Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Gebrauchtwagenhändlers, wonach der Käufer an die verbindliche Bestellung eines Fahrzeugs höchstens zehn Tage gebunden ist, ist wirksam. Insbesondere verstößt die Klausel nicht gegen § 308 Nr. 1 BGB. Denn die Bindungsfrist ist unter Berücksichtigung der für den Gebrauchtwagenhandel typischen Handlungsabläufe nicht unangemessen lang.

LG Saarbrücken, Urteil vom 14.11.2014 – 10 S 128/13

Sachverhalt: Der Beklagte bestellte bei der Klägerin am 14.01.2013 einen Gebrauchtwagen (Škoda Octavia) zum Preis von 25.900 €. In der dieser Bestellung beigefügten Allgemeinen Geschäftsbedingungen heißt es in Abschnitt I Nr. 1 unter anderem:

„Der Käufer ist an die Bestellung höchstens zehn Tage, bei Nutzfahrzeugen bis zwei Wochen gebunden. Der Kaufvertrag ist abgeschlossen, wenn der Verkäufer die Annahme der Bestellung des näher bezeichneten Kaufgegenstandes innerhalb der jeweils genannten Fristen schriftlich bestätigt oder die Lieferung ausführt.“

Nach Abschnitt VI Nr. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann der Verkäufer Schadenersatz in Höhe von 10 % des Kaufpreises verlangen.

Mit Schreiben vom 17.01.2013 erklärte der Beklagte, er trete von der am 14.01.2013 unterzeichneten „Verbindlichen Bestellung eines gebrauchten Fahrzeuges“ zurück und mache von seinem zehntägigen Rücktrittsrecht Gebrauch. Mit Schreiben vom 21.01.2013 erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten die Annahme der Fahrzeugbestellung. Ob die Beklagte die Annahme auch schon mit Schreiben vom 15.01.2013 erklärt hat, ist zwischen den Parteien streitig; der Beklagte behauptet, er habe keine Auftragsbestätigung vom 15.01.2013 erhalten.

Da der Beklagte in der Folge die Abnahme des Fahrzeugs verweigerte, forderte die Klägerin ihn über ihre Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 07.02.2013 (vergeblich) auf, den vereinbarten Schadensersatz in Höhe von 2.590 € zu leisten.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Angebot des Beklagten zum Abschluss des Kaufvertrages über das Gebrauchtfahrzeug sei erloschen, da es von der Klägerin nicht gemäß § 147 II BGB bis zu dem Zeitpunkt angenommen worden sei, in welchem der Beklagte den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen habe erwarten dürfen. Die Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, wonach der Käufer an eine Bestellung höchstens zehn Tage gebunden sei, sei gemäß § 308 Nr. 1 BGB unwirksam. Eine Bindungsfrist von zehn Tagen für den Abschluss eines Kaufvertrags über einen Gebrauchtwagen, der vor Ort vorrätig sei und bar bezahlt werden solle, sei unangemessen lang und weiche erheblich von der in § 147 II BGB normierten Frist ab. Die Annahmefrist habe im vorliegenden Fall vier Tage betragen und sich aus einer hausinternen Bearbeitungs- und Entscheidungszeit von (höchstens) zwei Tagen und zwei weiteren Tagen Postlaufzeit zusammengesetzt. Innerhalb dieser Frist habe die Klägerin das Angebot des Beklagten nicht angenommen. Ihr Schreiben vom 21.01.2013 wirke lediglich als neues Angebot (§ 150 I BGB), das der Beklagte nicht angenommen habe.

Die Berufung der Klägerin, die meint, eine Bindungsfrist von höchstens zehn Tagen sei wirksam, und das Amtsgericht habe wesentliche Gesichtspunkte des Gebrauchtwagenhandels nicht beachtet, hatte Erfolg.

Aus den Gründen: II. … Die der Berufungsentscheidung gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen und die eigenen Feststellungen der Kammer rechtfertigen eine andere Entscheidung.

