1. Im Verkauf eines Neuwagens durch einen Kfz-Händler liegt in der Regel die konkludente Zusicherung, dass das verkaufte Fahrzeug fabrikneu ist. Daran fehlt es, wenn das betreffende Fahrzeugmodell im Zeitpunkt des Verkaufs nicht mehr unverändert hergestellt wird.
  2. Ein Smart Cabrio ist im Zeitpunkt des Verkaufs dann nicht mehr fabrikneu, wenn es über einen Tank mit einem Volumen von 22 l verfügt, während die im Zeitpunkt des Verkaufs gebauten Cabrios einen Tank mit einem Fassungsvermögen von 33 l haben. Die Vergrößerung des Tanks ist eine wesentliche Veränderung, zumal das Tankvolumen von 22 l immer wieder als zu gering kritisiert wurde.

LG Köln, Urteil vom 12.10.2004 – 27 O 78/04
(nachfolgend: OLG Köln, Beschluss vom 18.01.2005 – 22 U 180/04)

Sachverhalt: Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrags.

Am 08.06.2002 bestellte er bei der Beklagten ein Smart Cabio in der Modellvariante „Passion“ zum Preis von 16.640,01 €. Das vorangegangene Verkaufsgespräch hatte der Kläger mit dem Verkaufsberater V geführt; die Einzelheiten sind zwischen den Parteien streitig. Das bestellte Fahrzeug wurde dem Kläger am 13.06.2002 gegen Zahlung des Kaufpreises übergeben.

Das Fahrzeug hatte sich im Showroom der Beklagten befunden und war am 04.02.2002 hergestellt worden. Es stammte aus einer Modellreihe, die bis zum 10.02.2002 produziert wurde. Fahrzeuge aus dieser Modellreihe weisen – wie das Fahrzeug des Klägers – einen Tank mit einem Volumen von 22 l auf, während Fahrzeuge, die der ab 11.02.2002 produzierten Modellreihe entstammen, über ein Tankvolumen von 33 l verfügen; außerdem hat sich das Aussehen der Tankanzeige geändert.

Der Kläger behauptet, V habe ihm während des Verkaufsgesprächs auf seine – des Klägers – ausdrückliche Frage erklärt, dass das Fahrzeug aus der letzten, aktuellen Modellreihe stamme. Weitere Hinweise, insbesondere auf die veränderte Tankgröße, seien ihm nicht gegeben worden.

Die Klage hatte Erfolg.

Aus den Gründen: Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines Betrags von 18.236,15 € Zug um Zug gegen Rückgabe des von ihm gekauften Pkw Smart aus den §§ 459 II, 462, 465, 346 Satz 1 BGB a.F.

Im Verkauf eines Neuwagens durch einen Kfz-Händler liegt in der Regel die konkludente Zusicherung, dass das verkaufte Fahrzeug fabrikneu ist (vgl. BGH, Urt. v. 22.03.2000 – VIII ZR 325/98, NJW 2000, 2018, 2019). Ein als Neuwagen verkaufter Pkw ist dann nicht mehr fabrikneu, wenn das betreffende Modell im Zeitpunkt des Verkaufs nicht mehr unverändert hergestellt wird (vgl. BGH, Urt. v. 22.03.2000 – VIII ZR 325/98, NJW 2000, 2018, 2019; Urt. v. 15.10.2003 – VIII ZR 227/02, NJW 2004, 160).

Nach Auffassung des Gerichts ist das hier streitgegenständliche Fahrzeug im Hinblick auf die Ausstattungsveränderung beim Tank – 22 l statt 33 l – nicht mehr unverändert weitergebaut worden.

Ein Fahrzeug ist dann unverändert weitergebaut, wenn es keinerlei Änderungen in der Technik und der Ausstattung aufweist (vgl. BGH, Urt. v. 22.03.2000 – VIII ZR 325/98, NJW 2000, 2018).

Nach Auffassung des Gerichts ist gerade bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug die Auswechselung eines Tanks in einer Größe von 22 l durch einen solchen in einer Größe von 33 l eine wesentliche Änderung. Es ist allgemein bekannt, dass der Pkw Smart nach seiner Markteinführung im Allgemeinen gute Fachkritiken erfahren hat, aber bereits von Anfang an immer wieder von Kritikerseite deutlich auf das relativ geringe Tankvolumen hingewiesen worden ist. Im Hinblick darauf hat sich der Hersteller Anfang des Jahres 2002 entschlossen, das Tankvolumen um 50 % zu erhöhen, und insofern eine wesentliche Verbesserung in diesem angesprochenen Kritikpunkt herbeigeführt. In dieser Situation war ein Kfz-Händler sicher verpflichtet, einen Kunden vor dem Abschluss eines Kaufvertrags auf diese Problematik hinzuweisen und insbesondere bei Interesse eines Kunden an einem Fahrzeug mit dem ursprünglich verwendeten Tank die Modellpflege, also die Änderung zu einem 33-Liter-Tank, deutlich anzusprechen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann nicht zur hinreichend sicheren Überzeugung des Gerichts davon ausgegangen werden, dass die Beklagte dieser Informationspflicht vor Abschluss des Kaufvertrags mit dem Kläger nachgekommen ist. Ein entsprechender Hinweis in den schriftlichen Kaufvertragsunterlagen ist nicht erkennbar; ein solcher dürfte im Übrigen auch nicht üblich sein.

