Zur kauf­recht­li­chen Be­deu­tung der Be­zeich­nung ei­nes Pkw als „Neu­fahr­zeug“ im Kfz-Han­del.

BGH, Ur­teil vom 26.03.1997 – VI­II ZR 115/96

Die­se Ent­schei­dung ist zum „al­ten“ Schuld­recht und vor In­kraft­tre­ten der ZPO-Re­form 2002 er­gan­gen. Sie kann nicht oh­ne Wei­te­res auf das seit dem 01.01.2002 gel­ten­de Recht über­tra­gen wer­den (so ist z. B. an die Stel­le der Wan­de­lung der Rück­tritt vom Kauf­ver­trag ge­tre­ten). Die ge­nann­ten Vor­schrif­ten exis­tie­ren heu­te mög­li­cher­wei­se nicht mehr oder ha­ben ei­nen an­de­ren In­halt.

Sach­ver­halt: Die Be­klag­te, ein Mö­bel­haus, han­delt ge­le­gent­lich auch mit Kraft­fahr­zeu­gen der Mar­ke Fer­ra­ri. S, der da­ma­li­ge Ge­schäfts­füh­rer der Klä­ge­rin, such­te die Be­klag­te im Ju­ni 1994 auf und be­kun­de­te In­ter­es­se am Kauf ei­nes Fer­ra­ri Testa­ros­sa 512 TR. Da die Be­klag­te kein Fahr­zeug die­ses Typs in der von S ge­wünsch­ten Far­be vor­rä­tig hat­te, be­sorg­te sie ei­nen ent­spre­chen­den Pkw aus den Nie­der­lan­den. Nach­dem die­ser bei der Be­klag­ten ein­ge­trof­fen war, be­sich­tig­te S das Fahr­zeug und ei­nig­te sich na­mens der Klä­ge­rin mit der Be­klag­ten über den Kauf des Pkw zum Preis von 285.930 DM brut­to.

Bei dem Fer­ra­ri soll­te es sich um ein in den Nie­der­lan­den von ei­nem Fer­ra­ri-Händ­ler be­reits an ei­nen Kun­den aus­ge­lie­fer­tes „Neu­fahr­zeug mit Werks­ki­lo­me­tern“ han­deln; dem­entspre­chend ist der Pkw in der auf den 15.06.1994 da­tier­ten Rech­nung und in der Emp­fangs­be­stä­ti­gung vom 17.06.1994 als „Neu­fahr­zeug mit Werks­ki­lo­me­tern“ be­zeich­net. Am 17.06.1994 über­nahm S den Fer­ra­ri nebst Fahr­zeug­brief von der Be­klag­ten und zahl­te den ver­ein­bar­ten Kauf­preis. Ob ihm an die­sem Tag auch die Ga­ran­tie­un­ter­la­gen aus­ge­hän­digt wur­den oder ob dies erst ei­ni­ge Ta­ge spä­ter – am 20.06.1994 – ge­schah, ist zwi­schen den Par­tei­en strei­tig. In die­sen Pa­pie­ren ist als Fahr­zeug­hal­ter ei­ne Per­son na­mens B an­ge­ge­ben. Au­ßer­dem ist un­ter der Be­zeich­nung „Kenn­schild“ das amt­li­che Kenn­zei­chen an­ge­ge­ben, un­ter dem der Wa­gen in den Nie­der­lan­den zum öf­fent­li­chen Stra­ßen­ver­kehr zu­ge­las­sen war.

