Tag: Aufklärungspflicht
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Der Kunde einer Kfz-Vertragswerkstatt darf erwarten, dass er auf fällige oder unmittelbar bevorstehende Wartungsarbeiten (hier: Ersatz des Zahnriemens) hingewiesen wird. Eine Kfz-Vertragswerkstatt muss einen Kunden auf ein vom Fahrzeughersteller empfohlenes Auswechseln von Fahrzeugteilen aber (noch) nicht hinweisen, wenn das vom Hersteller empfohlene Wartungsintervall zum Zeitpunkt der Reparatur des Fahrzeugs noch nicht abgelaufen ist und auch nicht innerhalb der nächsten drei Monate abläuft.
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Eine Autoreparaturwerkstatt hat sich grundsätzlich darauf zu beschränken, die konkret in Auftrag gegebenen Arbeiten auszuführen. Nur bei ganz unbestimmten Reparaturaufträgen (z. B. „Motor läuft unrund” oder „Ölverlust”) hat sie alle konkret möglichen Ursachen für den Mangel zu überprüfen. Wird jedoch bei Durchführung der Reparaturarbeit ein die Betriebssicherheit des Fahrzeugs beeinträchtigender Mangel erkannt, so begründet dies dem Kunden gegenüber eine Mitteilungspflicht, damit der Kunde über Maßnahmen zur Beseitigung des Mangels entscheiden kann.
AG Brandenburg, Urteil vom 08.01.2007 – 31 C 59/06
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Ein Gebrauchtwagenhändler ist generell nicht verpflichtet, ein Fahrzeug vor dem Verkauf auf Mängel zu untersuchen. Eine Untersuchungspflicht ist aber bei Vorliegen besonderer Umstände (hier: Mitteilung des Voreigentümers über einen Unfallschaden) zu bejahen.
OLG Brandenburg, Urteil vom 08.12.2006 – 7 U 74/06
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- Ein „Transportschaden“ ist jede Beschädigung, die ein Fahrzeug während des Transports erleidet, wobei zum Transport nicht nur die eigentliche Beförderung des Fahrzeugs, sondern auch das Auf- und Abladen gehören. Der – mehrdeutige – Begriff „Transportschaden“ sagt deshalb nichts über das Ausmaß des Schadens aus; vielmehr können damit leichte Kratzer und Dellen ebenso gemeint sein wie ein gravierender, zum Beispiel bei Herunterfallen vom Transporter erlittener Schaden.
- Mangels näherer Erläuterungen darf der private Durchschnittskäufer eines Gebrauchtwagens davon ausgehen, dass ein ihm offenbarter „Transportschaden“ eine leichte bis mittelschwere Beschädigung ist. Mit schweren und schwersten Beschädigungen muss er ohne Weiteres nicht rechnen.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.08.2006 – I-1 U 233/05
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- Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens muss sich allenfalls dann vorwerfen lassen, er habe einen Unfallschaden des Fahrzeugs arglistig bagatellisiert, wenn er gegenüber dem Käufer wesentliche Unfallfolgen, von denen er annehmen musste, sie könnten für den Kaufentschluss des Käufers bedeutsam sein, nicht erwähnt hat. Eine arglistige Bagatellisierung eines Unfallschadens liegt deshalb nicht vor, wenn der Verkäufer unerwähnt lässt, dass die Motorhaube und ein Kotflügel nach dem Unfall jeweils eine Delle aufwiesen und die Motorhaube nur aus optischen Gründen, nämlich um Steinschlagschäden zu beseitigen, vollständig neu lackiert und beim Wiedereinbau in das Fahrzeug neu justiert wurde.
- Grundsätzlich trifft den Käufer die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Verkäufer es unterlassen hat, ihn über zu offenbarende Umstände (ausreichend) aufzuklären.
- Ein Käufer, der sich auf die Verbraucherschutzvorschriften der §§ 474 ff. BGB – etwa auf die Unwirksamkeit eines Gewährleistungsausschlusses nach § 475 I 1 BGB – beruft, muss grundsätzlich darlegen und beweisen, dass in seinem Fall ein Verbrauchsgüterkauf i. S. von § 474 I BGB vorliegt (im Anschluss an OLG Celle, Urt. v. 11.08.2004 – 7 U 17/04, NJW-RR 2004, 1645, 1646).
OLG Saarbrücken, Urteil vom 23.03.2006 – 8 U 204/05
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- Der Käufer eines älteren – hier zehn Jahre alten – Gebrauchtwagens kann zwar regelmäßig keine mangelfreie Lackierung des Fahrzeugs erwarten, sondern muss mit üblichen altersbedingten (Steinschlag-)Schäden rechnen. Ein Gebrauchtwagen, dessen Lackierung großflächige, nicht altersbedingte Flecken aufweist, die vermutlich von einem ätzendenb Reinigungsmittel (z. B. einem Felgenreiniger) verursacht wurden, ist aber i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft. Das gilt auch dann, wenn sich die Flecken durch Polieren des Lacks weitgehend entfernen lassen sollten.
