strei­tig sei das Fahr­zeug an das fi­nan­zie­ren­de Kre­dit­in­sti­tut si­che­rungs­über­eig­net ge­we­sen. Die­ses ha­be auf sei­ne Rech­te aus der Si­che­rungs­über­eig­nung erst nach voll­stän­di­ger Ra­ten­zah­lung und Über­sen­dung des Fahr­zeug­briefs an den frü­he­ren Be­klag­ten ver­zich­tet. Zum Zeit­punkt der strei­ti­gen Äu­ße­rung sei der frü­he­re Be­klag­te noch nicht Ei­gen­tü­mer des Fahr­zeugs ge­we­sen und ha­be die­ses nicht auf den Klä­ger über­tra­gen kön­nen. Der frü­he­re Be­klag­te ha­be auch sein Ei­gen­tums­an­wart­schafts­recht nicht über­tra­gen, denn zu des­sen Über­tra­gung sei ein ding­li­cher Über­tra­gungs­akt er­for­der­lich, der bei­spiels­wei­se in der Über­nah­me der Kre­dit­ra­ten durch den Klä­ger oder in der Be­stim­mung des Klä­gers als Adres­sat der Her­aus­ga­be des Fahr­zeug­briefs ha­be lie­gen kön­nen; Der­ar­ti­ges sei aber auch nach dem Vor­trag des Klä­gers nicht er­folgt. Das in der be­haup­te­ten Äu­ße­rung des frü­he­ren Be­klag­ten lie­gen­de form­lo­se Schen­kungs­ver­spre­chen sei we­gen Ver­let­zung von § 518 I BGB un­wirk­sam. Der Form­m­an­gel sei auch nicht durch Voll­zug der Schen­kung ge­heilt wor­den. Ein sol­cher sei im Fall ei­nes erst in der Zu­kunft lie­gen­den Voll­rechts­er­werbs des Be­schenk­ten nur an­zu­neh­men, wenn der Schen­ker be­reits al­les ge­tan ha­be, was für den spä­te­ren Voll­rechts­er­werb er­for­der­lich sei; dar­an ha­be es aber ge­fehlt, weil die wei­te­re Til­gung der Kre­dit­ra­ten noch vom Wil­len des frü­he­ren Be­klag­ten ab­ge­han­gen ha­be.

[5]    II. Der Klä­ger macht gel­tend, das Be­ru­fungs­ge­richt ha­be es un­ter­las­sen zu prü­fen, ob der frü­he­re Be­klag­te dem Klä­ger das An­wart­schafts­recht schenk­wei­se über­las­sen ha­be. Dies ha­be da­durch ge­sche­hen kön­nen, dass sich der Klä­ger und der frü­he­re Be­klag­te dar­über ei­nig ge­we­sen sei­en, dass der Klä­ger das Fahr­zeug nicht mehr für den frü­he­ren Be­klag­ten, son­dern für das fi­nan­zie­ren­de Kre­dit­in­sti­tut ha­be be­sit­zen sol­len. Die Über­nah­me der Kre­dit­ra­ten durch den Klä­ger hät­te ei­ner Schen­kung ent­ge­gen­ge­stan­den, da die Über­eig­nung in die­sem Fall nicht un­ent­gelt­lich er­folgt wä­re, und der Über­tra­gung des Her­aus­ga­be­an­spruchs hin­sicht­lich des Fahr­zeug­briefs ha­be es we­gen § 952 BGB nicht be­durft.

[6]    III. Den An­grif­fen der Re­vi­si­on kann der Er­folg nicht ver­sagt blei­ben.