Die Aussage des Zeugen Z zu der Information des Klägers über die Frage der Tankgröße reicht nach Auffassung des Gerichts letztlich zur hinreichend sicheren Überzeugung nicht aus. Zwar hat der Zeuge durchaus detailliert und nachvollziehbar bekundet, er sei von dem Verkaufsberater V hinzugezogen worden, weil der Kläger auf einen Preisnachlass in einer Größenordnung von mehr als 150 € – dem eigenen Verhandlungsspielraum des Verkaufsberaters V – bestanden habe. Der Zeuge Z sei sodann zu dem Verkaufstisch des Beraters V hinzugekommen, wo er den Kläger ausdrücklich gefragt habe, ob ihm die Modelländerung, also der Einbau eines Tanks von 33 l in die nunmehr neu produzierten Fahrzeuge, bekannt sei; dies habe der Kläger ausdrücklich auch bestätigt.

Bedenken gegen die Bekundung des Zeugen Z ergeben sich zunächst daraus, dass er nach seiner eigenen Angabe von dem Zeugen V zunächst nach einer weiteren Preisreduzierung des Fahrzeugs gefragt worden war und diese in einem Telefonat gegenüber V bereits abgelehnt hatte. Zwar ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass sich der Zeuge Z dennoch in das Verkaufsgespräch mit dem Kläger eingeschaltet hat, um möglicherweise doch noch zu einem Kaufvertragsabschluss zu gelangen. Es erscheint aber aus Sicht des Gerichts kaum nachvollziehbar, warum der Zeuge, wenn es lediglich um die Einräumung von weiteren Preisnachlässen ging, den Inhalt des Verkaufsgesprächs zwischen dem Kläger und dem Zeugen V noch einmal versuchte nachzuvollziehen und dabei auf die Modellpflege zu sprechen kam. Dies gilt insbesondere deshalb, weil er trotz des nach seiner Aussage ausdrücklich angesprochenen „Mankos“ des kleineren Tanks lediglich bereit gewesen war, dem Kläger einen weiteren Preisnachlass von etwas mehr als 100 € über den Dispositionsrahmen des Verkaufsberaters V einzuräumen. Denn da die Tankgröße auch für den Kläger erkennbar ein wesentlicher wertbildender Faktor des Fahrzeugs war, erscheint es nicht nachvollziehbar, dass sich der Kläger trotz der Offenlegung dieses Umstands bereit erklärte, das Fahrzeug nur mit einem weiteren Preisnachlass von etwas mehr als 100 € letztlich doch zu erwerben.

Gegen die Bekundung des Zeugen Z spricht im Weiteren der außergerichtliche Schriftwechsel, insbesondere die Antwortschreiben der Beklagten vom 12.01.2004 und der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 14.01.2004 auf das Wandlungsbegehren des Klägers. Denn wenn auch – wie der Prozessbevollmächtigte der Beklagten erläutert hat – man bei der Beklagten seinerzeit davon ausgegangen sein mag, dass die Veränderung des Modells in Bezug auf den Einbau eines größeren Tanks nichts an der Bewertung des Modells als zum Modelljahr 2002 gehörig geändert hat, hätte es doch sehr nahe gelegen, nach einem entsprechenden klärenden Gespräch mit dem Zeugen Z die ausdrücklich erteilte Information an den Kläger über die Modellpflege in die Antwortschreiben einfließen zu lassen. Nichts davon findet sich aber in den genannten Schreiben von Beklagtenseite.

Im Hinblick auf diese Umstände sieht sich das Gericht letztlich nicht in der Lage, den Bekundungen des Zeugen Z zu der Information des Klägers über das geänderte Tankvolumen zu folgen.

Damit ist davon auszugehen, dass die Beklagtenseite die konkludent abgegebene Zusicherung, es handele sich um ein fabrikneues Fahrzeug, zu Unrecht abgegeben hat; hieraus ergibt sich das Wandlungsrecht des Klägers. Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten erstreckt sich das Wandlungsbegehren des Klägers auch auf die nachträglich eingebauten, mit Rechnung vom 19.07.2002 abgerechneten Tuningteile. Denn insoweit kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um reines Luxuszubehör handelt. Es handelte sich vielmehr um eine nachträgliche Veränderung des Fahrzeugs, die im Rahmen der Rückabwicklung des Kaufvertrags ebenfalls rückabzuwickeln ist.

