Ein Gebrauchtwagenhändler ist nicht verpflichtet, ein Fahrzeug vor dem Verkauf in allen Details zu überprüfen. Eine allgemeine Untersuchungspflicht besteht erst recht nicht, wenn der Händler sogar eine Sicht- und Funktionsprüfung des Fahrzeugs durch einen Sachverständigen hat vornehmen lassen.
LG Weiden, Urteil vom 05.12.2014 – 11 O 155/14
Sachverhalt: Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Gebrauchtwagen.
Am 14.05./16.05.2011 bestellte der Kläger bei dem Beklagten verbindlich einen Pkw (Škoda Octavia), wobei die Haftung des Beklagten für Sachmängel auf ein Jahr ab Ablieferung des Fahrzeugs beschränkt wurde. Hinsichtlich der Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden des Fahrzeugs verwies der Beklagte auf einen „Gebrauchtwagencheck“ der F. Diese hatte ohne Zerlegung des Fahrzeugs eine Sicht- und Funktionsprüfung durchgeführt, das Fahrzeug aber nicht messtechnisch untersucht.
Die Untersuchungen erstreckten sich auch auf die Karosserie des Fahrzeugs. Diesbezüglich heißt es im Gutachten der F, das dem Kläger übergeben wurde:
„Folgende äußerlichen Beschädigungen sind erkennbar: Vereinzelte leichte Dellen. An der Karosserie ist keine Korrosion festzustellen. Keine erkennbaren Unfallschäden vorhanden; keine erkennbaren instand gesetzten Vorschäden vorhanden. Der Lack ist durch Steinschlag (Frontbereich) und Kratzer (vereinzelt) geschädigt. Lackausbesserungen oder Farbtonunterschiede an folgenden Stellen erkennbar: Heckklappe, hintere Stoßfänger, linke Seitenwand, rechte vordere Türe und Kotflügel sind nachlackiert.“
Im Übrigen gab der Beklagte an, ihm seien auf andere Weise keine Unfallschäden des Fahrzeugs, das dem Kläger am 18.05.2011 übergeben wurde, bekannt geworden. Den Kaufpreis in Höhe von 17.990 € hat der Kläger vollständig gezahlt.
Mit Schreiben vom 12.12.2013 focht der Kläger den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an und erklärte hilfsweise den Rücktritt vom Kaufvertrag. Er behauptet, dem Beklagten sei bekannt gewesen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug um ein Leasingfahrzeug gehandelt habe. Die Leasinggeberin, die L-GmbH, habe es nach Beendigung des Leasingvertrages an den Beklagten verkauft. Dabei sei dem Beklagten mitgeteilt worden, dass der Pkw erhebliche (reparierte) Unfallschäden im Front- und Heckbereich erlitten habe.
Die im Wesentlichen auf Rückzahlung des Kaufpreises gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: Dem Kläger ist der ihm obliegende Beweis, dass der Beklagte arglistig über das tatsächliche Ausmaß von Vorschäden am streitgegenständlichen Pkw getäuscht hat, nicht gelungen.
Wie sich bereits aus dem Gutachten der F vom 09.05.2011 ergibt, hat der Kläger kein unbeschädigtes Fahrzeug erworben. Im Gutachten wird auf vereinzelte leichte Dellen der Karosserie hingewiesen. Es wird auch darauf hingewiesen, dass Lackausbesserungen oder Farbtonunterschiede an der Heckklappe, am hinteren Stoßfänger, an der linken Seitenwand, an der rechten vorderen Tür und am Kotflügel erkennbar sind. Daraus ergibt sich, dass der Kläger, was er auch wusste, kein unbeschädigtes Fahrzeug vom Beklagten kaufte.
Der Beklagte hat auch nicht über den Umfang eines etwaigen Vorschadens den Kläger getäuscht.
Zunächst hat der Beklagte, wie die Einvernahme der Zeugin Z ergab, das streitgegenständliche Fahrzeug nicht von der L-GmbH erworben. Von einem derartigen Vorgang wusste die Zeugin … nichts. Darüberhinaus hat die Zeugin … angegeben, dass zwar Schäden repariert wurden gemäß Rechnung vom 11.01.2010, wobei hier ein Heckschaden instand gesetzt, ausgebeult wurde. Ein derartiger Schaden ist bereits im Gutachten der F beschrieben. Soweit weitere Rechnungen vom 20.07.2009 und 30.11.2009 von der Zeugin bekannt gegeben wurden, lassen sich diese dort abgerechneten Arbeiten auch mit den im Gutachten der F festgestellten Nachlackierungen der linken Seitenwand, der rechten vorderen Tür und des Kotflügels in Übereinstimmung bringen.
Auch die Einvernahme des Zeugen X, der eine Lackdichtenmessung am streitgegenständlichen Fahrzeug vorgenommen hat, ergab lediglich, dass an diesem Fahrzeug Vorschäden vorlagen. Dies ergibt bereits das Gutachten der F.
Dass dem Beklagten ein im Vergleich zum F-Gutachten erheblich schlechterer Zustand des streitgegenständlichen Fahrzeugs bekannt gewesen war, ist nicht belegt … Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, das streitgegenständliche Gebrauchtfahrzeug umfassend in allen Details zu überprüfen. Eine derart allgemeine Untersuchungspflicht kann von ihm nicht gefordert werden. Im Übrigen hat der Beklagte durch einen Sachverständigen eine Sicht- und Funktionsprüfung des Fahrzeugs durchführen lassen, die dem Kläger bekannt gegeben wurde.
Von einer etwaigen bewussten Unterlassung einer Detailprüfung, um nicht feststellen zu müssen, dass das Fahrzeug einen weitaus höheren Schaden, als die Sichtprüfung ergeben hat, feststellen zu müssen, kann nicht die Rede sein.
Eine arglistige Täuschung des Beklagten läßt sich daher nicht feststellen. Die Anfechtung des Kaufvertrags durch den Kläger vom 12.12.2013 geht daher ins Leere.
Mangels Feststellung einer arglistigen Täuschung sind Gewährleistungsansprüche des Klägers nach den §§ 437, 438 BGB verjährt. Der Anwendungsbereich des § 438 III BGB, der die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren des § 195 BGB in Gang setzt wurde vom Kläger, wie bereits ausgeführt, nicht belegt.
Das Fahrzeug wurde am 18.05.2011 übergeben. Es ist wirksam eine Gewährleistungsfrist von einem Jahr vereinbart, sodass mit Ablauf des 18.05.2012 Gewährleistungsansprüche des Klägers verjährt sind. Die Klage wurde weit nach diesem Zeitpunkt eingereicht …