Klärt das Ge­richt ent­schei­dungs­er­heb­li­che Wi­der­sprü­che zwi­schen den Schluss­fol­ge­run­gen ei­nes ge­richt­lich be­stell­ten Sach­ver­stän­di­gen und den­je­ni­gen ei­nes Pri­vat­gut­ach­ters nicht hin­rei­chend auf, son­dern folgt oh­ne lo­gi­sche und nach­voll­zieh­ba­re Be­grün­dung den Aus­füh­run­gen ei­nes von ih­nen – vor­lie­gend den­je­ni­gen des Pri­vat­gut­ach­ters –, fehlt es an ei­ner trag­fä­hi­gen Tat­sa­chen­grund­la­ge für die Über­zeu­gungs­bil­dung des Ge­richts (§ 286 ZPO) und ist da­mit das recht­li­che Ge­hör (Art. 103 I GG) der­je­ni­gen Par­tei, die sich das ihr güns­ti­ge Be­wei­s­er­geb­nis – vor­lie­gend in Form ei­nes ge­richt­li­chen Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens – zu ei­gen ge­macht hat, ver­letzt (im An­schluss an BGH, Beschl. v. 07.12.2010 – VI­II ZR 96/10, NJW-RR 2011, 704 Rn. 13; Beschl. v. 14.01.2014 – VI ZR 340/13, NJW-RR 2014, 1147 Rn. 11; Beschl. v. 05.07.2017 – IV ZR 508/14, NJW-RR 2017, 1062 Rn. 24).

BGH, Be­schluss vom 05.11.2019 – VI­II ZR 344/18

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin, ei­ne Pflan­zen­groß­händ­le­rin, kauf­te von der Be­klag­ten ein Kul­tur­sub­strat zur Auf­zucht von Pflan­zen. Die­ses Sub­strat wur­de ihr am 19.02.2014 ge­lie­fert. Die Klä­ge­rin topf­te dar­in an­der­wei­tig be­zo­ge­ne und zum spä­te­ren Wei­ter­ver­kauf be­stimm­te Setz­lin­ge ein, die sie am 26.02.2014 er­hal­ten hat­te. Ein Teil der Setz­lin­ge wur­de in ein an­de­res Kul­tur­sub­strat ge­pflanzt.

In der 12. Ka­len­der­wo­che 2014 (17.–23.03.2014) wur­de an den Setz­lin­gen, die in das von der Be­klag­ten be­zo­ge­ne Sub­strat ge­pflanzt wor­den wa­ren, ein Trau­er­mü­cken­be­fall fest­ge­stellt. Die Pflan­zen wa­ren, an­ders als die­je­ni­gen, die in dem an­de­ren Sub­strat ein­ge­pflanzt wur­den, nicht ver­mark­tungs­fä­hig.

Die auf Er­satz der Kos­ten für ei­nen De­ckungs­kauf in Hö­he von 80.234,03 € nebst Zin­sen ge­rich­te­te Kla­ge hat­te vor dem Land­ge­richt Er­folg. Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat das Ober­lan­des­ge­richt – nach An­hö­rung der ge­richt­lich be­stell­ten Sach­ver­stän­di­gen so­wie ei­nes zweit­in­stanz­lich sei­tens der Be­klag­ten her­an­ge­zo­ge­nen Pri­vat­gut­ach­ters – die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Die Re­vi­si­on hat das Ober­lan­des­ge­richt nicht zu­ge­las­sen.

Auf die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de der Klä­ge­rin, die da­mit die Wie­der­her­stel­lung des land­ge­richt­li­chen Ur­teils be­gehr­te, wur­de das Be­ru­fungs­ur­teil im Kos­ten­punkt und in­so­weit auf­ge­ho­ben, als hin­sicht­lich des gel­tend ge­mach­ten Trau­er­mü­cken­be­falls des ge­lie­fer­ten Sub­strats zum Nach­teil der Klä­ge­rin ent­schie­den wor­den war. In die­sem Um­fang wur­de die Sa­che zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an ei­nen an­de­ren Se­nat des Be­ru­fungs­ge­richts zu­rück­ver­wie­sen. Im Üb­ri­gen wur­de die Be­schwer­de der Klä­ge­rin ge­gen die Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on zu­rück­ge­wie­sen.

