- Kommt es beim Kauf eines neuen Fahrzeugs zur Inzahlungnahme eines reparaturbedürftigen Altfahrzeugs des Käufers, erfolgt die Inzahlungnahme des Altfahrzeugs regelmäßig in dem Zustand, in dem sich dieses Fahrzeug bei der Inzahlungnahme befindet.
- Hatte der Käufer des Neufahrzeugs dessen Verkäufer bereits vor der Inzahlungnahme des Altfahrzeugs einen dieses betreffenden Reparaturauftrag erteilt, so wird dieser mit der Inzahlungnahme im Regelfall gegenstandslos. Soll der Reparaturauftrag ausnahmsweise fortgelten, also der Käufer noch für die Kosten der Reparatur des bereits in Zahlung gegebenen Altfahrzeugs einstehen müssen, bedarf dies einer ausdrücklichen Regelung zwischen den Parteien, für die der Verkäufer darlegungs- und beweisbelastet ist.
OLG Koblenz, Urteil vom 28.03.2022 – 12 U 967/21
Sachverhalt: Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Werklohn in Anspruch, nachdem ihr der Beklagte am 22.02.2017 einen Reparaturauftrag bezüglich eines Wohnmobils erteilt hat, das ursprünglich Eigentum des Beklagten war. Auf der Grundlage einer „verbindlichen Bestellung“ vom 19.04.2017 erwarb der Beklagte von der Klägerin ein neues Wohnmobil. Es wurde vereinbart, dass die Klägerin das alte, zu diesem Zeitpunkt unfallbeschädigte Wohnmobil des Beklagten in Zahlung nimmt. Die Parteien streiten darüber, ob der dieses Fahrzeug betreffende Reparaturauftrag des Beklagten vom 22.02.2017 trotz des Kaufvertrags über ein neues Wohnmobil vom 19.04.2017 fortgelten sollte.
Das Landgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 19.05.2021 antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin 20.635,93 € nebst Zinsen zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Beklagten sei es nicht gelungen zu beweisen, dass der zwischen den Parteien unstreitig abgeschlossene Vertrag über die Reparatur des alten, ursprünglich dem Beklagten gehörenden Wohnmobils einvernehmlich aufgehoben worden sei. Die bei Abschluss des Kaufvertrags über das neue Wohnmobil vereinbarte Inzahlungnahme des alten Fahrzeugs habe den Reparaturauftrag nicht gegenstandslos werden lassen.
Die dagegen gerichtete, auf eine Abweisung der Klage zielende Berufung des Beklagten hatte Erfolg.
Aus den Gründen: II. … Nach Durchführung der Beweisaufnahme ist der Senat der Überzeugung, dass der Klägerin der mit der Klage geltend gemachte Anspruch aus dem Reparaturauftrag vom 22.02.2027 nicht zusteht.
Der Verurteilung des Beklagten durch das Landgericht liegt die Erwägung zugrunde, dass die Parteien drei selbstständige, voneinander unabhängige Verträge (Reparaturauftrag, Kaufvertrag über das neue Wohnmobil, Ankauf des alten Wohnmobils) abgeschlossen haben und der Reparaturauftrag nicht durch den Abschluss des Kaufvertrags über das neue Wohnmobil gegenstandslos geworden ist. Dieser Erwägung folgt der Senat nicht.
Aufgrund der Besonderheiten des hier zu entscheidenden Einzelfalls (Kauf eines neuen Fahrzeugs unter Inzahlunggabe eines Altfahrzeugs bei bereits erteiltem Reparaturauftrag hinsichtlich des beschädigten Altfahrzeugs) erscheint es dem Senat nicht sachgerecht, die von dem Landgericht vorgenommene isolierte Betrachtung der zwischen den Parteien abgeschlossenen Verträge anzustellen. Vielmehr ist vorliegend von einem „einheitlichen Vertragsgebilde“ auszugehen, wobei der von dem Beklagten ursprünglich erteilte Reparaturauftrag im Rahmen dieses einheitlichen „Vertragsgebildes“ (Kauf des neuen Wohnmobils unter gleichzeitiger Inzahlungnahme des beschädigten alten Wohnmobils) gegenstandslos geworden ist.