1. Keinen Erfolg hat allerdings die Rüge der Klägerin, das Amtsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Klägerin die Annahme bereits mit normaler Post am 15.01.2013 versandt habe und das Bestreiten des Zugangs durch den Beklagten gegen seine prozessuale Wahrheitspflicht verstoße.

Das Bestreiten des Zugangs durch den Beklagten stellt keinen Verstoß gegen die prozessuale Wahrheitspflicht dar. Dass der Beklagte in seinem Schreiben vom 17.01.2013 von einem ihm zustehenden „10-tägigen Rücktrittsrecht“ spricht, lässt keine Rückschlüsse darauf zu, dass ihm das Schreiben der Klägerin vom 15.01.2013 zu diesem Zeitpunkt bereits zugegangen wäre, zumal der Beklagte in seiner Erklärung auch nicht von einem „Kaufvertrag“ zurücktritt, sondern ausdrücklich von der von ihm am 14.01.2013 unterzeichneten „Verbindlichen Bestellung eines gebrauchten Fahrzeuges“.

2. Zwischen den Parteien ist ein Kaufvertrag über das Fahrzeug Škoda Octavia zu einem Kaufpreis von 25.900 € zustande gekommen (§ 433 BGB). Die Klägerin hat das Angebot des Beklagten gemäß seiner verbindlichen Bestellung vom 14.01.2013 auf Abschluss des Kaufvertrags durch Schreiben vom 21.01.2013 wirksam angenommen (§§ 147, 148 BGB).

a) Der Beklagte hat mit der „Verbindlichen Bestellung eines gebrauchten Fahrzeuges“ vom 14.01.2013 ein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrags über den Škoda Octavia abgegeben. Die schriftliche Bestellung des Kunden, die vom Autohändler oder seinem Mitarbeiter nicht sofort angenommen wird, ist als Antrag an einen Abwesenden i. S. des § 147 II BGB zu behandeln (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl., Rn. 2005). In Abschnitt I Nr. 1 der der „Verbindlichen Bestellung“ beigefügten „Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen“ hat der Beklagte erklärt, sich an sein Angebot bis zu zehn Tage zu binden. Damit hat er der Klägerin eine Annahmefrist gemäß § 148 BGB bis zum 24.01.2013 gesetzt.

aa) Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass die der Bestellung beigefügten „Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen“ Allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. des § 305 BGB darstellen, die von der Klägerin als Verwenderin bei Vertragsschluss gestellt wurden.

bb) Die in Abschnitt I Nr. 1 der Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen enthaltene Bindung des Käufers an sein Angebot von bis zu zehn Tagen ist nicht gemäß § 308 Nr. 1 BGB unwirksam. Unter die Vorschrift fallen Fristen, die sich der Verwender wie vorliegend zulasten des Kunden vorbehält (Staudinger/Coester-Waltjen, BGB, Neubearb. 2013, § 308 Nr. 1 Rn. 8). Unwirksam ist danach eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält. Die Entscheidung, ob eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmte Frist, innerhalb welcher sich der Verwender die Annahme oder Ablehnung eines Angebots vorbehält, unangemessen lang i. S. von § 308 Nr. 1 BGB ist, erfordert eine wertende Abwägung der Interessen beider Verhandlungspartner unter Berücksichtigung der für den Vertragsgegenstand typischen Umstände (BGH, Urt. v. 13.09.2000 – VIII ZR 34/00, BGHZ 145, 139). Ist die Annahmefrist wesentlich länger als die in § 147 II BGB umschriebene, übersteigt sie also den Zeitraum erheblich, der für die Übermittlung der Erklärungen notwendig ist und eine angemessene Bearbeitungs- und Überlegungsfrist einschließt, so ist diese Fristbestimmung nur dann wirksam, wenn der Verwender daran ein schutzwürdiges Interesse hat, hinter dem das Interesse des Kunden am baldigen Wegfall seiner Bindung zurückstehen muss (BGH, Urt. v. 13.09.2000 – VIII ZR 34/00, BGHZ 145, 139).

cc) Gemessen an diesen Grundsätzen ist die in den hier vorliegenden „Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen“ enthaltene Bindungsfrist des Käufers eines vorrätigen Gebrauchtwagens von bis zu zehn Tagen auch für den Fall eines Barkaufs nicht unangemessen lang.

