Einem Leasingnehmer steht bei einem Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung kein gesetzliches Widerrufsrecht nach § 506 II BGB oder in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift zu.

OLG Hamm, Urteil vom 04.09.2020 – 30 U 32/20

Sachverhalt: Der Kläger erwarb von der M-AG auf der Grundlage einer Bestellung vom 04.12.2014 einen Pkw zum Preis von 59.738,00 €. Hinsichtlich dieses Fahrzeugs schlossen die Parteien sodann unter dem 15.12.2014 einen Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung, in den die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten einbezogen wurden. Vereinbart wurde, dass der Kläger 72 monatliche Leasingraten in Höhe von jeweils 684,49 € – insgesamt 49.283,28 € – zahlt. Der Kläger erhielt eine „Widerrufsinformation“ sowie die „Europäische[n] Standardinformationen für Verbraucherkredite“.

Nachdem der Kläger Raten in Höhe von insgesamt 34.908,48 € gezahlt hatte, erklärte er gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 12.10.2018 den Widerruf seiner auf den Abschluss des Leasingvertrags gerichteten Willenserklärung. Er forderte die Beklagte auf, ihm die geleisteten Raten Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs bis zum 26.10.2018 zurückzuzahlen. Die Beklagte wies mit Schreiben vom 15.10.2018 jegliche Ansprüche des Klägers zurück; ein Widerrufsrecht zugunsten des Klägers bestehe nicht mehr.

Mit seiner daraufhin erhobenen Klage hat der Kläger beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 34.908,48 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Pkw, zu verurteilen. Außerdem hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass der Beklagten seit Zugang des Widerrufs vom 12.10.2018 gegen ihn, den Kläger, keine Ansprüche auf Zins- und Tilgungsleistungen aus dem Leasingvertrag mehr hat. Schließlich hat der Kläger den Ersatz außergerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.954,46 € nebst Zinsen verlangt.

Er meint, aufgrund des von ihm erklärten – wirksamen Widerrufs – sei der Leasingvertrag rückabzuwickeln. Bei Leasingverträgen wie dem vorliegenden, wenn also ein Verbraucher ein Fahrzeug bei einem Kfz-Händler im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs erwerbe und der Händler die (vollständige oder teilweise) Finanzierung des Kaufpreises vermittele, handele es sich um typische Finanzierungshilfen i. S. des § 506 BGB. Er, der Kläger, habe den Widerruf auch rechtzeitig erklärt, weil die 14-tägige Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerrufsrecht nicht in Lauf gesetzt worden sein.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Für den Fall des vollständigen oder teilweisen Obsiegens des Klägers hat sie im Wege einer Hilfswiderklage beantragt festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, ihr Wertersatz in Höhe der Differenz zwischen dem Verkehrswert des Pkw zum Zeitpunkt der Übergabe und dem Verkehrswert zum Zeitpunkt der Herausgabe an sie, die Beklagte, zu leisten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass bei einem Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung kein Widerrufsrecht nach §§ 506 II, I, 495 BGB bestehe. Die in § 506 II BGB genannten Voraussetzungen lägen nicht vor. Auch eine analoge Anwendung von § 506 II 1 Nr. 3 BGB scheide mangels planwidriger Regelungslücke aus. Ein vertragliches Widerrufsrecht habe der Kläger im Oktober 2018 jedenfalls deshalb nicht mehr wirksam ausüben können, weil die dafür geltende 14-tägige Widerrufsfrist bereits abgelaufen gewesen sei.

Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers, der damit sein Klagebegehren weiterverfolgte, hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: II. Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Weder beruht die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO), noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (vgl. § 513 ZPO).

1. Im Hinblick auf die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken.

Auch der Feststellungsantrag … ist zulässig. Insbesondere besteht ein besonderes Feststellungsinteresse des Klägers i. S. von § 256 I ZPO, denn der Kläger hat ein rechtliches Interesse daran, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird.

Ein solches Interesse ist in der Regel gegeben, wenn der Beklagte sich eines Anspruchs gegen den Kläger berühmt. Die Rechtsstellung des Klägers ist schutzwürdig betroffen, wenn der Beklagte geltend macht, aus dem bestehenden Rechtsverhältnis könne sich unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch gegen den Kläger ergeben. Insoweit ist ausreichend, wenn der Beklagte die Wirksamkeit des Widerrufs bestreitet und damit das Fortbestehen vertraglicher Erfüllungsansprüche behauptet (vgl. BGH, Urt. v. 16.05.2017 – XI ZR 586/15, NJW 2017, 2340 Rn. 15).

