Zur Fra­ge der Un­er­heb­lich­keit ei­ner Min­de­rung des Wer­tes (§ 459 I 2 BGB) ei­nes fa­brik­neu­en Kraft­fahr­zeugs we­gen er­höh­ten Kraft­stoff­ver­brauchs.

BGH, Ur­teil vom 14.02.1996 – VI­II ZR 65/95

Die­se Ent­schei­dung ist zum „al­ten“ Schuld­recht und vor In­kraft­tre­ten der ZPO-Re­form 2002 er­gan­gen. Sie kann nicht oh­ne Wei­te­res auf das seit dem 01.01.2002 gel­ten­de Recht über­tra­gen wer­den (so ist z. B. an die Stel­le der Wan­de­lung der Rück­tritt vom Kauf­ver­trag ge­tre­ten). Die ge­nann­ten Vor­schrif­ten exis­tie­ren heu­te mög­li­cher­wei­se nicht mehr oder ha­ben ei­nen an­de­ren In­halt.

Sach­ver­halt: Die Ehe­frau des Klä­gers kauf­te im Ok­to­ber 1991 von der Be­klag­ten ei­nen fa­brik­neu­en Pkw Vol­vo 945 TD Au­to­ma­tik zum Preis von 53.765 DM. Grund­la­ge der Ver­kaufs­ver­hand­lun­gen war der Her­stel­ler­pro­spekt. Die­ser gibt den Kraft­stoff­ver­brauch für das ver­kauf­te Fahr­zeug für den Stadt­ver­kehr mit 9,8 l, für ei­ne Ge­schwin­dig­keit von kon­stant 90 km/h mit 6,3 l und für ei­ne Ge­schwin­dig­keit von kon­stant 120 km/h mit 8,5 l an. Nach der Aus­lie­fe­rung des Fahr­zeugs am 10.02.1992 rüg­te die Käu­fe­rin mehr­fach Män­gel, über die die Par­tei­en strei­ten. Der Klä­ger be­gehrt aus ab­ge­tre­te­nem Recht sei­ner Ehe­frau Wan­de­lung des Kauf­ver­trags und Er­stat­tung der Kos­ten, die für er­höh­ten Kraft­stoff­ver­brauch und für die Un­ter­stel­lung des seit 01.12.1992 ab­ge­mel­de­ten Fahr­zeugs ent­stan­den sein sol­len.

Der Klä­ger hat vor­ge­tra­gen, der In­ha­ber der Be­klag­ten ha­be der Käu­fe­rin bei Ver­trags­ab­schluss zu­ge­si­chert, der Durch­schnitts­ver­brauch des Fahr­zeugs lie­ge bei 8,0 l Die­sel­kraft­stoff pro 100 km. Tat­säch­lich ver­brau­che das Fahr­zeug im Schnitt 11,0 l pro 100 km. Wei­te­re Män­gel be­stün­den dar­in, dass Mo­tor­leis­tung und Höchst­ge­schwin­dig­keit die vom Werk an­ge­ge­be­nen Wer­te nicht er­reich­ten, beim Schal­ten Knall­ge­räu­sche auf­trä­ten und das au­to­ma­ti­sche Ge­trie­be im Ge­schwin­dig­keits­be­reich zwi­schen 60 und 70 km/h un­ru­hig hin und her schal­te. Fer­ner sei die Bei­fah­rer­tür un­dicht und das Wind­leit­blech auf der rech­ten Sei­te nicht fach­ge­recht an den Kot­flü­gel an­ge­schlos­sen.

Die Be­klag­te hat die be­haup­te­te Zu­si­che­rung und die gel­tend ge­mach­ten Män­gel be­strit­ten, sich ge­gen die Hö­he der Kla­ge­for­de­rung ge­wandt, so­weit die­se den um ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung ver­min­der­ten Kauf­preis für das Neu­fahr­zeug über­steigt, und die Ein­re­de der Ver­jäh­rung er­ho­ben.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen; die Be­ru­fung des Klä­gers hat­te kei­nen Er­folg. Auf die Re­vi­si­on des Klä­gers wur­de das Be­ru­fungs­ur­teil auf­ge­ho­ben und die Sa­che an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­ver­wie­sen.

