1. Ha­ben die Par­tei­en ei­nes Kauf­ver­trags ei­nen Aus­schluss der Haf­tung des Ver­käu­fers für Sach­män­gel ver­ein­bart, so trägt zwar grund­sätz­lich der Käu­fer die Dar­le­gungs- und Be­weis­last für sämt­li­cher Um­stän­de ei­ner Arg­list des Ver­käu­fers, wenn er gel­tend macht, der Ver­käu­fer dür­fe sich ge­mäß § 444 Fall 1 BGB nicht auf den Haf­tungs­aus­schluss be­ru­fen. Al­ler­dings kom­men dem Käu­fer Be­wei­ser­leich­te­run­gen nach den Grund­sät­zen der se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last zu­gu­te, so­weit zu den Vor­aus­set­zun­gen der arg­lis­ti­gen Täu­schung ne­ga­ti­ve Tat­sa­chen zäh­len, wie et­wa hin­sicht­lich ei­ner un­ter­blie­be­nen Of­fen­ba­rung bei ei­ner Täu­schung durch Ver­schwei­gen. In­so­weit muss er le­dig­lich die von dem Ver­käu­fer in räum­li­cher, zeit­li­cher und in­halt­li­cher Wei­se zu spe­zi­fi­zie­ren­de Auf­klä­rung aus­räu­men.
  2. Legt der Ver­käu­fer nicht dar, dass er dem Käu­fer den Man­gel of­fen­bart hat, be­haup­tet er aber gleich­zei­tig, er sei da­von aus­ge­gan­gen, dass der Käu­fer (an­der­wei­tig) auf­ge­klärt wor­den sei, et­wa durch ihm vor­lie­gen­de Un­ter­la­gen, ist es Sa­che des Ver­käu­fers, die­je­ni­gen Um­stän­de in räum­li­cher, zeit­li­cher und in­halt­li­cher Wei­se zu kon­kre­ti­sie­ren, auf­grund de­rer er trotz un­ter­blie­be­ner ei­ge­ner Auf­klä­rung da­von aus­ge­gan­gen sein will, der Käu­fer ha­be Kennt­nis von dem Man­gel ge­habt.
  3. Ein ver­stän­di­ger und red­li­cher Ver­käu­fer darf zwar da­von aus­ge­hen, dass bei ei­ner Be­sich­ti­gung der Kauf­sa­che oh­ne Wei­te­res er­kenn­ba­re Män­gel auch dem Käu­fer ins Au­ge sprin­gen wer­den und des­halb ei­ne ge­son­der­te Auf­klä­rung nicht er­for­der­lich ist. Kon­stel­la­tio­nen, in de­nen dem Käu­fer auf an­de­re Wei­se die Mög­lich­keit ge­ge­ben wird, sich Kennt­nis von ei­nem Man­gel der Kauf­sa­che zu ver­schaf­fen, ste­hen dem aber nicht oh­ne Wei­te­res gleich. Mit Blick auf über­ge­be­ne Un­ter­la­gen, aus de­nen sich die Man­gel­haf­tig­keit der Kauf­sa­che er­gibt, ist ei­ne Gleich­stel­lung nur ge­recht­fer­tigt, wenn ein Ver­käu­fer auf­grund der Um­stän­de die be­rech­tig­te Er­war­tung ha­ben kann, dass der Käu­fer die Un­ter­la­gen als Grund­la­ge sei­ner Kauf­ent­schei­dung durch­se­hen wird. So liegt es et­wa, wenn der Ver­käu­fer dem Käu­fer im Zu­sam­men­hang mit mög­li­chen Män­geln ein Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten über­reicht.

