1. Schließen ein Verbraucher und ein Unternehmer einen Kaufvertrag über einen Neuwagen unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln i. S. von § 312c II BGB, so steht dem Verbraucher grundsätzlich auch dann ein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht (§§ 312c, 312g I, 355 BGB) zu, wenn er das Fahrzeug konfigurieren kann. Die in § 312g II Nr. 1 BGB vorgesehene Ausnahme ist nicht einschlägig, weil der Unternehmer ein Fahrzeug, das über eine gängige (Sonder-)Ausstattung verfügt, im Falle eines Widerrufs problemlos veräußern kann.
  2. Das Fehlen einer Telefonnummer des Unternehmers in der Belehrung des Verbrauchers über sein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht führt nicht zur Unwirksamkeit der Belehrung.
  3. Jedenfalls verstößt die Ausübung eines fernabsatzrechtlichen Widerrufsrechts gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn ein geringfügiger Belehrungsfehler (hier: keine Angabe einer Telefonnummer) vorliegt, durch den dem Verbraucher nicht die Möglichkeit genommen wird, sein Widerrufsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben.

LG Arnsberg, Urteil vom 22.02.2024 – 4 O 273/23

Sachverhalt: Die Beklagte produziert Elektrofahrzeuge, die sie hauptsächlich über ihr Internetportal vertreibt. Sie verfügt zudem über diverse physische „Tesla Stores“ und Auslieferungszentren. Außerdem unterhält die Beklagte einen geschäftlich genutzten Telefonanschluss. Die dazugehörige Telefonnummer gibt sie auf ihrer Internetseite unter anderem unter „Kontakt“ und unter „Impressum“ an.

Der Kläger bestellte bei der Beklagten am 11.03.2022 online einen Neuwagen Model Y (2022) zum Preis von 66.320 €. Er konnte dabei aus einer Vielzahl von im Internet angebotenen Ausstattungsmerkmalen auswählen und entschied sich unter anderem dafür, das Fahrzeug mit einer Anhängerkupplung ausstatten zu lassen.

Die Beklagte stellte dem Kläger ein Muster-Widerrufsformular zur Verfügung und erteilte ihm eine Widerrufsbelehrung, in der es heißt:

Widerrufsrecht

Wenn Sie ein Verbraucher sind und diesen Vertrag ausschließlich unter der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (wie z. B. über das Internet, per Telefon, E-Mail o. ä.) geschlossen haben, haben Sie das Recht, binnen vierzehn Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag nach den nachstehenden Regelungen zu widerrufen.

Die Widerrufsfrist beträgt vierzehn Tage ab dem Tag, an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die Waren in Besitz genommen haben bzw. hat.

Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns (Tesla Germany GmbH, Ludwig-Prandtl-Straße 27–29, 12526 Berlin, germany_sales@tesla.com) mittels einer eindeutigen Erklärung (z. B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren. Sie können dafür das beigefügte Muster-Widerrufsformular verwenden, das jedoch nicht vorgeschrieben ist.
Zur Wahrung der Widerrufsfrist reicht es aus, dass Sie die Mitteilung über die Ausübung des Widerrufsrechts vor Ablauf der Widerrufsfrist absenden.“

Eine Telefonnummer gab die Beklagte in der Widerrufsbelehrung nicht an.

Das bestellte Fahrzeug wurde dem Kläger am 12.08.2022 übergeben und am selben Tag erstzugelassen.

Am 07.08.2023 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf den Abschluss des Kaufvertrags gerichteten Willenserklärung und forderte die Beklagte zur Erstattung des Kaufpreises auf. Außerdem verlangte der Kläger die Bestätigung, dass er den Pkw am Sitz der Beklagten in Berlin oder im „Tesla delivery center“ in O. zurückgeben könne, und forderte die Beklagte zur Angabe eines konkreten Rückgabetermins auf. Die Beklagte wies den Widerruf mit Schreiben vom 08.08.2023 als verspätet zurück. Daraufhin setzte der Kläger der Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 10.08.2023 eine Frist bis zum 24.08.2023.

Am 07.02.2024 fuhr der Kläger zum „Tesla Center“ in O. und bot dort die Rückgabe seines Fahrzeugs an, zu der es bislang nicht kam. Der Kläger nutzt den Pkw vielmehr weiterhin.

