Der in einem zwischen Unternehmern geschlossenen Kfz-Kaufvertrag enthaltene Hinweis „Händlergeschäft“ besagt zwar für sich genommen nicht, dass die Haftung des Verkäufers für Sachmängel des Fahrzeugs ausgeschlossen ist. Es liegt aber zumindest nahe, diesen Hinweis dahin auszulegen, dass die Vertragsparteien damit die gesetzliche Gewährleistung ausschließen wollten.
LG Mannheim, Urteil vom 14.10.2014 – 1 O 53/14
Sachverhalt: Die Klägerin, die gewerblich mit Kraftfahrzeugen handelt, erwarb von dem Beklagten – einem eingetragenen Kaufmann – am 22.08.2013 einen gebrauchten Land Rover Discovery zum Preis von 18.400 €. Der schriftliche Kaufvertrag enthält den Hinweis „Händlergeschäft“.
Mit Schreiben vom 28.08.2013 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass das Fahrzeug einen kapitalen Motorschaden erlitten habe und nicht fahrbereit sei. Sie forderte den Beklagten – erfolglos – auf, zu dem Motorschaden bis zum 11.09.2013 schriftlich Stellung zu nehmen, und wies darauf hin, dass die gesetzliche Gewährleistung nicht ausgeschlossen sei. Ein an den Beklagten gerichtetes Nachbesserungsverlagen vom 23.09.2013 blieb ebenfalls erfolglos. Die Klägerin ließ das Fahrzeug daraufhin reparieren.
Sie behauptet, das streitgegenständliche Fahrzeug habe am 27.08.2013 aufgrund defekter Injektoren einen kapitalen Motorschaden erlitten und abgeschleppt werden müssen. Die Injektoren seien bereits bei der Übergabe des Fahrzeugs defekt gewesen. Für den Einbau eines Austauschmotors habe sie, die Klägerin, 10.643,71 € aufwenden müssen.
Die auf Zahlung dieses Betrages gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: I. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 10.643,71 € nebst Zinsen aus §§ 437 Nr. 3, 440, 280 I, III, 281 I BGB oder aus einem sonstigen Rechtsgrund.
1. Die Klägerin kann aufgrund behaupteter Mängel des streitgegenständlichen Fahrzeugs keine Mängelrechte … geltend machen, da die Klägerin wirksam auf Gewährleistungsansprüche verzichtet hat. Die Parteien haben den vereinbarten Gewährleistungsausschluss durch den Zusatz „Händlergeschäft" im Kaufvertrag vom 22.08.2013 dokumentiert.
a) Es kann dabei dahinstehen, ob der Beklagte und der Geschäftsführer der Verwaltungs-GmbH der Klägerin – wie der Beklagte behauptet – vor Abschluss des schriftlichen Kaufvertrages ausdrücklich mündlich vereinbart haben, dass Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen werden sollten. Auf die Würdigung der Aussagen der vernommenen Zeugen kommt es daher nicht an.
b) Zwar besagt der Zusatz „Händlergeschäft“ nicht bereits für sich genommen, dass der Kaufvertrag unter Ausschluss der Gewährleistungsrechte der Klägerin zustande gekommen ist. Nach dem Wortlaut bedeutet der Zusatz zunächst nur, dass der Kaufvertrag von zwei gewerblichen Beteiligten abgeschlossen wurde. Eine Auslegung dahin gehend, dass dadurch der Ausschluss der gesetzlichen Gewährleistung vereinbart werden sollte, ist jedoch zumindest naheliegend. Hier bedarf es jedoch keiner Auslegung des Zusatzes „Händlergeschäft“ nach dem objektiven Empfängerhorizont, da die Parteien dem Zusatz übereinstimmend gerade einen Erklärungswert dahin gehend beigemessen haben, dass der Klägerin keine Gewährleistungsrechte zustehen sollten.
c) Der Geschäftsführer der Verwaltungs-GmbH der Klägerin hat im Rahmen der informatorischen Anhörung am 05.08.2014 angegeben, er habe den Zusatz „Händlergeschäft“ im schriftlichen Kaufvertrag vom 22.08.2013 so verstanden, dass der Beklagte damit die Gewährleistung ausschließen wollte; er sei aber davon ausgegangen, dass dies nicht ausreichen würde.
Besteht ein übereinstimmender Wille der Parteien, so ist dieser rechtlich auch dann allein maßgeblich, wenn er im Inhalt der Erklärung keinen oder nur einen unvollkommenen Ausdruck gefunden hat (Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl. [2014], § 133 Rn. 8 m. w. Nachw.). Dabei ist nicht erforderlich, dass sich der Erklärungsempfänger den wirklichen Willen des Erklärenden zu eigen macht. Es genügt vielmehr, dass er ihn erkennt und in Kenntnis dieses Willens den Vertrag abschließt (BGH, Urt. v. 20.11.1992 – V ZR 122/91, juris).
d) Dies ist hier der Fall. Beide Parteien haben den Zusatz „Händlergeschäft“ in derselben – und naheliegenden – Weise ausgelegt, sodass es gemäß § 133 BGB bei der übereinstimmenden subjektiven Vorstellung der Parteien auf den möglichen wörtlichen Inhalt des Zusatzes nicht ankommt.