BGH, Ur­teil vom 23.09.2022 – V ZR 133/21

Sach­ver­halt: Die Klä­ger kauf­ten von der Be­klag­ten im Jah­re 2017 un­ter Aus­schluss der Sach­män­gel­haf­tung ein Grund­stück in ei­nem Bau­ge­biet, um es mit ei­nem Ein­fa­mi­li­en­haus zu be­bau­en. In dem no­ta­ri­el­len Kauf­ver­trag ist un­ter an­de­rem Fol­gen­des ge­re­gelt:

„I. 4. Der Grund­be­sitz ist un­be­baut […]. Der Ver­äu­ße­rer weist den Er­wer­ber wei­ter dar­auf hin, dass es auf dem Grund­be­sitz ei­ne vor­he­ri­ge Be­bau­ung (Wohn­blö­cke) gab.
[…]
V. 4. Dem Er­wer­ber ist be­kannt, dass der Ver­trags­ge­gen­stand in ei­ner Kampf­mit­tel­ver­dachts­flä­che ge­le­gen ist und dass da­her zu­sätz­li­che Pflich­ten zu er­fül­len sind, wie bspw. Kon­takt­auf­nah­men mit dem Kampf­mit­tel­be­sei­ti­gungs­dienst vor Bau­be­ginn.
V. 5. Der Er­wer­ber be­ab­sich­tigt, auf dem Ver­trags­ge­gen­stand ein Wohn­haus zu er­rich­ten. Der für das Bau­ge­biet gül­ti­ge Be­bau­ungs­plan (B-Plan) Nr. 58 ‚F.‘ der Stadt M. ist dem Er­wer­ber nach ei­ge­ner An­ga­be hin­rei­chend be­kannt. […].“

Die Be­klag­te hat­te im Jah­re 2014 die Plan­fas­sung für den Sat­zungs­be­schluss zum „vor­zei­ti­gen Be­bau­ungs­plan Nr. 58 zum Ge­wer­be- und Misch­ge­biet I…stra­ße“ in Auf­trag ge­ge­ben. Dort heißt es un­ter Zif­fer 4.3.2 un­ter der Über­schrift „Schutz­gut Bo­den“:

„Für das Plan­ge­biet liegt kein Bau­grund­gut­ach­ten vor. Auf­grund der frü­he­ren Be­bau­ung ist je­doch da­von aus­zu­ge­hen, dass die obers­te Schicht des Bau­grun­des in den Be­rei­chen, in de­nen frü­her Wohn­häu­ser stan­den, in der Re­gel aus künst­li­cher Auf­fül­lung be­steht. Mäch­tig­keit und Zu­sam­men­set­zung der ver­schie­de­nen Auf­fül­lun­gen va­ri­ie­ren. Es ist mit Trag­schich­ten der vor­han­de­nen Stra­ßen, ver­schie­de­nen Gra­ben­ver­fül­lun­gen und sons­ti­gen Auf­fül­lun­gen zu rech­nen. […]. In­ner­halb des Plan­ge­biets steht nur im Be­reich der frü­he­ren woh­nungs­na­hen Grün­flä­chen ge­wach­se­ner Bo­den an, so­dass na­tür­li­che Bo­den­funk­tio­nen nur noch ein­ge­schränkt mög­lich sind. In den zu­rück­ge­bau­ten Be­rei­chen sind Bo­den­ma­te­ria­li­en auf­ge­füllt wor­den, so­dass ins­ge­samt nur Sied­lungs­bö­den vor­han­den sind.“

Die Klä­ger er­hiel­ten von dem für die Be­klag­te tä­ti­gen Mak­ler vor Ab­schluss des no­ta­ri­el­len Kauf­ver­trags ei­ne „Plan­grund­la­ge“ und ei­nen „Aus­zug B-Plan“. Nach Be­bau­ung des Grund­stücks stell­ten sie bei der An­la­ge des Gar­tens auf dem un­be­bau­ten Grund­stücks­teil ei­ne für ei­nen Klein­bag­ger un­durch­dring­li­che Schicht und Be­ton­res­te fest. Sie for­der­ten die Be­klag­te er­folg­los auf, „vor­ge­fun­de­nes Re­cy­cling­ma­te­ri­al bis zu ei­ner Tie­fe von 70 cm“ zu be­sei­ti­gen und zu ent­sor­gen so­wie mit Er­de auf­zu­fül­len.