Der Kläger ist der Ansicht, sein am 07.08.2023 erklärter Widerruf sei nicht verfristet gewesen. Vielmehr habe ihm die Beklagte mangels Angabe einer Telefonnummer keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt, sodass mit der Übergabe des Fahrzeugs eine Widerrufsfrist von einem Jahr und zwei Wochen zu laufen begonnen habe (§ 356 III 2 BGB). Er hat zuletzt beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 66.320 € nebst Zinsen unverzüglich nach Übergabe und Übereignung des des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu verurteilen. Außerdem hat der Kläger die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten sowie den Ersatz einer vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsvergütung in Höhe von 2.642,40 € nebst Zinsen begehrt.

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt und die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt. Dem Kläger – so hat die Beklagte geltend gemacht – habe gemäß § 312g II Nr. 1 BGB schon kein Widerrufsrecht zugestanden, da es sich bei dem streitgegenständlichen Pkw um einen individuellen, nach den Wünschen des Käufers gestalteten Vertragsgegenstand handele. Jedenfalls aber habe der Kläger den Widerruf erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erklärt. Sie, die Beklagte, habe dem Kläger bei Abschluss des Kaufvertrags eine Widerrufsbelehrung erteilt, mit der sie den Kläger entsprechend den Anforderungen des Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 BGB unterrichtet habe. Dass in der Widerrufsbelehrung keine Telefonnummer angegeben sei, führe nicht zu einer Verlängerung der Widerrufsfrist gemäß § 356 III 1 und III 2 BGB. Denn die Angabe einer Telefonnummer sei – auch nach der Rechtsprechung des EuGH und des BGH – nicht erforderlich. Schließlich sei das Verhalten des Klägers rechtsmissbräuchlich.

Unterstelle man gleichwohl, dass der Widerruf des Klägers wirksam sei, dann sei sie – die Beklagte – mit der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs nicht in Verzug gekommen, weil ihr der Kläger die Rückgabe des Pkw nicht ordnungsgemäß angeboten habe. Der Kläger habe nicht ernstlich versucht, mit ihr einen Termin zur Rückgabe des Fahrzeugs zu vereinbaren. Dieses müsse sie keineswegs an jedem Ort und zu jeder Zeit ohne eine vorherige Ankündigung oder Absprache zurücknehmen. Die gegenteilige Auffassung des Klägers sei mit den realen Gegebenheiten eines Automobilherstellers nicht zu vereinbaren und verkenne, dass bei der Rücknahme von sehr hochpreisigen Fahrzeugen eine umfangreiche Prüfung und Dokumentation erforderlich sei, um beispielsweise etwaige Beschädigungen feststellen zu können. Sie, die Beklagte, verfüge nicht über die personellen Kapazitäten, um ein Fahrzeug an jedem Standort und zu jeder Zeit zurücknehmen zu können, das heißt den Zustand des Fahrzeugs gewissenhaft zu erfassen und zu dokumentieren.

Hilfsweise hat die Beklagte hat die Aufrechnung mit einem Wertersatzanspruch in Höhe von 28.020 € erklärt. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein solcher Anspruch besteht, ist zwischen den Parteien streitig. Der Kläger meint, er schulde mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung keinen Wertersatz für die mit dem streitgegenständlichen Pkw gefahrenen Kilometer.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

A. Die Zuständigkeit des LG Arnsberg ergibt sich aus § 29 I ZPO. Der Erfüllungsort der streitigen Verpflichtung liegt am Wohnort des Klägers, der sich im hiesigen Landgerichtsbezirk befindet. In Fällen der Klage auf Rückgewähr der Leistung Zug um Zug ist die Klage einheitlich an dem Ort zu erheben, wo sich der Kaufgegenstand vertragsgemäß befindet beziehungsweise befinden müsste (sog. Austauschort, in der Regel der Wohnsitz des Käufers) beziehungsweise beim Grundstückskauf der Ort der Belegenheit desselben. Dies gilt auch, soweit Rückgewähransprüche bei Teilzahlung und Widerruf nach §§ 346, 357, 355, 495 I, 503 I BGB geltend gemacht werden (LG Hildesheim, Urt. v. 16.01.2024 – 3 O 303/23, BeckRS 2024, 5223 Rn. 14; Heinrich, in: Musielak/​Voit, ZPO, 20. Aufl. [2023], § 29 Rn. 28).

