Die Klau­sel „An­sprü­che auf Män­gel­be­sei­ti­gung kann der Käu­fer beim Ver­käu­fer oder bei an­de­ren vom Her­stel­ler/Im­por­teur für die Be­treu­ung des Kauf­ge­gen­stan­des an­er­kann­ten Be­trie­ben gel­tend ma­chen; im letz­te­ren Fall hat der Käu­fer den Ver­käu­fer hier­von zu un­ter­rich­ten“ (Nr. VII 2a NWVB) ist we­gen Mehr­deu­tig­keit nicht da­hin aus­zu­le­gen, dass die Un­ter­rich­tung des Ver­käu­fers über die Gel­tend­ma­chung von An­sprü­chen des Käu­fers auf Män­gel­be­sei­ti­gung bei an­de­ren vom Her­stel­ler/Im­por­teur für die Be­treu­ung des Kauf­ge­gen­stan­des an­er­kann­ten Be­trie­ben zu er­fol­gen hat, be­vor die Nach­bes­se­rung durch wie­der­hol­te er­folg­lo­se Män­gel­be­sei­ti­gungs­ver­su­che der­ar­ti­ger Be­trie­be fehl­ge­schla­gen ist.

BGH, Ur­teil vom 15.11.2006 – VI­II ZR 166/06

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin er­warb am 23.08.2003 von der in M. ge­schäfts­an­säs­si­gen Be­klag­ten ei­nen Neu­wa­gen C zum Preis von 15.800 €. Die dem Ver­trag zu­grun­de lie­gen­den „All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen für den Ver­kauf von fa­brik­neu­en Kraft­fahr­zeu­gen und An­hän­gern, Stand April 2003“ (NWVB) be­stim­men un­ter an­de­rem:

„VII. Sach­man­gel …

2. Für die Ab­wick­lung ei­ner Män­gel­be­sei­ti­gung gilt fol­gen­des: An­sprü­che auf Män­gel­be­sei­ti­gung kann der Käu­fer beim Ver­käu­fer oder bei an­de­ren, vom Her­stel­ler/Im­por­teur für die Be­treu­ung des Kauf­ge­gen­stan­des an­er­kann­ten Be­trie­ben gel­tend ma­chen; im letz­te­ren Fall hat der Käu­fer den Ver­käu­fer hier­von zu un­ter­rich­ten.“

Bis En­de Au­gust 2004 führ­te die Klä­ge­rin das Fahr­zeug ins­ge­samt fünf­mal bei zwei ver­schie­de­nen C-Fach­be­trie­ben in S. vor und be­män­gel­te un­ter an­de­rem, dass Was­ser in das Fahr­zeu­gin­ne­re und in den Kof­fer­raum ein­drin­ge. Im Fe­bru­ar 2005 un­ter­rich­te­te die Klä­ge­rin die Be­klag­te über die nach ih­rer Dar­stel­lung er­folg­lo­sen Ver­su­che, die Un­dich­tig­kei­ten des Fahr­zeugs zu be­sei­ti­gen. Die Be­klag­te bot der Klä­ge­rin dar­auf­hin an, das Fahr­zeug zwecks Über­prü­fung und Be­he­bung des Man­gels in ih­rer Werk­statt bei der Klä­ge­rin ab­zu­ho­len und ihr ein Leih­fahr­zeug zur Ver­fü­gung zu stel­len. Die Klä­ge­rin ging dar­auf nicht ein, son­dern er­klär­te mit Schrei­ben vom 07.03.2005 den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Die Be­klag­te lehn­te die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags ab.

Mit der Kla­ge be­gehrt die Klä­ge­rin Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs die Zah­lung von 15.209,80 € (zu­sam­men­ge­setzt aus dem Kauf­preis von 15.800 €, 75 € An- und Ab­mel­de­kos­ten und 30 € Un­kos­ten­pau­scha­le ab­züg­lich ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung von 695,20 €) nebst Ver­zugs­zin­sen und die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs. Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen, das Ober­lan­des­ge­richt hat die Be­ru­fung zu­rück­ge­wie­sen. Die Re­vi­si­on der Klä­ge­rin hat­te Er­folg und führ­te zur Zu­rück­ver­wei­sung der Sa­che an das Be­ru­fungs­ge­richt.