So liegt der Fall hier. Denn die Beklagte bestreitet die Wirksamkeit des Widerrufs und beruft sich auf das Bestehen des Vertragsverhältnisses und der daraus resultierenden Leistungsansprüche.

Ein Feststellungsinteresse entfällt auch nicht deshalb, weil der Kläger … die Rückzahlung der geleisteten Leasingraten verlangt. Anders als im Falle einer positiven Feststellungsklage wird das wirtschaftliche Interesse des Klägers durch die Leistungsklage gerichtet auf Rückgewähr erbrachter Leistungen nicht abgedeckt, denn die negative Feststellungsklage geht insoweit darüber hinaus (vgl. BGH, Urt. v. 16.05.2017 – XI ZR 586/15, NJW 2017, 2340 Rn. 16).

2. Allerdings hat die Berufung des Klägers in der Sache keinen Erfolg.

a) Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung geleisteter Leasingraten in Höhe von 34.908,48 € Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Pkw mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer … verneint. Denn vorliegend fehlt es an einem wirksamen Widerruf durch den Kläger. Diesem stand kein Widerrufsrecht zu.

aa) Ein gesetzliches Widerrufsrecht gemäß § 355 I 1, §§ 495 I, 506 I 1 BGB konnte der Kläger für sich nicht in Anspruch nehmen. Denn die Vorschrift des § 506 I, II BGB ist auf einen Leasingvertrag, der auf einer Kilometerabrechnung basiert, nicht anwendbar, da es sich hierbei nicht um eine sonstige Finanzierungshilfe i. S. von § 506 I, II BGB handelt.

(1) Eine unmittelbare Anwendung von § 506 I, II BGB scheidet aus, weil die Voraussetzungen der § 506 II 1 Nr. 1 bis 3 BGB nicht vorliegen.

Eine Verpflichtung zum Erwerb des Gegenstandes i. S. von § 506 II 1 Nr. 1 BGB ist aus dem Leasingvertrag nicht ersichtlich und wird von den Parteien auch nicht vorgetragen. Nach XVI 6 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ist der Erwerb des Fahrzeugs durch den Leasingnehmer nach Vertragsablauf sogar ausgeschlossen.

Auch die Voraussetzungen von § 506 II 1 Nr. 2 BGB sind nicht erfüllt. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte als Unternehmerin von dem Kläger als Verbraucher den Erwerb des Leasinggegenstands verlangen kann.

Schließlich liegt auch keine entgeltliche Finanzierungshilfe i. S. von § 506 I, II 1 Nr. 3 BGB vor. Denn die Parteien haben nicht vereinbart, dass der Kläger bei Beendigung des Vertrags für einen bestimmten Wert des Gegenstands einzustehen hat.

Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs (BT-Drs. 16/11643, S. 92) erfasst § 506 II 1 Nr. 3 BGB die Fälle, in denen der Verbraucher eine Restwertgarantie übernimmt. Ein „bestimmter Wert“ ist nach der Gesetzesbegründung ein solcher, der im Vertrag als feste Zahl vereinbart ist.

Nach dem vorliegenden Leasingvertrag übernimmt der Kläger als Leasingnehmer keine Restwertgarantie. Es ist insoweit auch kein bestimmter Wert vereinbart. Vielmehr enthält der Leasingvertrag eine Bestimmung zu monatlichen Leasingraten sowie zu den Mehr- und Minderkilometer-Beträgen. Die Abrechnung erfolgt also auf der Grundlage der gefahrenen Kilometer und nicht anhand einer festen Zahl für den Wert des Gegenstands.

Auch die nach XVI 2 in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltene Pflicht zum Minderwertausgleich führt nicht zu einer Anwendung von § 506 II 1 Nr. 3 BGB. Denn auch insoweit liegt kein „bestimmter Wert des Gegenstands“ vor, der als feste Zahl vereinbart ist. Vielmehr ist bei Vertragsschluss offen, ob und wenn ja in welcher Höhe ein Ausgleich zum Ende der Vertragslaufzeit vorzunehmen ist.