Mit der Kla­ge ver­lan­gen die Klä­ger – so­weit noch von In­ter­es­se – von der Be­klag­ten den Er­satz der vor­aus­sicht­li­chen Kos­ten für die­se Maß­nah­men (30.630 € nebst Zin­sen) so­wie den Er­satz der hier­auf ent­fal­len­den Um­satz­steu­er in Hö­he von 5.819,70 € nach Durch­füh­rung der Män­gel­be­sei­ti­gung. Au­ßer­dem be­geh­ren die Klä­ger die Fest­stel­lung, dass die Be­klag­te al­le wei­te­ren Kos­ten er­stat­ten muss, die durch die Be­sei­ti­gung der Re­cy­cling­s­chicht so­wie der Schutt- und Mau­er­res­te und Ge­steins­bro­cken aus Ab­bruch­ma­te­ri­al un­ter­halb des Ober­bo­dens auf dem Grund­stück der Klä­ger ent­ste­hen.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen; das Ober­lan­des­ge­richt hat die Be­ru­fung der Klä­ger zu­rück­ge­wie­sen. Auf die Re­vi­si­on der Klä­ger, die da­mit ih­re Kla­ge­an­trä­ge wei­ter­ver­folg­ten, wur­de das Ur­teil des Be­ru­fungs­ge­richts im We­sent­li­chen in­so­weit auf­ge­ho­ben, als die ge­gen die Be­klag­te ge­rich­te­te Be­ru­fung der Klä­ger zu­rück­ge­wie­sen wor­den ist. Im Um­fang der Auf­he­bung wur­de die Sa­che an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­ver­wie­sen.

Aus den Grün­den: [10]   I. Das Be­ru­fungs­ge­richt meint, ein An­spruch der Klä­ger auf Scha­dens­er­satz schei­de aus, da die Be­klag­te sich auf den ver­ein­bar­ten Haf­tungs­aus­schluss be­ru­fen kön­ne. Ein arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten der Be­klag­ten in Be­zug auf den von den Klä­gern be­haup­te­ten Man­gel kön­ne nicht an­ge­nom­men wer­den. Es be­dür­fe kei­ner Ent­schei­dung, ob es sich bei dem im Bo­den ent­hal­te­nen Re­cy­cling­s­chutt um ei­nen of­fen­ba­rungs­pflich­ti­gen Man­gel i. S. des § 444 Fall 1 BGB han­de­le und ob die Be­klag­te die­sen Man­gel bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags ge­kannt oder zu­min­dest für mög­lich ge­hal­ten ha­be. Auch kön­ne als wahr un­ter­stellt wer­den, dass der den Klä­gern vor Ver­trags­schluss über­ge­be­ne Aus­zug des Be­bau­ungs­plans die maß­geb­li­che Zif­fer 4.3.2 nicht ent­hal­ten ha­be und die Klä­ger da­von aus­ge­gan­gen sei­en, es han­de­le sich um den voll­stän­di­gen Be­bau­ungs­plan. Denn je­den­falls feh­le es an der sub­jek­ti­ven Sei­te der Arg­list, weil nicht da­von aus­ge­gan­gen wer­den kön­ne, dass die Be­klag­te ge­wusst oder da­mit ge­rech­net ha­be, dass die Klä­ger den Feh­ler nicht ken­nen. Auf­grund der in Zif­fer I. 4. und Zif­fer V. 5. des no­ta­ri­el­len Kauf­ver­trags und in der Be­grün­dung zum vor­zei­ti­gen Be­bau­ungs­plan un­ter Zif­fer 4.3.2 ge­ge­be­nen In­for­ma­tio­nen ha­be die Be­klag­te da­von aus­ge­hen kön­nen, dass den Klä­gern be­kannt ge­we­sen sei, dass der Be­reich, in dem die Wohn­blö­cke ge­stan­den hät­ten, künst­lich auf­ge­füllt wor­den sei und dass das Ma­te­ri­al va­ri­ie­ren kön­ne. Dar­auf, dass sie vor Ver­trags­schluss den Be­bau­ungs­plan nicht ge­kannt hät­ten, könn­ten sich die Klä­ger we­gen ih­rer ge­gen­tei­li­gen Be­stä­ti­gung in dem no­ta­ri­el­len Kauf­ver­trag nicht be­ru­fen. Da der Be­bau­ungs­plan öf­fent­lich zu­gäng­lich und ein­seh­bar sei, ha­be die Be­klag­te da­von aus­ge­hen kön­nen, dass die Klä­ger von die­ser Mög­lich­keit Ge­brauch ge­macht hät­ten. Die Klä­ger hät­ten nicht dar­ge­legt, dass der ver­öf­fent­lich­te Be­bau­ungs­plan die in Zif­fer 4.3.2 ge­mach­ten An­ga­ben nicht ent­hal­ten ha­be. Hier­von sei auch nicht aus­zu­ge­hen, denn die An­ga­ben sei­en in dem vor­zei­ti­gen Be­bau­ungs­plan ent­hal­ten ge­we­sen, bei dem es sich um die nach § 9 VI­II Bau­GB er­for­der­li­che Be­grün­dung zu dem Be­bau­ungs­plan han­de­le.