Aus den Grün­den: II. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zur Be­grün­dung sei­ner Ent­schei­dung, so­weit für das Ver­fah­ren der Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de von In­ter­es­se, im We­sent­li­chen aus­ge­führt:

An­ders als das Land­ge­richt ver­mö­ge der Se­nat nicht mit der für ei­ne Ver­ur­tei­lung er­for­der­li­chen Ge­wiss­heit fest­zu­stel­len, dass das von der Be­klag­ten ge­lie­fer­te Pflan­zen­sub­strat mit Trau­er­mü­cken­ei­ern bzw. -lar­ven be­fal­len ge­we­sen und hier­durch die Setz­lin­ge der Klä­ge­rin zer­stört wor­den sei­en.

Das Sub­strat sei je­den­falls auf Dau­er als Nah­rungs­quel­le kaum ge­eig­net. Dies schlie­ße zwar nicht aus, dass Trau­er­mü­cken ih­re Ei­er auch in ei­nem Sub­strat der Be­klag­ten ab­leg­ten. Je­doch las­se ge­ra­de die gro­ße An­zahl der in den Setz­lin­gen auf­ge­tre­te­nen Trau­er­mü­cken­lar­ven das Sub­strat als ent­schei­den­de Ur­sa­che un­wahr­schein­lich er­schei­nen.

Hin­zu kom­me der zeit­li­che Ab­lauf. Da nach den Dar­le­gun­gen des Pri­vat­gut­ach­ters der Be­klag­ten die Ent­wick­lungs­zeit von Trau­er­mü­cken vom Ei bis zur Mü­cke bei gu­ten Be­din­gun­gen nur et­wa drei Wo­chen be­tra­ge und im Ge­wächs­haus der Klä­ge­rin im März 2014, der sehr warm ge­we­sen sei, idea­le Be­din­gun­gen ge­herrscht hät­ten, sei es un­wahr­schein­lich, dass die Trau­er­mü­cken­ei­er schon bei An­lie­fe­rung (19.02.2014) in dem Sub­strat vor­han­den, je­doch erst mehr als vier Wo­chen spä­ter aus­ge­bil­det ge­we­sen sein soll­ten.

Dar­über hin­aus spre­che die Art und Wei­se der La­ge­rung so­wie des Trans­ports des Sub­strats ge­gen ei­ne gro­ße An­zahl von Trau­er­mü­cken­ei­ern im Zeit­punkt der An­lie­fe­rung bei der Klä­ge­rin. Die Ver­men­gung der ein­zel­nen Be­stand­tei­le des Sub­strats und des­sen Ver­brin­gung auf ei­nen Lkw zum Trans­port sei­en nach den Aus­füh­run­gen des Pri­vat­gut­ach­ters gro­be Vor­gän­ge, bei de­nen die sehr emp­find­li­chen Trau­er­mü­cken­ei­er in gro­ßer An­zahl zer­stört wür­den.

Ein Man­gel des Sub­strats fol­ge auch nicht aus dem Feh­len ei­ner ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit. Zwar sei die Zu­sam­men­set­zung des Sub­strats auf­grund sei­ner Nei­gung zur Ver­näs­sung mög­li­cher­wei­se für die Setz­lin­ge nicht ge­eig­net ge­we­sen. Da die fach­kun­di­ge Klä­ge­rin je­doch selbst da­für ver­ant­wort­lich sei zu prü­fen, wel­ches Sub­strat sie be­nö­ti­ge, kom­me ei­ne Haf­tung der Be­klag­ten nur in Be­tracht, wenn ihr be­kannt ge­we­sen wä­re, dass das Sub­strat ge­ra­de für die Auf­zucht von Eu­phor­bia-Pflan­zen ver­wen­det wer­den sol­le, was als Be­schaf­fen­heit hät­te ver­ein­bart sein müs­sen. Sol­ches ha­be die Klä­ge­rin je­doch nicht be­wie­sen.