Aus den Grün­den: I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat aus­ge­führt:

Ein Scha­dens­er­satz­an­spruch we­gen des Feh­lens ei­ner zu­ge­si­cher­ten Ei­gen­schaft ste­he dem Klä­ger nicht zu, denn die Be­klag­te ha­be nicht zu­ge­si­chert, dass der ver­kauf­te Pkw nicht mehr als 8,0 l Die­sel­kraft­stoff pro 100 km ver­brau­che. Der schrift­li­che Kauf­ver­trag ent­hal­te kei­ne Zu­si­che­run­gen der Ver­käu­fe­rin. Die vom Klä­ger be­haup­te­te münd­li­che Er­klä­rung des In­ha­bers der Be­klag­ten, der Neu­wa­gen ver­brau­che eben­so­viel Kraft­stoff wie der in Zah­lung ge­ge­be­ne al­te Pkw Vol­vo, ha­be die Käu­fe­rin ver­nünf­ti­ger­wei­se nicht als Zu­si­che­rung ei­nes be­stimm­ten Kraft­stoff­ver­brauchs des Neu­wa­gens auf­fas­sen kön­nen. Da­zu sei die An­ga­be zu un­be­stimmt, und zum Kraft­stoff­ver­brauch ei­nes kon­kre­ten Neu­wa­gens kön­ne der Ver­käu­fer re­gel­mä­ßig kei­ne An­ga­ben ma­chen.

Auch ein Recht auf Wan­de­lung be­ste­he nicht, denn das Fahr­zeug sei nach dem zu Be­weis­zwe­cken ein­ge­hol­ten Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen Dipl.-Ing. G bei Über­ga­be män­gel­frei ge­we­sen. Mo­tor­leis­tung und Höchst­ge­schwin­dig­keit ent­sprä­chen den Her­stel­ler­an­ga­ben. Der von dem Gut­ach­ter ge­mes­se­ne Kraft­stoff­ver­brauch lie­ge zwar über den Her­stel­ler­an­ga­ben; die Ab­wei­chung sei je­doch un­er­heb­lich und be­rech­ti­ge da­her nach § 459 I 2 BGB nicht zur Wan­de­lung. Der er­höh­te Kraft­stoff­ver­brauch wir­ke sich al­lein auf die Be­triebs­kos­ten und da­mit auf den Wert des Pkw aus, fal­le aber mit jähr­lich cir­ca 240 DM (bei ei­ner Fahr­leis­tung von 20.000 km pro Jahr) im Ver­hält­nis zu den Ge­samt­kos­ten des Fahr­zeugs von jähr­lich rund 14.000 DM bei wirt­schaft­li­cher Be­trach­tung nicht ins Ge­wicht. Ob der von dem Sach­ver­stän­di­gen er­mit­tel­te Kraft­stoff­ver­brauch von 15,6 l auf 100 km bei ei­ner Ge­schwin­dig­keit von kon­stant 160 km/h ei­nen Man­gel dar­stel­le, ste­he nicht fest. Der Her­stel­ler­pro­spekt ge­be für die­sen Ge­schwin­dig­keits­be­reich kei­ne Ver­brauchs­wer­te an. Der Sach­ver­stän­di­ge ha­be aus­drück­lich er­klärt, zum Soll­zu­stand kei­ne An­ga­ben ma­chen zu kön­nen. Sei­ne Auf­fas­sung, der Kraft­stoff­ver­brauch sei in­so­weit zu hoch, stüt­ze sich nur auf un­ver­bind­li­che und nicht über­prüf­ba­re An­ga­ben an­de­rer Vol­vo­fah­rer und sei des­halb nicht ver­wert­bar. Hin­zu kom­me, dass ei­ne Dau­er­ge­schwin­dig­keit von 160 km/h auf Land­stra­ßen über­haupt nicht und auf Au­to­bah­nen nur aus­nahms­wei­se ge­fah­ren wer­den kön­ne, so­dass ein er­höh­ter Kraft­stoff­ver­brauch bei die­ser Ge­schwin­dig­keit sich auf den Wert des Wa­gens nicht aus­wir­ke. Knall­ge­räu­sche beim Schal­ten ha­be der Sach­ver­stän­di­ge nicht fest­stel­len kön­nen. Die Re­ak­ti­on des au­to­ma­ti­schen Ge­trie­bes im Ge­schwin­dig­keits­be­reich zwi­schen 60 und 70 km/h sei tech­nisch be­dingt, nicht ab­än­der­bar und da­her kein Man­gel. Die fest­ge­stell­ten Ka­ros­se­rie­män­gel sei­en mit ge­rin­gem Ar­beits- und Kos­ten­auf­wand be­heb­bar und be­rech­tig­ten des­halb nicht zur Wan­de­lung des Ver­trags.