Bei der Annahme des Geschäftsführers der Verwaltungs-GmbH der Klägerin, der Zusatz würde nicht ausreichen, um die Gewährleistung wirksam auszuschließen, handelt es sich um einen unbeachtlichen Rechtsirrtum. Soweit der Geschäftsführers der Verwaltungs-GmbH der Klägerin sich möglicherweise vorbehalten hat, dass auch von ihm durch die Bezeichnung als „Händlergeschäft“ Erklärte nicht zu wollen, handelt es sich um einen nach § 116 Satz 1 BGB unbeachtlichen geheimen Vorbehalt.
Der Vortrag des Geschäftsführers der Verwaltungs-GmbH der Klägerin, er hätte den Kaufvertrag mit einem Gewährleistungsausschluss auch nicht abgeschlossen, ist nicht glaubhaft. Der Geschäftsführer hat selbst angegeben, dass er erst bei der Erstellung des Kaufvertrags am PC des Beklagten den schriftlichen Kaufvertrag erstmals gesehen und auch den Zusatz „Händlergeschäft“ bemerkt habe. Er hat eingeräumt, dass es in der Regel bei Verträgen unter Händlern eine Klausel im Kaufvertrag gibt, nachdem die Garantie bzw. Gewährleistung ausgeschlossen ist. Da die Parteien unstreitig vor Erstellung des schriftlichen Kaufvertrages längere Zeit über den Preis verhandelt haben, musste der Geschäftsführer der Verwaltungs-GmbH der Klägerin auch vom üblichen Fall ausgehen, dass die Gewährleistung im schriftlichen Kaufvertrag ausgeschlossen ist, nachdem er selbst angegeben hat, über das Thema Gewährleistung oder Garantie sei nicht gesprochen worden.
e) Anders als die Klägerin meint, ist Voraussetzung für einen wirksamen Gewährleistungsausschluss nicht, dass der Beklagte „auch tatsächlich einen rechtswirksamen Gewährleistungsausschluss formuliert und in den Kaufvertrag mit einbringt“ (Schriftsatz vom 12.09.2014). Die Vereinbarung eines Ausschlusses der gesetzlichen Gewährleistung unter gewerblichen Händlern ist nicht an eine bestimmte Form der Erklärung gebunden, sie kann vielmehr auch mündlich oder sogar stillschweigend vereinbart werden (vgl. zur Möglichkeit eines stillschweigenden Gewährleistungsausschlusses BGH, Urt. v. 21.04.1982 – VIII ZR 26/81, BGHZ 83, 334). Auch eine inhaltlich und juristisch offensichtlich falsche Vertragsklausel wie die Formulierung „nach dem EU-Recht keine Garantie“ kann als Ausschluss jeglicher Gewährleistung verstanden werden (AG Kamen, Urt. v. 03.11.2004 – 3 C 359/04, juris); ebenso verhält es sich bei der für sich genommen wenig aussagekräftigen Bezeichnung „Händlergeschäft".
Die von der Klägerin im Schriftsatz vom 12.09.2014 zitierten Entscheidungen des BGH (Urt. v. 19.06.2013 – VIII ZR 183/12, juris; Urt. v. 29.05.2013 – VIII ZR 174/12, juris) betreffen nicht den streitgegenständlichen Fall, sondern die Zulässigkeit von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Verkürzung der Gewährleistungsfrist unter Verstoß gegen § 309 Nr. 7 lit. a und lit. b BGB. Hier geht es jedoch um einen generellen Ausschluss der Gewährleistung, zumal von der Klägerin nicht einmal behauptet wird, dass der Beklagte Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet hat.
2. Der klägerische Anspruch wäre auch dann nicht begründet, wenn zwischen den Parteien kein wirksamer Gewährleistungsausschluss vereinbart worden wäre.
Unterstellt, die von der Klägerin behaupteten Sachmängel hätten zum Zeitpunkt der Übergabe vorgelegen, würde es für einen Schadensersatzanspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 I BGB an einem Verschulden des Beklagten hinsichtlich der von der Klägerin behaupteten Mangelhaftigkeit des streitgegenständlichen Fahrzeugs fehlen.
Eine Untersuchungspflicht des Beklagten gegenüber der als erfahrene Fahrzeughändlerin auftretenden Klägerin bestand nicht; der Beklagte hatte das Fahrzeug selbst erst rund drei Wochen vorher von einem anderen Händler erworben. Bei angenommener Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs liegt zwar – wie die Klägerin zutreffend im Schriftsatz vom 19.08.2014 ausführt – eine Pflichtverletzung durch die Verletzung der Pflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache vor. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin besteht jedoch gemäß § 280 I 2 BGB – der auch für den Schadensersatz statt der Leistung nach § 281 BGB gilt (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl. [2014], § 281 Rn. 16) – nur dann, wenn der Beklagte die Pflichtverletzung auch zu vertreten hat. Hier greift zugunsten der Klägerin zwar eine entsprechende Vermutung, diese ist aufgrund der konkreten Umstände jedoch vom Beklagten widerlegt.
3. Mangels Anspruchs in der Hauptsache hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen …