1. Zwischen den Parteien eines Kaufvertrags kommt regelmäßig ein Verwahrungsvertrag (§ 688 BGB) zustande, wenn sie vereinbaren, dass die verkaufte und bereits übereignete und bezahlte Sache (hier: ein historischer Ackerschlepper „LANZ Eilbulldog“) einstweilen bei dem Verkäufer verbleibt und der Käufer sie dort später abholt. Eine bloße Gefälligkeit des Verkäufers liegt hinsichtlich der Aufbewahrung der Kaufsache regelmäßig nicht vor.
  2. Der Verkäufer eines wertvollen historischen Fahrzeugs (hier: eines Ackerschleppers „LANZ Eilbulldog“), das ohne Schlüssel in Gang gesetzt werden kann, verletzt grob fahrlässig die ihn als Verwahrer treffenden Pflichten, wenn er das Fahrzeug über mehrere Tage und Nächte im Freien abstellt, ohne es auch nur irgendwie gegen eine Wegnahme zu sichern. Deshalb kann sich der Verkäufer, wenn das Fahrzeug entwendet wird, einem Anspruch des Käufers auf Schadensersatz nicht mit dem Hinweis darauf entziehen, dass er gemäß § 690 BGB nur für diejenige Sorgfalt einzustehen habe, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflege.
  3. Das Gericht ist nicht gehindert, den Wert eines historischen Sammlerfahrzeugs (hier: eines Ackerschleppers „LANZ Eilbulldog“) gemäß § 287 ZPO zu schätzen, wenn zwei gerichtlich bestellte Sachverständige trotz im Wesentlichen übereinstimmender gutachterlicher Ausführungen unterschiedliche, sich nicht überschneidende Wertspannen angeben und die Voraussetzungen für die Einholung eines ein weiteren Gutachtens (§ 412 I ZPO) nicht vorliegen. Stehen in einem solchen Fall genauere Erkenntnisquellen ersichtlich nicht zur Verfügung, ist es sachgerecht, jeweils die untersten obersten angegebenen Werte als Extremwerte zu vernachlässigen und im Wege der Schätzung den sich aus der so gewonnenen neuen Wertspanne ergebenden Mittelwert als Wert festzusetzen.
  4. Bewertungen von Sammlerfahrzeugen („Oldtimern“) durch private kommerzielle Unternehmen sind den Ausführungen eines gerichtlich bestellten Sachverständigen allenfalls dann vorzuziehen, wenn sie sich nachvollziehbar und für den Einzelfall erheblich auf andere – insbesondere bessere – Erkenntnisquellen stützen als der Sachverständige.

OLG Braunschweig, Urteil vom 20.05.2021 – 9 U 8/20

Sachverhalt: Der Kläger kaufte von dem Beklagten mit Vertrag vom 18.10.2012 einen Oldtimer-Ackerschlepper „LANZ Eilbulldog“ (Baujahr 1935). Am selben Tag oder am 19.10.2012 zahlte er den den vereinbarten Kaufpreis von 35.000 € in voller Höhe in bar an den Beklagten und erhielt von diesem die Kennzeichenschilder des noch zugelassenen Ackerschleppers, sämtliche Fahrzeugpapiere sowie den Fahrzeugschlüssel. Die Parteien vereinbarten, dass der Ackerschlepper einstweilen noch bei dem Beklagten verbleibe und der Kläger ihn nach der Ummeldung dort abholen (lassen) werde. Der Kläger meldete das Fahrzeug auf sich um und schloss dafür bei der V-AG unter anderem eine Kaskoversicherung an, und zwar unter Angabe eines Marktwerts von 62.500 &euro. Zur Abholung des Ackerschleppers bei dem Beklagten kam es anschließend jedoch nicht mehr. Denn nach dem Vortrag des Beklagten hat dieser den Ackerschlepper kurz nach Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrags im Freien abgestellt und am 28.10.2012 festgestellt, dass Unbekannte das Fahrzeug entwendet hatten.

Der Kläger vermutete, der Beklagte reue den Verkauf des Fahrzeugs und habe den Ackerschlepper deshalb „verschwinden lassen“. Er forderte den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 23.10.2012 auf, den Ackerschlepper bis zum 26.10.2012 an ihn herauszugeben. Der Beklagte lehnte eine Herausgabe des Fahrzeugs unter Hinweis auf den behaupteten Diebstahl ab.

In der Folgezeit nahm der Kläger die V-AG wegen des Verlusts des Ackerschleppers gerichtlich mit Erfolg auf Zahlung der vereinbarten Kaskoentschädigung in Höhe von 62.500 € in Anspruch (LG Aachen, Urt. v. 11.11.2015 – 9 O 244/13). Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt er von dem Beklagten Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen der erhaltenen Versicherungsleistung und dem Wert, den der Ackerschlepper im Zeitpunkt seiner Entwendung gehabt habe. Diese Differenz beträgt nach der Behauptung des Klägers 87.500 €. Vorgerichtlich – mit anwaltlichem Schreiben vom 13.05.2015 – hat der Kläger den Beklagten erfolglos aufgefordert, diesen Betrag bis zum 20.05.2015 an ihn zu zahlen.

Das Landgericht hat die Klage sachverständig beraten abgewiesen. Die Parteien hätten zwar einen Verwahrungsvertrag geschlossen. Es könne jedoch dahinstehen, ob der Beklagte als Verwahrer seine aus diesem Vertrag resultierenden Pflichten verletzt habe. Denn jedenfalls habe der Kläger nicht bewiesen, dass ihm ein höherer Schaden als derjenige entstanden sei, den ihm die V-AG bereits ersetzt habe.

