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Tag: Widerrufsrecht

Kaskadenverweisung in Widerrufsinformation und Gesetzlichkeitsfiktion

Eine Widerrufsinformation, für die die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 II 3 EGBGB gilt, ist trotz einer Kaskadenverweisung („… alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB [z. B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit] …“) ordnungsgemäß. Daran ändert nichts, dass eine solche Kaskadenverweisung nach der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 26.03.2020 – C-66/19, ECLI:EU:C:2020:242 – Kreissparkasse Saarlouis) nicht dem Erfordernis genügt, einen Verbraucher „in klarer, prägnanter Form“ über die Widerrufsfrist und die anderen Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts zu informieren.

BGH, Beschluss vom 31.03.2020 – XI ZR 198/19

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Keine Kaskadenverweisung in Widerrufsinformation zu einem Verbraucherdarlehensvertrag

  1. Art. 10 II lit. p der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.04.2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates ist dahin auszulegen, dass zu den Informationen, die nach dieser Bestimmung in einem Kreditvertrag in klarer, prägnanter Form anzugeben sind, die in Art. 14 I Unterabs. 2 dieser Richtlinie vorgesehenen Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist gehören.
  2. Art. 10 II lit. p der Richtlinie 2008/48 ist dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass ein Kreditvertrag hinsichtlich der in Art. 10 dieser Richtlinie genannten Angaben auf eine nationale Vorschrift verweist, die selbst auf weitere Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats verweist.

EuGH (Sechste Kammer), Urteil vom 26.03.2020 – C-66/19 (JC/Kreissparkasse Saarlouis)

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Kein Fernabsatz-Widerrufsrecht bei nur ausnahmsweise mithilfe von Fernkommunikationsmitteln geschlossenem Kfz-Kaufvertrag

  1. Ein Kfz-Kaufvertrag ist nicht schon dann ein Fernabsatzvertrag i. S. § 312c I BGB, wenn er unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen ist. Erforderlich ist vielmehr auch, dass der Vertrag im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems geschlossen worden ist (§ 312c I Halbsatz 2 BGB). Ein solches System besteht, wenn der Kfz-Händler als Verkäufer mit – nicht notwendig aufwendiger – personeller und sachlicher Ausstattung innerhalb seines Betriebs die notwendigen organisatorischen Voraussetzungen geschaffen hat, um regelmäßig im Fernabsatz zu tätigende Geschäfte zu bewältigen. Dabei sind an die Annahme eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems insgesamt keine hohen Anforderungen zu stellen; nur bei Geschäften, die unter gelegentlichem, eher zufälligem Einsatz von Fernkommunikationsmitteln geschlossen werden, soll kein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht bestehen.
  2. Dementsprechend besteht mangels eines für den den Fernabsatz organisierten Vertriebssystems kein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht, wenn sich ein Kfz-Händler nur ausnahmsweise darauf einlässt, einen Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen mit einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zu schließen, während er üblicherweise solche Verträge im Anschluss an eine Fahrzeugbesichtigung „vor Ort“ schließt. Daran ändert nichts, dass der Händler das verkaufte Fahrzeug auf seiner eigenen Internetseite oder auf einer Internetplattform wie „mobile.de“ beworben hat.
  3. Indem ein Kfz-Händler einem Kaufinteressenten nach Erhalt einer Fahrzeugbestellung den Kaufpreis in Rechnung stellt, nimmt er regelmäßig den in der Bestellung liegenden Antrag auf Abschluss eines Kaufvertrags (§ 145 BGB) an. Denn die Aufforderung zur Zahlung des Kaufpreises ist aus der maßgeblichen Sicht des Kaufinteressenten (§§ 133, 157 BGB) so zu verstehen, dass der Verkäufer den ihm angetragenen Kaufvertrag schließen will, zumal er andernfalls die Zahlung des Kaufpreises gar nicht verlangen dürfte.
  4. Händigt ein Kfz-Händler einem Kunden, der ein Fahrzeug bestellt und – auf Aufforderung in Gestalt einer Rechnung – den Kaufpreis für dieses Fahrzeug gezahlt hat, die Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II aus, damit der Kunde das Fahrzeug schon vor der Übergabe zulassen kann, so nimmt er spätestens damit den in der Bestellung des Kunden liegenden Antrag auf Abschluss eines Kaufvertrags (§ 145 BGB) an. Denn durch die Übergabe der Fahrzeugpapiere erfüllt der Händler kaufvertragliche Pflichten (§ 433 I BGB). Damit bringt er aus der maßgeblichen Sicht des Kunden (§§ 133, 157 BGB) eindeutig zum Ausdruck, dass er den ihm angetragenen Kaufvertrag schließen will.

OLG Oldenburg, Urteil vom 12.03.2020 – 14 U 284/19
(vorangehend: LG Osnabrück, Urteil vom 16.09.2019 – 2 O 683/19)

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Zu den Pflichtangaben in einem mit einem Kfz-Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrag

  1. Zu den Angaben über das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags nach Art. 247 § 6 I Nr. 5 EGBGB a.F. gehört nicht die Information über das außerordentliche Kündigungsrecht des § 314 BGB, sondern nur – soweit einschlägig – die Information über das Kündigungsrecht gemäß § 500 I BGB a.F.
  2. Wird der nach Art. 247 § 6 II 2 EGBGB a.F. mitzuteilende pro Tag zu zahlende Zinsbetrag mit 0,00 € angegeben, ist die Widerrufsinformation für den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher klar und verständlich.
  3. Die nach Art. 247 § 7 Nr. 3 EGBGB a.F. erforderliche Information über die Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung ist klar und verständlich, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt.

BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 11/19

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Zu den Pflichtangaben in einem mit einem Kfz-Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrag

  1. Die Information über den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung nach Art. 247 § 3 I Nr. 11 EGBGB erfordert nicht die Angabe des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Prozentsatzes.
  2. Zu den Angaben über das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags nach Art. 247 § 6 I 1 Nr. 5 EGBGB gehört nicht die Information über das außerordentliche Kündigungsrecht des § 314 BGB, sondern nur – soweit einschlägig – die Information über das Kündigungsrecht gemäß § 500 I BGB.
  3. Wird der nach Art. 247 § 6 II 2 EGBGB mitzuteilende pro Tag zu zahlende Zinsbetrag mit 0,00 € angegeben, ist die Widerrufsinformation für den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher klar und verständlich.
  4. Die nach Art. 247 § 7 I Nr. 3 EGBGB erforderliche Information über die Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung ist klar und verständlich, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt.

BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18

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Widerruf eines an einem Messestand geschlossenen Kaufvertrags – Messestand als beweglicher Gewerberaum

Zur Frage des Widerrufs einer auf den Abschluss eines an einem Messestand geschlossenen Kaufvertrags gerichteten Willenserklärung.

BGH, Urteil vom 10.04.2019 – VIII ZR 82/17

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Pflicht zum Wertersatz (§ 357 VII BGB) nach Zulassung eines Pkw

Ein Verbraucher, der seine auf den Abschluss eines Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerruft und deshalb auch nicht mehr an einen mit dem Darlehensvertrag verbundenen Kfz-Kaufvertrag gebunden ist, kann gemäß § 357 VII BGB verpflichtet sein, dem Verkäufer Wertersatz für den Wertverlust zu leisten, den das Fahrzeug durch die Zulassung auf den Verbraucher erlitten hat. Denn die Zulassung eines Fahrzeugs und seine anschließende Nutzung gehen über die dem Käufer gemäß § 357 VII Nr. 1 BGB gestattete Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise des Fahrzeugs weit hinaus.

LG Heidelberg, Urteil vom 09.01.2019 – 1 S 34/18

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Messestand als beweglicher Gewerberaum im Sinne der Verbraucherrechterichtlinie

Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ist dahin auszulegen, dass ein Messestand eines Unternehmers wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende, an dem der Unternehmer seine Tätigkeiten an wenigen Tagen im Jahr ausübt, unter den Begriff „Geschäftsräume“ im Sinne dieser Bestimmung fällt, wenn in Anbetracht aller tatsächlichen Umstände rund um diese Tätigkeiten und insbesondere des Erscheinungsbilds des Messestands sowie der vor Ort auf der Messe selbst verbreiteten Informationen ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher vernünftigerweise damit rechnen konnte, dass der betreffende Unternehmer dort seine Tätigkeiten ausübt und ihn anspricht, um einen Vertrag zu schließen, was vom nationalen Gericht zu prüfen ist.

EuGH (Achte Kammer), Urteil vom 07.08.2018 – C-485/17 (Verbraucherzentrale Berlin e.V./Unimatic Vertriebs GmbH)

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Widerruf eines mit der Volkswagen Bank GmbH geschlossenen Verbraucherdarlehensvertrages I

Ein Verbraucherdarlehensvertrag i. S. des § 491 I BGB a.F. muss unter anderem „klar und verständlich“ Angaben über „das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags“ enthalten (§ 492 II BGB a.F. i. V. mit Art. 247 § 6 I Nr. 5 EGBGB a.F.). Dies bedeutet nach der Vorstellung des deutschen Gesetzgebers, dass dem Darlehensnehmer zu verdeutlichen ist, wie er selbst den Vertrag kündigen kann und wann eine Kündigung des Darlehensgebers wirksam ist. Der Darlehensnehmer muss deshalb auch darauf hingewiesen werden, dass eine außerordentliche Kündigung nach § 314 BGB möglich ist. Fehlt dieser Hinweis, so beginnt die Frist, innerhalb der der Darlehensnehmer sein Widerrufsrecht ausüben kann, erst mit Nachholung dieser Angabe (§ 356b II 1 BGB a.F. i. V. mit § 492 VI BGB a.F.).

LG Arnsberg, Urteil vom 17.11.2017 – I-2 O 45/17

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Kaufvertrag über einen bei „mobile.de“ beworbenen Pkw – Widerrufsrecht

  1. Ein Kfz-Händler nutzt ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebssystem i. S. § 312c I BGB, wenn er Fahrzeuge regelmäßig und systematisch auf einer Internetplattform (hier: „mobile.de“) bewirbt und Kaufinteressenten ermöglicht, ihn elektronisch oder telefonisch zu kontaktieren. Ein mit einem solchen Kfz-Händler unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossener Kaufvertrag ist deshalb ein Fernabsatzvertrag, sodass dem Käufer gemäß §§ 312g I, 355 BGB ein Widerrufsrecht zusteht.
  2. Ein nachträglicher Verzicht des Käufers auf sein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht ist mit Blick auf § 361 II BGB allenfalls wirksam, wenn er auf der Grundlage ausreichender Informationen erklärt wird. Der Verkäufer muss den Käufer deshalb zuvor zutreffend über das dem Käufer zustehende Widerrufsrecht informiert haben, damit der Käufer die Tragweite seines Verzichtserklärung abschätzen kann.

LG Dessau-Roßlau, Urteil vom 17.03.2017 – 2 O 522/16

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