B. Die Klage ist jedoch unbegründet.

I. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rückabwicklung des mit der Beklagten geschlossenen Vertrages aufgrund seines Widerrufs vom 07.08.2023 zu.

1. Die Kammer geht zunächst davon aus, dass dem Kläger dem Grunde nach ein Widerrufsrecht zusteht, da die bloße Wahl von Ausstattungsmerkmalen eines Neuwagens noch keine Individualisierung des Gegenstands i. S. des § 312g II Nr. 1 BGB ist (vgl. BeckOGK/​Busch, Stand: 01.07.2023, § 312g BGB Rn. 17). Gemeint sind in § 312g II Nr. 1 BGB Fälle, in denen die Angaben des Verbrauchers, nach denen die Ware angefertigt wird, die Sache so individualisieren, dass diese für den Unternehmer im Falle ihrer Rücknahme wirtschaftlich wertlos ist, weil er sie wegen ihrer vom Verbraucher veranlassten besonderen Gestalt anderweitig nicht mehr oder allenfalls noch unter erhöhten Schwierigkeiten und mit erheblichem Preisnachlass absetzen kann. Davon kann bei einem Kraftfahrzeug, das nur über eine gängige Sonderausstattung mit vorgefertigten Serienbauteilen verfügt, nicht ausgegangen werden, weil insoweit ein Gebrauchtwagenmarkt zur problemlosen Verwertung vorhanden ist (vgl. OLG München, Urt. v. 18.06.2020 – 32 U 7119/19, BeckRS 2020, 13248 Rn. 38).

2. Ein Rückgewähranspruch aus § 357 I i. V. mit § 355 III BGB scheitert jedoch an einem Ablauf der für den Widerruf gesetzlich vorgesehenen vierzehntägigen Frist.

a) Nach § 357 I BGB sind die empfangenen Leistungen spätestens 14 Tage nach Erklärung eines wirksamen Widerrufs eines im Wege des Fernabsatzes geschlossenen Vertrags zurückzugewähren. Der Kläger als Verbraucher hat den im Wege des Fernabsatzes (§ 312c BGB) geschlossenen Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug nicht wirksam nach §§ 312g I, 355 BGB widerrufen, weil die vierzehntägige Widerrufsfrist (§ 355 II 1 BGB) zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs bereits abgelaufen war.

Gemäß §§ 355 II, 356 II Nr. 1 lit. a BGB beträgt die Widerrufsfrist 14 Tage und beginnt mit der Übergabe der Ware an den Verbraucher. Das streitgegenständliche Fahrzeug wurde dem Kläger am 12.08.2022 übergeben, sodass die Widerrufsfrist am 26.08.2022 endete (vgl. § 193 BGB). Der Kläger hat den Widerruf jedoch erst am 07.08.2023 erklärt.

b) Die verlängerte Widerrufsfrist gemäß § 356 III 2, § 355 II 2, § 356 II Nr. 1 lit. a BGB von 12 Monaten und 14 Tagen gilt vorliegend nicht. Der Umstand, dass die übermittelte Widerrufsbelehrung keine Telefonnummer der Beklagten enthalten hat, ist unbeachtlich (so auch LG Münster, Urt. v. 14.09.2023 – 2 O 101/23, juris Rn. 25 ff.; LG Berlin, Urt. v. 22.12.2023 – 1 O 29/23, juris Rn. 33 ff.; LG Paderborn, Urt. v. 31.01.2024 – 4 O 279/23, n. v.).

Wortlaut, Systematik, Gesetzesmaterialien und Kontext der einschlägigen Normen in BGB und EGBGB ergeben keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Angabe der Telefonnummer verpflichtend wäre (vgl. LG Berlin, Urt. v. 22.12.2023 – 1 O 29/23, juris Rn. 34; LG Paderborn, Urt. v. 31.01.2024 – 4 O 279/23, n. v.).

aa) Gemäß § 356 III 1 BGB beginnt die Widerrufsfrist nicht, bevor der Unternehmer den Verbraucher entsprechend den Anforderungen des Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 oder des Art. 246b § 2 I EGBGB unterrichtet hat. Nach § 356 III 2 BGB erlischt das Widerrufsrecht spätestens 12 Monate und 14 Tage nach dem in § 356 II BGB oder § 355 II 2 BGB genannten Zeitpunkt.