Die Klä­ge­rin hat­te zu­nächst die Wan­de­lung des Kauf­ver­tra­ges – Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fer­ra­ri Testa­ros­sa 512 TR – we­gen er­heb­li­cher tech­ni­scher Män­gel, Feh­lens der zu­ge­si­cher­ten Ei­gen­schaft „Neu­fahr­zeug“ und we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung be­gehrt. Da­zu hat sie aus­ge­führt, ihr sei bei Durch­sicht der Ga­ran­tie­un­ter­la­gen nicht auf­ge­fal­len, dass das Fahr­zeug in den Nie­der­lan­den zum Stra­ßen­ver­kehr zu­ge­las­sen ge­we­sen sei; da­von ha­be sie erst durch ei­ne Mit­tei­lung des nie­der­län­di­schen Im­por­teurs vom Fe­bru­ar 1995 Kennt­nis er­langt. S ha­be be­reits an­läß­lich der Über­ga­be der Ga­ran­tie­pa­pie­re ge­gen­über dem Ge­schäfts­füh­rer der Be­klag­ten Be­den­ken we­gen ei­ner Zu­las­sung in den Nie­der­lan­den ge­äu­ßert, die der Ge­schäfts­füh­rer der Be­klag­ten je­doch zer­streut ha­be. Im Üb­ri­gen sei der Pkw ent­ge­gen der er­klär­ten Zu­si­che­rung nicht nur im Her­stel­ler­werk, son­dern von dem ein­ge­tra­ge­nen Hal­ter B im öf­fent­li­chen Stra­ßen­ver­kehr ge­fah­ren wor­den.

Nach­dem die Klä­ge­rin im Ju­li 1995 das Fahr­zeug für 177.750 DM (brut­to) wei­ter­ver­äu­ßert hat­te, hat sie ih­ren Zah­lungs­an­trag auf 108.180 DM er­mä­ßigt, ih­re Zins­for­de­rung ent­spre­chend re­du­ziert und be­an­tragt fest­zu­stel­len, dass der An­trag im Üb­ri­gen er­le­digt sei. Die tech­ni­schen Män­gel hat sie im wei­te­ren Ver­lauf des Rechts­streits nicht mehr gel­tend ge­macht. Die Ur­sa­chen für den beim Wei­ter­ver­kauf ent­stan­de­nen Ver­lust sieht sie in der Wert­min­de­rung durch die Vor­zu­las­sung, die pri­va­te Nut­zung durch den Hal­ter B und die Wei­ge­rung der Be­klag­ten, das Fahr­zeug so­fort zu­rück­zu­neh­men.

Die Be­klag­te be­haup­tet, die Klä­ge­rin ha­be schon bei Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges ge­wusst, daß der Pkw in den Nie­der­lan­den be­reits zu­ge­las­sen ge­we­sen sei; dies sei auch bei der Über­ga­be des Fahr­zeugs und der Fahr­zeug­pa­pie­re am 17.06.1994 mit S aus­führ­lich er­ör­tert wor­den.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat sie in dem zu­letzt noch zur Ent­schei­dung ge­stell­ten Um­fang dem Grun­de nach für ge­recht­fer­tigt er­klärt, die Er­le­di­gung des Rechts­streits im Üb­ri­gen fest­ge­stellt und die Sa­che zur Ent­schei­dung über die Hö­he des Zah­lungs­an­spruchs an das Land­ge­richt zu­rück­ver­wie­sen. Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat aus­ge­führt:

Die Klä­ge­rin ha­be dem Grun­de nach ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch ge­mäß § 463 Satz 1 BGB, weil der Kauf­sa­che die zu­ge­si­cher­te Ei­gen­schaft „Neu­fahr­zeug“ feh­le. Die Be­zeich­nung des Pkw als Neu­fahr­zeug stel­le näm­lich ei­ne Zu­si­che­rung i. S. des § 459 II BGB dar; der Hin­weis, dass mit dem Fer­ra­ri 200 Werks­ki­lo­me­ter ge­fah­ren sei­en, ste­he dem nicht ent­ge­gen, weil es sich da­bei nicht um ei­ne In­ge­brauch­nah­me zu Ver­kehrs­zwe­cken, viel­mehr um ei­ne Maß­nah­me der Qua­li­täts­kon­trol­le als Teil des Her­stel­lungs­pro­zes­ses han­de­le. Die zu­ge­si­cher­te Ei­gen­schaft feh­le dem Fahr­zeug be­reits al­lein auf­grund der am 05.01.1994 in den Nie­der­lan­den er­folg­ten Zu­las­sung zum öf­fent­li­chen Stra­ßen­ver­kehr. Da­mit sei un­ab­hän­gig von der tat­säch­li­chen Fahr­leis­tung des ers­ten Hal­ters ein Wert­ver­lust ein­ge­tre­ten, zu­mal stets die Un­ge­wiss­heit hin­sicht­lich der Rich­tig­keit ei­ner Ver­si­che­rung des Hal­ters, das Fahr­zeug nicht so be­nutzt zu ha­ben, blei­be und auch der an­ge­zeig­te Ki­lo­me­ter­stand nicht im­mer aus­sa­ge­kräf­tig sei. Au­ßer­dem ha­be die vor­aus­ge­gan­ge­ne Zu­las­sung auf ei­nen pri­va­ten Hal­ter ver­si­che­rungs­recht­li­che Nach­tei­le im Hin­blick auf die Neu­preis­ent­schä­di­gung ge­mäß § 13 II AKB. Für „grau“ im­por­tier­te Fahr­zeu­ge gel­te in­so­weit nichts an­de­res.

Die Be­klag­te ha­be nicht be­wie­sen, daßss­der für die Klä­ge­rin auf­ge­tre­te­ne Zeu­ge S Kennt­nis von dem Feh­len der zu­ge­si­cher­ten Ei­gen­schaft ge­habt ha­be. Der An­spruch der Klä­ge­rin sei mit­hin auch nicht nach § 460 BGB oder § 464 BGB aus­ge­schlos­sen. Die Klä­ge­rin kön­ne da­her im We­ge des Scha­dens­er­sat­zes den Min­der­er­lös ver­lan­gen, den sie auf­grund des Feh­lens der zu­ge­si­cher­ten Ei­gen­schaft ha­be hin­neh­men müs­sen. Un­ter die­sen Um­stän­den sei der Er­lass ei­nes Grun­dur­teils sach­dien­lich; die Hö­he des Scha­dens be­dür­fe wei­te­rer Auf­klä­rung. Zu die­sem Zweck hat das Be­ru­fungs­ge­richt das Ver­fah­ren an das Land­ge­richt zu­rück­ver­wie­sen.

Der ur­sprüng­li­che Kla­ge­an­trag auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeu­ges sei er­le­digt, da die Kla­ge im Zeit­punkt der Ver­äu­ße­rung des Pkw be­grün­det ge­we­sen sei; dies gel­te auch hin­sicht­lich des auf den Kauf­preis an­ge­rech­ne­ten Wer­tes des in Zah­lung ge­ge­be­nen Alt­wa­gens.

II. Die­se Aus­füh­run­gen hal­ten der recht­li­chen Nach­prü­fung nicht in al­len Punk­ten stand.

Nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts hat die Be­klag­te bei Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges über den Fer­ra­ri Testa­ros­sa zu­ge­si­chert (§ 459 II BGB), es han­de­le sich um ein „Neu­fahr­zeug mit Werks­ki­lo­me­tern“; die Zahl der „Werks­ki­lo­me­ter“ ha­be der Ge­schäfts­füh­rer der Be­klag­ten mit 200 an­ge­ge­ben. Den In­halt die­ser Er­klä­rung legt das Be­ru­fungs­ge­richt da­hin aus, dass es sich um ein neu­es Fahr­zeug han­de­le, wel­ches zwar auf werks­sei­ti­gen Pro­be- und Über­füh­rungs­fahr­ten 200 km zu­rück­ge­legt ha­be, je­doch nicht im öf­fent­li­chen Stra­ßen­ver­kehr be­nutzt wor­den sei; es sei fer­ner noch nicht auf ei­nen an­de­ren Kun­den zu­ge­las­sen ge­we­sen.

Hier­ge­gen wen­det sich die Re­vi­si­on mit Recht.