Mit seiner dagegen gerichteten Berufung hat der Kläger sein erstinstanzliches Klageziel in vollem Umfang weiterverfolgt. Er hat das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen S als unzureichend gerügt und geltend gemacht, der vom LG Aachen bestellte Sachverständige B sei zu einem wesentlich höheren Wert des streitgegenständlichen Fahrzeugs gelangt als der Sachverständige S. Außerdem sei Gegenstand des mit dem Beklagten geschlossenen Kaufvertrags ein LANZ Eilbulldog H8 D9531 und nicht das weniger wertvolle Modell H7 D8531 gewesen. Es sei auf den Wiederbeschaffungswert bei Händlern abzustellen, und dieser betrage nach den Ausführungen des Sachverständigen B 150.000 €.

Der Beklagte hat das angefochtene Urteil verteidigt und (weiterhin) bestritten, dem Kläger das höherwertige Fahrzeugmodell verkauft zu haben. Der Ackerschlepper sei außerdem nicht im Originalzustand und infolge des laufenden Gebrauchs im Alltag entsprechend abgenutzt gewesen.

Die Berufung hatte teilweise Erfolg.

Aus den Gründen: II. … Der Beklagte ist dem Kläger wegen des Abhandenkommens des nach dessen Erwerb für den Kläger verwahrten historischen Ackerschleppers gemäß §§ 688, 280 I, 249, 251 I BGB zum Schadensersatz verpflichtet (A). Der durch die Leistung der Kaskoversicherung noch nicht gedeckte Schaden des Klägers beträgt 10.000 €; ein noch höherer Schaden ist nicht festzustellen (B). Im Rahmen des geschuldeten Schadensersatzes sind dem Kläger entsprechend der Höhe der berechtigten Hauptforderung die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 887,03 € zu ersetzen (C). Verzugszinsen auf den zuerkannten Schadensersatzanspruch stehen dem Kläger ab dem 21.5.2015 gemäß §§ 280 I, II, 286 I, 288 I BGB zu (D).

Im Einzelnen:

A. Der Beklagte ist wegen schuldhafter (3) Verletzung seiner Pflichten (2) als Verwahrer (1) gegenüber dem Kläger zum Ersatz des durch den Verlust des Ackerschleppers entstandenen (4) Schadens verpflichtet.

1. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass zwischen den Parteien konkludent ein Verwahrungsvertrag gemäß § 688 BGB zustande gekommen ist, indem sie – insoweit unstreitig – vereinbart haben, dass der vom Kläger erworbene Ackerschlepper bis zur Abholung im Besitz des Beklagten verbleiben sollte.

a) Die Parteien haben dies konkludent als Nebenpflicht zum Kaufvertrag (vgl. Palandt/​Sprau, BGB, 80. Aufl., § 688 Rn. 6) vereinbart. Kommt es nach einem vollzogenen Kauf mit einem konkretisierten Kaufgegenstand zu einer Einigung dahin gehend, dass der Käufer diesen später abholt, kann das Einverständnis des Verkäufers aus objektiver Sicht regelmäßig nur dahin gehend gewertet werden, dass der Verkäufer auch bereit ist, den Kaufgegenstand weiterhin in seiner Obhut zu halten (OLG Köln, Urt. v. 10.08.2004 – 22 U 73/04, OLGR 2004, 394, 395). Das gilt auch hier. Denn es ging dem Kläger nicht um den Erhalt eines unentgeltlichen Abstellplatzes, wie zum Beispiel dem Kunden, dem ein Unternehmen einen unbewachten Parkplatz unentgeltlich zur Verfügung stellt und damit „leiht“ (vgl. LG Wiesbaden, Urt. v. 18.11.1969 – 1 S 356/69, NJW 1970, 665; Staudinger/​Bieder, BGB, Neubarb. 2020, Vorbemerkung zu §§ 688 ff. Rn. 44). Dem Kläger mit Wohnsitz in Jü. ging es für beide Parteien erkennbar darum, das schwere und langsame Fahrzeug nicht sogleich selbst mitnehmen zu müssen, sondern es später abholen zu können, was – für den Beklagten erkennbar – voraussetzte, dass es dann beim Beklagten auch noch vorhanden sein würde.

b) Der Beklagte hat nicht aus reiner Gefälligkeit gehandelt. Für die Abgrenzung zwischen einem Erfüllungspflichten begründenden Vertrag und bloßer Gefälligkeit ist zwar ein Rechtsbindungswille erforderlich. Dieser wird grundsätzlich durch die wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung – wie etwa den Wert der anvertrauten Sache – sowie Art und Grund der Zusage und die bestehende Interessenlage der Parteien bestimmt (BGH, Urt. v. 22.06.1956 – I ZR 198/54, BGHZ 21, 102 = juris Rn. 15). Es handelte sich vorliegend nicht um eine Gefälligkeit des täglichen Lebens, sondern um einen vereinbarten Abwicklungsschritt im Rahmen eines Rechtsgeschäfts über einen wertvollen Kaufgegenstand, der auch aus damaliger Sicht des Beklagten mindestens 35.000 € Wert gewesen sein musste. Der Beklagte hatte an der vereinbarten Vorgehensweise auch selbst ein objektives wirtschaftliches Interesse. Das verkaufte Fahrzeug war noch auf ihn zugelassen. Indem der Kläger es erst mitnehmen sollte, wenn es nicht mehr auf den Beklagten, sondern den Kläger zugelassen war, schützte dies den Beklagten vor einer Inanspruchnahme seiner Haftpflichtversicherung und einer negativen Schadenfreiheitsklassenauswirkung wegen Schäden, die der Kläger andernfalls mit dem noch auf den Beklagten zugelassenen Fahrzeug Dritten hätte zufügen können.

