Ein er­folg­lo­ser Nach­bes­se­rungs­ver­such des Ver­käu­fers führt nicht per se, son­dern nur dann da­zu, dass die Ver­jäh­rung der Män­gel­an­sprü­che des Käu­fers neu be­ginnt (§ 212 I Nr. 1 BGB), wenn der Ver­such als (kon­klu­den­tes) An­er­kennt­nis der Nach­bes­se­rungs­pflicht des Ver­käu­fers an­zu­se­hen ist. Dar­an fehlt es, wenn der Ver­käu­fer un­miss­ver­ständ­lich er­klärt hat, er wer­de le­dig­lich aus Ku­lanz tä­tig.

OLG Cel­le, Ur­teil vom 20.06.2006 – 16 U 287/05

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin er­warb von der Be­klag­ten am 05.05.2003 ein ge­brauch­tes Wohn­mo­bil, das ihr am 09.05.2003 über­ge­ben wur­de. Kauf­ver­trag­lich war ver­ein­bart wor­den, dass die Rech­te der Klä­ge­rin we­gen ei­nes Sach­man­gels in ei­nem Jahr – al­so mit Ab­lauf des 09.05.2004 – ver­jäh­ren soll­ten.

Im Ja­nu­ar 2004 brach­te die Klä­ge­rin das Fahr­zeug zu­nächst zur Fir­ma F, die Schä­den an den Rad­la­gern vorn und hin­ten fest­stell­te und die Schä­den an der Vor­der­ach­se – so be­haup­tet die Klä­ge­rin – im Auf­trag und auf Kos­ten der Klä­ge­rin be­sei­tig­te. Am 20.01.2004 for­der­te die Klä­ge­rin die Be­klag­te zur Be­sei­ti­gung der Schä­den an der Hin­ter­ach­se auf. Die Be­klag­te hol­te das Fahr­zeug dar­auf­hin bei der Klä­ge­rin ab, re­pa­rier­te es am 26.01. oder am 27.01.2004 und gab es der Klä­ge­rin am 29.01.2004 zu­rück.

Im April 2004 tra­ten nach dem Vor­trag der Klä­ge­rin er­neut Schä­den an den Rad­la­gern vorn und hin­ten auf. Die Klä­ge­rin for­der­te die Be­klag­te des­halb am 07.05.2004 er­neut zur Män­gel­be­sei­ti­gung auf. Am 28.05.2004 be­an­trag­te sie beim Amts­ge­richt X. die Durch­füh­rung ei­nes selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­rens und gab an, sie ver­an­schla­ge die Re­pa­ra­tur­kos­ten auf 1.000 €. Bei­ge­fügt war dem An­trag ein Schrei­ben ih­res An­walts, in dem es hieß, die Klä­ge­rin „wer­de, soll­te die Nach­bes­se­rung nicht in­ner­halb der ge­setz­ten Frist er­fol­gen, vom Ver­trag zu­rück­tre­ten“. Nach­dem das Amts­ge­richt En­de Ju­ni 2004 im Hin­blick auf den an­ge­kün­dig­ten Rück­tritt und ei­nen Kauf­preis von 35.900 € auf Be­den­ken ge­gen sei­ne Zu­stän­dig­keit hin­ge­wie­sen hat­te, setz­te es den Streit­wert An­fang Ju­li 2004 auf 35.900 € fest und gab die Sa­che an das Land­ge­richt ab.

Das Land­ge­richt hat die Be­klag­te an­trags­ge­mäß zum Er­satz von Re­pa­ra­tur­kos­ten ver­ur­teilt, der Kla­ge aber nur teil­wei­se statt­ge­ge­ben, so­weit die Klä­ge­rin ei­ne Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung ver­langt hat. Die ge­gen die­ses Ur­teil ge­rich­te­te Be­ru­fung der Be­klag­ten war er­folg­reich; die An­schluss­be­ru­fung der Klä­ge­rin hat­te da­ge­gen kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … [D]ie Be­ru­fung ist … be­grün­det, weil der An­spruch ver­jährt ist.

1. Die zwi­schen den Par­tei­en ver­trag­lich ver­ein­bar­te Ver­jäh­rungs­frist von ei­nem Jahr ist ge­mäß § 475 II BGB wirk­sam und be­gann mit der Über­ga­be des Fahr­zeu­ges am 09.05.2003 (§ 438 II BGB).