II. Die­se Aus­füh­run­gen hal­ten den An­grif­fen der Re­vi­si­on in ei­nem ent­schei­den­den Punkt nicht stand.

1. Oh­ne Er­folg wen­det sich die Re­vi­si­on al­ler­dings ge­gen die Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts, der In­ha­ber der Be­klag­ten ha­be mit sei­nen An­ga­ben zum Kraft­stoff­ver­brauch kei­ne Ei­gen­schaft des ver­kauf­ten Neu­wa­gens zu­ge­si­chert.

a) Ob ei­ne An­ga­be zur Kauf­sa­che le­dig­lich de­ren Be­schrei­bung dient oder ob mit ihr ei­ne Ei­gen­schaft zu­ge­si­chert wird, ist wie bei je­der Wil­lens­er­klä­rung nach an­er­kann­ten Aus­le­gungs­grund­sät­zen (§§ 133, 157 BGB) in ers­ter Li­nie da­nach zu be­ur­tei­len, in wel­chem Sin­ne der Käu­fer die An­ga­be ver­ste­hen durf­te (Se­nat, Urt. v. 28.11.1994 – VI­II ZR 53/94, BGHZ 128, 111, 114; Urt. v. 21.04.1993 – VI­II ZR 113/92, BGHZ 122, 256, 259). Ent­schei­dend für die An­nah­me ei­ner Zu­si­che­rung ist, dass aus der Sicht des Käu­fers der Wil­le des Ver­käu­fers er­kenn­bar wird, die Ge­währ für das Vor­han­den­sein ei­ner be­stimm­ten Ei­gen­schaft zu über­neh­men und für al­le Fol­gen ih­res Feh­lens ein­zu­ste­hen (Se­nat, Urt. v. 28.11.1994 – VI­II ZR 53/94, BGHZ 128, 111, 114; Urt. v. 21.04.1993 – VI­II ZR 113/92, BGHZ 122, 256, 259; Urt. v. 13.12.1995 – VI­II ZR 328/94, ZIP 1996, 279 [un­ter II 2 a]; Urt. v. 16.10.1991 – VI­II ZR 140/90, WM 1992, 32 [un­ter II 1 b bb]). Da­bei kommt es ent­schei­dend dar­auf an, wie der Käu­fer nach sei­nen Ver­ständ­nis­mög­lich­kei­ten und von sei­nem Er­war­tungs­ho­ri­zont aus die Er­klä­run­gen des Ver­käu­fers bei ob­jek­ti­ver Wür­di­gung der Um­stän­de nach Treu und Glau­ben ver­ste­hen durf­te (Se­nat, Urt. v. 17.04.1991 – VI­II ZR 114/90, WM 1991, 1224 [un­ter II 2 a aa]).

b) Nach die­sen Maß­stä­ben hat die Vor­in­stanz die Zu­si­che­rung ei­nes be­stimm­ten Kraft­stoff­ver­brauchs rechts­feh­ler­frei ver­neint.