Die Annahme einer Finanzierungshilfe i. S. von § 506 I BGB ohne Vorliegen der Voraussetzungen von § 506 II BGB ist nicht möglich. Denn § 506 I BGB stellt insoweit keinen Auffangtatbestand dar. Aus der Gesetzesbegründung geht die eindeutige Intention des Gesetzgebers hervor, dass es sich bei der Aufzählung in § 506 II BGB um eine abschließende handelt (so auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 02.10.2012 – 24 U 15/12, NJW-RR 2013, 1069). Hierfür sprechen auch der Wortlaut des § 506 II BGB („… gelten als entgeltliche Finanzierungshilfe, wenn vereinbart ist, dass …“) sowie die alternative Aufzählung.

(2) Auch eine analoge Anwendung von § 506 II 1 Nr. 3 BGB kommt nicht in Betracht. Denn es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke wie auch an einer vergleichbaren Interessenlage.

Die entsprechende Anwendung einer Vorschrift setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ob eine solche Gesetzeslücke vorliegt, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Gesetz muss also, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig sein (vgl. BGH, Urt. v. 28.05.2008 – VIII ZR 126/07, BeckRS 2008, 11430 Rn. 7). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

(a) Der 24. Zivilsenat des OLG Düsseldorf hat zwar in einer Entscheidung vom 02.10.2012 (24 U 15/12, NJW-RR 2013, 1069) eine analoge Anwendung von § 506 II 1 Nr. 3 BGB für Leasingverträge mit Kilometerabrechnung und damit auch das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke bejaht (in diesem Sinne auch MünchKomm-BGB/Schürnbrand/Weber, BGB, 8. Auf. [2019], § 506 Rn. 5; Palandt/Weidenkaff, BGB, 79. Aufl. [2020], § 506 Rn. 5). Zur Begründung hat er insbesondere auf die Rechtsprechung des BGH zum Verbraucherkreditgesetz (vgl. BGH, Urt. v. 24.04.1996 – VIII ZR 150/95, NJW 1996, 2033; Urt. v. 11.03.1998 – VIII ZR 205/97, NJW 1998, 1637) hingewiesen, wonach Kraftfahrzeug-Leasingverträge mit Kilometerabrechnung als Finanzierungsleasingverträge i. S. des § 3 II Nr. 1 VerbrKrG und damit als Kreditverträge in Form einer sonstigen Finanzierungshilfe i. S. von § 1 II VerbrKrG zu qualifizieren seien. Im Hinblick darauf sei es – so das OLG Düsseldorf – zu erwarten gewesen, dass sich der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung mit dieser Rechtsprechung auseinandergesetzt hätte, wenn mit der gesetzlichen Neuregelung eine so weitreichende Rechtsänderung gewollt gewesen wäre. Ferner sei die weitere Einbeziehung der Leasingverträge mit Kilometerabrechnung in das verbraucherschützende Regelwerk auch in der Sache gerechtfertigt. Der Leasinggeber erhalte in diesen Fällen, anders als der Vermieter, durch entsprechende Kalkulation der Leasingraten und die anschließende Verwertung des Fahrzeugs jedenfalls in aller Regel ohne erneutes Verleasen eine Vollamortisation. Dann sei der Leasingnehmer aber auch in gleicher Weise schutzwürdig wie bei Vertragsgestaltungen mit kalkuliertem und beziffertem Restwert.

(b) Demgegenüber ist in der neueren Rechtsprechung überwiegend die Auffassung vertreten worden, der Gesetzgeber habe Leasingverträge mit Kilometerabrechnung bewusst nicht als sonstige Finanzierungshilfen i. S. von § 506 I, II BGB qualifizieren wollen (vgl. OLG München, Urt. v. 18.06.2020 – 32 U 7119/19, BeckRS 2020, 13248, Rn. 21 ff.; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 03.06.2020 – 17 U 813/19, BeckRS 2020, 16135, Rn. 19 ff.; OLG München, Beschl. v. 30.03.2020 – 32 U 5462/19, BeckRS 2020, 5137, Rn. 15 ff.; OLG Brandenburg, Beschl. v. 11.02.2020 – 1 U 73/19; OLG Stuttgart, Urt. v. 29.10.2019 – 6 U 338/18, NJW-RR 2020, 299 Rn. 17 ff.).