1. Recht­lich be­den­ken­frei ist al­ler­dings, daß das Be­ru­fungs­ge­richt die Er­klä­run­gen der Ver­käu­fe­rin als Ei­gen­schafts­zu­si­che­rung i. S. von § 459 II BGB ge­wür­digt hat. Dies ist bei der Er­klä­rung des Kraft­fahr­zeug-Ver­käu­fers, er lie­fe­re ein Neu­fahr­zeug, re­gel­mä­ßig der Fall (Se­nat, Urt. v. 06.02.1980 – VI­II ZR 275/78, NJW 1980, 1097; Urt. v. 18.06.1980 – VI­II ZR 185/79, NJW 1980, 2127). Wird die Er­klä­rung über die Neu­wa­gen­ei­gen­schaft des ver­kauf­ten Fahr­zeugs in der hier ge­sche­he­nen Wei­se (mit 200 Werks­ki­lo­me­tern) er­läu­tert und er­gänzt, so gilt nichts an­de­res.

2. Die Aus­le­gung der Zu­si­che­rung der Be­klag­ten durch das Be­ru­fungs­ge­richt ist in­des­sen nicht frei von Rechts­feh­lern.

a) Wel­chen In­halt ei­ne beim Kauf ei­nes Kraft­fahr­zeugs ab­ge­ge­be­ne Er­klä­rung, es han­de­le sich um ei­nen „Neu­wa­gen“, hat, lässt sich an­ge­sichts der Viel­zahl der mög­li­chen Fall­ge­stal­tun­gen nicht ein für al­le­mal fest­le­gen. Maß­ge­bend sind, wie auch sonst, die Um­stän­de des kon­kre­ten Fal­les und die zum Aus­druck ge­kom­me­nen Vor­stel­lun­gen der Par­tei­en. Dies gilt hier um­so mehr, als der Be­griff „Neu­wa­gen“ von der Be­klag­ten nicht iso­liert, son­dern mit ei­ner Ein­schrän­kung (mit 200 Werks­ki­lo­me­tern) ge­braucht wur­de.

b) Die Re­vi­si­on be­an­stan­det mit Recht, dass das Be­ru­fungs­ge­richt die Zu­si­che­rung der Be­klag­ten da­hin aus­ge­legt hat, dass ei­ne Zu­las­sung des Fahr­zeugs auf ei­nen an­de­ren Kun­den noch nicht er­folgt sei. Hier­bei hat das Be­ru­fungs­ge­richt in der Tat das Vor­brin­gen der Par­tei­en nicht er­schöp­fend ge­wür­digt.

aa) Zwar ver­bie­tet sich die Aus­le­gung, dass das Fahr­zeug nicht schon auf ei­nen an­de­ren Kun­den zu­ge­las­sen war, hier nicht be­reits des­halb, weil es sich – was bei­den Par­tei­en be­kannt war – um ein über die Nie­der­lan­de im­por­tier­tes Fahr­zeug han­del­te. In­so­weit hat das Be­ru­fungs­ge­richt feh­ler­frei aus­ge­führt, dass ein Er­fah­rungs­satz des In­halts, dass ein so­ge­nann­ten grau­er Im­port im­mer nur über ei­ne Ta­ges­zu­las­sung mög­lich sei, nicht exis­tie­re.