Aus den Grün­den: [5]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zur Be­grün­dung sei­ner Ent­schei­dung im We­sent­li­chen aus­ge­führt:

[6]    Die Klä­ge­rin sei zum Rück­tritt (noch) nicht be­rech­tigt, weil sie der Be­klag­ten kei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt ha­be. Sie kön­ne sich nicht dar­auf be­ru­fen, dass die Frist­set­zung nach § 440 BGB ent­behr­lich ge­we­sen sei. Zwar sei sie nicht schon des­halb an der Gel­tend­ma­chung von Se­kun­där­an­sprü­chen ge­hin­dert, weil sie nicht der Be­klag­ten selbst Ge­le­gen­heit zur Nach­bes­se­rung ge­ge­ben ha­be, son­dern zwei in S. an­säs­si­ge Ver­trags­händ­ler er­folg­los ei­ne Nach­bes­se­rung ver­sucht hät­ten. Denn die Be­klag­te müs­se sich die Nach­bes­se­rungs­ver­su­che [die­ser] Werk­stät­ten ge­mäß § 278 BGB ent­ge­gen­hal­ten las­sen, weil sie die Klä­ge­rin in Nr. VII 2a ih­rer Ver­trags­be­din­gun­gen von vorn­her­ein er­mäch­tigt ha­be, die Nach­bes­se­rung in ei­ner an­de­ren C-Ver­trags­werk­statt vor­neh­men zu las­sen.

[7]    Trotz mehr­fa­cher ver­geb­li­cher Re­pa­ra­tur­ver­su­che sei die Nach­bes­se­rung nicht i. S. des § 440 Satz 2 BGB fehl­ge­schla­gen, weil sich aus den Um­stän­den et­was an­de­res er­ge­be. Die Klä­ge­rin ha­be die ihr nach Nr. VII 2a der Ge­schäfts­be­din­gun­gen ob­lie­gen­de In­for­ma­ti­ons­pflicht ver­letzt und kön­ne sich des­halb auf die fehl­ge­schla­ge­nen Re­pa­ra­tur­ver­su­che der Dritt­werk­stät­ten nicht be­ru­fen.

[8]    Auch wenn die Klau­sel VII 2a kei­ne aus­drück­li­che Vor­ga­be ent­hal­te, wie und vor al­lem wann der Käu­fer den Ver­käu­fer zu in­for­mie­ren ha­be, müs­se der Käu­fer die In­for­ma­ti­on in zeit­li­chem Zu­sam­men­hang mit der Nach­bes­se­rung und ins­be­son­de­re vor der Vor­nah­me des zwei­ten und letz­ten Nach­bes­se­rungs­ver­suchs er­tei­len. Je­dem ver­stän­di­gen Ver­brau­cher müs­se be­wusst sein, dass er sich im Nor­mal­fall mit Män­gel­rü­gen und Nach­bes­se­rungs­ver­lan­gen an sei­nen Ver­trags­part­ner wen­den müs­se und die in den NWVB ent­hal­te­ne Re­ge­lung ei­ne Aus­nah­me dar­stel­le, die ihm ei­ne Er­wei­te­rung sei­nes Rechts­krei­ses und ei­ne flä­chen­de­cken­de Ser­vice­leis­tung der Ver­trags­händ­ler bie­te. Die Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che und die da­mit ver­bun­de­nen Kos­ten und Ri­si­ken be­trä­fen aus­schließ­lich den Ver­käu­fer und nicht die Dritt­werk­statt. Nur durch ei­ne recht­zei­ti­ge In­for­ma­ti­on wer­de der Zweck der In­for­ma­ti­ons­pflicht ge­wahrt, es dem Ver­käu­fer doch noch zu er­mög­li­chen, die Nach­bes­se­rung selbst durch­zu­füh­ren oder den Dritt­be­trieb da­bei zu un­ter­stüt­zen.

[9]    Die Klä­ge­rin ha­be die so ver­stan­de­ne In­for­ma­ti­ons­pflicht ver­letzt, in­dem sie die Be­klag­te erst kurz vor der Er­klä­rung des Rück­tritts über die er­folg­ten Nach­bes­se­rungs­ver­su­che in Kennt­nis ge­setzt und sie vor voll­ende­te Tat­sa­chen ge­stellt ha­be.

[10]   II. Die­se Be­ur­tei­lung hält der recht­li­chen Nach­prü­fung nicht in al­len Punk­ten stand.