- Weiß der Verkäufer eines – hier zehn Jahre alten – Gebrauchtwagens, dass das Fahrzeug nicht altersbedingte, einen Sachmangel begründende Lackschäden aufweist, die nur dann ohne Weiteres erkennbar sind, wenn das Fahrzeugäußere trocken ist, so muss er einen potenziellen Käufer auf diese Lackschäden jedenfalls dann hinweisen, wenn das Fahrzeug bei der Besichtigung durch den potenziellen Käufer nass ist.
OLG München, Urteil vom 21.03.2006 – 18 U 1936/05
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Eine Kfz-Werkstatt muss einen Kunden darauf hinweisen, dass sein Fahrzeug nicht für einen Betrieb mit Autogas geeignet ist. Bleibt unsicher, ob ein Betrieb mit Autogas problemlos möglich ist, muss der Kunde auf diese Unsicherheit und die mit dem Einbau einer Autogasanlage verbundenen Risiken hingewiesen werden.
OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 17.03.2006 – 8 U 211/05
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Ein gewerblicher Gebrauchtwagenverkäufer ist verpflichtet, den Käufer vor Abschluss des Kaufvertrags – auch ungefragt – über Unfallschäden zu informieren, wenn er sich nicht dem Vorwurf des arglistigen Verschweigens aussetzen will. Der bloße Hinweis „Unfallauto“ in einem schriftlichen Vertrag stellt keine ausreichende Information des Käufers über vorhandene Unfallschäden dar. Vielmehr ist der schlichte Hinweis, ein Fahrzeug sei ein „Unfallwagen“, wegen seiner Unbestimmtheit und Vieldeutigkeit als Bagatellisierung anzusehen.
LG Berlin, Urteil vom 20.12.2005 – 5 O 210/05
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Die Nutzungsentschädigung, die ein Kfz-Käufer dem Verkäufer bei der – hier: nach Bereicherungsrecht vorzunehmenden – Rückabwicklung des Kaufvertrags schuldet, ist bis zur Rückgewähr des Fahrzeugs bzw., wenn der Verkäufer mit der Annahme des Fahrzeugs in Verzug ist, bis zur Zwangsvollstreckung aus dem vom Käufer erstrittenen Zug-um-Zug-Titel zu berechnen. Dem muss das Gericht bei der Tenorierung, wenn also die Höhe der Nutzungsentschädigung noch nicht feststeht, dadurch Rechnung tragen, dass es die Nutzungsentschädigung nicht exakt beziffert, sondern lediglich ihre Berechnung vorgibt.
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Bei einer – hier wegen der Bagatellisierung eines erheblichen Unfallschadens erfolgten – Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist es Sache des Anfechtungsgegners (hier: des Kfz-Verkäufers) darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der Anfechtende (hier: der Kfz-Käufer) bereits länger als ein Jahr vor Zugang seiner Anfechtungserklärung Kenntnis von der arglistigen Täuschung hatte.
LG Berlin, Urteil vom 20.12.2005 – 3 O 52/05
(nachfolgend: KG, Urteil vom 18.12.2006 – 2 U 13/06)
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Ein als Gebrauchtwagen verkauftes Fahrzeug ist nicht schon deshalb mangelhaft, weil es aus einem EU-Mitgliedsstaat (hier: Spanien) nach Deutschland reimportiert wurde. Denn es wirkt sich auf die Beschaffenheit eines Fahrzeugs nicht aus, ob es erstmals innerhalb des nationalen Händlernetzes oder über das Ausland ausgeliefert wurde. Ein Sachmangel kann aber gegeben sein, wenn sich die Ausstattung des Fahrzeugs zum Nachteil des Käufers von der in Deutschland üblichen Serienausstattung unterscheidet (hier: fehlendes ESP).
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Der Umstand, dass ein Fahrzeug aus einem EU-Mitgliedsstaat nach Deutschland reimportiert wurde, stellt (noch) einen preisbildenden Faktor dar. Der Verkäufer muss den Käufer deshalb darüber aufklären, dass er einen „Reimport“ erwirbt. Verschweigt der Verkäufer dies, ist der Käufer zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 I BGB) berechtigt.
OLG Naumburg, Urteil vom 07.12.2005 – 6 U 24/05
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Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens darf sich dann nicht mit der bloßen Angabe des Datums der Erstzulassung begnügen, wenn zwischen der Herstellung des Fahrzeugs und dessen Erstzulassung zum Verkehr auf öffentlichen Straßen ein ungewöhnlich langer Zeitraum (hier: mehr als 2½ Jahre) lag. In einem solchen Fall muss der Verkäufer den Käufer vielmehr von sich aus über das wahre Alter des Fahrzeugs informieren, wobei diese Aufklärungspflicht einen gewerblichen Verkäufer in besonderem Maße trifft. Unterlässt der Verkäufer die gebotene Aufklärung, handelt er arglistig, weil er den offensichtlichen Irrtum des Käufers, das Fahrzeug sei zeitnah zu seiner Herstellung erstzugelassen worden sei, billigend in Kauf nimmt.
OLG Oldenburg, Urteil vom 28.10.2005 – 6 U 155/05
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