In die Abwägung der beiderseitigen Interessen ist nicht nur, wie das Amtsgericht ausgeführt hat, einerseits die Vorrätigkeit der Ware und andererseits die Barzahlung einzustellen. Zu berücksichtigen sind vielmehr die für den Vertragsgegenstand typischen Umstände (BGH, Urt. v. 13.09.2000 – VIII ZR 34/00, BGHZ 145, 139). In die wertende Betrachtung sind daher auch die Besonderheiten der gehandelten Ware und die Betriebsstruktur des Verkäufers mit einzubeziehen. Der Kauf eines Gebrauchtwagens ist insofern nicht – wie das Amtsgericht meint – mit dem Kauf eines Brötchens vergleichbar. Bei einem Gebrauchtwagen handelt es sich – anders als bei Backwaren – um eine Stückschuld, für deren Freiheit von Sach- und Rechtsmängeln der Gebrauchtwagenhändler haftet. Vor dem Verkauf eines Gebrauchtwagens wird daher typischerweise eine Werkstattuntersuchung durchgeführt oder die Ergebnisse einer bereits früher erfolgten Untersuchung des Fahrzeugs [werden] anhand von Unterlagen nochmals geprüft. Dass ein solcher für einen Gebrauchtwagenverkauf typischer Handlungsablauf auch bei der Klägerin durchgeführt wird, hat diese mit Schriftsatz vom 14.10.2014 unbestritten vorgetragen. Weiterhin ist die Besonderheit der Verkaufs- und Betriebsstruktur der Klägerin im vorliegenden Fall zu berücksichtigen. Die Klägerin hat zwei Filialen und mehrere Mitarbeiter, wobei in beiden Filialen dieselbe Ware, nämlich die von der Klägerin gehandelten Gebrauchtwagen, angeboten werden. Vor einem Verkauf eines gebrauchten Fahrzeuges ist daher zu prüfen, ob dieses Fahrzeug nicht bereits durch einen anderen Mitarbeiter – möglicherweise in einer anderen Filiale – angeboten oder verkauft worden ist. In die Abwägung, ob die Bindungsfrist von zehn Tagen einen Zeitraum, der für die Übermittlung der Erklärungen notwendig ist und eine angemessene Bearbeitungs- und Überlegungsfrist einschließt, erheblich übersteigt, ist auch der Umstand einzustellen, dass der einzelne Verkäufer vor Ort, der mit dem Kunden über den Kauf verhandelt – anders als ein Verkaufsmitarbeiter in einer Bäckerei –, keine Vertretungsbefugnis für den Abschluss eines Kaufvertrags hat. Die Entscheidung über den Vertragsschluss ist vielmehr der Geschäftsleitung vorbehalten, die diese Entscheidung auf der Grundlage der ihr von den Mitarbeitern übermittelten Unterlagen trifft. Dieser Umstand verlängert den Zeitraum der Prüfungs- und Bearbeitungsfrist. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände erscheint im Regelfall ein Zeitraum von vier Tagen erforderlich aber auch ausreichend, um die Vorlegung der Unterlagen an die Geschäftsleitung, die Prüfung durch die Geschäftsleitung und den Rücklauf der Antwort über die getroffene Entscheidung an den Mitarbeiter vor Ort zu gewährleisten. Dieser Zeitraum berücksichtigt jedoch nur den Regelfall, nicht aber Störungen in den Handlungsabläufen, wie sie etwa durch Abwesenheit oder Krankheit von Mitarbeitern oder Mitgliedern der Geschäftsleitung oder auch durch besondere Feiertagskonstellationen entstehen können. Es stellt ein anerkennenswertes Interesse der Klägerin dar, die Bindungsfrist in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen für eine Vielzahl von Fällen einheitlich zu regeln und daher auch für diese Störfälle einen Zeitraum mit einzukalkulieren, weshalb sich der Prüfungs- und Bearbeitungszeitraum auf sechs Tage verlängert. Zuzüglich einer üblichen Postlaufzeit von drei Tagen ergibt sich mithin eine Dauer von neun Tagen. Die in den „Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen“ der Klägerin vorgesehene Bindungsfrist des Käufers von höchstens zehn Tagen übersteigt daher den in § 147 II BGB umschriebenen Zeitraum, der für die Übermittlung der Erklärungen notwendig ist und eine angemessene Bearbeitungs- und Überlegungsfrist einschließt, bereits nicht erheblich und trägt darüber hinaus einem schutzwürdigen Interesse des Verwenders Rechnung, hinter dem das Interesse des Käufers an einem früheren Wegfall seiner Bindung zurückstehen muss (vgl. BGH, Urt. v. 13.09.2000 – VIII ZR 34/00, BGHZ 145, 139).