III. Die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de ist zu­läs­sig, ins­be­son­de­re ist der Be­schwer­de­wert nach § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EG­Z­PO er­reicht. Sie hat auch in der Sa­che Er­folg und führt ge­mäß § 544 VII ZPO zur Auf­he­bung des Be­ru­fungs­ur­teils und zur Zu­rück­ver­wei­sung der Sa­che an das Be­ru­fungs­ge­richt. Die an­ge­foch­te­ne Ent­schei­dung ver­letzt in ent­schei­dungs­er­heb­li­cher Wei­se den An­spruch der Klä­ge­rin auf Ge­wäh­rung recht­li­chen Ge­hörs (Art. 103 I GG), da ihr Vor­brin­gen nicht hin­rei­chend ge­wür­digt wur­de und das Be­ru­fungs­ge­richt den Wi­der­spruch zwi­schen den – sich durch die Klä­ge­rin zu ei­gen ge­mach­ten – Aus­füh­run­gen der ge­richt­lich be­stell­ten Sach­ver­stän­di­gen und den­je­ni­gen des sei­tens der Be­klag­ten her­an­ge­zo­ge­nen Pri­vat­gut­ach­ters nicht auf­ge­klärt, son­dern viel­mehr dem – mit­tels Pri­vat­gut­ach­tens ur­kund­lich be­leg­ten (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 05.05.1986 – III ZR 233/84, BGHZ 98, 32, 40; Urt. v. 14.07.2010 – VI­II ZR 327/07, RdE 2010, 384 Rn. 19) – Par­tei­vor­trag der Be­klag­ten oh­ne nach­voll­zieh­ba­re Be­grün­dung den Vor­zug ge­ge­ben hat.

1. Das Ge­bot recht­li­chen Ge­hörs ver­pflich­tet das Ge­richt, die Aus­füh­run­gen der Pro­zess­be­tei­lig­ten zur Kennt­nis zu neh­men und in Er­wä­gung zu zie­hen. In den Ent­schei­dungs­grün­den müs­sen die we­sent­li­chen Tat­sa­chen- und Rechts­aus­füh­run­gen ver­ar­bei­tet wer­den. Wenn ein be­stimm­ter Vor­trag ei­ner Par­tei den Kern des Par­tei­vor­brin­gens dar­stellt und für den Pro­zess­aus­gang von ent­schei­den­der Be­deu­tung ist, be­steht für das Ge­richt ei­ne Pflicht, die vor­ge­brach­ten Ar­gu­men­te zu wür­di­gen und in den Ent­schei­dungs­grün­den hier­zu Stel­lung zu neh­men (st. Rspr.; vgl. BVerfG [1. Kam­mer des Zwei­ten Se­nats], Beschl. v. 27.02.2018 – 2 BvR 2821/14, NJW-RR 2018, 694 Rn. 18 m. w. Nachw.).

Da­bei ist zu be­ach­ten, dass sich ei­ne Par­tei die bei ei­ner Be­weis­auf­nah­me zu­ta­ge tre­ten­den, ihr güns­ti­gen Um­stän­de – und da­mit auch die Aus­füh­run­gen ei­nes ge­richt­lich be­stell­ten Sach­ver­stän­di­gen – re­gel­mä­ßig zu­min­dest hilfs­wei­se zu ei­gen macht (vgl. BGH, Beschl. v. 30.11.2010 – VI ZR 25/09, NJW-RR 2011, 428 Rn. 9; Beschl. v. 24.03.2015 – VI ZR 179/13, NJW 2015, 2125 Rn. 17; Beschl. v. 05.07.2017 – IV ZR 508/14, NJW-RR 2017, 1062 Rn. 23).