2. Das BGB in der seit dem 01.01.2002 gel­ten­den Fas­sung ent­hält kei­ne aus­drück­li­che Re­ge­lung der Fra­ge, wel­che Kon­se­quen­zen sich aus ei­nem – von der Klä­ge­rin be­haup­te­ten – fehl­ge­schla­ge­nen Nach­bes­se­rungs­ver­such er­ge­ben (an­ders § 13 V Nr. 1 Satz 3 VOB/B, der ei­ne neue Ver­jäh­rungs­frist – nur für die­sen nach­ge­bes­ser­ten Man­gel – von der Hälf­te der Dau­er der ur­sprüng­li­chen Ver­jäh­rungs­frist vor­sieht).

In der Li­te­ra­tur – ei­ne höchst­rich­ter­li­che Ent­schei­dung liegt so­weit er­sicht­lich noch nicht vor – wird über­wie­gend die Auf­fas­sung ver­tre­ten, der fehl­ge­schla­ge­ne Nach­bes­se­rungs­an­spruch las­se kei­ne neue Ver­jäh­rungs­frist an­lau­fen (Er­man/Gru­ne­wald, BGB, 11. Aufl., § 440 Rn. 12; Auk­tor/Mönch, NJW 2005, 1686; Oechs­ler, NJW 2004, 1825; Auk­tor, NJW 2003, 120; Ritz­mann, MDR 2003, 430. Schmidt-Räntsch, ZIP 2000, 1639 [1644]). Das kor­re­spon­diert mit der Recht­spre­chung vor In­kraft­tre­ten des Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­set­zes (BGH, Urt. v. 02.06.1999 – VI­II ZR 322/98, NJW 1999, 2961), in der die Fra­ge er­ör­tert wird, un­ter wel­chen Um­stän­den des Ein­zel­fal­les die Durch­füh­rung ei­ner Re­pa­ra­tur die Wer­tung recht­fer­tigt, der Ver­käu­fer ha­be den Man­gel und sei­ne Nach­bes­se­rungs­pflicht durch die Re­pa­ra­tur selbst ein­ge­se­hen, und dem­entspre­chend lä­gen die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes An­er­kennt­nis­ses mit der Wir­kung ei­ner Un­ter­bre­chung der Ver­jäh­rung i. S. von § 208 BGB a.F. vor. Maß­ge­bend sol­len da­nach die Um­stän­de des Ein­zel­falls sein.

An die­ser Rechts­la­ge hat sich durch die Neu­fas­sung des BGB ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Klä­ge­rin auch nichts ge­än­dert, das heißt, der fehl­ge­schla­ge­ne Nach­bes­se­rungs­ver­such führt nicht zu ei­nem Neu­be­ginn der Ver­jäh­rungs­frist, son­dern die Nach­bes­se­rung selbst kann nur un­ter Be­rück­sich­ti­gung sämt­li­cher Um­stän­de als An­er­kennt­nis (§ 212 I Nr. 1 BGB n.F.) an­ge­se­hen wer­den. Das ist im vor­lie­gen­den Fall aber nicht mög­lich, weil die Be­klag­te schon an­läss­lich der ers­ten Re­pa­ra­tur im Ja­nu­ar 2004 un­miss­ver­ständ­lich er­klärt hat­te, es ha­be sich nur um Män­gel­be­sei­ti­gungs­ar­bei­ten aus Ku­lanz ge­han­delt. Die Be­klag­te hat­te vor­ab schrift­lich er­klärt, sie wer­de das Fahr­zeug un­ter­su­chen und zu den ein­zel­nen Punk­ten Stel­lung neh­men, nach Durch­sicht und Re­pa­ra­tur hat sie klar­ge­stellt, es ha­be sich um ei­ne Ku­lanz­maß­nah­me ge­han­delt.

3. Wie der Se­nat nicht ver­kennt, ist die zu­vor ge­schil­der­te Rechts­la­ge für den Käu­fer nicht sehr be­frie­di­gend, wenn der Man­gel erst ge­gen En­de der Ver­jäh­rungs­frist ent­deckt und nur schein­bar be­sei­tigt wird und sich die un­zu­läng­li­che Re­pa­ra­tur erst nach Ab­lauf der Ver­jäh­rungs­frist zeigt, denn es ist un­rea­lis­tisch und le­bens­fremd, an­zu­neh­men oder gar zu for­dern, dass der Käu­fer nur im Hin­blick auf die ab­lau­fen­de Ver­jäh­rungs­frist nach ei­nem Nach­bes­se­rungs­ver­such ins Blaue hin­ein ei­nen Sach­ver­stän­di­gen be­auf­tragt, um fest­zu­stel­len, ob die Re­pa­ra­tur ge­lun­gen ist. In der­ar­ti­gen Fäl­len ver­liert der Käu­fer – wie hier – fak­tisch sei­ne Rech­te auf ei­ne zwei­te Nach­bes­se­rung oder auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags (§ 437 Nr. 3 BGB).