2. Durch einen Verwahrungsvertrag ist der Verwahrer zur Aufbewahrung der Sache verpflichtet. Bestandteil dessen ist die Übernahme der Obhut über die Sache, das heißt, soweit – wie hier – nicht anders vereinbart, der Schutz gegen Zerstörung, Beschädigung und Verlust (vgl. Palandt/​Sprau, a. a. O., § 688 Rn. 4). Diese Pflicht hat der Beklagte verletzt, indem er den Ackerschlepper auf dem Grundstück in J. im Freien unbeaufsichtigt für mehrere Tage und Nächte abgestellt hat.

a) Das Fahrzeug war gegen keine Wegnahme gesichert. Eine Wegnahmesicherung lag insbesondere nicht darin, dass der Beklagte dem Kläger bereits den zum Fahrzeug gehörenden Schlüssel ausgehändigt hatte. Nach eigenem Vorbringen des Beklagten (Klageerwiderung, S. 3) war dieser Schlüssel nur für die Beleuchtungselektrik erforderlich, nicht jedoch für das Starten des Fahrzeugs. Ackerschlepper dieses Typs werden unstreitig durch manuelles Vorheizen mit einer Heizlampe und anschließendes Anwerfen mittels des dafür umzusteckenden Lenkrads als Anlasskurbel gestartet. Wie der Beklagte als Zeuge vor dem LG Aachen am 25.04.2014 ausgesagt hat (Protokoll des LG Aachen, S. 6), handelt es sich bei dem Abstellort auf dem Freigelände zwar um einen nicht-öffentlichen Flugplatz für Sportflieger, der nicht von überall her einsehbar ist. Das ist jedoch nicht entscheidend. Diese Umstände haben, auch für jeden Laien erkennbar, keine Sicherungsqualität zum Schutz gegen die Wegnahme eines Fahrzeugs, das zum Rollen, Starten und Fahren nicht einmal einen Schlüssel erfordert. Maßgeblich ist insoweit, dass, wie der Beklagte weiter als Zeuge ausgesagt hat, das Gelände für jedermann frei zugänglich ist und es auch jederzeit zu Fuß betreten werden kann (Protokoll des LG Aachen, S. 6).

b) Bei einer unentgeltlichen Verwahrung hat ein Verwahrer zwar gemäß § 690 BGB nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt. Die Vorschrift enthält eine Billigkeitsregelung. Wer unentgeltlich verwahrt, soll nicht die verkehrserforderliche, sondern nur die eigenübliche Sorgfalt schulden. Bei der eigenüblichen Sorgfalt gilt – abweichend von § 276 BGB – kein objektiver, sondern ein subjektiver, auf die Veranlagung und das gewohnheitsmäßige Verhalten des Handelnden abstellender Maßstab. Zu berücksichtigen ist demnach auch ein bei dem Schädiger üblicher „Schlendrian“, jedoch nur, soweit dieser nicht schon grob fahrlässig ist, da von der Haftung nicht befreit ist, wer grob fahrlässig handelt (OLG Koblenz, Beschl. v. 17.02.2014 – 3 U 1335/13, juris Rn. 30; BeckOK-BGB/​S. Lorenz, Stand: 01.02.2021, § 277 Rn. 8).

Letzteres ist hier der Fall. Dem Beklagten ist das „Verschwinden“ des streitbefangenen Oldtimer-Ackerschleppers zumindest als grobe Fahrlässigkeit i. S. des § 690 BGB vorzuhalten. Schon durch einfachste, ganz naheliegende Überlegung hätte der Beklagte zu dem jedem einleuchtenden Schluss kommen müssen (vgl. Palandt/​Grüneberg, BGB, 80. Aufl., § 277 Rn. 5 m. w. Nachw.), dass das Abstellen eines für jedermann frei roll-, start- und fahrbaren Sammlerfahrzeugs über mehrere Tage und Nächte auf einem Freigelände, dies ohne jegliche Sicherung und ohne jede soziale Kontrolle, die Gefahr der Wegnahme heraufbeschwören musste und dass der Umstand, dass etwa früheres ähnliches Verhalten des Beklagten gegebenenfalls bislang (noch) nicht zum Verlust des Fahrzeugs geführt hatte, reiner glücklicher Zufall war.

aa) Der Umstand, dass der Ackerschlepper auf dem Gelände nicht von der Straße aus sichtbar war, ist gegebenenfalls nicht geeignet, das Verschulden in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. Dieser Umstand mag allenfalls ein „Anreiz-Hindernis“ für unagile Spontandiebe gewesen sein, die jeden auch noch so kurzen Fußweg scheuen, um nach lohnender Beute zu schauen, indes aber schon kein wirkliches Hindernis. Es leuchtet jedem ein, dass die fehlende Einsehbarkeit der gesamten Freifläche von der Straße aus kein hinreichend taugliches Sicherungsmittel darstellt, insbesondere nicht für solche Täter, die sich, wie leider regelmäßig üblich, insbesondere bei freier Zugänglichkeit näher nach Lohnenswertem umsehen.

bb) Auch der Hinweis des Beklagten, auf dem Gelände seien in den dortigen Hangars regelmäßig sechs Ultraleichtflugzeuge im Wert von je 80.000 bis 100.000 € eingestellt gewesen beziehungsweise eingestellt, liegt – mit einfachster, naheliegender Überlegung erkennbar – neben der Sache: Den streitbefangenen Ackerschlepper hat der Beklagte nach seinem Vorbringen eben nicht im Hangar, sondern auf dem ungesicherten Freigelände abgestellt. Unabhängig davon gibt es keinen gesicherten und allgemein anerkannten Lebenserfahrungsgrundsatz, dass jemand, der einen wertvollen historischen Ackerschlepper stehlen möchte, davon Abstand nimmt, wenn er in der Nähe ein noch wertvolleres Ultraleichtflugzeug (wie auch immer) entwenden könnte.