Nach der Überzeugung des Senats stellt es den Regelfall dar, dass, wenn es bei dem Ankauf eines neuen Fahrzeugs zur Inzahlungnahme des reparaturbedürftigen Altfahrzeugs kommt, der Ankauf in dem Zustand erfolgt, in dem sich das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt befindet. Einen absoluten Ausnahmetatbestand bildet es hingegen, wenn der Käufer bei Inzahlunggabe seines reparaturbedürftigen Altfahrzeugs (weiterhin) verpflichtet sein soll, die entsprechenden Reparaturmaßnahmen nach Übertragung des Eigentums an dem Altfahrzeug auf den Verkäufer des Neufahrzeugs vornehmen zu lassen und insoweit zahlungspflichtig zu sein. Unter anderem würde diese Vorgehensweise für den Käufer nämlich ersichtlich das Risiko beinhalten, nach dem Ankauf des neuen Fahrzeugs mit unerwarteten Nachforderungen konfrontiert zu werden. Dies zum Beispiel im Falle einer (unvorhergesehenen, wobei hier der vom Beklagten eingeschaltete Sachverständige bereits ausdrücklich auf dieses Risiko hingewiesen hatte, da erst nach Demontage der beschädigten Bereiche mögliche weitere verdeckte Schäden am Mobiliar erkennbar werden könnten) Verteuerung der Reparaturmaßnahmen.
Aufgrund der obigen Erwägungen sieht der Senat die Darlegungs- und Beweislast vorliegend dergestalt verteilt, dass es hier an der Klägerin war, darzulegen und zu beweisen, dass der ursprünglich erteilte Reparaturauftrag auch nach dem Zustandekommen des Kaufvertrags (verbindliche Bestellung) über das neue Wohnmobil (mit der darin vereinbarten Inzahlungnahme des alten beschädigten Wohnmobils) Bestand haben sollte. Diesen Beweis hat die Klägerin nicht führen können.
Der Senat hat bei dieser Einschätzung zunächst einmal berücksichtigt, dass sich in der verbindlichen Bestellung vom 19.04.2017, einem von der Klägerin stammenden und ausgefüllten Formular, keinerlei Hinweise auf eine fortbestehende Reparaturverpflichtung beziehungsweise auf eine entsprechende fortbestehende Bezahlpflicht des Beklagten finden. Die Klägerin hat dort maschinenschriftlich ausgeführt, dass das alte Wohnmobil „mit Unfallbeschädigung“ in Zahlung genommen werden sollte. Der Aufzahlungsbetrag von 27.700 € sollte dann in bar bezahlt werden. Dies spricht bereits massiv dafür, dass es mit der Inzahlunggabe des unreparierten Wohnmobils und der Zahlung des Aufzahlungsbetrags für den Beklagten sein Bewenden haben sollte, zumal es im Fahrzeughandel auch ungewöhnlich gewesen wäre, den Käufer eines Neufahrzeugs ohne finanzielle Sicherungsmaßnahmen „vom Hof fahren zu lassen“, wenn – wie hier – noch ein Betrag von mehr als 20.000 € zur Zahlung offensteht. Das gilt auch für die Klägerin als professionelle und geschäftserfahrene Verkäuferin von Wohnwagen und Wohnmobilen.
Zum gleichen Ergebnis gelangt man bei einem Blick auf die Eigentumsverhältnisse. Der Beklagte hatte hier nämlich im Zuge des Austauschs der beiden Wohnmobile nicht nur das Volleigentum am Neufahrzeug übertragen bekommen, sondern auch seinerseits das Altfahrzeug auf die Klägerin übereignet. Damit war die ursprüngliche Grundlage des Werkauftrags, nämlich Instandsetzung eines eigenen Fahrzeugs des Beklagten, in Wegfall geraten, sodass es einer ausdrücklichen neuen Regelung bedurft hätte, dass der Beklagte trotz des Eigentumswechsels auf vertraglicher Grundlage für die Reparaturkosten eines (ihm nunmehr) fremden Fahrzeugs aufkommen sollte.
