Der Käu­fer ist nicht des­halb zum Rück­tritt von ei­nem Neu­wa­gen­kauf­ver­trag be­rech­tigt, weil das Au­to­ra­dio nicht stö­rungs­frei funk­tio­niert, son­dern der Ra­dio­emp­fang in un­ter­schied­li­cher In­ten­si­tät und Häu­fig­keit ge­stört ist. Denn in­so­weit liegt al­len­falls ein ge­ring­fü­gi­ger Man­gel vor, der den Fahrt­kom­fort nur un­er­heb­lich be­ein­träch­tigt.

LG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 22.09.2005 – 1 O 778/04

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin kauf­te von der Be­klag­ten mit Ver­trag vom 24.05.2004 ei­nen Neu­wa­gen (To­yo­ta Aven­sis) zum Preis von 26.000 €.

Be­reits kurz nach Über­ga­be des Fahr­zeugs be­an­stan­de­te die Klä­ge­rin, dass das im Fahr­zeug ein­ge­bau­te Ra­dio nicht stö­rungs­frei funk­tio­nie­re. Nach­dem die Be­klag­te ver­schie­de­ne Nach­bes­se­rungs­ver­su­che un­ter­nom­men hat­te die nicht zur Zu­frie­den­heit der Klä­ge­rin ver­lie­fen, ver­lang­te die Klä­ge­rin die Lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che (§ 439 I Fall 2 BGB) und setz­te der Be­klag­ten hier­für – er­folg­los – ei­ne Frist bis zum 01.09.2004. Mit Schrei­ben vom 19.11.2004 er­klär­te die Klä­ge­rin schließ­lich den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag, nach­dem sie der Be­klag­ten zu­vor er­neut er­folg­los ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat­te.

Die Klä­ge­rin hat be­haup­tet, ein stö­rungs­frei­er Ra­dio­emp­fang sei trotz der vie­len Nach­bes­se­rungs­ver­su­che noch im­mer nicht mög­lich. Die Stö­rung äu­ße­re sich in der Wei­se, dass der Ra­dio­emp­fang zwar nicht un­ter­bro­chen, je­doch von ei­nem durch­gän­gi­gen Stör­ge­räusch über­la­gert wer­de. Dies tre­te bei 95 % der Fahr­ten auf. In der münd­li­chen Ver­hand­lung hat die Klä­ge­rin an­ge­ge­ben, die Stö­rung tre­te mal mehr, mal we­ni­ger stark auf; in Nord­rhein-West­fa­len sei haupt­säch­lich der Sen­der WDR 4, in Bay­ern sei­en al­le Sen­der be­trof­fen.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Die Kla­ge ist un­be­grün­det … Die Klä­ge­rin kann von der Be­klag­ten nicht Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges … ver­lan­gen. Der Rück­tritt der Klä­ge­rin vom 19.11.2004 hat das Ver­trags­ver­hält­nis der Par­tei­en nicht wirk­sam be­en­det …

Da­bei kann zu­guns­ten der Klä­ge­rin der be­haup­te­te Man­gel in Form des nicht stö­rungs­frei­en Emp­fangs des Ra­di­os un­ter­stellt wer­den. Für die Ent­schei­dung kann wei­ter­hin da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass der Man­gel nicht nach­bes­se­rungs­fä­hig bzw. ei­ne Nach­bes­se­rung fehl­ge­schla­gen ist. Nach § 323 V 2 BGB n.F. kann der Käu­fer auf­grund ei­ner Pflicht­ver­let­zung des Ver­käu­fers nicht zu­rück­tre­ten, wenn die­se un­er­heb­lich ist. So liegt der Fall hier.

Im Rah­men der Er­heb­lich­keits­prü­fung ist ei­ne um­fas­sen­de Ab­wä­gung der Ge­samt­um­stän­de er­for­der­lich. Hier­bei sind der für die Man­gel­be­sei­ti­gung er­for­der­li­che Auf­wand und bei ei­nem nicht be­heb­ba­rem Man­gel die von ihm aus­ge­hen­de Be­ein­träch­ti­gung in funk­tio­na­ler und äs­the­ti­scher Hin­sicht zur be­rück­sich­ti­gen (Pa­landt/Hein­richs, BGB, 63. Aufl., § 281 Rn. 48). Die­se Ab­wä­gung er­gibt schon un­ter Zu­grun­de­le­gung des klä­ge­ri­schen Vor­brin­gens, dass ein nur un­er­heb­li­cher Man­gel vor­liegt, der nicht zum Rück­tritt be­rech­tigt. Nach dem Sach­vor­trag im Kla­ge­schrift­satz un­ter Be­rück­sich­ti­gung der er­gän­zen­den An­ga­ben der Klä­ge­rin im Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung tre­ten die Stö­run­gen im Ra­dio­emp­fang in un­ter­schied­li­cher In­ten­si­tät und Häu­fig­keit auf, wo­bei im hie­si­gen Be­reich haupt­säch­lich der Sen­der WDR 4 be­trof­fen ist. Hier­aus er­gibt sich, dass die Funk­ti­ons­fä­hig­keit des Ra­di­os nicht voll­stän­dig be­ein­träch­tigt, son­dern nach Ort und Sen­der un­ter­schied­lich stark ge­stört ist. Die den Ra­dio­emp­fang zum Teil über­la­gern­den Ge­räu­sche mö­gen für die Klä­ge­rin mit ei­ner Be­ein­träch­ti­gung des Fahr­kom­forts ver­bun­den sein und als stö­rend bzw. är­ger­lich emp­fun­den wer­den. Sie stel­len je­doch ei­ne nur un­er­heb­li­che Be­ein­träch­ti­gung beim Be­trieb des Fahr­zeu­ges dar (vgl. Pa­landt/Hein­richs, a. a. O., § 281 Rn. 48 aus­drück­lich für den Fall ei­nes de­fek­ten Ra­di­os).

Ei­ner ge­richt­li­che In­au­gen­schein­nah­me der Stö­run­gen und de­ren Aus­wir­kun­gen auf den Fahr­be­trieb wa­ren des­halb nicht ge­bo­ten …

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