Er­ge­ben sich zwi­schen den – für die Par­tei güns­ti­gen – Fest­stel­lun­gen ei­nes ge­richt­lich be­stell­ten Sach­ver­stän­di­gen und den­je­ni­gen an­de­rer sach­kun­di­ger Per­so­nen – vor­lie­gend ei­nes Pri­vat­gut­ach­ters – Wi­der­sprü­che, ist das Ge­richt ver­pflich­tet, die­sen nach­zu­ge­hen, denn er­kenn­bar wi­der­sprüch­li­che Gut­ach­ten sind kei­ne aus­rei­chen­de Grund­la­ge für die Über­zeu­gungs­bil­dung des Ge­richts. Da Art. 103 I GG als Pro­zess­grund­recht si­chern soll, dass die Ent­schei­dung frei von Ver­fah­rens­feh­lern er­geht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.02.1967 – 2 BvR 658/65, BVerfGE 21, 191, 194), hat das Ge­richt die ein­an­der wi­der­spre­chen­den Aus­füh­run­gen sorg­fäl­tig und kri­tisch zu wür­di­gen so­wie den Sach­ver­halt wei­ter auf­zu­klä­ren.

In wel­cher (ge­eig­ne­ten) Wei­se der Tatrich­ter sei­ner Pflicht zur Auf­klä­rung des Wi­der­spruchs nach­kommt, steht grund­sätz­lich in sei­nem Er­mes­sen und kann zweck­mä­ßi­ger­wei­se et­wa da­durch er­fol­gen, dass das Ge­richt den Sach­ver­stän­di­gen un­ter Ge­gen­über­stel­lung mit dem Pri­vat­gut­ach­ter an­hört (vgl. BGH, Urt. v. 20.07.1999 – X ZR 121/96, NJW-RR 2000, 44 un­ter 6 a; Urt. v. 16.04.2013 – VI ZR 44/12, NJW 2014, 71 Rn. 19; Beschl. v. 18.05.2009 – IV ZR 57/08, NJW-RR 2009, 1192 Rn. 7; Beschl. v. 07.12.2010 – VI­II ZR 96/10, NJW-RR 2011, 704 Rn. 8). Kann der Sach­ver­stän­di­ge im Er­geb­nis die sich aus dem Pri­vat­gut­ach­ten er­ge­ben­den Ein­wen­dun­gen nicht aus­räu­men, muss der Tatrich­ter im Rah­men sei­ner Ver­pflich­tung zur Sach­auf­klä­rung er­for­der­li­chen­falls ge­mäß § 412 I ZPO ein wei­te­res Gut­ach­ten ein­ho­len (vgl. BGH, Urt. v. 23.03.2004 – VI ZR 428/02, VersR 2004, 790 un­ter II 1 a; Beschl. v. 18.05.2009 – IV ZR 57/08, NJW-RR 2009, 1192 Rn. 7; Beschl. v. 15.12.2015 – VI ZR 557/15, NJW 2016, 639 Rn. 5 f.).

Erst wenn sol­che Auf­klä­rungs­be­mü­hun­gen er­folg­los ge­blie­ben sind, dür­fen Dis­kre­pan­zen vom Tatrich­ter frei ge­wür­digt wer­den. Da­bei muss das Ge­richt je­doch die ein­an­der wi­der­spre­chen­den An­sich­ten der Gut­ach­ter ge­gen­ein­an­der ab­wä­gen so­wie mit ein­leuch­ten­der und lo­gisch nach­voll­zieh­ba­rer Be­grün­dung ei­nem von ih­nen den Vor­zug ge­ben (vgl. BGH, Urt. v. 24.09.2008 – IV ZR 250/06, VersR 2008, 1676 Rn. 11; Urt. v. 03.12.2008 – IV ZR 20/06, NJW-RR 2009, 387 Rn. 8; Urt. v. 28.08.2018 – VI ZR 509/17, NJW-RR 2019, 17 Rn. 19; Beschl. v. 06.04.2016 – VII ZR 16/15, ju­ris Rn. 11).