Es wä­re zwei­fel­los ver­brau­cher­freund­li­cher ge­we­sen, ei­ne Re­ge­lung ent­spre­chend § 13 V VOB/B vor­zu­se­hen, näm­lich in dem Sin­ne, dass – al­ler­dings be­zo­gen nur auf die­sen ei­nen ge­rüg­ten und re­pa­rier­ten Man­gel – ei­ne neue Ver­jäh­rungs­frist, be­grenzt auf die Hälf­te der ge­setz­li­chen oder ver­trag­li­chen Ver­jäh­rungs­frist, ein­greift. Das hat der Ge­setz­ge­ber, wie sich aus dem Auf­satz von Schmidt-Räntsch (ZIP 2000, 1639 [1644]) und der Kom­men­tie­rung im Er­man (Er­man/Gru­ne­wald, a. a. O., § 440 Rn. 12) er­gibt, aber ge­ra­de nicht ge­wollt, und zwar un­ter Hin­weis auf die dann mög­li­cher­wei­se ent­ste­hen­de un­ab­seh­ba­re mehr­fa­che Ver­län­ge­rung der Ver­jäh­rungs­frist, weil der Käu­fer auch nach dem zwei­ten, drit­ten oder vier­ten nicht aus­rei­chen­den Nach­bes­se­rungs­ver­such stets wie­der­um ei­ne wei­te­re Nach­bes­se­rung ver­lan­gen könn­te – wenn auch nicht müss­te (§ 440 BGB). Dem­entspre­chend wird auch in der Li­te­ra­tur … ganz über­wie­gend ein Neu­be­ginn der Ver­jäh­rung ab­ge­lehnt.

4. Zwar ist es mög­lich, für die Zeit der Nach­bes­se­rung je­den­falls von ei­ner Hem­mung i. S. von § 203 BGB aus­zu­ge­hen (da­zu Auk­tor, NJW 2003, 120 [122]). Das be­darf hier aber des­halb kei­ner Ent­schei­dung, weil zwi­schen der Auf­for­de­rung zur Re­pa­ra­tur am 20.01.2004 und der Rück­ga­be des Fahr­zeu­ges am 29.01.2004 nur neun Ta­ge ver­gan­gen sind und die am 09.05.2004 ab­lau­fen­de Ver­jäh­rung des­halb nur bis zum 18.05.2004 ver­län­gert wor­den wä­re, das Be­weis­si­che­rungs­ver­fah­ren aber erst am 28.05.2004 be­an­tragt wor­den ist und noch da­zu bei ei­nem un­zu­stän­di­gen Ge­richt. Zu­stän­dig war in der Tat das Land­ge­richt, weil die Klä­ge­rin ein An­walts­schrei­ben bei­ge­fügt hat­te, in dem sie er­klärt hat­te, bei Ab­leh­nung der Re­pa­ra­tur „wer­de sie zu­rück­tre­ten“, und da­mit der Streit­wert iden­tisch war mit dem Kauf­preis von 35.900 €.

Die nun­mehr ver­tre­te­ne An­sicht der Klä­ge­rin, die Ver­jäh­rung sei nicht tag­ge­nau zu be­rech­nen, son­dern lau­fe erst zum Jah­res­en­de ab, ent­spricht nicht dem Ge­setz.

