Sichert der Verkäufer eines Gebrauchtfahrzeugs (hier: eines gebrauchten Leichtkraftrades) dem Käufer zu, dass das Fahrzeug „keine sonstigen Beschädigungen“ aufweise, so umfasst diese Zusicherung nicht nur Karosserieschäden, sondern auch Schäden am Motor oder am Getriebe, die durch eine unsachgemäße und von außen kommende Einwirkung auf das Fahrzeug oder seine Teile hervorgerufen wurden. Lediglich rein nutzungsbedingte Verschleißschäden sind keine „sonstigen Beschädigungen“ im Sinne der Zusicherung.

LG Wuppertal, Urteil vom 17.05.2018 – 9 S 7/18

Sachverhalt: Der Kläger kaufte von dem Beklagten – einem Arbeitskollegen – am 10.04.2015 ein Honda-Leichtkraftrad, das seinerzeit eine Laufleistung von 6.500 km aufwies. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte für einen Motorschaden des Fahrzeugs einstehen muss.

Im schriftlichen Kaufvertrag, einem von der mobile.de GmbH zur Verfügung gestellten, mit „Kaufvertrag über ein Gebrauchtkraftfahrzeug von privat“ überschriebenen Formularvertrag, heißt es unter anderem:

II. Gewährleistung

Das Fahrzeug wird wie besichtigt und unter Ausschluss der Sachmängelhaftung verkauft, soweit nicht unter Ziffer III. eine bestimmte Zusicherung erfolgt. Dieser Ausschluss gilt nicht für Schadensersatzansprüche aus Sachmängelhaftung, die auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung von Pflichten des Verkäufers beruhen, sowie bei der schuldhaften Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit. Soweit Ansprüche aus Sachmängelhaftung gegen Dritte bestehen, werden sie an den Käufer abgetreten.“

Weiter heißt es in dem Kaufvertrag:

II. Zusicherungen des Verkäufers

Der Verkäufer sichert Folgendes zu (nicht Zutreffendes bitte streichen):

☒ Das Fahrzeug hatte, seit es im Eigentum des Verkäufers war, keinen Unfallschaden / folgende Unfallschäden:

________________________________________

☒ Das Fahrzeug hat keine sonstigen Beschädigungen / folgende Beschädigungen:

________________________________________“

In die freien Zeilen wurde nichts eingetragen.

Nachdem der Kläger auf den Kaufpreis 1.500 € angezahlt hatte, wurde ihm das Leichtkraftrad am 10.04.2015 übergeben. Am Folgetag unternahm der Kläger mehrere Probefahrten mit dem Fahrzeug. Anschließend teilte er dem Beklagten telefonisch mit, dass die Maschine Probleme mache und sehr hochtourig laufe. Am 12.04.2015 blieb der Kläger mit dem Leichtkraftrad liegen. Das Fahrzeug wurde daraufhin am 13.04.2015 in eine von dem Beklagten benannte Werkstatt gebracht, wo am 14.04.2015 ein Motorschaden diagnostiziert wurde.

Der Kläger forderte den Beklagten mit Schreiben vom 15.04.2015 zur Nachbesserung auf. Der Beklagte verlangte seinerseits mit anwaltlichem Schreiben vom 17.04.2015 von dem Kläger die Zahlung des restlichen Kaufpreises. Das Nachbesserungsverlangen des Klägers wies er unter Hinweis darauf zurück, dass er – der Beklagte – das Motorrad in einwandfreiem Zustand und unter Ausschluss der Gewährleistung verkauft habe. Daraufhin verlangte der Kläger unter dem 24.04.2015 von dem Beklagten die Rückzahlung der geleisteten Anzahlung.