bb) Das Be­ru­fungs­ge­richt hat bei sei­ner Aus­le­gung je­doch die un­strei­ti­ge Tat­sa­che, dass das ver­kauf­te Fahr­zeug – wie bei­de Par­tei­en bei Kauf­ab­schluss wuss­ten – be­reits am 05.01.1994 in den Nie­der­lan­den an ei­nen an­de­ren Kun­den aus­ge­lie­fert wor­den war, nicht hin­rei­chend ge­wür­digt. Wird ein Kraft­fahr­zeug als „Neu­fahr­zeug“ ver­kauft, so ist des­sen be­reits er­folg­te Aus­lie­fe­rung an ei­nen an­de­ren Kun­den, wie das Be­ru­fungs­ge­richt in an­de­rem Zu­sam­men­hang durch­aus er­kennt, ein un­ge­wöhn­li­cher Um­stand. Der „Erst­kun­de“ wird durch die Über­ga­be des Fahr­zeugs an ihn je­den­falls tat­säch­lich in die La­ge ver­setzt, das Fahr­zeug im öf­fent­li­chen Stra­ßen­ver­kehr – et­wa mit ei­nem Über­füh­rungs­kenn­zei­chen – zu be­nut­zen. Für den Er­wer­ber be­steht in ei­nem sol­chen Fall das Ri­si­ko von Ma­ni­pu­la­tio­nen am Ki­lo­me­ter­zäh­ler, die auch von ei­nem Sach­ver­stän­di­gen nicht im­mer zu­ver­läs­sig auf­ge­deckt wer­den kön­nen. Es kann da­bei der Ver­dacht auf­kom­men, dass mit dem Wa­gen „et­was nicht stimmt“, wenn der Erst­be­sit­zer ihn – sei es auch oh­ne in­zwi­schen er­folg­te Zu­las­sung – wie­der an den Händ­ler zu­rück­gibt. Dies al­les gilt in be­son­de­rem Maß, wenn – wie hier – zwi­schen der Aus­lie­fe­run­gen den nie­der­län­di­schen Erst­be­sit­zer und der Über­ga­be des Pkw an die Klä­ge­rin ein Zeit­raum von mehr als fünf Mo­na­ten liegt. Aus die­sem Grund muss bei ei­nem Wei­ter­ver­kauf des Fahr­zeugs mit ei­nem Preis­ab­schlag ge­rech­net wer­den, wenn der Zweiter­wer­ber wahr­heits­ge­mäß über die frü­he­re Aus­lie­fe­rung des Fahr­zeugs an ei­nen an­de­ren Kun­den auf­ge­klärt wird (vgl. BGH, Urt. v. 07.03.1978 – VI ZR 237/76, NJW 1078, 1373).

Aus den ge­nann­ten Grün­den ist beim Ver­kauf ei­nes be­reits vor über fünf Mo­na­ten an ei­nen an­de­ren Kun­den aus­ge­lie­fer­ten Pkw der Ge­brauch des Wor­tes „Neu­wa­gen“ an sich nicht mehr ge­recht­fer­tigt. Wenn die Par­tei­en ihn hier den­noch be­nutz­ten, liegt bei sei­ner Aus­le­gung die An­nah­me na­he, dass die­se Be­zeich­nung in ei­nem vom üb­li­chen Sprach­ge­brauch ab­wei­chen­den wei­te­ren Sinn zu ver­ste­hen oder je­den­falls von den Par­tei­en ver­stan­den wor­den ist. Ins­be­son­de­re ist un­ter den hier ge­ge­be­nen be­son­de­ren Um­stän­den nicht oh­ne Wei­te­res ein­sich­tig, dass der Be­griff „Neu­wa­gen“ da­hin zu ver­ste­hen ist, dass das Fahr­zeug nicht auch auf den Vor­be­sit­zer zu­ge­las­sen wor­den war. Für den hier ver­wen­de­ten Be­griff „Neu­wa­gen mit (200) Werks­ki­lo­me­tern“ gilt nichts an­de­res, weil mit dem ein­schrän­ken­den Zu­satz „mit Werks­ki­lo­me­tern“ ein an­de­rer Sach­ver­halt an­ge­spro­chen wird, als die Aus­lie­fe­rung an ei­nen Erst­kun­den.

