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Kategorie: Gebrauchtwagen

Offenbarungspflicht beim Gebrauchtwagenkauf – Marderschaden

  1. Ein Gebrauchtwagenhändler muss ein zum Verkauf stehendes Fahrzeug grundsätzlich nur einer fachmännischen äußeren Besichtigung („Sichtprüfung“) unterziehen. Ohne besondere Anhaltspunkte ist er nicht verpflichtet, das Fahrzeug auf Unfallschäden zu untersuchen oder eine in einer zentralen Datenbank des Herstellers etwa vorhandene „Reparaturhistorie“ des Fahrzeugs einzusehen (im Anschluss an BGH, Urt. v. 29.06.2013 – VIII ZR 183/12).
  2. Dass im Motorraum eines Fahrzeugs eine „Marderabwehranlage“ installiert ist, mag zwar für einen Gebrauchtwagenhändler bei einer Sichtprüfung erkennbar sein. Für sich betrachtet ist die Anlage aber kein Hinweis darauf, dass das Fahrzeug bereits einen Marderschaden erlitten hat. Denkbar ist vielmehr auch, dass sich der bisherige Eigentümer des Fahrzeugs mit der Anlage vor Marderschäden schützen wollte.

LG Aschaffenburg, Urteil vom 27.02.2015 – 32 O 216/14

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Keine Pflicht eines Gebrauchtwagenhändlers zur Prüfung des Kilometerstands auf Plausibilität

  1. Den Verkäufer eines Gebrauchtwagens trifft ohne Vorliegen besonderer Anhaltspunkte für eine Manipulation des Kilometerzählers nicht die Obliegenheit zu (weiteren) Nachforschungen. Er ist deshalb auch nicht verpflichtet, die zentrale Datenbank des Fahrzeugherstellers im Hinblick auf dort in der Vergangenheit erfasste Kilometerstände des Fahrzeugs abzufragen.
  2. Der Käufer eines Gebrauchtwagens darf in der Regel davon ausgehen, dass sich eine Kilometerangabe nicht auf den Tachometerstand, sondern auf die – für ihn entscheidende – Laufleistung des Fahrzeugs bezieht. Das gilt aber nicht, wenn durch Einschränkungen oder einen deutlichen gegenteiligen Hinweis für den Käufer erkennbar wird, dass sich die Kilometerangabe nicht auf die Laufleistung beziehen soll.
  3. Ein siebeneinhalb Jahre alter Pkw, der nicht wie im Kaufvertrag angegeben zwei, sondern bereits drei Vorbesitzer hatte, weist keinen zum Rücktritt berechtigenden (erheblichen) Mangel auf.

LG Kiel, Urteil vom 27.02.2015 – 3 O 25/14

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Arglistiges Verschweigen eines (gravierenden) Unfallschadens

  1. Ein arglistiges Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels ist nur gegeben, wenn der Verkäufer den Fehler kennt oder zumindest für möglich hält und er wenigstens damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Kaufvertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfasst damit nicht nur ein Handeln des Veräußerers, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines „Fürmöglichhaltens“ und „Inkaufnehmens“ reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss (im Anschluss an OLG Koblenz, Beschl. v. 24.01.2013 und v. 25.02.2013 – 3 U 846/12 u. a.).
  2. Ein Gebrauchtwagenkäufer handelt nicht deshalb grob fahrlässig i. S. des § 442 I 2 BGB, weil er das Fahrzeug vor Abschluss des Kaufvertrags nicht begutachten lässt, obwohl er weiß, dass es sich um einen „Unfallwagen“ handelt, ihm aber die Schwere des Unfalls nicht bekannt ist.