Mit der Klage hat der Kläger den Beklagten auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und auf Freistellung von einer anwaltlichen Vergütungsforderung in Anspruch genommen. Der Beklagte hat widerklagend die Zahlung des restlichen Kaufpreises nebst Zinsen sowie den Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten begehrt.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage – die es im Übrigen abgewiesen hat – verurteilt, an den Beklagten 500 € nebst Zinsen zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rückzahlung der auf den Kaufpreis geleisteten Anzahlung, weil er nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten sei. Einem Rücktritt stehe der von den Parteien vereinbarte Gewährleistungsausschluss entgegen. Auf diesen könne sich der Beklagte berufen, da er dem Kläger den streitgegenständlichen, auf einem falsch montierten Ölfilter beruhenden Mangel des Leichtkraftrades arglistig verschwiegen habe. Der insoweit beweisbelastete Kläger habe nicht bewiesen, dass der Beklagte den Mangel gekannt oder zumindest für möglich gehalten habe. Dass die Leerlaufdrehzahlschraube sehr weit eingeschraubt gewesen und die Drosselklappe im Inneren schon im geöffneten Bereich gedreht worden sei, rechtfertige nicht den Vorwurf der Arglist, weil der Sachverständige nicht habe feststellen können, wer an der Leerlaufdrehzahlschraube gedreht habe. Dass dies der Beklagte selbst gewesen sei, wie er gegenüber dem Kläger nach dessen bestrittenem Vortrag in einem Telefonat am 11.04.2015 eingeräumt haben soll, habe die Beweisaufnahme nicht bestätigt. Auch die Tatsache, dass sich der streitgegenständliche Mangel des Leichtkraftrades durch metallisch klappernde Geräusche und einen Leistungsverlust bemerkbar mache, lasse nicht zwingend auf eine Kenntnis des Beklagten schließen. Diese Symptome bemerke ein Laie nach der Einschätzung des Sachverständigen nämlich möglicherweise nicht. Dem Beweisantrag des Klägers, den Voreigentümer K des Leichtkraftrades zu vernehmen, sei nicht nachzugehen gewesen. Denn selbst wenn der Beklagte selbst den Ölfilter gewechselt habe oder habe wechseln lassen, ergebe sich daraus nicht, dass er den durch die fehlerhafte Montage des Filters verursachten Mangel gekannt habe. Dafür, dass der Ölfilter vorsätzlich falsch montiert worden sei, bestünden keine Anhaltspunkte.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seine erstinstanzlich gestellten Anträge vollumfänglich weiterverfolgt. Er rügt, das Amtsgericht habe es fehlerhaft unterlassen, den Gewährleistungsausschluss einer AGB-rechtlichen Klauselkontrolle zu unterziehen; eine solche Inhaltskontrolle müsse zu dem Ergebnis führen, dass der Gewährleistungsausschluss unwirksam sei. Ferner greift der Kläger die Beweiswürdigung des Amtsgerichts bezüglich der (behaupteten) Kenntnis des Beklagten von dem streitgegenständlichen Mangel als falsch und unvollständig an. Jedenfalls – so meint der Beklagte schließlich – ergebe sich die Einstandspflicht des Beklagten für den Mangel daraus, dass er kaufvertraglich zugesichert habe, das Leichtkraftrad habe „keine sonstigen Beschädigungen“.

Die Berufung hatte im Wesentlichen Erfolg.

Aus den Gründen: II. … Unter Abänderung des angefochtenen Urteils war der Beklagte unter Abweisung der Widerklage zur Rückzahlung des bislang gezahlten Kaufpreises in Höhe von 1.500 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückübereignung des Leichtkraftrades, und zur Freistellung des Klägers von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 201,71 € zu verurteilen. …

Soweit der Kläger Zinsen bereits ab dem 08.05.2015 begehrt, ist die Klage insoweit abzuweisen gewesen, weil der Rücktritt erst mit Schreiben vom 24.04.2015 erklärt worden ist, der Rückgewähranspruch erst mit Zugang dieses Schreibens beim Beklagten entstanden ist und bis zum 08.05.2015 keine Mahnung nach Fälligkeit erfolgte. Abzustellen ist damit auf den Zugang der Klagebegründungsschrift, mit welcher der Kläger erstmals eine Zug-um-Zug-Verurteilung beantragt und damit – mangels einer eigenen Vorleistungspflicht zumindest konkludent – die Gegenleistung angeboten ha (§§ 320, 348, 286 IV BGB; vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl., § 320 Rn. 12).

Die Widerklage war abzuweisen. Der zunächst entstandene Anspruch des Beklagten auf vollständige Kaufpreiszahlung aus § 433 II BGB ist durch den konkludent und wirksam erklärten Rücktritt des Klägers vom Kaufvertrag und der damit einhergehenden Änderung des Schuldverhältnisses in ein Rückgewährschuldverhältnis i. S. des § 346 I BGB erloschen.

Im Einzelnen:

1. Der Kläger hat mit Schreiben vom 24.04.2015, mit welchem er die Rückzahlung des bislang geleisteten Kaufpreises verlangt hat, konkludent einen Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Dass der Kläger den Beklagten nicht auch zur Rücknahme des Fahrzeugs aufgefordert hat, ist unschädlich, da sich das Fahrzeug ab dem 13.04.2015 zunächst in einer Werkstatt befunden hat und danach in den Besitz des Beklagten gelangt ist.

2. Der Kläger war auch zum Rücktritt berechtigt.

a) Das Fahrzeug war zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs, am Tag der Übergabe … an den Kläger, dem 10.04.2015, mit einem Mangel i. S. des § 434 I BGB behaftet. Der Sachverständige hat festgestellt, dass bei dem letzten Ölfilterwechsel der Ölfilter falsch montiert worden ist und es dadurch zu einem Ölmangel und einer Überhitzung des Motors mit der letztlich – erst nach Übergabe der Maschine eingetretenen – Folge eines Ventilabrisses der Einlassseite im hinteren Zylinder gekommen ist. Ferner hat der Sachverständige festgestellt, dass der unsachgemäße Einbau des Ölfilters nicht während der, sondern vor der nur drei Tage andauernden Besitzzeit des Klägers vorgenommen worden ist. Ein falsch eingebauter Ölfilter und eine dadurch bedingte unzureichende Ölzufuhr stellen einen Mangel dar.

b) Dieser Mangel ist eine „sonstige Beschädigung“ im Sinne von Ziffer III des Kaufvertrages, deren Fehlen der Beklagte dem Kläger zugesichert hat, mit der Folge, dass der von den Parteien vereinbarte Gewährleistungsausschluss … nicht greift:

(1) Ist in einem Gebrauchtwagenkaufvertrag zugesichert worden, dass das Fahrzeug „keine sonstigen Beschädigungen“ hat, umfasst der Begriff „sonstige Beschädigungen“ nicht nur Karosserieschäden, sondern auch Schäden an Motor oder Getriebe, soweit sie durch eine unsachgemäße und von außen kommende Einwirkung auf das Fahrzeug oder seine Teile hervorgerufen werden; (nur) rein nutzungsbedingte Verschleißschäden werden von den Begriff der Beschädigung nicht umfasst (vgl. AG Karlsruhe-Durlach, Urt. v. 11.12.1998 – 2 C 411/98, DAR 1999, 270; s. auch BGH, Urt. v. 06.07.2005 – VIII ZR 136/04, zur inhaltsgleichen Klausel, aber nur zur Frage des Umfangs des Gewährleistungsausschlusses, nicht hingegen zum Umfang der Zusicherung).

Davon ist der Beklagte bei Abschluss des Kaufvertrags letztlich selbst ausgegangen. Er hat im Termin vom 26.08.2016 auf Nachfrage des Amtsgerichts, was mit dem Ankreuzen des Passus „Das Fahrzeug hat keine sonstigen Beschädigungen.“ im Kaufvertrag gemeint war, zu Protokoll erklärt: „Ja, dass das Fahrzeug keinen Unfallschaden hatte und keinen Motorschaden und optisch tipptopp war, außer vielleicht kleinere Kratzer.“

Angesichts dieses eigenen Verständnisses kommt es vorliegend nicht entscheidend darauf an, ob der Beklagte als Verwender des vorformulierten Kaufvertrags i. S. des § 305c II BGB anzusehen ist mit der Folge, dass Unklarheiten ohnehin zu seinen Lasten gehen.

Soweit der Beklagte … diese auch vom Kläger … vorgenommene Auslegung der Zusicherung und des Begriffs „Beschädigungen“ als zu weitgehend beanstandet, weil damit die Regelung unter Ziffer II des Kaufvertrages überflüssig sei, ist darauf hinzuweisen, dass die Formulierung unter Ziffer II des Kaufvertrages ausdrücklich darauf hinweist, dass die Sachmängelhaftung nur insoweit ausgeschlossen ist, als nicht unter Ziffer III eine bestimmte Zusicherung erfolgt. Es stand dem Beklagten frei, die vorformulierte Zusicherung betreffend das Fehlen sonstiger Beschädigungen anzukreuzen. Tut ein Verkäufer dies und erklärt er dem Käufer, dass er für die Freiheit des Fahrzeugs von sonstigen Schäden einsteht, ohne diese weiter einzugrenzen, so muss er sich daran festhalten lassen, ohne dass es darauf ankäme, ob er von einem Schaden Kenntnis hatte oder Kenntnis hätte haben können oder diesen selbst verursacht hat.

(2) Die mangelhafte Ölzufuhr ist hier durch einen fehlerhaften Einbau des Ölfilters und damit durch eine unsachgemäße Einwirkung eines Voreigentümers bzw. einer von diesem beauftragten Werkstatt bedingt worden und stellt sich damit als eine sonstige Beschädigung im Sinne der Zusicherung dar. Ein Schaden liegt nicht erst in dem während der Besitzzeit des Klägers eingetretenen Ventilabriss. Angesichts der Zusicherung ist es für die Entscheidung des Falles ohne Belang, ob der Beklagte den Mangel verursacht hat oder ob er diesen kannte. Er hat für diesen Mangel aufgrund der Zusicherung kenntnis- und verschuldensunabhängig einzustehen.

3. Entgegen der Ansicht des Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 27.04.2018 ist der Berufung auch nicht … der Erfolg zu versagen wegen eines vermeintlichen, bei 100 % liegenden Mitverschuldens des Klägers am Motorschaden, weil er das Motorrad trotz eindeutiger Indikation nicht hätte weiter fahren dürfen. Eine Verschlechterung führt … nicht zum Ausschluss eines Rücktrittsrechtes, sondern gegebenenfalls zu einem Anspruch auf Wertersatz i. S. des § 346 II 1 Nr. 3 BGB, welchen der Beklagte aber weder in erster noch in zweiter Instanz bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat. Das Bestehen eines solchen Anspruchs dürfte zudem zweifelhaft sein, weil der vom Beklagten angeführte Motorschaden letztlich auf dem Mangel einer nur unzureichenden Ölzufuhr beruht, für welchen er selbst einzustehen hat. Dass der Kläger den (weitergehenden) Schaden hätte vorhersehen können und müssen, sodass ihm insofern ein Verschuldensvorwurf gemacht werden könnte, ist angesichts des Vortrags des Beklagten, selbst über kein Problembewusstsein verfügt zu haben, fragwürdig; ein Anspruch dürfte gemäß § 346 III 1 Nr. 3 BGB vielmehr ausgeschlossen sein. …

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