Wenn das Be­ru­fungs­ge­richt die Zu­si­che­rung der Be­klag­ten den­noch in dem von ihm an­ge­nom­me­nen Sinn ver­ste­hen woll­te, hät­te dies ei­ner nä­he­ren Be­grün­dung un­ter Aus­ein­an­der­set­zung mit der Tat­sa­che be­durft, dass das ver­kauf­te Fahr­zeug be­reits seit län­ge­rer Zeit an ei­nen an­de­ren Kun­den aus­ge­lie­fert und dies bei­den Ver­trags­part­nern be­kannt war. Dies wird nach­zu­ho­len sein. Da­bei wird das Be­ru­fungs­ge­richt auch die Aus­sa­ge des Zeu­gen S zu wür­di­gen ha­ben, wo­nach der Ge­schäfts­füh­rer der Be­klag­ten am 20.06.1994 auf Fra­ge des Zeu­gen nach den Ein­tra­gun­gen im Di­rect-Li­ne-Heft er­klärt ha­ben soll, dies sei Quatsch oder Blöd­sinn, weil das Fahr­zeug noch nicht zu­ge­las­sen sei und er – der Zeu­ge – es auch schrift­lich hät­te, dass er ei­nen Neu­wa­gen ge­kauft ha­be. Die­se von dem Zeu­gen S wie­der­ge­ge­be­ne Äu­ße­rung er­folg­te zwar erst ei­ni­ge Ta­ge nach dem Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges; das be­deu­tet aber nicht von vorn­her­ein, daß sich aus ihr kei­ner­lei Rück­schlüs­se auf den In­halt der bei Ver­trags­schluss ge­ge­be­nen Zu­si­che­rung zie­hen lie­ßen. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat sich bis­her nicht fest­ge­legt, ob es die­ser Aus­sa­ge fol­gen will. Das wird aber, wenn es den In­halt der Aus­sa­ge für er­heb­lich hält, er­for­der­lich sein, wo­bei die Be­weis­last für den In­halt ei­ner Zu­si­che­rung i. S. von § 459 II BGB den Käu­fer trifft.

3. Die Re­vi­si­on wen­det wei­ter ein, et­wai­ge Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che der Klä­ge­rin sei­en ver­jährt; dies ha­be die Be­klag­te be­reits in ih­rer Be­ru­fungs­er­wi­de­rung gel­tend ge­macht. Das Be­ru­fungs­ge­richt ha­be je­doch die Ver­jäh­rungs­fra­ge rechts­feh­ler­haft nicht ge­prüft.

Die­ser Ein­wand ist je­den­falls in­so­fern be­rech­tigt, als nach dem un­strei­ti­gen Ge­sche­hens­ab­lauf und dem Vor­brin­gen der Be­klag­ten in den Tat­sa­chen­in­stan­zen sich dem Be­ru­fungs­ge­richt die Prü­fung hät­te auf­drän­gen müs­sen, ob die Be­klag­te sich ge­gen­über den Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­chen der Klä­ge­rin auf Ver­jäh­rung be­ru­fen hat und ob die­se Ein­re­de be­grün­det war.

a) Nach dem über­ein­stim­men­den Vor­trag der Par­tei­en wur­de das Fahr­zeug am 17.06.1994 an die Klä­ge­rin über­ge­ben. Die sechs­mo­na­ti­ge Ver­jäh­rungs­frist des § 477 I 1 BGB lief mit­hin am 17.12.1994 ab, so­weit sie nicht vor­her un­ter­bro­chen oder ge­hemmt war. Auf die Kennt­nis der Klä­ge­rin, die nach ih­rer Be­haup­tung erst im Fe­bru­ar 1995 über die in den Nie­der­lan­den er­folg­te Zu­las­sung in­for­miert wor­den sein will, kommt es für den Be­ginn und Lauf der Ver­jäh­rungs­frist nicht an.

