Wird ein zum gängigen Marktpreis veräußerter und tatsächlich verkehrstauglicher Gebrauchtwagen im Kaufvertrag als „Bastlerfahrzeug“ bezeichnet, weil sich der Händler nach eigenem Bekunden außerstande sieht, die Mangelfreiheit des Fahrzeugs zu gewährleisten, liegt kein wirksamer Gewährleistungsausschluss vor.
OLG Oldenburg, Beschluss vom 22.09.2003 – 9 W 30/03
Sachverhalt: Der Antragsteller verlangt von der Antragsgegnerin, die ihm einen Gebrauchtwagen verkauft hat, die Erstattung des Kaufpreises, nachdem er wegen eines Mangels den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hat.
Die Antragsgegnerin bestreitet die Mangelhaftigkeit des verkauften Gebrauchtwagens und beruft sich im Übrigen darauf, dass der Wagen ausweislich des Vertragsformulars als „Bastlerfahrzeug, ohne Garantie“ – so der handschriftliche Eintrag unter „Sondervereinbarungen“ – verkauft worden sei.
Das Landgericht hat dem Antragsteller Prozesskostenhilfe mit der Begründung verweigert, Gewährleistungsansprüche stünden ihm nicht zu, da er das Auto als Bastlerfahrzeug gekauft habe. Die Beschwerde hatte Erfolg.
Aus den Gründen: Die Antragsgegnerin kann sich gemäß § 475 I 1 BGB nicht darauf berufen, das Fahrzeug ohne Garantie als „Bastlerfahrzeug“ verkauft zu haben.
Der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag ist – weil der Antragsteller Verbraucher und die Antragsgegnerin Unternehmerin ist – als Verbrauchsgüterkauf i. S. der §§ 474 ff. BGB zu qualifizieren. Dies bedeutet, dass die Antragsgegnerin die Gewährleistung für etwaige Mängel grundsätzlich nicht ausschließen kann und dass Umgehungen dieses Verbots unwirksam sind (§ 475 I 2 BGB). Die Bezeichnung des Autos als Bastlerfahrzeug stellt im konkreten Fall eine solche Umgehung des § 475 I 1 BGB dar.
Die Antragsgegnerin selbst räumt in ihren Schriftsätzen ein, dass die Formulierung „Bastlerauto“ von ihr gewählt wurde, weil sie sich außerstande sah, eine Gewähr für die Mangelfreiheit des Autos zu übernehmen, und nicht etwa deshalb, weil man meinte, dass das Auto nach seiner Beschaffenheit nicht mehr dazu imstande sein sollte, im Straßenverkehr genutzt zu werden. So ging es dem Antragsteller, der nicht etwa Kraftfahrzeugmechaniker, sondern Matrose ist, auch nur darum, ein Auto zum Fahren und nicht zum Basteln zu erwerben. Dies dürfte im Übrigen der Verkehrserwartung entsprechen, wenn sich ein potenzieller Kunde, wie hier geschehen, an einen professionellen Autovertragshändler und nicht an einen Schrotthändler wendet. Diese Erwägung wird im Übrigen bestätigt durch den Preis, den die Beklagte für das Fahrzeug verlangte, nämlich 4.900 €. Dies entspricht, wie durch eine kurze Internetrecherche in einschlägigen Portalen zu belegen ist, dem gängigen Preis für Gebrauchtwagen des verkauften Typs mit entsprechender Laufleistung. Die Beklagte hat mit anderen Worten den gängigen Marktpreis für einen entsprechenden Gebrauchtwagen verlangt. Sonstige Gründe, die dafür sprechen könnten, dass die Parteien tatsächlich nur ein Auto zum Basteln und nicht zum Fahren gemeint haben könnten, hat die Beklagte, die insoweit darlegungspflichtig ist, nicht genannt.
Den oben genannten Erwägungen, die zu einer Haftung der Beklagten führen, kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass der Antragsteller sich freiwillig auf die Vereinbarung eingelassen hat, denn aus dem Sinn des § 475 I BGB ergibt sich, dass die Abbedingung der gesetzlichen Gewährleistungsansprüche beim Verbrauchsgüterkauf insoweit privatautonomer Regelung entzogen ist, sodass der in diesem Zusammenhang streitigen Frage, ob der Antragsteller die Bedeutung der Eintragung überhaupt erfasst hat, nicht weiter nachzugehen ist.
Das Gericht verkennt schließlich nicht, dass die vorgenannte Rechtsanwendung im Vergleich zur alten Rechtslage vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes eine verschärfte Haftung der Gebrauchtwagenhändler bewirkt. Diese können der Sache nach ihre Haftung nur in der Weise einschränken, dass etwaige Mangel dem Verkäufer positiv bei Abschluss bekannt gegeben werden (§ 442 I 1 BGB) oder dass in Zahlung genommene Wagen nur vertretungsweise, aber nicht mehr im eigenen Namen des gewerblichen Unternehmers verkauft werden. Indessen bezweckt die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie den Verbraucherschutz. Er liefe leer, gestattete man Autohändlern durch die formelhafte Beschaffenheitsvereinbarung „Bastlerauto“ dem Verbraucher die Gewährleistungsrechte abzuschneiden, auch wenn es – wie hier den Parteien erkennbar – um den Handel eines Autos geht, das zum Fahren verwendet werden soll.
Auch die restlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs sind schlüssig vorgetragen, sodass die Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg hat …