aa) Der Klä­ger hat kei­ne kon­kre­ten Äu­ße­run­gen des In­ha­bers der Be­klag­ten vor­ge­tra­gen, de­nen die Käu­fe­rin die Zu­si­che­rung ei­nes be­stimm­ten Kraft­stoff­ver­brauchs des ver­kauf­ten Neu­fahr­zeugs hät­te ent­neh­men kön­nen. Das gilt auch für die von der Re­vi­si­on an­ge­führ­ten Ak­ten­stel­len. Dort heißt es le­dig­lich, der In­ha­ber der Be­klag­ten ha­be „er­klärt“ bzw. „aus­drück­lich zu­ge­si­chert“, das Fahr­zeug ver­brau­che nicht mehr als durch­schnitt­lich 8 l Die­sel­kraft­stoff auf 100 km. Die blo­ße Er­klä­rung zum Kraft­stoff­ver­brauch konn­te die Käu­fe­rin oh­ne das Hin­zu­tre­ten wei­te­rer Um­stän­de nicht als Zu­si­che­rung in dem zu­vor be­schrie­be­nen Sin­ne ver­ste­hen. Mit wel­chen Wor­ten der an­ge­ge­be­ne Durch­schnitts­ver­brauch „aus­drück­lich zu­ge­si­chert“ wor­den sein soll, ist dem Klä­ger­vor­trag nicht zu ent­neh­men. Oh­ne die An­ga­be zu­min­dest des Wort­lauts lässt sich aber nicht be­ur­tei­len, ob die Käu­fe­rin die Ver­brauchs­an­ga­be als blo­ße Be­schaf­fen­heits­an­ga­be oder als Zu­si­che­rung ver­ste­hen durf­te.

bb) Es kommt hin­zu, dass bei der An­nah­me ei­ner still­schwei­gen­den Ei­gen­schafts­zu­si­che­rung für ein Neu­fahr­zeug, das nach Pro­spekt (Ka­ta­log) und Preis­lis­te beim Händ­ler be­stellt und vom Her­stel­ler erst aus­ge­lie­fert wird, Zu­rück­hal­tung ge­bo­ten ist (vgl. Se­nat, Urt. v. 28.11.1994 – VI­II ZR 53/94, BGHZ 128, 111, 114). Händ­ler­an­ga­ben in Be­zug auf ein sol­ches Fahr­zeug kann der Kun­de, wie das Be­ru­fungs­ge­richt rich­tig ge­se­hen hat, ver­nünf­ti­ger­wei­se nicht als Zu­si­che­rung ei­ner be­stimm­ten Fahr­zeug­ei­gen­schaft auf­fas­sen, weil der Händ­ler über die Be­schaf­fen­heit des kon­kre­ten Neu­fahr­zeugs aus ei­ge­nem Wis­sen kei­ne An­ga­ben ma­chen kann. Dass dies hier aus­nahms­wei­se an­ders ge­we­sen wä­re, zeigt die Re­vi­si­on nicht auf. An der von ihr an­ge­führ­ten Ak­ten­stel­le hat der Klä­ger das ent­schei­den­de Kri­te­ri­um für die An­nah­me ei­ner Zu­si­che­rung der Be­klag­ten viel­mehr ge­ra­de dar­in ge­se­hen, dass der In­ha­ber der Be­klag­ten der Käu­fe­rin den Ka­ta­log für das Fahr­zeug vor­leg­te, aus dem sich ein Durch­schnitts­ver­brauch von 8,1 l pro 100 km für den ver­kauf­ten Fahr­zeug­typ er­gibt.