(c) Letzterer Auffassung schließt sich der Senat an.

Aus der Tatsache, dass die Gesetzesbegründung Leasingverträge mit Kilometerabrechnung nicht erwähnt und auch nicht auf die angeführte Rechtsprechung des BGH zu der entsprechenden Anwendung der Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes für Finanzierungsleasingverträge auf Leasingverträge mit Kilometerabrechnung eingeht, folgt nicht, dass diese Verträge ebenfalls vom Regelungszweck des § 506 I, II BGB umfasst sein sollten (so aber OLG Düsseldorf, Urt. v. 02.10.2012 – 24 U 15/12, NJW-RR 2013, 1069, 1070 f.). Vielmehr spricht alles dafür, dass der Gesetzgeber die Leasingverträge mit Kilometerabrechnung bewusst nicht dem Anwendungsbereich des § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB unterworfen hat.

Es ist zum einen schon fernliegend, dass ihm die Rechtsprechung des BGH oder die Existenz von Leasingverträgen mit Kilometerabrechnung unbekannt war und deshalb keine Auseinandersetzung hiermit erfolgt ist (vgl. OLG München, Beschl. v. 30.03.2020 – 32 U 5462/19, BeckRS 2020, 5137 Rn. 24). Zum anderen handelt es sich bei § 506 BGB um eine Neuregelung, die auf einer von den vorherigen Regelungen abweichenden Regelungsabsicht beruht, wie aus der Gesetzesbegründung deutlich hervorgeht (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 29.10.2019 – 6 U 338/18, NJW-RR 2020, 299 Rn. 37). Den Entscheidungen des BGH lag demgegenüber eine andere, nicht vergleichbare gesetzliche Regelung zugrunde.

Der BGH ist in seinen Entscheidungen aus den Jahren 1996 und 1998 davon ausgegangen, dass das Verbraucherkreditgesetz Voll- und Teilamortisationsverträge erfasst. Es mache keinen Unterschied, auf welche Weise die Amortisation herbeigeführt werde, ob also durch Zahlung von Leasingraten oder teils durch Leasingraten, teils über den Ausgleich des kalkulierten Restwerts des Leasingobjekts. Eine vollständige Entlastung des Leasingnehmers vom Restwertrisiko liege auch in den Fällen des Leasingvertrags mit Kilometerabrechnung nicht vor. Denn dieser sei vertraglich verpflichtet, den Minderwert des Fahrzeugs auszugleichen. Dem Leasinggeber verbleibe lediglich das – gering zu veranschlagende – Risiko der Marktgängigkeit des Fahrzeugs bei Vertragsablauf und der richtigen internen Kalkulation des Restwerts. Erziele der Leasinggeber bei Kilometerabrechnungsverträgen durch die Veräußerung des Fahrzeugs einen Gewinn, müsse er zudem daran den Leasingnehmer anders als bei Teilamortisationsverträgen nicht beteiligen. Da eine „Amortisationslücke“ für den Leasinggeber bei Kilometerabrechnungsverträgen der vorliegenden Art nicht zu erwarten sei, seien sie als Finanzierungsleasing i. S. des § 3 II Nr. 1 VerbrKrG zu behandeln (vgl. BGH, Urt. v. 24.04.1996 – VIII ZR 150/95, NJW 1996, 2033, 2034 f.; Urt. v. 11.03.1998 – VIII ZR 205/97, NJW 1998, 1637, 1639).

Die Gesetzesbegründung zu § 506 BGB verweist zwar ebenfalls – im Hinblick auf die Verträge mit Restwertgarantie – auf die Vollamortisation des Vertragsgegenstands. Anknüpfungspunkt in § 506 BGB ist jedoch nicht der Begriff des Finanzierungsleasings, sondern der der entgeltlichen Finanzierungshilfe. Zu differenzieren ist für die Frage ihres Vorliegens dabei, ob es sich bei dem zwischen Verbraucher und Unternehmer geschlossenen Vertrag um eine Finanzierungshilfe oder um einen bloßen Gebrauchsüberlassungsvertrag, insbesondere einen Mietvertrag, handelt (BT-Drs. 16/11643, S. 92). Hintergrund hierfür ist die Regelung in Art. 1, 2 II lit. d der Verbraucherkreditrichtlinie (Richtlinie 2008/48/EG), die es umzusetzen galt. Hiernach sollten Verbraucherkreditverträge erfasst werden, nicht hingegen Miet- oder Leasingverträge, bei denen weder in dem Vertrag selbst noch in einem gesonderten Vertrag eine Verpflichtung zum Erwerb des Miet- bzw. Leasinggegenstands vorgesehen ist; von einer solchen Verpflichtung ist auszugehen, wenn der Kreditgeber darüber einseitig entscheidet (vgl. Art. 2 I, II lit. d der Verbraucherkreditrichtlinie).