2. Die­sen An­for­de­run­gen ist das Be­ru­fungs­ge­richt nicht ge­recht ge­wor­den.

a) Die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de rügt mit Er­folg, dass das Be­ru­fungs­ge­richt bei sei­ner Ent­schei­dungs­fin­dung den Klä­ger­vor­trag, wo­nach das Sub­strat in­fol­ge des Be­falls mit Trau­er­mü­cken­ei­ern und -lar­ven schon im Zeit­punkt der An­lie­fe­rung man­gel­haft ge­we­sen sei, so­wie die hier­mit kor­re­spon­die­ren­den, für die Klä­ge­rin güns­ti­gen, sich von ihr (so­gar ex­pli­zit) zu ei­gen ge­mach­ten An­ga­ben der ge­richt­lich be­stell­ten Sach­ver­stän­di­gen nicht bzw. nicht hin­rei­chend be­rück­sich­tigt und den Wi­der­spruch zwi­schen den An­ga­ben der Sach­ver­stän­di­gen und den­je­ni­gen des Pri­vat­gut­ach­ters nicht wei­ter auf­ge­klärt hat.

Ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten han­delt es sich da­bei nicht „le­dig­lich“ um ei­nen Feh­ler im Rah­men der Be­weis­wür­di­gung (§ 286 ZPO), wel­cher re­vi­si­ons­recht­lich nur ein­ge­schränkt über­prüf­bar wä­re (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 05.10.2004 – XI ZR 210/03, BGHZ 160, 308, 316 f.; Urt. v. 29.03.2017 – VI­II ZR 44/16, NJW 2017, 2819 Rn. 24). Viel­mehr be­ruht die Wür­di­gung des Be­ru­fungs­ge­richts, das Pflan­zen­sub­strat sei im Hin­blick auf den Trau­er­mü­cken­be­fall nicht man­gel­haft, auf ei­ner nicht trag­fä­hi­gen Tat­sa­chen­grund­la­ge, weil es bei sei­ner Be­weis­wür­di­gung ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Klä­ger­vor­trag über­gan­gen, den Pro­zess­stoff so­mit nicht voll­stän­dig hin­sicht­lich der für die Über­zeu­gungs­bil­dung we­sent­li­chen As­pek­te ge­wür­digt und da­mit das Ver­fah­rens­grund­recht der Klä­ge­rin aus Art. 103 I GG ver­letzt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 07.12.2010 – VI­II ZR 96/10, NJW-RR 2011, 704 Rn. 13; Beschl. v. 14.01.2014 – VI ZR 340/13, NJW-RR 2014, 1147 Rn. 11; Beschl. v. 05.07.2017 – IV ZR 508/14, NJW-RR 2017, 1062 Rn. 24).

aa) Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zwar die ge­gen die Be­ur­tei­lung des Sub­strats als man­gel­haft ge­rich­te­ten Ein­wän­de des zweit­in­stanz­lich sei­tens der Be­klag­ten her­an­ge­zo­ge­nen Pri­vat­gut­ach­ters im Rah­men ei­ner An­hö­rung mit der ge­richt­lich be­stell­ten Sach­ver­stän­di­gen er­ör­tert.

bb) Die­se An­hö­rung war je­doch un­voll­stän­dig, da die Sach­ver­stän­di­ge nicht zu al­len Punk­ten, auf wel­che das Be­ru­fungs­ge­richt – dem Pri­vat­gut­ach­ter fol­gend – sei­ne Ent­schei­dung ge­stützt hat, be­fragt wur­de. Das Be­ru­fungs­ge­richt be­grün­det sei­ne feh­len­de Über­zeu­gung be­züg­lich ei­nes Trau­er­mü­cken­be­falls des von der Be­klag­ten ge­lie­fer­ten Sub­strats auch mit den Fest­stel­lun­gen des Pri­vat­gut­ach­ters, wo­nach even­tu­ell vor­han­de­ne Trau­er­mü­cken­ei­er beim Mi­schen des Sub­strats so­wie des­sen Trans­port zur Klä­ge­rin zer­stört wor­den wä­ren. Die­ser von der Klä­ge­rin be­strit­te­ne Um­stand wur­de mit der Sach­ver­stän­di­gen nicht er­ör­tert.