[11]   II. Dies hält recht­li­cher Nach­prü­fung nicht stand. Mit der von dem Be­ru­fungs­ge­richt ge­ge­be­nen Be­grün­dung kann ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung der Klä­ger durch die Be­klag­te über vor­han­de­ne Män­gel an dem ver­kauf­ten Grund­stück nicht ver­neint wer­den.

[12]   1. Das Be­ru­fungs­ge­richt nimmt im Aus­gangs­punkt zu­tref­fend an, dass den Klä­gern Scha­dens­er­satz­an­sprü­che aus § 437 Nr. 3 Fall 1 BGB i. V. mit § 280 I, III, 281 I und II BGB nur zu­ste­hen kön­nen, wenn die Be­klag­te – die ei­ne Ga­ran­tie für ei­ne be­stimm­te Be­schaf­fen­heit des Grund­stücks nicht über­nom­men hat – sich nach § 444 Fall 1 BGB nicht auf den ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Haf­tungs­aus­schluss be­ru­fen kann, weil sie den Klä­gern ei­nen Man­gel des Grund­stücks arg­lis­tig ver­schwie­gen hat.

[13]   2. Rechts­feh­ler­haft ist aber die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, ein arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen ei­nes of­fen­ba­rungs­pflich­ti­gen Man­gels lie­ge nicht vor, weil es an dem sub­jek­ti­ven Ele­ment der Arg­list auf­sei­ten der Be­klag­ten feh­le.

[14]   a) Zu­guns­ten der Klä­ger ist, da das Be­ru­fungs­ge­richt dies aus­drück­lich of­fen­ge­las­sen hat, für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren zu un­ter­stel­len, dass es sich bei dem im Bo­den des ver­kauf­ten Grund­stücks ent­hal­te­nen Re­cy­cling­ma­te­ri­al, den Schutt- und Mau­er­res­ten und Ge­steins­bro­cken (nach­fol­gend zu­sam­men­fas­send nur „Schutt“) um ei­nen of­fen­ba­rungs­pflich­ti­gen Man­gel des Grund­stücks han­delt, von dem die Be­klag­te Kennt­nis hat­te. Wei­ter ist zu­guns­ten der Klä­ger da­von aus­zu­ge­hen, dass die Be­klag­te ih­nen die­sen Man­gel nicht of­fen­bart hat, weil der den Klä­gern von dem Mak­ler über­ge­be­ne Aus­zug des Be­bau­ungs­plans die An­ga­ben un­ter Zif­fer 4.3.2 des vor­zei­ti­gen Be­bau­ungs­plans nicht ent­hielt. Da­mit lie­gen die ob­jek­ti­ven Vor­aus­set­zun­gen ei­ner arg­lis­ti­gen Täu­schung der Klä­ger durch die Be­klag­te über den Man­gel vor.

[15]   b) Die sub­jek­ti­ven Vor­aus­set­zun­gen der Arg­list las­sen sich nicht mit der von dem Be­ru­fungs­ge­richt ge­ge­be­nen Be­grün­dung ver­nei­nen, die Klä­ger hät­ten nicht vor­ge­tra­gen, dass ih­re Un­kennt­nis der Aus­füh­run­gen in Ziff. 4.3.2 des Be­bau­ungs­plans der Be­klag­ten be­kannt ge­we­sen sei. Dies ver­kennt die Dar­le­gungs­last hin­sicht­lich der sub­jek­ti­ven Vor­stel­lun­gen der Be­klag­ten hin­sicht­lich der Kennt­nis der Klä­ger von dem Man­gel.