c) Umstände, die dieses Verhalten des Beklagten als ausnahmsweise noch pflichtgemäß erscheinen lassen, liegen nicht vor. Insbesondere gab es keinen Grund, der ihm die tatsächliche oder scheinbare Befugnis geben konnte, das Fahrzeug noch zu benutzen. Die Vorschriften über das Verwahrungsverhältnis gemäß §§ 688 ff. BGB räumen dem Verwahrer ohne Weiteres kein Nutzungsrecht ein. Die weitere Benutzung des verkauften Fahrzeugs war zwischen den Parteien, wie der Beklagte wusste, nicht vereinbart. Unabhängig davon wäre das auch kein Grund dafür gewesen, dass, wenn der Beklagte das bereits verkaufte Fahrzeug schon weiter benutzte, er es außerhalb der Benutzung auf einem Freigelände über einen erheblichen Zeitraum sich selbst überließ. Dass der Kläger derartiges gestattet hat, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

d) Der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft das wegen des Verschwindens des Ackerschleppers unter dem Vorwurf der Unterschlagung gegen den Beklagten geführte Ermittlungsverfahren gemäß § 170 II StPO eingestellt hat, ist für die zivilrechtliche Haftung des Beklagten unerheblich. Die Verfahrenseinstellung beruht darauf, dass weitere Ermittlungsansätze für eine Unterschlagung durch den Beklagten nicht vorlagen und das Strafgesetzbuch die grob fahrlässige Verletzung privatrechtlich übernommener Verwahrungspflichten nicht unter Strafe stellt.

3. Dass der Beklagte seine Verwahrerpflicht schuldhaft verletzt hat, ist gemäß § 280 I 2 BGB zu vermuten und nicht widerlegt.

4. Die Pflichtverletzung des Beklagten hat kausal zum Verlust des Ackerschleppers beigetragen. Schon die allgemeine Lebenserfahrung spricht dafür, dass das Fehlen jeglicher Wegnahmesicherung für den Verlust des Fahrzeugs und damit die Entstehung des Schadens mindestens mitursächlich geworden ist.

B. Der Beklagte hat dem Kläger einen Schaden in Höhe von 10.000 € zu ersetzen. Das folgt aus dem Ergebnis der zweitinstanzlich ergänzten Beweisaufnahme unter Berücksichtigung aller Umstände und der darauf gründenden Schätzung nach § 287 ZPO.

1. Der Kläger ist für die Höhe des Schadens und die ihm günstigen Anknüpfungstatsachen beweisbelastet. Das folgt aus dem allgemeinen Grundsatz, wonach in der Regel derjenige, der aus einem Sachverhalt eine für ihn günstige Rechtsfolge herleiten will, die Darlegungs- und Beweislast trägt (vgl. BGH, Beschl. v. 31.03.1970 – III ZB 23/68, BGHZ 53, 369 = juris Rn. 55). Voraussetzung für die Anwendung der dem Geschädigten zur günstigen Beweisregel des § 287 ZPO ist im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität, dass er zunächst die für eine Schätzung erforderlichen Anknüpfungstatsachen darlegt und nach § 287 ZPO beweist (vgl. BGH, Urt. v. 27.09.2001 – IX ZR 281/00, juris Rn. 15; Urt. v. 15.03.1988 – VI ZR 81/87, juris Rn. 8 f.).

a) Der Kläger hat nicht als Anknüpfungstatsache bewiesen, dass der ihm von dem Beklagten verkaufte Ackerschlepper „LANZ Eilbulldog“ ein solcher des höherwertigen Typs H8 D9531 und nicht „nur“ einer des Typs H7 D8531 gewesen ist. Von Letzterem ist daher auszugehen. Es ist nicht als wahrscheinlicher festzustellen, dass der dem Kläger verkaufte Ackerschlepper „LANZ Eilbulldog“ ein solcher des höherwertigen Typs H8 D9531 und nicht „nur“ einer des Typs H7 D8531 gewesen ist, als umgekehrt (zum Erfordernis mindestens überwiegender Wahrscheinlichkeit: BGH, Urt. v. 17.09.2019 – VI ZR 396/18, juris Rn. 13; Urt. v. 25.04.1972 – VI ZR 134/71, juris Rn. 9).

aa) Die zunächst gehaltenen Ausführungen des Sachverständigen B, wonach sich aus den Fahrzeugpapieren der Typ H9 D9531 ergebe, hat er revidiert, nachdem er durch das Gericht auf seinen Irrtum hingewiesen wurde, dass er sich insoweit auf vom Kläger zu Vergleichszwecken vorgelegte Zulassungsbescheinigung eines anderen – nicht streitgegenständlichen – Ackerschleppers bezogen hat.

bb) Die vom Beklagten in der „mobile.de“-Anzeige angegebene Leistung von 38 PS ist zwar unstreitig eine solche, die ein serienmäßiger „LANZ Eilbulldog“ nur in der Version H8 D9531 aufweist. Entsprechendes gilt für die in der Zulassungsbescheinigung eingetragene Höchstgeschwindigkeit von 28 km/h. Beidem kommt aber keine durchgreifende Indizwirkung zu. Weder hat der Beklagte den Ackerschlepper konkret als H8 D9531 angeboten, noch hat haben die Parteien diese Typbezeichnung oder die Leistungsangabe „38 PS“ in den Kaufvertrag aufgenommen. In der Zulassungsbescheinigung des streitgegenständlichen Fahrzeugs ist diese auch nicht enthalten, sondern „26 kW“ = 35 PS. Diese Leistung passt, wie die Sachverständigen übereinstimmend erläutert haben und letztlich auch unstreitig ist, nicht zum H8 D9531, sondern zur Höchstleistung eines H7 D8531 über den Zeitraum von einer Stunde, die nach den Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen ebenfalls aus den historischen Fahrzeugangaben des Herstellers folgt. Die in der Zulassungsbescheinigung eingetragene Höchstgeschwindigkeit von 28 km/h würde serienmäßig hingegen eine Leistung von 38 PS statt 35 PS erfordern, um einen kohärenten Hinweis auf einen H8 D9531 zu bieten. Insoweit hat der Beklagte persönlich und unwidersprochen ausgeführt, dass beim streitgegenständlichen Fahrzeug die Höchstgeschwindigkeit wegen eines von ihm vorgenommenen Getriebeumbaus auf eine längere Übersetzung erreicht worden sei. Diesen technischen Zusammenhang haben beide Sachverständige als möglich bestätigt. Mithin ist vorliegend die in der Zulassungsbescheinigung eingetragene Höchstgeschwindigkeit kein hinreichendes Zuordnungskriterium.