cc) Die Qua­li­tät ei­ner Zu­si­che­rung ge­winnt die Ver­brauchs­an­ga­be des In­ha­bers der Be­klag­ten schließ­lich auch nicht da­durch, dass die Ehe­frau des Klä­gers er­kenn­bar be­son­de­ren Wert auf den Kraft­stoff­ver­brauch ge­legt und sich für das Vol­vo-Die­sel­fahr­zeug ge­ra­de we­gen sei­ner Wirt­schaft­lich­keit ent­schie­den hat. Al­ler­dings hat der er­ken­nen­de Se­nat ent­schie­den, dass ei­ner zu­vor ge­äu­ßer­ten Käu­fe­rer­war­tung in Be­zug auf Aus­stat­tungs­merk­ma­le ei­nes Neu­fahr­zeugs ent­schei­den­de Be­deu­tung für die Be­ur­tei­lung der Fra­ge zu­kom­men kann, ob An­ga­ben des Ver­käu­fers zur Aus­stat­tung des Fahr­zeugs als Zu­si­che­rung zu wer­ten sind. Legt der Käu­fer er­kenn­bar auf das Vor­han­den­sein ei­nes be­stimm­ten Aus­stat­tungs­merk­mals des zu er­wer­ben­den Kraft­fahr­zeugs Wert und macht er da­von den Ver­trags­schluss ab­hän­gig, so kann die Er­klä­rung des Ver­käu­fers, der dar­auf­hin ein Neu­fahr­zeug mit dem ver­lang­ten Aus­stat­tungs­merk­mal an­bie­tet, als Ga­ran­tie für das Vor­han­den­sein der er­wähn­ten Ei­gen­schaft zu wer­ten sein (Se­nat, Urt. v. 28.11.1994 – VI­II ZR 53/94, BGHZ 128, 111, 115). In dem ent­schie­de­nen Fall han­del­te es sich in­des­sen – an­ders als hier – um den Ver­kauf ei­nes kon­kre­ten, be­reits an den Händ­ler aus­ge­lie­fer­ten Neu­wa­gens. Un­ter sol­chen Um­stän­den darf der Käu­fer dar­auf ver­trau­en, der Ver­käu­fer ha­be sich durch Un­ter­su­chung des Fahr­zeugs oder durch Ein­sicht in des­sen tech­ni­sche Be­schrei­bung Ge­wiss­heit vom Vor­han­den­sein des Aus­stat­tungs­merk­mals ver­schafft, des­sen ent­schei­den­de Be­deu­tung für den Kauf­ent­schluss ihm zu­vor aus­drück­lich vor Au­gen ge­führt wor­den war. Ob das glei­che gel­ten wür­de, wenn ein Neu­fahr­zeug nach Ka­ta­log und Preis­lis­te über den Händ­ler be­stellt und vom Her­stel­ler erst aus­ge­lie­fert wird, hat der Se­nat aus­drück­lich of­fen­ge­las­sen. Für den hier zu ent­schei­den­den Fall ist die Fra­ge je­den­falls zu ver­nei­nen. Denn zum Kraft­stoff­ver­brauch ei­nes erst noch zu lie­fern­den Neu­fahr­zeugs kann auch der Händ­ler im Re­gel­fall und für den Käu­fer klar er­kenn­bar kei­ne kon­kre­ten An­ga­ben ma­chen, son­dern nur auf Pro­spekt- oder Ka­ta­log­anga­ben zu­rück­grei­fen. Führt er da­bei, wie dies hier nach ei­ge­ner Dar­stel­lung des Klä­gers ge­sche­hen ist, den Her­stel­ler­pro­spekt als Be­leg für sei­ne An­ga­ben zu be­stimm­ten Fahr­zeug­ei­gen­schaf­ten an, so kann für den Käu­fer kein Zwei­fel be­ste­hen, dass der Händ­ler da­mit nur über die typ­be­zo­ge­nen Her­stel­ler­an­ga­ben in­for­mie­ren will und kei­ne Ga­ran­tie für die Be­schaf­fen­heit des vom Her­stel­ler erst noch zu lie­fern­den kon­kre­ten Fahr­zeugs über­nimmt.

2. Von Rechts­feh­lern be­ein­flusst ist da­ge­gen die Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts, der fest­ge­stell­te Kraft­stoff­mehr­ver­brauch be­rech­ti­ge nicht zur Wan­de­lung, weil er den Wert des ver­kauf­ten Fahr­zeugs nur un­we­sent­lich min­de­re (§ 459 I 2 BGB).

a) Nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts liegt der von dem Sach­ver­stän­di­gen G nach DIN 70030 er­mit­tel­te Kraft­stoff­ver­brauch des ver­kauf­ten Vol­vo bei al­len drei Mess­zy­klen und im so­ge­nann­ten Drit­tel­mix über den Her­stel­ler­an­ga­ben. Die Ab­wei­chung be­trägt bei kon­stant 90 km/h 1,2 l auf 100 km (+ 19 %), bei kon­stant 120 km/h 1,3 l auf 100 km (+ 15 %), im Stadt­zy­klus 0,7 l auf 100 km (+ 7 %) und im Drit­tel­mix 1,1 l auf 100 km (+ 13 %).