[11]   1. Der Klä­ge­rin kann ein An­spruch aus § 346 I BGB i. V. mit § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 440, 323 BGB auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags vom 23.08.2003 nicht mit der vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­ge­be­nen Be­grün­dung ver­sagt wer­den. Nach dem re­vi­si­ons­recht­lich zu­grun­de zu le­gen­den Sach­ver­halt ist das von der Be­klag­ten ver­kauf­te Fahr­zeug mit ei­nem nicht un­er­heb­li­chen (§ 323 V 2 BGB) Sach­man­gel be­haf­tet, des­sen Be­sei­ti­gung trotz meh­re­rer Nach­bes­se­rungs­ver­su­che miss­lun­gen ist. An­ders als das Be­ru­fungs­ge­richt meint, be­durf­te es ei­ner Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung nicht, weil die der Klä­ge­rin zu­ste­hen­de Art der Nach­er­fül­lung fehl­ge­schla­gen war (§ 440 BGB).

[12]   a) Im Aus­gangs­punkt zu­tref­fend hat das Be­ru­fungs­ge­richt fest­ge­stellt, dass sich die Be­klag­te die Nach­bes­se­rungs­ver­su­che der von der Klä­ge­rin auf­ge­such­ten C-Ver­trags­werk­stät­ten zu­rech­nen las­sen muss, und dass die Klä­ge­rin da­her nicht schon des­halb an der Gel­tend­ma­chung von Se­kun­där­an­sprü­chen ge­hin­dert ist, weil sie der Be­klag­ten zu kei­nem Zeit­punkt Ge­le­gen­heit zur Nach­bes­se­rung in de­ren ei­ge­ner Werk­statt ge­ge­ben hat.

[13]   Die von der Be­klag­ten ver­wen­de­ten Ge­schäfts­be­din­gun­gen räu­men dem Käu­fer in Nr. VII 2a aus­drück­lich das Recht ein, sich für die Ab­wick­lung ei­ner Män­gel­be­sei­ti­gung statt an den Ver­käu­fer an ei­nen vom Her­stel­ler/Im­por­teur für die Be­treu­ung des Kauf­ge­gen­stands an­er­kann­ten Be­trieb zu wen­den. Wie das Be­ru­fungs­ge­richt zu­tref­fend aus­führt, setzt die dem Käu­fer ein­ge­räum­te Be­fug­nis nicht vor­aus, dass er den Ver­käu­fer zu­vor in­for­miert oder gar des­sen Ein­ver­ständ­nis ein­holt; ei­ne der­ar­ti­ge Ein­schrän­kung lässt sich den Ge­schäfts­be­din­gun­gen nicht ent­neh­men. In­fol­ge der vom Ver­käu­fer er­teil­ten Er­mäch­ti­gung wird der vom Käu­fer zur Nach­bes­se­rung ein­ge­schal­te­te Be­trieb als Er­fül­lungs­ge­hil­fe des Ver­käu­fers tä­tig; der Ver­käu­fer muss sich des­halb die von die­ser Werk­statt aus­ge­führ­ten Män­gel­be­sei­ti­gungs­ar­bei­ten und die im Zu­sam­men­hang da­mit ab­ge­ge­be­nen Er­klä­run­gen zu­rech­nen las­sen (Se­nat, Urt. v. 15.05.1985 – VI­II ZR 105/84, WM 1985, 917 = NJW 1985, 2819 [un­ter I 5]; Urt. v. 10.04.1991 – VI­II ZR 131/90, WM 1991, 1221 = NJW 1991, 1882 [un­ter II 3b]).

[14]   b) Die der Klä­ge­rin zu­ste­hen­de Art der Nach­er­fül­lung ist fehl­ge­schla­gen, weil der – be­heb­ba­re – Man­gel nach dem re­vi­si­ons­recht­lich zu­grun­de zu le­gen­den Sach­ver­halt durch die der Be­klag­ten zu­zu­rech­nen­den Re­pa­ra­tur­ver­su­che nicht be­sei­tigt wur­de. Mit der dem Käu­fer zu­ste­hen­den Art der Nach­er­fül­lung ist die vom Käu­fer ge­wähl­te (§ 439 I BGB) und vom Ver­käu­fer nicht zu Recht ver­wei­ger­te (§ 439 III BGB) Art der Nach­er­fül­lung ge­meint (vgl. Be­grün­dung zum Ent­wurf des Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­set­zes, BT-Dr. 14/6040, S. 233).