[16]   aa) Zwar trägt der Käu­fer, wenn die Ver­trags­par­tei­en – wie hier – ei­nen Haf­tungs­aus­schluss ver­ein­bart ha­ben, nach § 444 Fall 1 BGB grund­sätz­lich die Dar­le­gungs- und Be­weis­last für das Vor­lie­gen sämt­li­cher Um­stän­de, die den Arg­list­tat­be­stand aus­fül­len. Al­ler­dings kom­men dem Käu­fer Be­wei­ser­leich­te­run­gen nach den Grund­sät­zen der se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last zu­gu­te, so­weit zu den Vor­aus­set­zun­gen der arg­lis­ti­gen Täu­schung ne­ga­ti­ve Tat­sa­chen zäh­len, wie et­wa hin­sicht­lich der un­ter­blie­be­nen Of­fen­ba­rung bei der Täu­schung durch Ver­schwei­gen. In­so­weit muss er le­dig­lich die von dem Ver­käu­fer in räum­li­cher, zeit­li­cher und in­halt­li­cher Wei­se zu spe­zi­fi­zie­ren­de Auf­klä­rung aus­räu­men (vgl. Se­nat, Urt. v. 12.11.2010 – V ZR 181/09, BGHZ 188, 43 Rn. 12, so­wie zur Arg­listan­fech­tung Se­nat, Urt. v. 06.03.2020 – V ZR 2/19, MDR 2020, 1116 Rn. 10 m. w. Nachw.).

[17]   bb) Dies gilt auch für den sub­jek­ti­ven Tat­be­stand der Arg­list, so­weit es um in­ne­re Tat­sa­chen geht, et­wa – wie hier – um die Fra­ge, ob der Ver­käu­fer glaubt, der Käu­fer ha­be be­reits hin­rei­chen­de Kennt­nis von dem Man­gel. Legt der Ver­käu­fer nicht dar, dass er dem Käu­fer den Man­gel of­fen­bart hat, be­haup­tet er aber gleich­zei­tig, er sei da­von aus­ge­gan­gen, dass der Käu­fer (an­der­wei­tig) auf­ge­klärt wor­den sei, et­wa durch ihm vor­lie­gen­de Un­ter­la­gen, ist es Sa­che des Ver­käu­fers, die­je­ni­gen Um­stän­de in räum­li­cher, zeit­li­cher und in­halt­li­cher Wei­se zu kon­kre­ti­sie­ren, auf­grund de­rer er trotz un­ter­blie­be­ner ei­ge­ner Auf­klä­rung da­von aus­ge­gan­gen sein will, der Käu­fer ha­be Kennt­nis von dem Man­gel ge­habt (vgl. Se­nat, Urt. v. 12.11.2010 – V ZR 181/09, BGHZ 188, 43 Rn. 15).

[18]   cc) Mit die­sen Maß­stä­ben ist die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts nicht zu ver­ein­ba­ren, es sei Sa­che der Klä­ger dar­zu­le­gen, dass ih­re Un­kennt­nis der Aus­füh­run­gen in Zif­fer 4.3.2 des Be­bau­ungs­plans der Be­klag­ten be­kannt ge­we­sen sei. Viel­mehr ob­liegt es der Be­klag­ten im Rah­men der sie tref­fen­den se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last, da­zu vor­zu­tra­gen, wes­halb sie da­von aus­ge­gan­gen ist, die Klä­ger hät­ten bei Ver­trags­schluss trotz un­ter­blie­be­ner Of­fen­ba­rung durch die Be­klag­te Kennt­nis von dem Man­gel ge­habt.

[19]   c) Et­was an­de­res folgt nicht dar­aus, dass die Klä­ger in dem no­ta­ri­el­len Kauf­ver­trag er­klärt ha­ben, ih­nen sei der für das Bau­ge­biet gül­ti­ge Be­bau­ungs­plan hin­rei­chend be­kannt, denn die­ser Um­stand lässt die se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last der Be­klag­ten nicht ent­fal­len.