Völlig unplausibel für beide Typen ist die weitere Eintragung in der Zulassungsbescheinigung des streitgegenständlichen Fahrzeugs, dass die Leistung von 35 PS bei einer Drehzahl von 800/min erreicht werde. Wie beide Sachverständige unter Bezugnahme auf LANZ-Werksunterlagen erläutert haben, ohne dass einer der ebenfalls mit einiger Sachkunde ausgestatteten Parteien dem entgegengetreten wären, erreicht ein H8 D9531 die Leistung von 38 PS bereits bei einer Drehzahl von 630/min, indem er – im Gegensatz zum H7 D8531 – serienmäßig über einen Stufenregler verfügt. Der Typ H7 wie der Typ H8 laufen grundsätzlich mit einer Höchstdrehzahl von 540/min. Der Stufenregler erlaubt es, diese bei Bedarf auf 630/min zu erhöhen. Einen „LANZ Eilbulldog“ mit einer Leistung von 26 kW = 35 PS bei 800 U/min gab es nach den von den Parteien nicht infrage gestellten übereinstimmenden Ausführungen beider Sachverständigen ab Werk nicht. Deshalb hilft auch der persönliche Hinweis des Klägers nicht weiter, dass man, anders als ab Werk vorgesehen, mit einem Stufenregler die Höchstdrehzahl auch auf 800/min erhöhen kann, da dann denknotwendig die Leistung nicht mehr 35 PS betragen kann, sondern sogar noch höher sein müsste als die schon bei 630/min erreichten 38 PS.

Überdies war es nach den Ausführungen des Sachverständigen S, denen die Parteien und der Sachverständige B nicht widersprochen haben, bei Ackerschleppern des Typs H7 D8531 technisch möglich, diese mit einem Stufenregler nachzurüsten, der dann höhere Drehzahlen als 540/min bis zu 800/min erreichen ließ.

Zu dem Zustandekommen der unplausibelen Werte in der Zulassungsbescheinigung hat der Beklagte unwiderlegt in seiner persönlichen Anhörung vorgetragen, dass er für das Fahrzeug, um es damals für sich zulassen zu können, eine Vollabnahme-Hauptuntersuchung habe durchführen lassen müssen. Dabei seien mangels Unterlagen die Werte letztlich willkürlich gegriffen worden, um überhaupt Zulassungspapiere bekommen zu können.

cc) Soweit der Sachverständige B ausgeführt hat, für eine Zuordnung zum Typ H8 D9531 sprächen die anhand der auf den Lichtbildern des streitgegenständlichen Fahrzeugs im oberen Bereich des Kühlers erkennbaren offenliegenden sogenannten Kühleraugen, weil diese ab Werk im unstreitigen Baujahr 1935 beim Typ H7 schon abgedeckt gewesen seien, beim Typ H8 aber erst in späteren Baujahren, führt das nicht weiter. Wie der Sachverständige S in seiner Anhörung nochmals unwidersprochen erläutert hat, sei gerade in den Vorkriegsjahren regelmäßig an den Fahrzeugen faktisch das verbaut worden, was an Teilen im Werk gerade verfügbar gewesen sei, sodass Kühleraugen ohne Abdeckung keinen hinreichenden Rückschluss auf den Typ zuließen. Wesentlich für die Möglichkeit der Unterscheidung zwischen Typ H7 und H8 sei es, die werksseitige Ausführung der Ausrüstung mit einem Stufenregler festzustellen. Das sei auf keinem der Lichtbilder zu erkennen. Die Parteien und insbesondere der Kläger haben dazu auch nichts anderes vorgetragen.

b) Der streitgegenständliche Ackerschlepper ist nach den letztlich übereinstimmenden Ausführungen der Sachverständigen S und B mit der Zustandsnote 2 bis 3 laut der gängigen Bewertungskategorien und -definitionen der C und der D zutreffend beschrieben.

aa) Die Note 2 beschreibt nach den Ausführungen des Sachverständigen B

„Guter Zustand; mängelfrei, mit leichten Gebrauchsspuren; Original oder fachgerecht und aufwendig restauriert; keine fehlenden oder zusätzlich montierten Teile“,

nach den Ausführungen des Sachverständigen S

„Guter Zustand. Mängelfrei, aber mit leichten (!) Gebrauchsspuren. Entweder seltener, guter unrestaurierter Originalzustand oder fachgerecht restauriert. Technisch und optisch einwandfreie mit leichten Gebrauchsspuren“.

Die Note 3 beschreibt nach den Ausführungen des Sachverständigen B

„Gebrauchter Zustand; normale Spuren der Jahre; kleinere Mängel, aber voll fahrbereit; keine Durchrostungen; keine sofortigen Arbeiten notwendig; nicht schön, aber gebrauchsfertig“,

nach den Ausführungen des Sachverständigen S

„Gebrauchter Zustand. Fahrzeuge ohne größere technische und optische Mängel, voll fahrbereit und verkehrssicher. Keine Durchrostungen. Keine sofortigen Arbeiten notwendig“.