Auch wenn der deutsche Gesetzgeber mit der Schaffung des § 506 II 1 Nr. 3 BGB über die Regelung in der Richtlinie hinausgegangen ist, hat er dennoch auch die vorgenannte Unterscheidung der Richtlinie zugrunde gelegt. Zur Begründung der Regelung in § 506 II 1 Nr. 3 BGB hat er nämlich angeführt, dass ein Vertrag mit einer Klausel über eine Restwertgarantie sich jedenfalls so deutlich vom Leitbild des Mietvertrags unterscheide, dass seine Besserstellung gegenüber anderen entgeltlichen Finanzierungshilfen nicht gerechtfertigt sei (BT-Drs. 16/11643, S. 92). Wenn er aber nur in solchen Fällen eine hinreichende Vergleichbarkeit zu finanzierten Käufen sah, hat er andere Finanzierungshilfen – auch den Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung – bewusst nicht dem Regelungsbereich des § 506 II 1 Nr. 3 BGB unterworfen.

Es fehlt überdies für eine analoge Anwendung aber auch an einer vergleichbaren Interessenlage.

Der Verbraucher soll durch § 506 BGB vor der unüberlegten Bindung an Geschäfte geschützt werden, die seine finanziellen Verhältnisse übersteigen.

Durch die Verschaffung der vorübergehend zusätzlichen Kaufkraft wird er in die Lage versetzt, Verträge zu schließen, bei denen es für ihn ansonsten klar ersichtlich wäre, dass sie ihn finanziell erheblich belasten oder sogar überfordern, und er von diesem Geschäft ansonsten Abstand nehmen würde. Im Falle eines Leasingvertrags, in dem ein konkret bezifferter Restwert angegeben ist, trägt der Leasingnehmer das Risiko für den zu Vertragsbeginn festgelegten Wert. In solchen Fällen erscheint er daher nicht weniger schutzwürdig als bei einer entgeltlichen Finanzierungshilfe zum Erwerb eines Gegenstands. Wie hoch die endgültige Zahlungsverpflichtung ist, ist zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht absehbar. Denn der kalkulierte Restwert entspricht nicht ohne Weiteres dem voraussichtlichen Zeitwert des Fahrzeugs zum Ende der Vertragszeit, da die Kalkulation auf der Höhe der Leasingraten und eventueller Sonderzahlungen beruht. Darüber hinaus sind die Entwicklungen am Gebrauchtwagenmarkt nicht immer abschätzbar, sodass eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem vereinbarten Restwert und dem tatsächlichen Marktwert bestehen kann. In jedem Fall muss der Leasingnehmer jedoch für den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vereinbarten Restwert des Fahrzeugs einstehen. Es besteht also auch hier die Gefahr, dass der Verbraucher seine finanziellen Möglichkeiten überschätzt und die Folgen der Eingehung des Vertrags unterschätzt (vgl. OLG München, Urt. v. 20.08.2019 – 34 O 2898/19, BeckRS 2020, 5137 Rn. 28 f.)

Anders verhält sich die Situation bei entgeltlichen Gebrauchsüberlassungsverträgen. In diesen Fällen sind die – in der Regel monatlichen – Belastungen klar ersichtlich (vgl. OLG München, Urt. v. 20.08.2019 – 34 O 2898/19, BeckRS 2020, 5137 Rn. 26 ff.).