OLG Koblenz, Beschluss vom 27.02.2015 – 3 U 993/14
(nachfolgend: OLG Koblenz, Beschluss vom 25.03.2015 – 3 U 993/14)

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SIS-Eintrag eines Gebrauchtwagens als zum Rücktritt berechtigender Rechtsmangel

  1. Schon die bei Gefahrübergang (§ 446 Satz 1 BGB) wegen des Verdachts eines Eigentumsdelikts vorhandene Eintragung eines Kraftfahrzeugs in das Schengener Informationssystem (SIS) ist – unabhängig von den dem SIS-Eintrag zugrunde liegenden Umständen – ein Rechtsmangel i. S. von § 435 BGB. Dieser Mangel berechtigt den Käufer grundsätzlich zum Rücktritt vom Kaufvertrag, sofern der SIS-Eintrag auch noch im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung besteht.
  2. Eine rechtmäßig durchgeführte Beschlagnahme eines Kraftfahrzeugs in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren begründet jedenfalls dann einen Rechtsmangel (§ 435 BGB), wenn sie zumindest auch auf §§ 111b, 111c StPO gestützt wird und wenn der Sachverhalt, aufgrund dessen die Beschlagnahme erfolgt, schon bei Gefahrübergang (§ 446 Satz 1 BGB) bestand. Dass die Ermittlungsbehörden auch die Voraussetzungen einer Sicherstellung zu Beweiszwecken nach § 94 I StPO als erfüllt ansehen, steht der Annahme eines Rechtsmangels nicht entgegen.
  3. Eine Beschlagnahme eines Kraftfahrzeugs, der ein SIS-Eintrag wegen des Verdachts von Eigentumsdelikten zugrunde liegt, erfolgt zumindest auch, um das Fahrzeug – gleich ob für den Staat oder für den Verletzten bzw. den tatsächlichen Eigentümer im Rahmen der sogenannten Zurückgewinnungshilfe gemäß § 111b V StPO i. V. mit § 73 I 2 StGB – zu sichern.
  4. Ein gewerblicher Kfz-Verkäufer muss sich über die Herkunft eines zum Kauf angebotenen Kraftfahrzeugs und davon vergewissern, dass das Fahrzeug nicht gestohlen wurde. Weiß der Verkäufer positiv, dass dem Fahrzeug – hier: wegen eines SIS-Eintrags – ein Rechtsmangel (§ 435 BGB) anhaftet, oder hat er dafür zumindest greifbare, auf der Hand liegende Anhaltspunkte, so muss er dies einem Kaufinteressenten offenbaren.
  5. Dem Käufer eines im Schengener Informationssystem (SIS) eingetragenen Fahrzeugs kommt regelmäßig ein Anscheinsbeweis dahin zugute, dass er bei hinreichender Aufklärung über den SIS-Eintrag oder die ihm zugrunde liegenden Umstände vom Kauf des Fahrzeugs vollständig Abstand genommen hätte.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.02.2015 – I-22 U 159/14

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Abkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist in Gebrauchtwagen-AGB

  1. Durch die Klauseln VI Nr. 1 und Nr. 5 und VII Nr. 5 in den vom Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e. V. empfohlenen Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen kann die gesetzliche Verjährungsfrist für die Ansprüche des Käufers wegen eines Sachmangels auch gegenüber einem Verbraucher wirksam von zwei Jahren (§ 438 I Nr. 3 BGB) auf ein Jahr abgekürzt werden.
  2. Erklärt ein Gebrauchtwagenhändler, ein zum Verkauf stehendes Fahrzeug sei „lt. Vorbesitzer“ unfallfrei, ist dies eine reine Wissenserklärung, die weder zu einer Beschaffenheitsvereinbarung noch zu einer Beschaffenheitsgarantie führt (im Anschluss an BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05).

LG Lübeck, Urteil vom 16.02.2015 – 6 O 163/14

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Mangelnde Unfallfreiheit eines Gebrauchtwagens wegen Vandalismusschaden

Ein Fahrzeug ist nicht mehr unfallfrei, wenn es durch Vandalismus beschädigt wurde und ihm dabei großflächige, tief ins Blech gehende Kratzer zugefügt wurden.