Das war aber ge­bo­ten, zu­mal der ge­richt­lich be­stell­ten Sach­ver­stän­di­gen der Her­stel­lungs­pro­zess so­wie der Trans­port­weg des Sub­strats be­kannt wa­ren. Ihr wur­de im erst­in­stanz­li­chen Ver­fah­ren vor­ge­ge­ben, das Gut­ach­ten un­ter Zu­grun­de­le­gung des Um­stands zu fer­ti­gen, dass das Sub­strat bei der Be­klag­ten in ei­ner Misch­an­la­ge ver­mischt wur­de. Sie hat die­se Um­stän­de nicht als Grund da­für an­ge­se­hen, ih­re Fest­stel­lung zum Be­fall des Sub­strats mit Trau­er­mü­cken­ei­ern bei An­lie­fe­rung zu re­la­ti­vie­ren. Die Fra­ge, ob sie die­sen As­pekt über­se­hen oder für nicht re­le­vant er­ach­te­te, wä­re mit ihr zu klä­ren ge­we­sen.

cc) So­weit das Be­ru­fungs­ge­richt sei­ne Auf­fas­sung wei­ter auf den zeit­li­chen Ab­lauf stützt, wo­nach das Auf­tre­ten der Trau­er­mü­cken im Be­trieb der Klä­ge­rin zu spät er­folgt sei, als dass die Ur­sa­che hier­für im von der Be­klag­ten ge­lie­fer­ten Sub­strat lie­gen kön­ne, be­grün­det es dies aus­schließ­lich mit den Be­wer­tun­gen des Pri­vat­gut­ach­ters.

Die­ser hat­te im Rah­men sei­ner Be­fra­gung durch das Be­ru­fungs­ge­richt aus­ge­führt, es hät­ten im Ge­wächs­haus der Klä­ge­rin „idea­le Be­din­gun­gen“ ge­herrscht, da es im März 2014 „sehr warm“ ge­we­sen sei, so­dass die Ent­wick­lungs­zeit der Trau­er­mü­cken vom Ei bis zur Mü­cke nur et­wa drei Wo­chen be­tra­gen ha­be. Hier­aus hat das Be­ru­fungs­ge­richt ge­fol­gert, es sei dann sehr un­wahr­schein­lich, dass Trau­er­mü­cken­ei­er schon bei An­lie­fe­rung des Sub­strats im Be­trieb der Klä­ge­rin (19.02.2014) vor­han­den ge­we­sen sei­en.

Die ge­gen­tei­li­ge Be­ur­tei­lung der Sach­ver­stän­di­gen wird im Ur­teil des Be­ru­fungs­ge­richts nicht er­wähnt. Die­se hat­te un­ter Dar­le­gung der Ent­wick­lungs­sta­di­en von Trau­er­mü­cken so­wie der Tem­pe­ra­tur­ver­hält­nis­se so­wohl bei An­lie­fe­rung des Sub­strats als auch im Ge­wächs­haus der Klä­ge­rin ei­nen Trau­er­mü­cken­zy­klus von drei bis vier Wo­chen an­ge­nom­men, so­dass das Auf­tre­ten in der 12. Ka­len­der­wo­che 2014 in zeit­li­cher Hin­sicht den Rück­schluss zu­las­se, Trau­er­mü­cken­ei­er sei­en schon im an­ge­lie­fer­ten Sub­strat vor­han­den ge­we­sen. Da es sich hier­bei um ei­ne zen­tra­le, für die Be­ur­tei­lung der Man­gel­haf­tig­keit des Sub­strats er­heb­li­che Fra­ge han­delt, muss aus der feh­len­den Er­wäh­nung die­ser Fest­stel­lun­gen durch das Be­ru­fungs­ge­richt auf die Nicht­be­rück­sich­ti­gung die­ses, sich durch die Klä­ge­rin zu ei­gen ge­mach­ten Vor­trags im Rah­men der Über­zeu­gungs­bil­dung ge­schlos­sen wer­den.