[15]   Die Nach­er­fül­lung in der Va­ri­an­te Nach­bes­se­rung, für die sich die Klä­ge­rin ent­schie­den hat, gilt ge­mäß § 440 Satz 2 BGB nach dem zwei­ten er­folg­lo­sen Ver­such als fehl­ge­schla­gen, wenn sich nicht aus der Art der Sa­che oder des Man­gels oder aus sons­ti­gen Um­stän­den et­was an­de­res er­gibt. Mehr als zwei Nach­bes­se­rungs­ver­su­che kom­men des­halb et­wa bei be­son­de­rer (tech­ni­scher) Kom­ple­xi­tät der Sa­che, schwer zu be­he­ben­den Män­geln oder un­ge­wöhn­lich wid­ri­gen Um­stän­den bei vor­an­ge­gan­ge­nen Nach­bes­se­rungs­ver­su­chen in Be­tracht (Stau­din­ger/Ma­tu­sche-Beck­mann, BGB, Neu­be­arb. 2004, § 440 Rn. 18; Schmidt, in: Prüt­ting/We­gen/Wein­reich, BGB, 2006, § 440 Rn. 10; MünchKomm-BGB/Wes­ter­mann, 4. Aufl., § 440 Rn. 11; Be­ckOK-BGB/Faust, Stand 01.08.2006, § 440 Rn. 32).

[16]   Der­ar­ti­ge be­son­de­re Um­stän­de hat das Be­ru­fungs­ge­richt nicht fest­ge­stellt. Die Be­klag­te be­ruft sich auch nicht auf be­son­de­re ob­jek­ti­ve Schwie­rig­kei­ten bei der Man­gel­be­sei­ti­gung, son­dern dar­auf, dass sie bis­her kei­ne Ge­le­gen­heit hat­te, per­sön­lich auf die Be­he­bung des Man­gels Ein­fluss zu neh­men, um nicht Se­kun­där­an­sprü­chen der Klä­ge­rin aus­ge­setzt zu sein. Ent­ge­gen der An­sicht des Be­ru­fungs­ge­richts ist dies kein Um­stand, dem im Rah­men des § 440 Satz 2 BGB Be­deu­tung zu­kom­men könn­te. Ein Recht des Ver­käu­fers, zu­min­dest ei­nen ei­ge­nen Nach­bes­se­rungs­ver­such vor­zu­neh­men, sieht die Klau­sel Nr. VII 2a NWVB nicht vor. Viel­mehr muss die Be­klag­te sich, wie be­reits aus­ge­führt wur­de, die wie­der­hol­ten er­folg­lo­sen Män­gel­be­sei­ti­gungs­ver­su­che der von der Klä­ge­rin be­fug­ter­ma­ßen ein­ge­schal­te­ten C-Be­trie­be wie ei­ge­ne ge­schei­ter­te Nach­bes­se­rungs­ver­su­che zu­rech­nen las­sen.

[17]   c) Dem Be­ru­fungs­ge­richt kann auch nicht dar­in ge­folgt wer­den, dass sich die Klä­ge­rin des­halb nicht auf die Ent­behr­lich­keit ei­ner Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung ge­mäß § 440 BGB be­ru­fen kön­ne, weil sie die Be­klag­te nicht recht­zei­tig über die In­an­spruch­nah­me der Ver­trags­werk­stät­ten in­for­miert ha­be. Zwar kann die Aus­übung ei­nes Rechts nach Treu und Glau­ben (§ 242 BGB) im Ein­zel­fall un­zu­läs­sig sein, wenn dem Be­rech­tig­ten ei­ne mit sei­nem An­spruch in en­gem Zu­sam­men­hang ste­hen­de schwer­wie­gen­de Ver­let­zung ei­ge­ner Pflich­ten zur Last fällt (BGH, Urt. v. 26.11.2004 – V ZR 90/04, NJW-RR 2005, 743 [un­ter II 2b bb (1)]; Pa­landt/Hein­richs, BGB, 65. Aufl., § 242, Rn. 46 f.; Loo­schel­ders/Ol­zen, in: Stau­din­ger, BGB, Neu­be­arb. 2005, § 242, Rn. 251, 255, je­weils m. w. Nachw.). Es fehlt aber be­reits an ei­ner Ver­let­zung ver­trag­li­cher Pflich­ten durch die Klä­ge­rin, denn aus Nr. VII 2a NWVB er­gibt sich kei­ne Ver­pflich­tung des Käu­fers, den Ver­käu­fer spä­tes­tens vor dem zwei­ten Nach­bes­se­rungs­ver­such ei­ner an­de­ren Ver­trags­werk­statt über de­ren Ein­schal­tung zu in­for­mie­ren.

[18]   Die Ver­trags­be­din­gun­gen der Be­klag­ten re­geln nicht aus­drück­lich, zu wel­chem Zeit­punkt der Käu­fer sei­nen Ver­trags­part­ner in­for­mie­ren muss, so­dass dies im We­ge der Aus­le­gung zu er­mit­teln ist.