Wo die Gren­ze ei­ner nicht mehr un­er­heb­li­chen Ab­wei­chung von Ver­brauchs­an­ga­ben des Fahr­zeug­her­stel­lers ver­läuft, ist bis­lang höchst­rich­ter­lich nicht ge­klärt. Auch die Recht­spre­chung der In­stanz­ge­rich­te lässt kein ein­heit­li­ches Bild er­ken­nen.

aa) Die bis­lang hier­zu er­gan­ge­nen Ent­schei­dun­gen be­tra­fen zum über­wie­gen­den Teil Fäl­le, in de­nen die Ab­wei­chung mehr als 20 % be­trug (OLG Mün­chen, Urt. v. 16.12.1986 – 13 U 4562/86, NJW 1987, 3012: mehr als 41 % bei 90 km/h und mehr als 29 % bei 120 km/h; OLG Zwei­brü­cken, Urt. v. 21.01.1982 – 4 U 163/81, DAR 1982, 162: Über­schrei­tun­gen zwi­schen 31 % und 68 %; Urt. v. 29.06.1983 – 7 U 94/82, DAR 1984, 87: Über­schrei­tung um 68 % bei kon­stant 120 km/h; LG Hechin­gen, Urt. v. 19.02.1988 – 2 O 59/87, DAR 1988, 426: Über­schrei­tung der Her­stel­ler­an­ga­ben in zwei der drei Mess­be­rei­che um 22 % bzw. 25 %; LG Braun­schweig, Urt. v. 30.06.1989 – 3 O 87/88, DAR 1989, 424: Über­schrei­tung um mehr als 20 % in zwei von drei Mess­be­rei­chen). Den ge­nann­ten Ent­schei­dun­gen ist in­des­sen zu ent­neh­men, dass auch ge­rin­ge­re Über­schrei­tun­gen be­reits als er­heb­li­cher Man­gel an­ge­se­hen wer­den. Das OLG Mün­chen be­rück­sich­tigt ne­ben dem Käu­fer­in­ter­es­se und der Be­deu­tung, die in der Au­to­wer­bung dem Kraft­stoff­ver­brauch bei­ge­mes­sen wird, den an­er­kannt ho­hen tech­ni­schen Stan­dard der heu­ti­gen Au­to­pro­duk­ti­on, der es recht­fer­ti­ge, die To­le­ranz­gren­ze nicht zu weit aus­zu­deh­nen. Das LG Hechin­gen nimmt an, die Ver­kehrs­auf­fas­sung se­he bei Ver­brauchs­wer­ten um 5–7 l pro 100 km ei­ne Über­schrei­tung der Pro­spekt­an­ga­ben um mehr als ei­nen Li­ter als „qua­li­ta­ti­ven Un­ter­schied“ an. Auch das LG Braun­schweig sieht im Kraft­stoff­ver­brauch ei­ne Ei­gen­schaft, die nach heu­ti­ger Ver­kehrs­auf­fas­sung den Wert ei­nes Fahr­zeugs maß­geb­lich be­ein­flus­se und der des­halb in der Ver­kaufs­wer­bung für Neu­wa­gen auch be­son­ders her­vor­ge­ho­ben wer­de; die Ver­brauchs­an­ga­ben müss­ten des­halb „an­nä­hernd“ ein­ge­hal­ten wer­den.

bb) Für er­heb­lich wer­den aber auch schon Ver­brauchs­ab­wei­chun­gen ge­hal­ten, die deut­lich un­ter 20 % lie­gen. Das OLG Ol­den­burg (Urt. v. 20.05.1988 – 11 U 125/87, NZV 1988, 225) hat dies bei ei­nem Kraft­stoff­mehr­ver­brauch von 13 % an­ge­nom­men. Das OLG Saar­brü­cken (zit. nach Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 5. Aufl., Rn. 417) zieht die Gren­ze im Drit­tel­mix bei ei­ner Über­schrei­tung um ca. 15 %, das LG Es­sen (Urt. v. 22.02.1989 – 5 O 256/87, VRS 77 [1989], 9) bei ei­ner sol­chen um 10 %. Rein­king (DAR 1990, 170) und Rein­king/Eg­gert (a. a. O.) se­hen die Feh­ler­gren­ze schon bei ei­nem Mehr­ver­brauch von 7 % als er­reicht an.

cc) Auch der er­ken­nen­de Se­nat hält ei­ne Ab­wei­chung von den Ver­brauchs­an­ga­ben des Her­stel­lers um – wie hier – 13 % im Drit­tel­mix nicht mehr für un­er­heb­lich.