Auch bei einem Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung liegt die Risikoverteilung anders als bei einem solchen mit Restwertgarantie. In diesem Fall trägt das Risiko für den Restwert nämlich der Leasinggeber. Der Leasingnehmer geht (nur) eine Verpflichtung über monatliche Zahlungen in bestimmter Höhe ein. Die Belastungen sind für ihn ohne Weiteres erkennbar und abschätzbar (vgl. OLG München, Urt. v. 18.06.2020 – 32 U 7119/19, BeckRS 2020, 13248, Rn. 28). Dass der Leasingnehmer gefahrene Mehrkilometer auszugleichen hat, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn die Beträge für gefahrene Mehrkilometer stehen von vornherein fest – so auch vorliegend –, und die Höhe der gefahrenen Mehrkilometer ist abhängig vom Willen und der Kontrolle des Leasingnehmers; hierauf hat er also Einfluss (OLG München, Beschl. v. 30.03.2020 – 32 U 5462/19, BeckRS 2020, 5137 Rn. 31; vgl. auch OLG Stuttgart, Urt. v. 29.10.2019 – 6 U 338/18, NJW-RR 2020, 299 Rn. 42). Dass er den Pkw zurückgibt und dadurch den darin verkörperten Wert leistet, stellt für den Leasingnehmer kein Risiko dar. Denn das Fahrzeug befindet sich bei ihm und er kann es unproblematisch zurückgeben (vgl. OLG München, Beschl. v. 30.03.2020 – 32 U 5462/19, BeckRS 2020, 5137 Rn. 30).

Die Pflicht zum Ausgleich eines Minderwerts rechtfertigt gleichfalls keine andere Bewertung. Vielmehr bestätigt dies gerade die Nähe zu den – gerade nicht erfassten – Mietverträgen, denn eine solche Pflicht besteht regelmäßig bei Mietverträgen. Auch die in der Regel erfolgte Abbedingung der mietrechtlichen Erhaltungspflichten steht dieser Wertung nicht entgegen. Denn insoweit erfolgt eine Kompensation durch die Abtretung der kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche des Leasinggebers gegen den Verkäufer (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 29.10.2019 – 6 U 338/18, NJW-RR 2020, 299 Rn. 42).

bb) Der Kläger kann sich auch nicht auf einen wirksamen Widerruf auf Grundlage eines vertraglichen Widerrufsrechts berufen.

(1) Zwischen den Parteien ist schon kein vertragliches Widerrufsrecht vereinbart worden.

Für die Frage, ob die Beklagte dem Kläger mit der Erteilung einer Widerrufsrechtsbelehrung ein selbstständiges (vertragliches) Widerrufsrecht einräumen oder nur der Verpflichtung zur Belehrung über ein – vermeintliches oder etwaiges – gesetzliches Widerrufsrecht nachkommen wollte, kommt es maßgeblich darauf an, wie ihr Handeln aus der Sicht eines durchschnittlichen Kunden bei der gebotenen objektiven Auslegung zu verstehen ist. Danach wollte die Beklagte vorliegend ersichtlich nur eine vermeintliche gesetzliche Pflicht erfüllen oder rein vorsorglich die Belehrung erteilen, sodass es auf die höchstrichterlich umstrittene Frage der Anwendbarkeit des § 305c BGB (s. einerseits BGH, Urt. v. 08.11.2018 – III ZR 628/16 Rn. 17 ff., und andererseits BGH, Beschl. v. 26.03.2019 – XI ZR 372/18 Rn. 17) nicht ankommt.

Zwar ist in der ausgehändigten „Widerrufsinformation“ die erste Überschrift „Widerrufsrecht“ nicht um das Wort „gesetzlich“ ergänzt. Und auch in dem darunter folgenden Satz „Der Leasingnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen.“ ist keine wörtliche Eingrenzung auf ein gesetzliches Widerrufsrecht enthalten. Indes wird schon im nachfolgenden Satz für den Beginn der Frist auf die „Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB“ und damit eindeutig auf die gesetzliche Regelung abgestellt.

Zudem spricht auch die oben auf der Seite befindliche Bezeichnung „Widerrufsinformation“ dafür, dass über die bestehende – und damit gesetzlich vorgegebene – Möglichkeit des Widerrufs und die Bedingungen informiert werden und hierdurch kein eigenständiges, neues Widerrufsrecht begründet werden sollte. Es wird also schon aus den Formulierungen deutlich, dass der Leasinggeber lediglich seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen will.