[19]   All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen sind nach der stän­di­gen Recht­spre­chung des BGH ge­mäß ih­rem ob­jek­ti­ven In­halt und ty­pi­schen Sinn ein­heit­lich so aus­zu­le­gen, wie sie von ver­stän­di­gen und red­li­chen Ver­trags­part­nern un­ter Ab­wä­gung der In­ter­es­sen der nor­ma­ler­wei­se be­tei­lig­ten Krei­se ver­stan­den wer­den (BGHZ 77, 116 [118]; 102, 384 [389 f.]; Se­nat, Urt. v. 09.05.2001 – VI­II ZR 208/00, WM 2001, 2008 = NJW 2001, 2165 [un­ter II 2a]).

[20]   Nach ei­ner vor al­lem in der Li­te­ra­tur ver­tre­te­nen Auf­fas­sung, der auch das Be­ru­fungs­ge­richt folgt, soll die in Nr. VII 2a NWVB ge­re­gel­te In­for­ma­ti­ons­pflicht den Ver­käu­fer in die La­ge ver­set­zen, die mit der Män­gel­ab­wick­lung be­fass­te Dritt­werk­statt im In­ter­es­se ei­ner er­folg­rei­chen Män­gel­be­sei­ti­gung zu un­ter­stüt­zen bzw. zu kon­trol­lie­ren oder die er­for­der­li­che Re­pa­ra­tur not­falls selbst durch­zu­füh­ren (Seel, DAR 2004, 563 [564]; Creut­zig, Recht des Au­to­kaufs, 4. Aufl., Rn. 7.2.6; eben­so LG Schwe­rin, Urt. v. 21.08.2003 – 7 O 220/03, DAR 2004, 590 [592]; vgl. auch Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 9. Aufl., Rn. 410). Um ei­ner sol­chen Funk­ti­on ge­recht zu wer­den, müss­te die In­for­ma­ti­on mög­lichst früh­zei­tig, spä­tes­tens vor dem zwei­ten Nach­bes­se­rungs­ver­such er­fol­gen.

[21]   Aus der Sicht ei­nes ver­stän­di­gen Ver­brau­chers ist ein so ver­stan­de­ner Zweck der ihm auf­er­leg­ten In­for­ma­ti­ons­pflicht je­doch kei­nes­wegs ein­deu­tig. Of­fen­sicht­lich bie­tet die in Nr. VII 2 NWVB ge­re­gel­te Ab­wick­lung ei­ner Män­gel­be­sei­ti­gung bei­den Ver­trags­part­nern Vor­tei­le. Dem Käu­fer steht das ge­sam­te Ver­trags­händ­ler- und -werk­stät­ten­netz zur Ver­fü­gung, so­dass er sich je­weils an ei­ne na­he­ge­le­ge­ne Werk­statt wen­den kann; dies kommt auch dem Ver­käu­fer zu­gu­te, weil er da­durch un­ter Um­stän­den er­heb­li­che Trans­port­kos­ten er­spart, die dem Ver­käu­fer bei be­rech­tig­ten Män­gel­rü­gen zur Last fal­len (§ 439 II BGB). Fer­ner sind mit der Schaf­fung ei­nes kun­den­freund­li­chen Ser­vice­net­zes im In­ter­es­se des Ver­käu­fers lie­gen­de ab­satz­för­dern­de Wir­kun­gen ver­bun­den (vgl. Him­mel­reich/An­d­reae/Tei­ge­lack, Au­toKauf­Recht, 3. Aufl., Rn. 748).