Die Bewertungskategorien und -definitionen stimmen damit fast wörtlich und in ihrer Bedeutung überein. Sie entsprechen im Wesentlichen der früher maßgeblichen Richtlinie für die Begutachtung von Oldtimern nach § 23 StVZO und haben sich so im Markt mit klassischen Fahrzeugen wie in der Rechtsprechung etabliert (vgl. Schönleiter, Oldtimerrecht in der Rechtsprechung deutscher Zivilgerichte – Eine Zusammenstellung oldtimerspezifischer Urteile, 2013, I 2 a cc [S. 41 ff.] m. zahlreichen Nachw.).

bb) Nach den übereinstimmenden Ausführungen der Sachverständigen B und S entsprechen am streitgegenständlichen Ackerschlepper die Hinterradfelgen, die Kotflügel und die Vorderräder – für Typ H7 wie auch H8 – nicht dem originalen Zustand. Gleiches gilt nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen S, denen die Parteien nicht entgegengetreten sind, für die Sitzbank, das Verdeck, den Lack, die Anhängerkupplung und die Pedale. Außerdem habe der Motorblock einen reparierten Frostschaden, das Fahrzeug mehr als leichte Gebrauchsspuren, jedoch (nur) leichten Rost und Ölaustritt aufgewiesen; für das Fahrzeug habe als positiv die Originalität des Motors als solchem und der optisch ansprechende Gesamtzustand des Fahrzeugs gesprochen. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass unstreitig zwar die Historie des Fahrzeugs unbekannt ist, es sich aber zum Verkaufszeitpunkt an den Kläger in einem voll fahrbereiten und verkehrssicheren Zustand befand und keine sofortigen Arbeiten ersichtlich notwendig waren.

2. Aus diesen Anknüpfungstatsachen folgt als geschätzter ungedeckter Schaden ein Betrag von 10.000 €, der sich im Wege der Schätzung gemäß § 287 BGB (b) au dem von den gerichtlichen Sachverständigen angesetzten Wertrahmen (a) ergibt:

a) Der Sachverständige S hat für den Typ H7 60.000 bis 70.000,00 € angesetzt.

Zu einer Bewertung des streitgegenständlichen Fahrzeugs mit 150.000 € ist der Sachverständige B entgegen der Darstellung in der Berufungsbegründung zu keinem Zeitpunkt – selbst unter der Annahme eines Typs H8 – in keinem der Gerichtsverfahren gelangt. Vielmehr hat er vorliegend für den Typ H8, wie schon vor dem LG Aachen, 95.000 € mit „Tendenz zu 100.000 €“ (vgl. Protokoll des LG Aachen vom 02.10.2015, S. 8; Senatsprotokoll vom 28.04.2021, S. 8) und für den Typ H7 10.000 € bis 20.000 € weniger angesetzt (vgl. Senatsprotokoll vom 28.04.2021, S. 8), was 75.000 bis 90.000 € entspricht.

Den gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen B ist insoweit nicht vor denen des Sachverständigen S der Vorzug zu geben. Beide Gutachter verfügen als Sachverständige für Kraftfahrzeugschäden und Kraftfahrzeugbewertung beziehungsweise für Landmaschinentechnik über einschlägige Sachkunde, beide über spezielle Erfahrung mit historischen Fahrzeugen, die sich bei dem „speziellen Thema innerhalb eines Spezialthemas“, nämlich dem Bereich der Oldtimer-Traktoren, vorliegend überzeugend ergänzt hat.

aa) Es ist unschädlich, dass keiner der Sachverständigen näheren Aufschluss über die Einzelheiten der Datensammlung von C liefern konnte. Das lag nachvollziehbar und glaubhaft nicht an den gerichtlichen Sachverständigen, sondern an der fehlenden und gerichtlich nicht erzwingbaren Auskunft des Betreibers. Betreiber ist die <emc< em="">-GmbH & Co. KG. Es handelt sich um keine amtliche oder entsprechend beliehene Stelle, sondern um ein privates und kommerziell tätiges Marktbeobachtungsunternehmen (vgl. https://​www.….de; Abruf vom 14.05.2021, 14.50 Uhr). Als solches kann es denkgesetzlich auf keine entscheidend anderen Parameter zurückgreifen als die vorliegend tätig gewordenen Sachverständigen, nämlich auf die Auswertung der einschlägigen Fachjournale, die Marktbeobachtung, die Befragung der Marktteilnehmer sowie eigenes Erfahrungswissen. Dass die C-Datenbank über einschlägige Fahrzeuge der ohnehin – auch vom Typ H7 – vergleichsweise seltenen Fahrzeuge zum hier maßgeblichen Bewertungszeitpunkt Oktober 2012 verfügt und gegebenenfalls in aussagekräftigerem Maße, bleibt jeweils spekulativ. Auf andere als die bereits zu den Akten gelangten Kurzbewertungen der C-Privatgutachter X vom 19.12.2014 und Y vom 29.12.2012 haben sich die Parteien konkret nicht berufen (vgl. § 142 I ZPO). Aus den vorgenannten C-Kurzbewertungen ergibt sich für die Bewertung nichts Durchgreifendes. Der Kläger ist für den vorliegenden Prozess an die von ihm vor dem Abschluss des Kaskoversicherungsvertrags bei der V-AG erstellten Privatgutachten Y und dem von ihm angesetzten Wert nicht gebunden. Die Kurzbewertung des C-Gutachters X bezieht sich auf einen anderen „LANZ Eilbulldog“, als er hier zugrunde gelegt werden kann, nämlich einen des Typs H8 9531, zudem im Zustand 1 und bewertet erst Ende 2014, als nach den übereinstimmenden Erläuterungen der gerichtlichen Sachverständigen die Preise für historische Ackerschlepper weiter deutlich gestiegen waren. Die Voraussetzungen für die Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 ZPO durch einen Sachverständigen der C sind jedenfalls nicht festzustellen.