[20]   aa) Nach der Recht­spre­chung des Se­nats schließt die für den Käu­fer be­ste­hen­de Mög­lich­keit, sich die Kennt­nis des Man­gels selbst zu ver­schaf­fen, die Pflicht des Ver­käu­fers zur Of­fen­ba­rung des Man­gels nicht von vorn­her­ein aus. So darf ein ver­stän­di­ger und red­li­cher Ver­käu­fer zwar da­von aus­ge­hen, dass bei ei­ner Be­sich­ti­gung oh­ne Wei­te­res er­kenn­ba­re Män­gel auch dem Käu­fer ins Au­ge sprin­gen wer­den und des­halb ei­ne ge­son­der­te Auf­klä­rung nicht er­for­der­lich ist. Kon­stel­la­tio­nen, in de­nen dem Käu­fer auf an­de­re Wei­se die Mög­lich­keit ge­ge­ben wird, sich Kennt­nis von ei­nem Man­gel des Kauf­ob­jekts zu ver­schaf­fen, ste­hen der Be­sich­ti­gungs­mög­lich­keit aber nicht oh­ne Wei­te­res gleich. Mit Blick auf über­ge­be­ne Un­ter­la­gen, aus de­nen sich die Man­gel­haf­tig­keit der Sa­che er­gibt, ist ei­ne Gleich­stel­lung nur dann ge­recht­fer­tigt, wenn ein Ver­käu­fer auf­grund der Um­stän­de die be­rech­tig­te Er­war­tung ha­ben kann, dass der Käu­fer die Un­ter­la­gen als Grund­la­ge sei­ner Kauf­ent­schei­dung durch­se­hen wird. Sol­che Um­stän­de lie­gen et­wa vor, wenn der Ver­käu­fer dem Käu­fer im Zu­sam­men­hang mit mög­li­chen Män­geln ein Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten über­reicht. Da­ge­gen kann ein ver­stän­di­ger und red­li­cher Ver­käu­fer nicht oh­ne Wei­te­res er­war­ten, dass der Käu­fer Fi­nan­zie­rungs­un­ter­la­gen, et­wa ei­ne Bau­be­schrei­bung, auf Män­gel des Kauf­ob­jekts hin durch­se­hen wird (vgl. zum Gan­zen Se­nat, Urt. v. 12.11.2010 – V ZR 181/09, BGHZ 188, 43 Rn. 10 f.).

[21]   bb) Nach die­sen Maß­stä­ben konn­te die Be­klag­te nicht des­halb da­von aus­ge­hen, dass die Klä­ger Kennt­nis des Man­gels hat­ten, weil die­se er­klärt hat­ten, den Be­bau­ungs­plan zu ken­nen.

[22]   (1) Selbst wenn die Be­klag­te den Klä­gern vor Ver­trags­schluss ei­nen voll­stän­di­gen Be­bau­ungs­plan über­ge­ben hät­te oder wenn sie an­ge­nom­men ha­ben soll­te, die Be­stä­ti­gung der Klä­ger in dem Kauf­ver­trag be­zie­he sich auf den voll­stän­dig öf­fent­lich aus­ge­leg­ten be­zie­hungs­wei­se ver­öf­fent­lich­ten Be­bau­ungs­plan, konn­te sie nicht da­von aus­ge­hen, den Klä­gern sei auch der kon­kre­te of­fen­ba­rungs­pflich­ti­ge Man­gel, al­so das Vor­han­den­sein von Schutt auf dem Kauf­grund­stück be­kannt. Denn ein Ver­käu­fer kann re­gel­mä­ßig nicht er­war­ten, dass der Käu­fer den Be­bau­ungs­plan oh­ne be­son­de­ren An­lass auf mög­li­che An­ga­ben zu Män­geln des Kauf­grund­stücks hin durch­sieht. Auch im vor­lie­gen­den Fall hat­ten die Klä­ger man­gels ent­spre­chen­den Hin­wei­ses der Be­klag­ten kei­nen An­lass, den 60 Sei­ten um­fas­sen­den Be­bau­ungs­plan dar­auf durch­zu­se­hen, ob die­ser mög­li­cher­wei­se An­ga­ben zu ei­ner ne­ga­ti­ven Be­schaf­fen­heit des Bo­dens des von ih­nen zu er­wer­ben­den Grund­stücks ent­hält. Ein sol­cher An­lass be­stand für sie auch nicht des­halb, weil ih­nen – je­den­falls durch die An­ga­be in dem Kauf­ver­trag – be­kannt war, dass es sich bei dem Grund­stück um ei­ne Kampf­mit­tel­ver­dachts­flä­che han­delt. Denn der Ver­dacht des Vor­han­den­seins von Kampf­mit­teln aus Kriegs­zei­ten oder we­gen vor­ma­li­ger mi­li­tä­ri­scher Nut­zung des Grund­stücks steht in kei­nem Zu­sam­men­hang mit der Ver­fül­lung des Bo­dens mit Re­cy­cling­ma­te­ri­al, Schutt- und Mau­er­res­ten und Ge­steins­bro­cken bei dem Ab­riss von Wohn­ge­bäu­den. Die Klä­ger hat­ten auch sonst kei­nen Grund zu der An­nah­me, dass über den Ver­dacht von Kampf­mit­teln hin­aus der Bo­den des zu er­wer­ben­den Grund­stücks be­ein­träch­tigt sein könn­te. Des­halb ist im Er­geb­nis un­er­heb­lich, ob der Be­bau­ungs­plan – wo­zu das Be­ru­fungs­ge­richt im Üb­ri­gen auch kei­ne Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen hat – tat­säch­lich öf­fent­lich aus­ge­legt be­zie­hungs­wei­se im In­ter­net ver­öf­fent­licht wur­de.

[23] (2) Dies gilt um­so mehr im Hin­blick dar­auf, dass die Be­klag­te den Klä­gern vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags ei­nen Aus­zug des Be­bau­ungs­plans hat­te über­ge­ben las­sen, der – wie zu un­ter­stel­len ist – die den Man­gel be­tref­fen­den An­ga­ben un­ter Zif­fer 4.3.2 nicht ent­hielt. Soll­te es sich so ver­hal­ten, wä­ren be­son­ders ho­he An­for­de­run­gen an den von der Be­klag­ten im Rah­men der sie tref­fen­den se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last zu hal­ten­den Vor­trag zu stel­len. Die Be­klag­te müss­te er­läu­tern, wes­halb sie da­von aus­ge­gan­gen sein will, dass sich die in dem Kauf­ver­trag ab­ge­ge­be­ne Er­klä­rung der Klä­ger, den Be­bau­ungs­plan zu ken­nen, nicht auf den ih­nen über­ge­be­nen Aus­zug be­zo­gen ha­be, son­dern Grund zu der An­nah­me be­stand, die Klä­ger hät­ten dar­über hin­aus auch den öf­fent­lich aus­ge­leg­ten oder im In­ter­net ver­öf­fent­lich­ten Be­bau­ungs­plan ein­ge­se­hen und die dar­aus er­sicht­li­chen Män­gel der Bo­den­be­schaf­fen­heit zur Kennt­nis ge­nom­men.

[24]   III. Das Be­ru­fungs­ur­teil kann so­mit kei­nen Be­stand ha­ben; es ist im Um­fang der An­fech­tung auf­zu­he­ben (§ 562 I ZPO). Der Rechts­streit ist an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen, da er nicht zur End­ent­schei­dung reif ist (§§ 562 I, 563 I 1, II­II ZPO). Für das wei­te­re Ver­fah­ren weist der Se­nat auf Fol­gen­des hin:

[25]   1. Das Be­ru­fungs­ge­richt wird zu klä­ren ha­ben, ob die in dem Bo­den des Kauf­grund­stücks vor­han­de­ne Re­cy­cling­s­chicht, die Schutt- und Mau­er­res­te und die Ge­steins­bro­cken aus Ab­bruch­ma­te­ri­al ei­nen of­fen­ba­rungs­pflich­ti­gen Sach­man­gel dar­stel­len, von dem die Be­klag­te Kennt­nis be­zie­hungs­wei­se mit dem sie ge­rech­net und den sie bil­li­gend in Kauf ge­nom­men hat­te. Ist dies der Fall, wird der Be­klag­ten Ge­le­gen­heit zu ge­ben sein, im Rah­men der sie tref­fen­den se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last er­gän­zen­den Vor­trag da­zu zu hal­ten, wie die Klä­ger über die­sen Man­gel auf­ge­klärt wur­den be­zie­hungs­wei­se wes­halb die Be­klag­te da­von aus­ge­gan­gen ist, ei­ne sol­che Auf­klä­rung sei er­folgt. Da­bei wird zu be­rück­sich­ti­gen sein, dass es für die Of­fen­ba­rung des et­wai­gen, in der Ver­fül­lung des Bo­dens mit Schutt lie­gen­den Man­gels we­der ob­jek­tiv noch sub­jek­tiv aus­reich­te, wenn die Be­klag­te den Klä­gern le­dig­lich Un­ter­la­gen über­ge­ben ha­ben soll­te, die An­ga­ben zur Bo­den­be­schaf­fen­heit ent­hiel­ten, oh­ne die Klä­ger auf die dies­be­züg­li­che Be­deu­tung der Un­ter­la­gen ge­son­dert hin­zu­wei­sen.