Über­dies ver­weist die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de zu­tref­fend dar­auf, dass das Be­ru­fungs­ge­richt den Klä­ger­vor­trag zum zeit­li­chen Ab­lauf auch im Üb­ri­gen nicht hin­rei­chend be­ach­tet hat. Hier­nach ha­be die Ent­wick­lung der sich im Sub­strat be­find­li­chen Ei­er erst be­gon­nen, als die­ses in der 9. Ka­len­der­wo­che in­fol­ge des Ein­top­fens in das war­me Ge­wächs­haus ge­langt sei. Zwi­schen der 9. Ka­len­der­wo­che und dem Auf­tre­ten des Trau­er­mü­cken­be­falls in der 12. Ka­len­der­wo­che lä­gen die – auch vom Pri­vat­gut­ach­ter als Ent­wick­lungs­zy­klus an­ge­nom­me­nen – drei Wo­chen.

dd) Zu­dem wur­den die un­ter­schied­li­chen An­sich­ten der Gut­ach­ter zur Ge­eig­net­heit des Sub­strats als Nah­rungs­quel­le für Trau­er­mü­cken­lar­ven we­der ei­ner wei­te­ren Klä­rung un­ter­zo­gen noch voll­stän­dig und kri­tisch ge­wür­digt.

Die Aus­füh­run­gen des Pri­vat­gut­ach­ters in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Be­ru­fungs­ge­richt, wo­nach die Be­stand­tei­le des Sub­strats auf Dau­er als Nah­rungs­quel­le für die Trau­er­mü­cken­lar­ven nicht ge­eig­net sei­en, ste­hen in of­fe­nem Wi­der­spruch zu den An­ga­ben der ge­richt­lich be­stell­ten Sach­ver­stän­di­gen. Die­se gab in der An­hö­rung vor dem Be­ru­fungs­ge­richt an, nach ih­ren Re­cher­chen sei­en Schwarz­torf und Holz­fa­sern als Be­stand­tei­le des Sub­strats durch­aus als Nah­rungs­quel­le für Trau­er­mü­cken­lar­ven nutz­bar. Dies steht in Über­ein­stim­mung mit ih­ren An­ga­ben in der erst­in­stanz­li­chen An­hö­rung, wo­nach das Sub­strat auf­grund sei­ner Zu­sam­men­set­zung, wo­zu die Sach­ver­stän­di­ge de­tail­liert aus­führ­te, „be­son­ders trau­er­mü­cken­af­fin“ sei. Die­sen Wi­der­spruch hat das Be­ru­fungs­ge­richt nicht auf­ge­klärt, son­dern sei­ner Über­zeu­gungs­bil­dung oh­ne Be­grün­dung die Aus­füh­run­gen des Pri­vat­gut­ach­ters zu­grun­de ge­legt.

So­weit das Be­ru­fungs­ge­richt in die­sem Zu­sam­men­hang auf die gro­ße An­zahl der in den Setz­lin­gen auf­ge­tre­te­nen Trau­er­mü­cken­lar­ven ab­stellt und des­we­gen das Sub­strat der Be­klag­ten nicht als ent­schei­den­de Ur­sa­che für die Wachs­tums­stö­rung der Setz­lin­ge an­sieht, fehlt auch in­so­weit ei­ne Aus­ein­an­der­set­zung mit den ab­wei­chen­den Fest­stel­lun­gen der ge­richt­lich be­stell­ten Sach­ver­stän­di­gen. Die­se hat ge­ra­de die ex­plo­si­ons­ar­ti­ge Ent­wick­lung der Trau­er­mü­cken als Grund da­für her­an­ge­zo­gen, dass sich de­ren Ei­er bzw. Lar­ven be­reits im Sub­strat be­fun­den ha­ben müs­sen.