dd) Die Klausel erweist sich auch nicht nach § 308 Nr. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Bestimmbarkeit der dort bestimmten Bindungsfrist als unwirksam. In Abschnitt I Nr. 1 der „Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen“ heißt es, der Käufer sei an die Bestellung „höchstens zehn Tage“ gebunden. Mit dieser Formulierung ist für den Kunden ohne Weiteres erkennbar, dass seine Bindung längstens zehn Tage dauert, ein Zeitraum, der nach den obigen Ausführungen nicht unangemessen lang ist. Die vorbehaltene Verkürzung dieser Dauer durch eine frühere Annahme oder Ablehnung des Angebots wirkt sich lediglich zugunsten des Kunden aus.

b) Mit ihrem Schreiben vom 21.01.2013, welches dem Beklagten nach dem unbestrittenen Sachvortrag der Klägerin innerhalb der ab dem 14.01.2013 laufenden zehntägigen Bindungsfrist zugegangen ist, hat die Klägerin daher das Angebot des Beklagten auf Abschluss eines Kaufvertrags über den gebrauchten Škoda Octavia zu einem Kaufpreis von 25.900 € wirksam angenommen.

3. Der Einwand des Beklagten, er habe keinen Barzahlungskauf sondern einen Finanzierungskauf tätigen wollen, trägt bereits deshalb nicht, weil der Beklagte durch Unterzeichnung der „Verbindlichen Bestellung eines gebrauchten Fahrzeuges mit Garantie“, in welchem bei den Zahlungsbedingungen nicht die ebenfalls vorgesehene Option Finanzierung, sondern die Option Barzahlung angekreuzt war, selbst den eindeutigen rechtsgeschäftlichen Willen zum Abschluss eines Barkaufs erklärt hat. Selbst wenn in den Vorverhandlungen über eine Finanzierung verhandelt worden sein sollte, hat der Beklagte durch Unterzeichnung der Barzahlungsvereinbarung einen anderen, eindeutigen Willen zum Ausdruck gebracht, an dem er sich gemäß §§ 133, 157 BGB festhalten lassen muss.

4. Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch findet seine Grundlage in §§ 323 I, 325 BGB. Nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 17.01.2013 zu Unrecht den Rücktritt von seiner „Verbindlichen Bestellung eines gebrauchten Fahrzeuges“ erklärt hat und nach erfolgter Annahme des Angebots durch die Klägerin mit Schreiben vom 23.01.2013 seinerseits mit Schreiben vom 04.02.2013 nochmals erklärt hat, dass er das Fahrzeug nicht abnehmen werde, befand er sich mit seiner Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung in Verzug. Die Klägerin hat daraufhin mit Schreiben vom 07.02.2013 gemäß § 323 BGB wirksam den Rücktritt vom Vertrag erklärt, nachdem sie den Beklagten zunächst mit Schreiben vom 01.02.2013 erfolglos zur Abnahme des Fahrzeugs aufgefordert hatte. Eine Fristsetzung war darüber hinaus aufgrund der ernsthaften und endgültigen Verweigerung der Kaufpreiszahlung durch den Beklagten entbehrlich (§ 323 II Nr. 1 BGB).

Die Höhe des von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruchs von 10 % des Kaufpreises ist nicht zu beanstanden (BGH, Urt. v. 14.04.2010 – VIII ZR 123/09; Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 2059, 2065) …

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