Die sich aus der verbindlichen Bestellung vom 19.04.2017 für den Senat ergebende Sach- und Rechtslage (Ankauf des alten Wohnmobils mit Unfallbeschädigung) ist auch durch die Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2022 bestätigt worden. Der – wenn auch altersbedingt in seinem Erinnerungsvermögen teilweise etwas eingeschränkt wirkende – Beklagte hat insoweit angegeben, in dem mit ihm geführten Gespräch bezüglich des Kaufs des neuen Wohnmobils sei zu keinem Zeitpunkt die Rede von der Beschädigung des alten Wohnmobils beziehungsweise einer Inanspruchnahme seiner Versicherung gewesen. Es sei vielmehr so gewesen, dass er mit dem Verkäufer über den Preis für das neue Wohnmobil geredet habe und über den Preis, den man ihm noch für sein altes Wohnmobil geboten habe. Darauf habe sich das Gespräch beschränkt. Für ihn sei die Sache insoweit auch eindeutig gewesen. Er habe noch den vereinbarten Differenzbetrag mitbringen müssen; damit sei alles erledigt gewesen. Anders gesagt, die Klägerin habe sein beschädigtes Wohnmobil gekauft, damit habe er dann nichts mehr zu tun gehabt. Hierbei sei es aus seiner Sicht auch so gewesen, dass sein altes Wohnmobil in unrepariertem Zustand jene 50.500 € wert gewesen sei, die man ihm dafür gezahlt habe.
Diese Angaben des Beklagten sind für den Senat gut nachvollziehbar, da es – wie bereits oben ausgeführt – aus Sicht des Beklagten als „durchschnittlichen Käufers“ ein erhebliches Risiko dargestellt hätte, den ursprünglich erteilten Reparaturauftrag nach dem Abschluss des Vertrags über den Ankauf des neuen Wohnmobils mit der entsprechenden Inzahlungnahme des beschädigten Wohnmobils weiterlaufen zu lassen und somit unter Umständen das Risiko einzugehen, später eventuell mit erheblichen, nicht einkalkulierten Nachforderungen konfrontiert zu werden.
Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht aus der Aussage des Zeugen H in der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2022. Auch durch diese Aussage vermag die Klägerin nicht den Beweis dafür zu erbringen, dass der Beklagte vereinbarungsgemäß die Reparaturkosten auch noch nach Abschluss des Kaufvertrags über das neue Wohnmobil bezahlen sollte. Entscheidend ist hierbei, dass der Zeuge H zwar ausgesagt hat, dass ihm – nach Rücksprache mit der Werkstatt – damals klar gewesen sei, dass er dem Beklagten 50.500 € für das reparierte Fahrzeug geboten habe. Der Zeuge musste aber einräumen, dass er nicht mehr wisse, ob er dies so auch dem Beklagten mitgeteilt habe. Er sei sich sogar sicher, dass er nicht ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass er ihm für das Fahrzeug zwar 50.500 € bieten könne, der Beklagte aber natürlich noch den Werkstattauftrag bezahlen müsse. Für ihn sei dies allerdings klar gewesen. Sicher sei er sich wiederum darüber, dass der dem Beklagten nach dem – nicht in Anwesenheit des Beklagten geführten – Gespräch mit der Werkstatt mitgeteilt habe, dass der unterschriebene Werkstattauftrag vorliege. Was mit diesem Auftrag geschehe, sei hingegen nicht mit dem Beklagten besprochen worden. Er meine sich nur zu erinnern, dass die Rede davon gewesen sei, dass die Reparatur irgendwann begonnen werde, aber sie noch nicht abgeschlossen sei, bis er das neue Fahrzeug abholen könne. Ihm sei hierbei klar gewesen, dass der Beklagte die Versicherungsleistung nutzen werde, um damit den Reparaturauftrag zu bezahlen. Ausdrücklich erklärt worden sei das vonseiten des Beklagten aber nicht.
Der Zeuge H hat dem Senat einen uneingeschränkt glaubwürdigen Eindruck vermittelt. Der Senat hat keinen Anlass an der Richtigkeit der Angaben des Zeugen H zu zweifeln. Allerdings war der Zeuge H im Ergebnis nur in der Lage, dem Senat seine eigenen (damaligen) Vorstellungen hinsichtlich der Abwicklung des Vertrags beziehungsweise der Verträge mit dem Beklagten mitzuteilen. Der Zeuge konnte hingegen in keiner Weise bestätigen, dass zwischen den Parteien ausdrücklich vereinbart worden ist, dass die Reparatur tatsächlich noch nach Ankauf des neuen Wohnmobils auf Kosten des Beklagten durchgeführt werden sollte und sich der Betrag von 50.500 € tatsächlich auf das Wohnmobil in repariertem Zustand bezog.
Weiterer Beweis ist durch die Klägerin nicht angetreten worden. Diese ist somit beweisfällig geblieben.
Mit Abschluss der verbindlichen Bestellung vom 19.04.2017 ist damit der zuvor von dem Beklagten erteilte Reparaturauftrag hinfällig geworden. Werklohnansprüche stehen der Klägerin insoweit nicht mehr zu. Die Klage war damit insgesamt abzuweisen. …