Der Kraft­stoff­ver­brauch ist er­fah­rungs­ge­mäß ei­nes der we­sent­li­chen Aus­wahl­kri­te­ri­en für die Ent­schei­dung des Neu­wa­gen­käu­fers zwi­schen den ver­schie­de­nen in Be­tracht ge­zo­ge­nen Fahr­zeug­ty­pen. In Zei­ten stei­gen­der Kraft­stoff­prei­se und ge­stei­ger­ten Um­welt­be­wusst­seins kommt ihm ver­stärkt Be­deu­tung zu. Das zeigt sich nicht zu­letzt am ge­wan­del­ten Er­schei­nungs­bild der Kraft­fahr­zeug­wer­bung, die im­mer häu­fi­ger auf die An­ga­be von Mo­tor­leis­tung, Höchst­ge­schwin­dig­keit und Be­schleu­ni­gungs­wer­ten ver­zich­tet und statt des­sen ne­ben der Si­cher­heit vor al­lem güns­ti­ge Ver­brauchs­wer­te her­aus­stellt. Das gilt in be­son­de­rem Ma­ße für Die­sel­fahr­zeu­ge, bei de­nen der Kauf­in­ter­es­sent re­gel­mä­ßig hö­he­re An­schaf­fungs­kos­ten und ge­rin­ge­re Fahr­leis­tun­gen in Kauf nimmt, um in den Ge­nuss ei­nes be­son­ders güns­ti­gen Kraft­stoff­ver­brauchs zu ge­lan­gen.

b) So­weit das Be­ru­fungs­ge­richt den fest­ge­stell­ten Kraft­stoff­mehr­ver­brauch des­we­gen für un­er­heb­lich (§ 459 I 2 BGB) hält, weil er sich nicht auf die Ge­brauchs­taug­lich­keit, son­dern nur auf die Be­triebs­kos­ten und da­mit auf den Wert des Fahr­zeugs aus­wir­ke, die­sen aber nicht nen­nens­wert min­de­re, weil der Mehr­ver­brauch die Fahr­zeug­ge­samt­kos­ten von rund 14.000 DM jähr­lich nur un­we­sent­lich, näm­lich um et­wa 240 DM jähr­lich er­hö­he, ver­mag ihm der Se­nat nicht zu fol­gen.

Ent­schei­dend ist nicht, wie sich die Kos­ten des Kraft­stoff­mehr­ver­brauchs auf die Ge­samt­be­triebs­kos­ten, son­dern wie sie sich auf den Fahr­zeug­wert aus­wir­ken. Ein Kauf­in­ter­es­sent, der vom An­satz des Be­ru­fungs­ge­richts aus­ge­hend Kraft­stoff­mehr­kos­ten von rund 240 DM je 20.000 km an­setzt, wird die­se nicht in Be­zug set­zen zu den jähr­li­chen Ge­samt­be­triebs­kos­ten, son­dern zu der zu er­war­ten­den Ge­samt­fahr­leis­tung des Fahr­zeugs, an des­sen Er­werb er in­ter­es­siert ist. Die­se kann bei dem hier in Re­de ste­hen­den Fahr­zeug der ge­ho­be­nen Mit­tel­klas­se, das mit ei­nem 6-Zy­lin­der-Die­sel­mo­tor aus­ge­stat­tet ist, mit min­des­tens 200.000 km an­ge­setzt wer­den. Dar­aus er­rech­net sich ein Min­der­wert von cir­ca 2.400 DM. Ei­ne Wert­min­de­rung in die­ser Grö­ße hält der er­ken­nen­de Se­nat nicht mehr für un­er­heb­lich.