Nach Art. 246a § 1 II Nr. 1 Satz 1 EGBGB a.F. ist der Unternehmer, wenn dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach § 312g I BGB zusteht, verpflichtet, den Verbraucher zu informieren über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 I BGB sowie das Muster-Widerrufsformular in der Anlage 2. Nach Art. 246a § 1 II Nr. 1 Satz 2 EGBGB a.F. kann der Unternehmer diese Informationspflichten dadurch erfüllen, dass er das in der Anlage 1 vorgesehene Muster für die Widerrufsbelehrung zutreffend ausgefüllt in Textform übermittelt.

Die Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung ist folglich nach dem Wortlaut der einschlägigen Normen für den Beginn der Widerrufsfrist bereits nicht notwendig.

§ 356 III BGB stellt für den Beginn der Widerrufsfrist bei Fernabsatzverträgen (§ 312c BGB) auf Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB ab. Ein Verweis auf Art. 246a § 1 I, insbesondere auf Nr. 2 a.F. und Nr. 3 n.F., wonach der Unternehmer dem Verbraucher die Telefonnummer zur Verfügung stellen muss, erfolgt gerade nicht. Jedenfalls für die Frage des Fristbeginns nach § 356 III BGB sind in der Widerrufsbelehrung daher nur die Angaben erforderlich, die in Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB genannt werden, und gerade nicht die Angaben aus Art. 246a § 1 I EGBGB. Eine für den Fristbeginn allein maßgebliche vollständige Informationserteilung erfordert bei Fernabsatzverträgen somit nach Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB (lediglich) eine ausreichende Information des Verbrauchers über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie über das Muster-Widerrufsformular nach Anlage 2 (und nicht über die Muster-Widerrufsbelehrung nach Anlage 1). Die Verletzung weiterer, auf den Vertragsgegenstand bezogener Informationspflichten, die nicht in Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB genannt werden, hat bei Fernabsatzverträgen hingegen keinen Einfluss auf den Beginn der Widerrufsfrist (LG Paderborn, Urt. v. 31.01.2024 – 4 O 279/23, n. v.; Grüneberg/​Grüneberg, BGB, 82. Aufl. [2023], § 356 Rn. 7).

bb) Für diese Sichtweise spricht neben dem Wortlaut auch die Systematik des § 356 III BGB. Denn für Finanzdienstleistungen wird ausdrücklich auf Art. 246b § 2 I EGBGB verwiesen, der durch einen Verweis auf Art. 246b § 1 EGBGB auch die Informationspflichten einbezieht, was Art. 246a § 1 II EGBGB a.F. gerade nicht vorsieht. Der Gesetzgeber hat für den Fernabsatzvertrag bewusst die Informationspflichten aus Art. 246a § 1 I EGBGB und damit insbesondere die Angabe einer Telefonnummer aus dem Verweis in § 356 III BGB herausgenommen und fordert folglich die Erteilung der Informationspflichten nicht für den Beginn der Widerrufsfrist. Bei Fernabsatzverträgen genügt im Gegensatz zu Verträgen über Finanzdienstleistungen die Information nach § 246a § 1 II Nr. 1 EGBGB (Grüneberg/​Grüneberg, a. a. O., § 356 Rn. 7).

cc) Den Gesetzgebungsmaterialien ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber nicht grundsätzlich von einem telefonischen Widerruf ausging, weil neben dem Widerruf unter Verwendung des Widerrufsformulars lediglich die Möglichkeiten des Widerrufs per Post, E-Mail oder Telefax in Erwägung gezogen wurden (BT-Drs. 17/12637, S. 60). Die insoweit relevanten Informationspflichten waren auch nach dem Willen des Gesetzgebers in Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB geregelt (BT-Drs. 17/12637, S. 61).

dd) Auch folgt allein aus der Verpflichtung der Information über „das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts“ nach Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB nicht das zwingende Erfordernis der Angabe der Telefonnummer. Über die Form des Widerrufs ist nach der Norm gerade nicht aufzuklären, sodass auch nicht über einen telefonischen Widerruf mitsamt Telefonnummer zu informieren ist.