Die Berechnung der Gebrauchsvorteile durch die Klägerseite ist nach Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung (vgl. Palandt/​Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 346 Rn. 10) ist der Gebrauchsvorteil in einer Größenordnung von 0,5 bis 1 % des Neupreises zu schätzen. Der Ansatz von 0,5 % des Neupreises pro gefahrenem Kilometer kann dabei im Rahmen einer Schätzung nach § 287 ZPO von der Berechnung der Klägerseite übernommen werden.

Im Hinblick auf das Rückabwicklungsbegehren des Klägers aus dem Januar 2004, dem die Beklagte nicht nachgekommen ist, hat sich diese insoweit in Annahmeverzug befunden; …

Hinweis: Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Das OLG Köln hat sie mit Beschluss vom 18.01.2005 – 22 U 180/04 – zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger könne gemäß den hier anwendbaren Vorschriften des neuen Schuldrechts (§ 434 I 1, § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323, 440, 346 BGB n.F.) mit Erfolg die Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangen,

„da das Fahrzeug nicht die vereinbarte Beschaffenheit eines Neufahrzeugs hatte und damit ein Sachmangel i. S. des § 434 I 1 BGB n.F. vorlag. …

Das Fahrzeug ist nach dem Vertrag als Neuwagen an den Kläger verkauft worden. Dies ergibt sich daraus, dass die Beklagte in dem Kaufvertragsformular die ‚Gewährleistung für Neuwagen‘ übernommen hat und der Vertrag keinerlei Einschränkungen der Neuwageneigenschaft des verkauften Fahrzeugs, zum Beispiel dass es sich um ein Vorführfahrzeug handele, enthält. Dass das Fahrzeug in einem Ausstellungsraum stand, ändert an der Neuwageneigenschaft nichts.

Im Verkauf eines Fahrzeugs als ‚Neuwagen‘ durch einen Kfz-Händler liegt in der Regel die konkludente Zusicherung, dass das verkaufte Fahrzeug ‚fabrikneu‘ ist (BGH, Urt. v. 22.03.2000 – VIII ZR 325/98, NJW 2000, 2018, 2019; zuletzt bestätigt durch BGH, Urt. v. 12.01.2005 – VIII ZR 109/04, juris Rn. 11), wobei in der ‚Zusicherung‘ nach früherem Gewährleistungsrecht (§ 459 II BGB a.F.) jedenfalls eine ‚vereinbarte Beschaffenheit‘ nach neuem Recht (§ 434 I 1 BGB n.F.) liegt (Palandt/​Putzo, BGB, 64. Aufl., § 434 Rn. 16). Fabrikneu ist ein Fahrzeug aber nur dann, wenn und solange das Modell unverändert weitergebaut wird (BGH, Urt. v. 22.03.2000 – VIII ZR 325/98, NJW 2000, 2018, 2019; Urt. v. 16.07.2003 – VIII ZR 243/02, NJW 2003, 2824, 2825; Urt. v. 15.10.2003 – VIII ZR 227/02, NJW 2004, 160). Unverändert bedeutet, dass es keinerlei Änderungen in der Technik und der Ausstattung aufweist (BGH, Urt. v. 22.03.2000 – VIII ZR 325/98, NJW 2000, 2018).

In diesem Sinne war das vom Kläger erworbene Fahrzeug nicht ‚unverändert‘, weil die Smart-Fahrzeuge der im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags aktuellen Serie – und sei es auch im Rahmen einer ‚Modellpflege‘ – einen um 50 % größeren Tank aufwiesen. Da die Fahrzeuge mit dem größeren Tank eine deutlich größere Reichweite haben, handelt es sich dabei um eine für den praktischen Gebrauch des Fahrzeugs wesentliche Veränderung, die dazu führt, dass das verkaufte Fahrzeug nicht mehr als Neuwagen bezeichnet werden kann und die fehlende Tankvergrößerung dem Käufer hätte offenbart werden müssen.

Die Beweiswürdigung des Landgerichts, dass eine solche Offenbarung nicht bewiesen ist, ist nicht zu beanstanden. Zur Begründung nimmt der Senat auf seinen Beschluss vom 14.12. 2004 Bezug, durch den die Beklagte – mit Gelegenheit zur Stellungnahme – auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hingewiesen worden ist. Die Ausführungen im Schriftsatz vom 07.01.2005 geben weder bezüglich der Neuwageneigenschaft des verkauften Fahrzeugs noch hinsichtlich der Beweiswürdigung des Landgerichts zu einer abweichenden Beurteilung der Sache Anlass. …“

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