Darüber hinaus ist einem verständigen und redlichen Leasingnehmer klar, dass ein Leasinggeber, der Gewinnerzielung bezweckt, kein zusätzliches Widerrufsrecht für den Fall, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Widerrufsrecht nicht vorliegen, einräumen will, sondern sich lediglich an die gesetzlichen Vorgaben halten möchte.

(2) Selbst wenn man aber von einem vertraglichen Widerrufsrecht ausgehen würde, wäre ein Widerruf der am 15.12.2014 vonseiten des Klägers abgegebenen Willenserklärung wegen Fristablaufs am 12.10.2018 nicht mehr möglich gewesen.

Dass die Pflichtangaben nach § 492 II BGB für den Fristbeginn auch bei einem vertraglichen Widerrufsrecht eingehalten werden müssen und damit im Falle der Nichteinhaltung der Anforderungen die Frist später bzw. gar nicht zu laufen beginnt, ist nicht anzunehmen. Insoweit kann auch die Frage, ob die Anforderungen gemäß § 492 II BGB eingehalten wurden, dahinstehen.

Wenn ein Unternehmer einem Verbraucher, ohne dazu gesetzlich verpflichtet zu sein, ein Widerrufsrecht eingeräumt hat, bedarf es konkreter Anhaltspunkte in der getroffenen Vereinbarung dafür, dass zwar das Widerrufsrecht als solches von den gesetzlichen Voraussetzungen unabhängig sein, die für die Ausübung des Widerrufsrechts vereinbarte Frist gleichwohl nur dann in Gang gesetzt werden soll, wenn der Unternehmer dem Verbraucher zusätzlich eine Belehrung erteilt hat, die den Anforderungen für ein gesetzliches Widerrufsrecht entspricht (BGH, Urt. v. 06.11.2012 – II ZR 176/12, BeckRS 2012, 24615 Rn. 15 ff.). Solche Anhaltspunkte sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Ein verständiger und redlicher Leasingnehmer konnte nicht davon ausgehen, dass der Leasinggeber im Falle eines – ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen – zugebilligten vertraglichen Widerrufsrechts dem Leasingnehmer ein unbefristetes Widerrufsrecht für den Fall, dass die Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt, einräumen will. Allein der Umstand, dass sich die Beklagte bei den Formulierungen in der Widerrufsbelehrung an den Vorgaben des gesetzlichen Widerrufsrechts orientiert hat, genügt nicht für die Annahme, dass die Beklagte nicht bestehende Belehrungspflichten übernehmen und erfüllen wollte (BGH, Urt. v. 06.11.2012 – II ZR 176/12, BeckRS 2012, 24615 Rn. 19; vgl. OLG München, Urt. v. 18.06.2020 – 32 U 7119/19, BeckRS 2020, 13248 Rn. 32; Beschl. v. 30.03.2020 – 32 U 5462/19, BeckRS 2020, 5137 Rn. 36).

b) Infolgedessen besteht auch kein Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagte mit Zugang des Widerrufsschreibens gegenüber dem Kläger keine Ansprüche mehr auf Zins- und Tilgungsleistungen aus dem Leasingvertrag innehat.

c) Ferner besteht mangels Hauptforderung kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren gemäß §§ 280 I, II, 286 BGB.

d) Ein Zinsanspruch sowohl hinsichtlich zurückzuzahlender Leasingraten als auch bezüglich vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren entfällt damit ebenfalls.

3. Über den hilfsweise gestellten Antrag der Beklagten war mangels Bedingungseintritts nicht mehr zu entscheiden.

III. …

IV. Die Revision ist zuzulassen (§ 543 II ZPO).

Im Hinblick auf die entgegenstehende Entscheidung des OLG Düsseldorf (Urt. v. 02.10.2012 – 24 U 15/12, NJW-RR 2013, 1069, 1071) zu § 506 II 1 Nr. 3 BGB ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Darüber hinaus handelt es sich bei der Frage, ob Leasingverträge mit Kilometerabrechnung als entgeltliche Finanzierungshilfe i. S. von § 506 I 1, II BGB zu qualifizieren sind, um eine Rechtsfrage, die sich in einer Vielzahl weiterer Fälle stellen kann, wie sich bereits aus weiteren dem Senat vorliegenden Verfahren ergibt.

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