Durch die Nichtangabe der Telefonnummer entsteht im Übrigen auch nicht der Eindruck, dass ein telefonischer Widerruf nicht möglich wäre, da im Weiteren nur beispielhaft verschiedene Kommunikationsformen dargestellt werden und ohnehin für den Widerruf kein Formzwang besteht. Auch aus dem Verweis auf das Muster-Widerrufsformular gemäß Anlage 2 zu Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB folgt, dass der Unternehmer seinen Namen und seine Anschrift angeben muss, die Angabe der Telefonnummer aber gerade nicht zwingend ist: "[hier ist der Name, die Anschrift und die E-Mail-Adresse des Unternehmers durch den Unternehmer einzufügen]".

Darüber hinaus übermittelte die Beklagte dem Kläger bei Vertragsschluss am 11.03.2022 eine individuelle Widerrufsbelehrung in Textform und verwendete nicht die in Anlage 1 zu Art. 246a § 1 II 2 EGBGB a.F. abgedruckte Muster-Widerrufsbelehrung, die unter [2] der Gestaltungshinweise vorsieht „Fügen Sie Ihren Namen, Ihre Anschrift, und, soweit verfügbar, Ihre Telefonnummer und Ihre E-Mail-Adresse ein.“ Dass es sich nicht um die abgedruckte Muster-Widerrufsbelehrung handelt, ergibt sich aus den von dem Kläger selbst aufgezeigten Abweichungen, auch wenn diese nicht erheblich sein sollten.

In dieser individuellen Widerrufsbelehrung hat die Beklagte den Kläger entsprechend ihrer Verpflichtung aus Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 I BGB sowie über das Muster-Widerrufsformular nach Anlage 2 zu Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB (nicht identisch mit der Muster-Widerrufsbelehrung nach Anlage 1 zu Art. 246a § 1 II 2 EGBGB) informiert (vgl. LG Paderborn, Urt. v. 31.01.2024 – 4 O 279/23, n. v.). Die Benutzung des Belehrungsmusters in Anlage 1 zu Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1, Satz 2 EGBGB ist nicht obligatorisch, wie sich bereits aus dem Wortlaut („kann“) des Art. 246a § 1 II 2 EGBGB ergibt, sodass es der Beklagten freistand, eine eigene Widerrufsbelehrung zu formulieren. Auch regelt die Muster-Widerrufsbelehrung keinen Mindeststandard, der an alle individuellen Widerrufsbelehrungen anzulegen ist. Die Bedeutung der Muster-Widerrufsbelehrung liegt vielmehr in der Privilegierung des Unternehmers durch die Gesetzlichkeitsfiktion (vgl. Art. 6 IV 2 der Verbraucherrechterichtlinie1Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. 2011 L 304, 64.). Der Muster-Widerrufsbelehrung kommt keine eigene normative Wirkung zu und sie verändert nicht die Vorgaben der Verbraucherrechterichtlinie an die Widerrufsbelehrung (Art. 6 I lit. h Verbraucherrechterichtlinie). Einzige Auswirkung ist, dass der Unternehmer, der die Muster-Widerrufsbelehrung nicht verwendet, gerade nicht in den Genuss der genannten Fiktion kommt, auf die sich die Beklagte vorliegend auch gar nicht beruft.

ee) Auch die Anforderungen der Verbraucherrechterichtlinie sind erfüllt.

Entgegen der Ansicht des Klägers verlangt Art. 6 I lit. c der Verbraucherrechterichtlinie gerade nicht die Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung. Die Verbraucherrechterichtlinie gibt auf europäischer Ebene in Art. 6 I lit. c lediglich vor, dass dem Verbraucher vorvertraglich die Kontaktdaten des Unternehmers und gegebenenfalls eine Telefonnummer mitzuteilen sind. Diese Informationspflicht steht jedoch nicht im Zusammenhang mit Art. 6 I lit. h der Verbraucherrechterichtlinie, der die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung regelt. Nach dieser Vorschrift hat der Unternehmer den Verbraucher – wie im nationalen Recht auch – im Falle des Bestehens eines Widerrufsrechts lediglich über „die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung dieses Rechts gemäß Artikel 11 Absatz 1 sowie das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B“ zu informieren. Eine Information über die Form des Widerrufs und somit eine Verpflichtung zur Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung ist auch in Art. 6 I lit. h der Verbraucherrechterichtlinie nicht vorgesehen. Auch aus Art. 11 I 2 lit. b der Richtlinie ergibt sich nichts anderes. Darin ist lediglich geregelt, dass der Verbraucher zum Zweck der Information des Unternehmers über seinen Entschluss, den Vertrag zu widerrufen, entweder das Muster-Widerrufsformular des Anhangs I Teil B verwenden oder eine entsprechende Erklärung in beliebiger anderer Form abgeben kann, aus der sein Entschluss zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgeht.

Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich auch aus den sogenannten EIS-Entscheidungen des EuGH (Urt. v. 14.05.2020 – C-266/19, ECLI:EU:C:2020:384 = GRUR 2020, 753 – EIS) und des BGH (Urt. v. 24.09.2020 – I ZR 169/17, GRUR 2021, 84) nicht, dass die Angabe einer Telefonnummer für den Beginn der Widerrufsfrist im vorliegenden Fall notwendig ist (vgl. LG Paderborn, a.a.O). Diese Urteile ergingen in einem Rechtsstreit zwischen zwei Wettbewerbern und behandeln vor allem wettbewerbsrechtliche Fragestellungen im Zusammenhang mit der allgemeinen Informationspflicht und dem Musterschutz bei der Verwendung der Muster-Widerrufsbelehrung. Die gesetzlichen Zielrichtungen und Schutzzwecke unterscheiden sich insoweit erheblich. Eine Aussage darüber, welche zivilrechtliche Rechtsfolgen die Nichtangabe einer Telefonnummer in einer individuellen Widerrufsbelehrung hat, insbesondere ob hiervon der Beginn der Widerrufsfrist nach § 356 Abs. 3 BGB abhängig ist, haben der EuGH und BGH gerade nicht getroffen. Da eine Telefonnummer zum damaligen Zeitpunkt nicht zwingend war, sondern nur anzugeben war „soweit verfügbar“ spricht deutlich gegen eine Auswirkung der fehlenden Angabe auf den Beginn der Widerrufsfrist.

3. Mit dem LG Münster ist die Kammer zudem der Auffassung, dass es bei Annahme einer geringfügig fehlerhaften Widerrufsbelehrung dem Kläger aus Treu und Glauben verwehrt wäre, den Widerruf geltend zu machen (LG Münster, Urt. v. 14.09.2023 – 2 O 101/23, juris Rn. 35 f.).

Die fehlende Angabe der Telefonnummer hat sich in keiner Weise ausgewirkt, da der Kläger auch bei Angabe dieser Telefonnummer den Widerruf sicher nicht telefonisch erklärt hätte, da er über andere Kommunikationswege verfügte, die deutlich sicherer waren und die er auch genutzt hat. Auch ohne juristische Bildung ist dem Verbraucher bewusst, dass er bei einem telefonischen Widerruf diesen in der Regel nicht beweisen kann. Insoweit wäre es unbillig, wenn dem Kläger ein fehlender Hinweis auf die Telefonnummer – die für den Kläger zudem nach seinem eigenen Vortrag ohne Weiteres auffindbar war – dazu verhelfen würde, in den Vorteil der zwölfmonatigen Widerrufsfrist unter fortdauernder Nutzung des Kaufobjekts zu gelangen, obwohl er den Widerruf niemals in telefonischer Form erklärt hätte.

II. Weitergehende Anspruchsgrundlagen für das Rückzahlungsverlangen des Klägers sind nicht ersichtlich.

Über die Hilfsaufrechnung muss entsprechend nicht entschieden werden.

Eine Vorlage an den EuGH ist aus Sicht der Kammer nicht erforderlich.

III. Der Feststellungsantrag bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Da die Beklagte, nachdem der Widerruf des Klägers nicht zur Beendigung des Kaufvertrags und zu seiner Umwandlung in ein Rückgewährschuldverhältnis geführt hat, nicht zur Rücknahme des Fahrzeugs gehalten war, konnte auch kein diesbezüglicher Annahmeverzug begründet werden.

IV. Der Kläger war infolge des Unterliegens in der Hauptsache auch mit dem Antrag auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten abzuweisen.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.

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