b) Die Ausführungen des Privatgutachters F in dem vom Kläger vorgelegten weiteren Gutachten des T sind nicht zielführend. Sie beziehen sich zwar auf die Lichtbilder des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Der Privatgutachter F ist indes ebenfalls aufgrund der – wie bereits ausgeführt – nicht zu übernehmenden Angaben des Klägers vom Typ H8 9531 ausgegangen (S. 2 f.). Unabhängig davon stammt das Gutachten vom 01.10.2015 (S. 6). Es lässt nicht erkennen, dass es zum richtigen Bewertungsstichtag (28.10.2012) erstellt worden ist.

cc) Soweit dem Sachverständigen B die Datenbank der D zur Verfügung stand, rechtfertigt das nicht, seine Bewertung derjenigen des Sachverständigen S so vorzuziehen, dass die des Sachverständigen S etwa weniger oder gar nicht zu berücksichtigen wäre. Die sehr wenigen D-Gutachten über „LANZ Eilbulldogs“ betrafen nach den Ausführungen des Sachverständigen B Zeitpunkte von Bewertungen aus den Jahren 2015 und 2016. Nach 2012 sind die Preise und Bewertungen für solche Fahrzeuge aber nach den übereinstimmenden Ausführungen der Sachverständigen noch erheblich angestiegen. Auch vom Zustand, vom Typ und von der Ausstattung her gesehen waren die vom Sachverständigen B referierten Ackerschlepper, die nur in Baujahr und Hersteller vergleichbar waren, nicht einschlägig. Überdies handelte es sich um Bewertungen, nicht um Kaufpreise tatsächlicher Verkäufe. Das Phänomen, dass auch regelmäßig historische Ackerschlepper zu unrealistisch überhöhten Preise, darunter bisweilen auch nur scheinbar überhaupt mit Verkaufsabsicht, angeboten werden, haben beider Sachverständige berücksichtigt.

dd) Dass die gerichtlichen Sachverständigen trotz im Ergebnis deckungsgleicher Anknüpfungstatsachen und im Wesentlichen gleicher Erkenntnisquellen nicht zu einer einander überschneidenden Wertbeurteilung gelangen, nimmt ihren Ausführungen nicht die Eignung für greifbare Anhaltspunkte zu der gemäß § 287 ZPO gebotenen Schätzung. Es liegt auf der Hand und war bei der Anhörung der beiden Sachverständigen für das Gericht auch spürbar und nach allgemeiner Lebenserfahrung nachvollziehbar, dass und warum der Sachverständige B zu einer eher höheren, hingegen der Sachverständige S zu einer eher niedrigeren Bewertung neigte. Der Sachverständige B hat regelmäßig mit Bewertungen zu tun, die die Eigentümer als Kunden vornehmen lassen. Diese befinden sich regelmäßig im Spannungsfeld, dass sie zwar für die Versicherung mit Rücksicht auf die Prämienhöhe keine allzu hohe Bewertung erlangen möchten, gleichzeitig aber auch ein Interesse daran haben, bei Bedarf ihr Fahrzeug mit möglichst hohem Wert am Markt präsentieren zu können. Der Sachverständige S sieht beziehungsweise sah historische Ackerschlepper eher weniger regelmäßig im Zusammenhang mit einer solchen Bewertungsintention, sondern aus seiner Sicht als selbstständiger Landmaschinenmechanikermeister eher dann, wenn zum Beispiel Defekte auftreten oder Wartungs-, Überholungs- und Restaurierungsbedarf besteht. Das legt für beide Sachverständige eine unterschiedlich-selektive Wahrnehmungserfahrung nahe, die eine „ambitionierte“ beziehungsweise „zurückhaltende“ Bewertungshaltung jeweils verständlich macht.

b) Da – wie ausgeführt – keiner der gerichtlich-gutachterlichen Bewertungen der Vorzug vor der anderen zu geben ist, zwischen den Bewertungen aber keine „Schnittmenge“ besteht und weitere, insbesondere genauere Erkenntnisquelle ersichtlich nicht zur Verfügung stehen, ist es sachgerecht, im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO jeweils den untersten und obersten Ansatz ihrer Wertspannen als Extremwerte zu vernachlässigen, woraus eine Wertspanne von 70.000 bis 75.000 € folgt. Das ergibt als Mittelwert den Schätzbetrag von 72.500 € für das streitgegenständliche Fahrzeug.

Das Risiko, dass dieses Ergebnis der gerichtlich geschätzten Schadenshöhe unter Umständen mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt, ist in Kauf zu nehmen (vgl. BGH, Urt. v. 21.01.2016 – I ZR 90/14, juris Rn. 26 – Deltamethrin II) und erlaubt kein Absehen von einer Schätzung unter Abweisung der gesamten Klage. Andernfalls würde verfahrensfehlerhaft an die haftungsausfüllende Kausalität der Beweismaßstab des § 286 ZPO statt der des § 287 ZPO angelegt.