3. Da das Wan­de­lungs­be­geh­ren des Klä­gers auf der Grund­la­ge des von der Vor­in­stanz fest­ge­stell­ten Sach­ver­halts schon we­gen des er­höh­ten Kraft­stoff­ver­brauchs in den vom Her­stel­ler an­ge­ge­be­nen Mess­be­rei­chen be­grün­det ist, kann da­hin­ste­hen, ob das Be­ru­fungs­ge­richt die dar­über hin­aus gel­tend ge­mach­ten Fahr­zeug­män­gel mit Recht ver­neint hat.

4. Die von der Be­klag­ten er­ho­be­ne Ver­jäh­rungs­ein­re­de steht dem Wan­de­lungs­be­geh­ren nicht ent­ge­gen, denn die Ver­jäh­rung ist durch die am 30.10.1992 er­ho­be­ne Kla­ge in Ver­bin­dung mit der am 04.01.1993 ein­ge­reich­ten Ab­tre­tungs­er­klä­rung der Ehe­frau des Klä­gers un­ter­bro­chen wor­den. Die Ge­währ­leis­tungs­frist be­trägt nach Nr. 7 der All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen der Be­klag­ten ein Jahr ab Aus­lie­fe­rung. Ver­jäh­rung wä­re da­her erst im Fe­bru­ar 1993 ein­ge­tre­ten. Kei­ner Ent­schei­dung be­darf des­halb, wel­chen Ein­fluss die Nach­bes­se­rungs­ver­su­che der Be­klag­ten, auf die die Re­vi­si­on ver­weist, auf den Lauf der Ver­jäh­rungs­frist hat­ten.

III. Das kla­ge­ab­wei­sen­de Be­ru­fungs­ur­teil kann so­mit kei­nen Be­stand ha­ben. Ei­ne ab­schlie­ßen­de Ent­schei­dung in der Sa­che ist dem Se­nat ver­wehrt, weil es so­wohl zum tat­säch­li­chen Kraft­stoff­ver­brauch des ver­kauf­ten Fahr­zeugs als auch zur Hö­he des vom Klä­ger zu­rück­ver­lang­ten Kauf­prei­ses und zum Aus­maß der Fahr­zeug­nut­zung wei­te­rer Sach­auf­klä­rung be­darf. Der Be­klag­te hat die Fest­stel­lun­gen der Vor­in­stanz zum Kraft­stoff­ver­brauch in der münd­li­chen Re­vi­si­ons­ver­hand­lung mit Ver­fah­rens­rügen an­ge­grif­fen und ins­be­son­de­re be­män­gelt, das Be­ru­fungs­ge­richt ha­be nicht be­rück­sich­tigt, dass der bei der ers­ten Mes­sung des Sach­ver­stän­di­gen G er­mit­tel­te Kraft­stoff­mehr­ver­brauch, der dem Be­ru­fungs­ur­teil zu­grun­de liegt, je­den­falls zum Teil durch Ma­ni­pu­la­tio­nen des Klä­gers an Mo­tor und Hin­ter­achs­über­set­zung des Fahr­zeugs ver­ur­sacht wor­den sei; nach Wie­der­her­stel­lung des ur­sprüng­li­chen Fahr­zeug­zu­stands ha­be ei­ne zwei­te Mes­sung des Sach­ver­stän­di­gen ei­nen ge­rin­ge­ren Mehr­ver­brauch er­ge­ben.

Ob die­se Ein­wän­de be­rech­tigt sind, ver­mag der er­ken­nen­de Se­nat nicht zu be­ur­tei­len. Dem Be­ru­fungs­ur­teil ist hier­zu nichts zu ent­neh­men. Das Sit­zungs­pro­to­koll vom 11.01.1995, auf das der Tat­be­stand des Be­ru­fungs­ur­teils ver­weist, gibt das münd­lich er­stat­te­te Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen G nicht wie­der. Die von dem Sach­ver­stän­di­gen zu den Ak­ten ge­reich­ten An­la­gen ver­mö­gen oh­ne nä­he­re Er­läu­te­rung die Rü­gen des Re­vi­si­ons­be­klag­ten nicht zu stüt­zen. Die Sa­che war da­her un­ter Auf­he­bung des an­ge­foch­te­nen Ur­teils an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen (§ 565 I 1 ZPO).

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