[7]    1. Dem Klä­ger, der un­strei­tig im Be­sitz des Fahr­zeugs ist, steht der gel­tend ge­mach­te An­spruch auf Her­aus­ga­be des Fahr­zeug­briefs zu, wenn er Ei­gen­tü­mer des Fahr­zeugs ge­wor­den ist (§ 952 II BGB in zu­min­dest ent­spre­chen­der An­wen­dung; vgl. BGH, Urt. v. 21.12.1960 – VI­II ZR 89/59, BGHZ 34, 122, 134; Urt. v. 15.06.1983 – VI­II ZR 131/82, BGHZ 88, 11, 13; MünchKomm-BGB/Fül­ler, 4. Aufl. [2004], § 952 Rn. 9; Anw­Komm-BGB/von Pleh­we, 2004, § 952 Rn. 3). Ob dies der Fall ist, be­ur­teilt sich nach sa­chen­recht­li­chen Grund­sät­zen, auch nach § 929 Satz 2 BGB. Un­strei­tig war zum Zeit­punkt der be­haup­te­ten Er­klä­rung des frü­he­ren Be­klag­ten das fi­nan­zie­ren­de Kre­dit­in­sti­tut noch Vor­be­halts­ei­gen­tü­mer des Fahr­zeugs; dem frü­he­ren Be­klag­ten stand le­dig­lich ein Ei­gen­tums­an­wart­schafts­recht zu. Die­ses konn­te der frü­he­re Be­klag­te je­doch nach den Re­geln der §§ 929 ff. BGB auf den Klä­ger über­tra­gen, und so­mit auch durch blo­ße Ei­ni­gung nach § 929 Satz 2 BGB, nach­dem sich das Fahr­zeug be­reits im Al­lein­be­sitz des Klä­gers be­fand (vgl. MünchKomm-BGB/Quack, 4. Aufl. [2004], § 929 Rn. 156; Anw­Komm-BGB/Schil­ken, 2004, § 929 Rn. 64). Die Ei­ni­gung hat­te sich le­dig­lich auf den Ei­gen­tums­über­gang des Fahr­zeugs an den Klä­ger zu be­zie­hen und be­durf­te in­fol­ge des sa­chen­recht­li­chen Ty­pen­zwangs auch kei­ner wei­te­ren Mo­men­te, wie dies das Be­ru­fungs­ge­richt irr­tüm­lich an­ge­nom­men hat (vgl. MünchKomm-BGB/Quack, a. a. O., § 929 Rn. 71, 73). Im Fall ei­ner Ei­ni­gung nach § 929 Satz 2 BGB war die Schen­kung zu­gleich (als „Hand­schen­kung“) i. S. des § 516 I be­wirkt (vgl. BGH, Urt. v. 11.06.1960 – V ZR 200/58, MDR 1960, 1004).

[8]    2. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat – von sei­nem Stand­punkt aus fol­ge­rich­tig – nicht ge­klärt, ob der Be­klag­te, wie vom Klä­ger be­haup­tet, rund drei Mo­na­te nach dem Er­werb des Fahr­zeugs er­klärt hat, die­ses dem Klä­ger zu schen­ken. Es wird die­ser un­ter Zeu­gen­be­weis ge­stell­ten Be­haup­tung nun­mehr nach­zu­ge­hen ha­ben, wenn es nicht aus an­de­ren Grün­den zu dem Er­geb­nis ge­lan­gen soll­te, dass ei­ne ding­li­che Ei­ni­gung gleich­wohl nicht er­folgt ist. Hier­für spricht al­ler­dings nach dem fest­ge­stell­ten Sach­ver­halt und dem im Be­ru­fungs­ur­teil wie­der­ge­ge­be­nen Par­tei­vor­trag der­zeit nichts. Da­bei ist auch zu be­rück­sich­ti-gen, dass aus der Er­klä­rung, et­was zu „schen­ken“, nicht oh­ne Wei­te­res dar­auf ge­schlos­sen wer­den kann, dass die Be­tei­lig­ten nur die schuld­recht­li­che Sei­te des Ge­schäfts im Au­ge hat­ten; denn die Kennt­nis des Abs­trak­ti­ons­prin­zips kann bei recht­lich nicht ge­schul­ten Par­tei­en nicht in je­dem Fall vor­aus­ge­setzt wer­den. Die von der Re­vi­si­on an­ge­führ­ten Ge­sichts­punk­te sind zu­dem ten­den­zi­ell eher ge­eig­net, die Auf­fas­sung des Klä­gers zu stüt­zen.

PDF er­stel­len