Durch die Er­he­bung der Kla­ge am 31.08.1994 und de­ren als­bal­di­ge Zu­stel­lung (am 06.09.1994) wur­de die Ver­jäh­rung un­ter­bro­chen (§§ 209 I, 270 II­II BGB). Die Kla­ge war zu­nächst je­doch, wie sich aus dem Be­ru­fungs­ur­teil und den von der Re­vi­si­on an­ge­führ­ten Ak­ten­stel­len er­gibt, aus­schließ­lich auf tech­ni­sche Män­gel des Fer­ra­ri ge­stützt. Nach den Grün­den des Be­ru­fungs­ur­teils hat die Klä­ge­rin al­ler­dings noch im Lau­fe des ers­ten Rechts­zu­ges ih­ren An­spruch auch auf das Feh­len ei­ner zu­ge­si­cher­ten Ei­gen­schaft we­gen der in den Nie­der­lan­den er­folg­ten Zu­las­sung ge­stützt, und zwar – den Aus­füh­run­gen der Re­vi­si­on zu­fol­ge – in ei­nem am 24.02.1995 beim Land­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz vom 23.02.1995. Dies wä­re, da die Un­ter­bre­chungs­wir­kung der Kla­ge­er­he­bung sich nur auf die in der Kla­ge­schrift ge­rüg­ten be­stimm­ten Män­gel er­streckt (RGZ 78, 295 [297]; Se­nat, Urt. v. 14.05.1957 – VI­II ZR 231/56, LM BGB § 477 I Nr. 1; RGRK-BGB/Mez­ger, 12. Aufl., § 477 Rn. 18; vgl. auch Se­nat, Urt. v. 20.11.1996 – VI­II ZR 184/95, NJW 1997, 727 für die Ver­jäh­rungs­hem­mung), ver­spä­tet, weil die Sechs­mo­nats­frist des § 477 I 1 BGB zu die­sem Zeit­punkt schon ab­ge­lau­fen war.

b) Für ei­ne Hem­mung der Ver­jäh­rung las­sen sich dem Be­ru­fungs­ur­teil An­halts­punk­te nicht ent­neh­men.

c) Da der Rechts­streit oh­ne­hin an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­ver­wie­sen wer­den muss, hat die Vor­in­stanz auf­grund der er­neu­ten münd­li­chen Ver­hand­lung Ge­le­gen­heit, sich auch mit der Ver­jäh­rungs­fra­ge zu be­fas­sen, so­weit es dar­auf an­kommt (vgl. da­zu un­ten d).

d) Auf die Ver­jäh­rungs­frist des § 477 BGB kä­me es al­ler­dings nicht an, wenn auf­grund der Aus­le­gung der bei Ver­trags­schluss ab­ge­ge­be­nen Er­klä­run­gen der Par­tei­en und der Be­weis­wür­di­gung durch das Be­ru­fungs­ge­richt da­von aus­zu­ge­hen wä­re, dass die Be­klag­te die frü­he­re Erst­zu­las­sung auf ei­nen an­de­ren Kun­den arg­lis­tig ver­schwie­gen hät­te. Die Klä­ge­rin hat ih­ren Scha­dens­er­satz­an­spruch in der Vor­in­stanz auch auf die­sen Sach­ver­halt ge­stützt (§ 463 Satz 2 BGB). Das Be­ru­fungs­ge­richt wird dies auf­grund der er­neu­ten Ver­hand­lung, so­weit es dar­auf noch an­kommt, eben­falls zu über­prü­fen ha­ben. Für die Ver­jäh­rung die­ses An­spruchs wür­de nicht die sechs­mo­na­ti­ge (vgl. § 477 I 1 Halb­satz 2 BGB), son­dern die drei­ßig­jäh­ri­ge Frist des § 195 BGB gel­ten.

4. Da die dar­ge­leg­ten Rechts­feh­ler sich auch auf den Aus­spruch über die Er­le­di­gung des Rechts­streits „im Üb­ri­gen“ er­stre­cken, war das Be­ru­fungs­ur­teil auch in­so­weit auf­zu­he­ben.

5. Ei­ne ei­ge­ne Sach­ent­schei­dung ist dem Se­nat ver­wehrt (§ 565 III ZPO). Ge­mäß § 565 I ZPO war die Sa­che da­her zur an­der­wei­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen.

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