Fer­ner wä­re zu klä­ren ge­we­sen, in­wie­fern die aus Sicht des Pri­vat­gut­ach­ters feh­len­de Eig­nung des Sub­strats als ei­ne „dau­er­haf­te“ Nah­rungs­quel­le für die Be­ur­tei­lung des Be­falls mit Trau­er­mü­cken­lar­ven von Re­le­vanz ist. Nach den Aus­füh­run­gen der Sach­ver­stän­di­gen in ih­rem schrift­li­chen Gut­ach­ten er­näh­ren sich nur die Lar­ven da­von, wo­hin­ge­gen die nur we­ni­ge Ta­ge le­ben­den er­wach­se­nen Tie­re le­dig­lich Feuch­tig­keit auf­näh­men. Die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de weist da­her zu Recht dar­auf hin, dass Fest­stel­lun­gen da­zu feh­len, für wel­chen ge­nau­en Zeit­raum das Sub­strat ei­ne Nah­rungs­quel­le für die gro­ße An­zahl auf­ge­tre­te­ner Trau­er­mü­cken bil­den muss.

b) Die­se dem Be­ru­fungs­ge­richt un­ter­lau­fe­ne Ge­hörs­ver­let­zung ist auch ent­schei­dungs­er­heb­lich (§ 544 VII ZPO). Es kann nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, dass das Be­ru­fungs­ge­richt nach um­fas­sen­der Sach­ver­halts­auf­klä­rung und Be­rück­sich­ti­gung mög­li­cher Al­ter­na­tiv­ur­sa­chen für das schlech­te Wachs­tum der Setz­lin­ge, wo­bei die un­strei­ti­gen Fest­stel­lun­gen, wo­nach die Setz­lin­ge der glei­chen Mut­ter­pflan­ze und der glei­chen Lie­fe­rung un­ter den glei­chen Auf­zucht­be­din­gun­gen le­dig­lich un­ter Ab­wei­chung des ver­wen­de­ten Sub­strats nor­mal wuch­sen, zu be­ach­ten sind, zu ei­ner ab­wei­chen­den Be­ur­tei­lung der Ma­gel­haf­tig­keit der Kauf­sa­che ge­langt wä­re.

3. So­weit die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de dar­über hin­aus den Vor­trag der Klä­ge­rin zum Vor­lie­gen ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung (§ 434 I 1 BGB) so­wie zur ge­ne­rel­len Un­ge­eig­net­heit des Sub­strats zur Auf­zucht von Beet- und Bal­kon­pflan­zen (§ 434 I 2 Nr. 2, I 3 BGB) als über­gan­gen rügt (§ 543 II 1 Nr. 2 Halb­satz 2 ZPO), hat der Se­nat dies ge­prüft, je­doch nicht für durch­grei­fend er­ach­tet. Von ei­ner Be­grün­dung wird in­so­weit ab­ge­se­hen (§ 544 IV 2 Halb­satz 2 ZPO).

IV. Bei der Zu­rück­ver­wei­sung an das Be­ru­fungs­ge­richt macht der Se­nat von der Mög­lich­keit des § 563 I 2 ZPO Ge­brauch, der auf den Fall ei­ner Zu­rück­ver­wei­sung nach § 544 VII ZPO ent­spre­chend an­wend­bar ist (Se­nat, Beschl. v. 03.07.2018 – VI­II ZR 229/17, BGHZ 219, 161 Rn. 81; Beschl. v. 05.03.2019 – VI­II ZR 190/18, NJW 2019, 1950 Rn. 23; je­weils m. w. Nachw.).

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