LG Bochum, Urteil vom 06.02.2015 – 2 O 209/14

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Unwirksamer Gewährleistungsausschluss in Gebrauchtwagenkaufvertrag

Eine umfassende Freizeichnung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (hier: eines Gebrauchtwagenkaufvertrags), nach der die Haftung des Klauselverwenders auch für Körper- und Gesundheitsschäden sowie für sonstige Schäden auch bei grobem Verschulden ausgeschlossen ist, hält einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 309 Nr. 7 lit. a und b BGB nicht stand (im Anschluss an Senat, Urt. v. 22.11.2006 – VIII ZR 72/06, BGHZ 170, 67; Urt. v. 19.09.2007 – VIII ZR 141/06, BGHZ 174, 1).

BGH, Urteil vom 04.02.2015 – VIII ZR 26/14

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Sporadisches Aufleuchten der ABS-Kontrollleuchte als (geringfügiger) Sachmangel

Dass bei einem (hier 16 Jahre alten) Gebrauchtwagen sporadisch die ABS-Kontrollleuchte aufleuchtet, berechtigt den Käufer für sich genommen nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag. Vielmehr liegt ein erheblicher, den Käufer zum Rücktritt berechtigender Mangel allenfalls vor, wenn tatsächlich das Antiblockiersystem (ABS) des Fahrzeugs defekt ist. Indes geht das „unmotivierte“ Aufleuchten einer Kontrollleuchte nicht zwingend mit einem Defekt desjenigen Systems einher, zu dessen Kontrolle die Leuchte gedacht ist.

LG Aschaffenburg, Beschluss vom 03.02.2015 – 32 O 290/14

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Gutgläubiger Erwerb eines unterschlagenen Gebrauchtwagens

  1. Der Erwerber eines Gebrauchtwagens ist nicht schon dann gutgläubig i. S. des § 932 BGB, wenn er sich vom Veräußerer die Zulassungsbescheinigung Teil II (den Fahrzeugbrief) vorlegen lässt, um die Verfügungsberechtigung des Veräußerers prüfen zu können. Dies gehört vielmehr zu den Mindestvoraussetzungen für einen gutgläubigen Erwerb.
  2. Grobe Fahrlässigkeit i. S. des § 929 II BGB ist dem Erwerber eines Gebrauchtwagens dann vorzuwerfen, wenn besondere Umstände wie etwa ein besonders günstiger Kaufpreis seinen Verdacht erregen mussten, er aber dennoch keine sachdienlichen Nachforschungen unternommen hat, um sich über die Verfügungsbefugnis des Veräußerers zu vergewissern. Insoweit ist ein strenger Maßstab anzulegen.

LG München I, Urteil vom 02.02.2015 – 26 O 13347/14

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Arglist bei falschen Angaben in einem Internetinserat – „unfallfrei“

  1. Arglist setzt kein zielgerichtetes oder verwerfliches Verhalten voraus. Vielmehr genügt, wenn der Verkäufer ins Blaue hinein Angaben gegenüber dem Käufer macht, die sich später als falsch herausstellen. Deshalb muss sich ein Kfz-Verkäufer den Vorwurf der Arglist gefallen lassen, wenn er einen Gebrauchtwagen, der tatsächlich erheblich beschädigt ist, in einem Internetinserat ohne genaue Prüfung als „unfallfrei“ bewirbt.
  2. Will der Verkäufer eine im Vorfeld des Vertragsschlusses (hier: in einem Internetinserat) abgegebene Erklärung korrigieren, muss er sich an der Fehlvorstellung orientieren, die seine Erklärung beim Käufer hervorgerufen hat. Dem genügt ein Verkäufer, der einen Gebrauchtwagen als „unfallfrei“  angepriesen hat, nicht, wenn er lediglich mitteilt, die „Seitenwand hinten“ sei nachlackiert worden. Denn ein Käufer wird davon ausgehen, dass nur Bagatellschäden überlackiert worden sind.
  3. Die zu erwartende Gesamtlaufleistung eines 1996 erstzugelassenen Opel Tigra beträgt 200.000 Kilometer.

LG Heidelberg, Urteil vom 28.01.2015 – 1 S 22/13

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