So­weit ver­ein­zelt die Auf­fas­sung ver­tre­ten wird (Nach­wei­se bei Auk­tor, NJW 2005, 1687 Fn. 5), die Pro­ble­ma­tik las­se sich über § 438 II BGB lö­sen, dem­zu­fol­ge die Ver­jäh­rungs­frist mit der Ab­lie­fe­rung der Sa­che be­ginnt und da­von aus­zu­ge­hen sei, die Rück­ga­be der ge­kauf­ten Sa­che nach Durch­füh­rung der ers­ten Re­pa­ra­tur sei als „Zweita­b­lie­fe­rung“ i. S. von § 438 II BGB an­zu­se­hen, ver­mag der Se­nat dem nicht zu fol­gen. Ab­ge­se­hen da­von, dass der Ge­setz­ge­ber, wie sich auch aus der Über­sicht von Schmidt-Räntsch er­gibt, die­se Lö­sung aus­drück­lich nicht ge­wollt hat, spricht schon die sys­te­ma­ti­sche Stel­lung von § 438 II BGB ge­gen ei­ne sol­che In­ter­pre­ta­ti­on, denn die­se Vor­schrift bringt nur den selbst­ver­ständ­li­chen Ge­dan­ken zum Aus­druck, dass die Ver­jäh­rungs­frist erst be­ginnt, wenn die ver­kauf­te Sa­che in den Macht­be­reich des Käu­fers ge­langt und er zu ei­ner Un­ter­su­chung und Prü­fung in der La­ge ist, ob ei­ne ver­trags­ge­mä­ße Leis­tung vor­liegt. Dem­ge­gen­über be­fasst sich § 437 BGB aus­schließ­lich mit der Fra­ge, wel­che Rech­te dem Käu­fer zu­ste­hen, so­fern ein Man­gel vor­liegt. Die Pro­ble­ma­tik des fehl­ge­schla­ge­nen Nach­bes­se­rungs­ver­su­ches war zu­dem, wie sich aus der zi­tier­ten BGH-Recht­spre­chung er­gibt, auch im al­ten Recht be­kannt, und der Ge­setz­ge­ber hat of­fen­sicht­lich auch nicht aus Ver­se­hen ver­ges­sen, sie kun­den­freund­li­cher als bis­her zu lö­sen. Dar­über hin­aus passt § 438 BGB beim Grund­stücks­kauf und bei ei­ner Re­pa­ra­tur vor Ort nicht, bei­spiels­wei­se wenn an dem mit­ver­kauf­ten Haus Nach­bes­se­rungs­ar­bei­ten vor­ge­nom­men wer­den. Letzt­lich wür­de, wor­auf Auk­tor/Mönch zu Recht hin­wei­sen, die Er­satz­lie­fe­rung im Ver­gleich zur Re­pa­ra­tur ver­jäh­rungs­recht­lich pri­vi­le­giert, so­dass un­ter „Ab­lie­fe­rung“ i. S. von § 438 II BGB nur die erst­ma­li­ge Über­ga­be, nicht aber die er­neu­te Über­ga­be nach ei­ner Re­pa­ra­tur zu ver­ste­hen ist …

6. Der Schrift­satz vom 15.06.2006 recht­fer­tigt kei­ne ab­wei­chen­de Be­ur­tei­lung.

a) Die The­se, die ein­jäh­ri­ge Ge­währ­leis­tungs­frist beim Ge­braucht­wa­gen­kauf lau­fe nicht tag­ge­nau, son­dern erst zum En­de des Ka­len­der­jah­res ab, ent­spricht nicht dem Ge­setz.

b) Die Re­pa­ra­tur En­de Ja­nu­ar 2004 war – aus der Sicht der Klä­ge­rin – ein fehl­ge­schla­ge­ner Nach­bes­se­rungs­ver­such. Nach ih­rem Vor­trag hat­te die Fir­ma F be­reits die vor­de­ren Rad­la­ger er­setzt, und das Fahr­zeug war nur des­halb zur Be­klag­ten ge­bracht wor­den, um noch die hin­te­ren – eben­falls de­fek­ten – Rad­la­ger aus­zu­tau­schen. Wenn die Be­klag­te trotz­dem in der Über­zeu­gung, die Re­pa­ra­tur der vor­de­ren Rad­la­ger sei nicht oder nicht sach­ge­recht er­folgt, auch die­se noch­mals er­neu­er­te, nach dem Vor­trag der Be­klag­ten aber un­sach­ge­mäß, so han­del­te es sich gleich­wohl um ei­nen fehl­ge­schla­ge­nen Re­pa­ra­tur­ver­such, der nach dem zu­vor Ge­sag­ten kei­ne neue Ge­währ­leis­tungs­frist an­lau­fen ließ. Auch ein An­spruch aus § 823 BGB schei­det dann aus (BGH, Urt. v. 27.01.2005 – VII ZR 158/03, BGHR 2005, 624 [626]).

c) Ein An­er­kennt­nis durch Vor­nah­me der Ar­bei­ten ver­mag der Se­nat nach wie vor nicht zu er­ken­nen. Die Be­klag­te hat­te schrift­lich un­miss­ver­ständ­lich er­klärt, sie wol­le die Sa­che erst un­ter­su­chen und so­dann nach Prü­fung und Re­pa­ra­tur schon ei­nen Tag spä­ter mit­ge­teilt, das sei auf Ku­lanz­ba­sis er­folgt.

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