[22]   Dem Neu­wa­gen­käu­fer stellt sich das Ser­vice­netz des Her­stel­lers/Im­por­teurs als ein­heit­li­che Or­ga­ni­sa­ti­on dar. Er wird da­her er­war­ten, dass je­de vom Her­stel­ler/Im­por­teur au­to­ri­sier­te Werk­statt ei­nen Fahr­zeug­man­gel eben­so zu­ver­läs­sig be­he­ben wird wie der Be­trieb, bei dem er das Fahr­zeug ge­kauft hat. Das aus Sicht des Ver­käu­fers mög­li­cher­wei­se er­streb­te Ziel, zu­min­dest ei­nen Nach­bes­se­rungs­ver­such in der ei­ge­nen Werk­statt vor­neh­men zu kön­nen, ist mit­hil­fe der In­for­ma­ti­ons­pflicht oh­ne­hin nicht zu er­rei­chen, weil dem Käu­fer mit der Re­ge­lung in Nr. VII 2a ein um­fas­sen­des Wahl­recht un­ter den au­to­ri­sier­ten Werk­stät­ten ein­ge­räumt ist. Wie auch das Be­ru­fungs­ge­richt zu­tref­fend aus­führt, wird dem Ver­käu­fer durch ei­ne un­ver­züg­li­che In­for­ma­ti­on des Käu­fers da­her nur die Mög­lich­keit er­öff­net, sich in Ab­spra­che mit der ein­ge­schal­te­ten Werk­statt an den Re­pa­ra­tur­ar­bei­ten zu be­tei­li­gen oder die­se auf sons­ti­ge Wei­se zu un­ter­stüt­zen. Dass die­se sehr ein­ge­schränk­te Mög­lich­keit der Ein­fluss­nah­me für den Ver­käu­fer von er­heb­li­cher Be­deu­tung und dem Käu­fer vor­nehm­lich aus die­sem Grund ei­ne Un­ter­rich­tungs­pflicht auf­er­legt ist, wird aus der Sicht des Kun­den nicht hin­rei­chend deut­lich, zu­mal die Un­ter­stüt­zung ei­ner vom Be­trieb des Ver­käu­fers mög­li­cher­wei­se weit ent­fernt lie­gen­den Ver­trags­werk­statt prak­ti­schen Schwie­rig­kei­ten be­geg­nen (vgl. Schat­ten­kirch­ner, DAR 2004, 592 [593]) und Kos­ten ver­ur­sa­chen dürf­te, die durch die Schaf­fung ei­nes Ser­vice­net­zes ge­ra­de ver­mie­den wer­den sol­len.

[23]   Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts ist die dem Ver­käu­fer durch Nr. VII 2a NWVB auf­er­leg­te In­for­ma­ti­on des Ver­käu­fers nicht sinn­los, wenn sie erst nach dem Fehl­schla­gen der Nach­er­fül­lung durch meh­re­re er­folg­lo­se Män­gel­be­sei­ti­gungs­ver­su­che an­de­rer Be­trie­be er­teilt wird. Aus der maß­geb­li­chen Sicht des ver­stän­di­gen Neu­wa­gen­käu­fers kann der Zweck der In­for­ma­ti­ons­pflicht auch dar­in be­ste­hen, dem Ver­käu­fer, der sich mit ei­nem Rück­tritt oder mit Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen des Käu­fers kon­fron­tiert sieht, die Nach­prü­fung zu er­mög­li­chen, ob die Vor­aus­set­zun­gen se­kun­dä­rer Män­gel­rech­te des Käu­fers er­füllt sind. Die von der Be­klag­ten ver­wen­de­te For­mu­lar­klau­sel ist des­halb hin­sicht­lich des zeit­li­chen Rah­mens, der dem Kun­den für die Er­fül­lung der ihm auf­er­leg­ten In­for­ma­ti­ons­pflicht zur Ver­fü­gung steht, ob­jek­tiv mehr­deu­tig. Ver­blei­ben nach Aus­schöp­fung al­ler in Be­tracht kom­men­der Aus­le­gungs­me­tho­den aber Zwei­fel und sind min­des­tens zwei Aus­le­gungs­mög­lich­kei­ten recht­lich ver­tret­bar, so kommt die Un­klar­hei­ten­re­ge­lung des § 305c II BGB (frü­her § 5 AGBG) zur An­wen­dung (BGHZ 112, 65 [68]; BGH, Urt. v. 09.07.2003 – IV ZR 74/02, NJW-RR 2003, 1247 [un­ter II 2c]; st. Rspr.). Da­nach ge­hen die dar­ge­leg­ten Zwei­fel hin­sicht­lich des Zeit­punk­tes der vom Käu­fer ge­schul­de­ten In­for­ma­ti­on zu­las­ten des Ver­käu­fers (so auch Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 410).

[24]   III. Nach al­le­dem kann das Ur­teil des Be­ru­fungs­ge­richts kei­nen Be­stand ha­ben. Der Rechts­streit ist noch nicht zur Ent­schei­dung reif, da das Be­ru­fungs­ge­richt – vor dem Hin­ter­grund sei­ner Rechts­auf­fas­sung fol­ge­rich­tig – kei­ne Fest­stel­lun­gen da­zu ge­trof­fen hat, ob die von der Klä­ge­rin gel­tend ge­mach­ten Män­gel (fort-)be­ste­hen.

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