[26]   2. Vor­sorg­lich weist der Se­nat dar­auf hin, dass das Be­ru­fungs­ge­richt ein fal­sches Ver­ständ­nis von dem Be­griff des vor­zei­ti­gen Be­bau­ungs­plans ge­habt ha­ben dürf­te.

[27]   a) An­ders als das Be­ru­fungs­ge­richt wohl meint, han­delt es sich hier­bei nicht um ei­nen vor­läu­fi­gen Plan, der spä­ter durch ei­nen end­gül­ti­gen Be­bau­ungs­plan er­setzt wird. Der Be­griff des vor­zei­ti­gen Be­bau­ungs­plans ist in § 8 IV 1 Bau­GB le­gal de­fi­niert. Nach die­ser Vor­schrift kann ein Be­bau­ungs­plan auf­ge­stellt, ge­än­dert, er­gänzt oder auf­ge­ho­ben wer­den, be­vor der Flä­chen­nut­zungs­plan auf­ge­stellt ist, wenn drin­gen­de Grün­de es er­for­dern und wenn der Be­bau­ungs­plan der be­ab­sich­tig­ten städ­te­bau­li­chen Ent­wick­lung des Ge­mein­de­ge­biets nicht ent­ge­gen­ste­hen wird (vor­zei­ti­ger Be­bau­ungs­plan). „Vor­zei­tig“ ist ein sol­cher Be­bau­ungs­plan al­so nur in dem Sin­ne, dass er un­ge­ach­tet des Ent­wick­lungs­ge­bots aus § 8 II 1 Bau­GB er­las­sen wer­den kann, ob­wohl ein wirk­sa­mer Flä­chen­nut­zungs­plan (noch) nicht vor­liegt (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.02.1999 – 4 CN 6/98, NVwZ 2000, 197; Mitschang, in: Bat­tis/​Krautz­ber­ger/​Löhr, Bau­GB, 15. Aufl., § 8 Rn. 11).

[28]   b) Ent­ge­gen der An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts han­delt es sich bei der An­la­ge K 7, dem Ent­wurf des vor­zei­ti­gen Be­bau­ungs­plans, auch nicht um ei­ne Be­grün­dung des Be­bau­ungs­plans i. S. von § 9 VI­II Bau­GB. Nach die­ser Vor­schrift ist dem Be­bau­ungs­plan ei­ne Be­grün­dung mit den An­ga­ben nach § 2a Bau­GB bei­zu­fü­gen. In die­ser sind nach § 2a I 2 Bau­GB ent­spre­chend dem Stand des Ver­fah­rens (1.) die Zie­le, Zwe­cke und we­sent­li­chen Aus­wir­kun­gen des Bau­leit­plans und (2.) in dem Um­welt­be­richt nach der An­la­ge 1 zum Bau­GB die auf­grund der Um­welt­prü­fung nach § 2 IV er­mit­tel­ten und be­wer­te­ten Be­lan­ge des Um­welt­schut­zes dar­zu­le­gen. Der Um­welt­be­richt bil­det ei­nen ge­son­der­ten Teil der Be­grün­dung. Die An­la­ge K 7 ist so­mit nicht ih­rer­seits die Be­grün­dung ei­nes (an­de­ren) Be­bau­ungs­plans, son­dern selbst der Ent­wurf ei­nes (vor­zei­ti­gen) Be­bau­ungs­plans, dem nach dem Ge­setz ei­ne Be­grün­dung bei­zu­fü­gen war.

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