Auf die Frage, ob der Beklagte den Ersatz des Marktwerts oder des Wiederbeschaffungswerts schuldet, kommt es nicht an. Nach der richterlichen Schätzung besteht im vorliegenden Fall insoweit im Ergebnis kein Unterschied. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf durch den Schadensersatz besser gestellt zu werden, als wenn er den gekauften Ackerschlepper erhalten hätte. Hätte er den Ackerschlepper erhalten, hätte er darauf auch keine Gewährleistung bekommen. Die Parteien haben im Kaufvertrag vom 18.10.2012 die Gewährleistung zulässig ausgeschlossen. Darauf, dass ein gewerblicher Händler, der einen solchen Schlepper im Jahre 2012 als Unternehmer im Eigengeschäft verkauft hätte, Gewährleistung hätte geben müssen und deshalb wahrscheinlich einen höheren Preis als am Markt unter Privatpersonen üblich gefordert hätte, kommt es mithin nicht an. Zu vernachlässigen ist auch, dass bei gewerblichen Verkäufen Umsatzsteuer angefallen wäre. Aufgrund der von beiden Sachverständigen übereinstimmend geschilderten aufsteigenden Preisentwicklung, die Ende 2012 und in der Zeit danach noch jahrelang anhielt, ist bereits nicht als wahrscheinlich davon auszugehen, dass Privatverkäufer in dieser verkaufsfreundlichen Marktsituation den Nichtanfall von Umsatzsteuer an Kaufinteressenten weitergegeben hätten. Ein relevanter Preisunterschied zwischen Marktwert und Wiederbeschaffungswert für den vergleichsweise seltenen Wiederbeschaffungsgegenstand ist unter diesen Umständen nicht als überwiegend wahrscheinlich festzustellen. Anderes ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen der Sachverständigen.

C. Im Rahmen des geschuldeten Schadensersatzes ist der Kläger entsprechend der Höhe der berechtigten Hauptforderung aus Verletzung des Verwahrungsvertrags von seinen vorgerichtlichen Kosten für seine als zweckmäßig anzusehende Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe in Höhe von 887,03 € freizustellen (vgl. BGH, Urt. v. 30.04.1986 – VIII ZR 112/85, juris Rn. 18; Palandt/​Grüneberg, a. a. O., § 240 Rn. 57).

Es ist insoweit jeweils auf die Gebührentatbestände in der Fassung vor dem 01.01.2021 abzustellen. Der Kläger hat seinen Rechtsanwalt mit der vorgerichtlichen Geltendmachung seines Anspruchs auf Zahlung des durch die V-AG nicht ausgeglichenen Anteils seines Schadens im Jahr 2015 beauftragt (vgl. § 60 I RVG). Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, von denen der Kläger demnach berechtigterweise zu einem Streitwert von 10.000 € freizustellen ist, setzen sich zusammen aus der Summe aus einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG in Höhe von 725,40 € und der Auslagenpauschale nach Nrn. 7001, 7002 VV RVG in Höhe von 20 € zuzüglich 19 % Umsatzsteuer in Höhe von 141,63 €.

D. Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus §§ 280 I, II, 286 I, 288 I BGB. Eine Anspruchsgrundlage dafür, Zinsen – wie geltend gemacht – bereits ab dem Datum des Kaufvertrags- und/​oder Verwahrungsvertragsschlusses verlangen zu können, ist nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Kläger die Voraussetzungen des § 849 BGB nicht bewiesen. Mit Schreiben vom 13.05.2015 hat der Kläger den Beklagten erstmals zur Schadensersatzzahlung mit Fristsetzung bis zum 20.05.2015 aufgefordert. Die Mahnung gemäß § 286 I 1 BGB ist in dem Schreiben durch die Androhung der gerichtlichen Geltendmachung bereits enthalten, was zulässig ist (vgl. BGH, Urt. v. 13.07.2010 – XI ZR 27/10, juris Rn. 14) Etwaige frühere Zahlungsaufforderungen und Mahnungen sind nicht vorgetragen.

III. Die Kostenentscheidung entspricht den wechselseitigen Anteilen des Obsiegens und Unterliegens der Parteien (§ 92 I ZPO i. V. mit § 97 I ZPO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO, für den Beklagten zusätzlich auf § 713 ZPO i. V. mit § 544 II Nr. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Rückübertragung der Sache auf den Senat gemäß § 526 II ZPO und die Zulassung der Revision gemäß § 543 II 1 ZPO lagen beziehungsweise liegen nicht vor. …

Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Klägers vom 17.05.2021 gab keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO); die Entscheidung beruht auch nicht darauf. Der Sachverständige S hat erst- wie zweitinstanzlich auch unabhängig von Lichtbildern ausgeführt, dass in den Vorkriegsjahren dasjenige an Teilen im Werk verbaut worden sei, was dort verfügbar gewesen sei. Dem ist auch der Sachverständige B nicht entgegengetreten. Deshalb lässt sich vorliegend die Zuordnung des Fahrzeugs anhand der unverdeckten „Kühleraugen“ nicht vornehmen. Es kann dahinstehen, ob die Angabe „38 PS“ auf dem Typenschild des „LANZ Eilbulldog“ des Sammlers R für dessen Fahrzeug zutrifft. Die Leistungsangaben zum streitgegenständlichen Ackerschlepper variieren, haben keine hinreichende Aussagekraft und führen nicht zur Überzeugung des Gerichts im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Ackerschlepper – und nur auf diesen kommt es an – um einen des Typs H8 D9531 gehandelt hat. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, dass selbst der Kläger – aus welchen Gründen, kann ebenfalls dahingestellt bleiben – unterschiedliche Leistungs- und Typangaben zu unterschiedlichen Anlässen betreffend das streitgegenständliche Fahrzeug vewendet hat (vgl. z. B. Kraftfahrversicherung vom 22.10.2012: „Stärke 26 [kw = 35 PS]“ und „D8531“; Kurzbewertung des C-Privatgutachters Y vom 30.10.2012, das zum Versicherungsmarktwert von 62.500 € gelangte, in welchem das streitgegenständliche Fahrzeug aufgrund der Besichtigungsangaben des Klägers ebenfalls als „Modell D8531“ bezeichnet ist; Strafanzeige des Klägers gegen den Beklagten vom 30.10.2012, welche die Typbezeichnung „D9531“ enthält; vom Kläger ausgefüllter Fragebogen der V-AG zur Kraftfahrzeug-Diebstahlsanzeige vom 13.11.2012 mit Angabe zu „Fabrikat, Typ“: „LANZ Eilbulldog 38 PS Bj. 1935“ [jedoch keine weitere Typangabe „D…“]).

PDF erstellen